Mehr als nur ein Hotel in Kalifornien: Über 40 Jahre haben die Mitlieder der Eagles sowohl gemeinsam als auch solo einige der beständigsten Klassiker der Rockmusik erschaffen.
Ihr Motto lautete: „Song Power“ . Was sie sogar auf T-Shirts drucken ließen. Und das war beileibe keine hohle Angeberei. Mit legendären Stücken wie ›Hotel California‹, ›Take It Easy‹ und ›Life In The Fast Lane‹ stiegen die Eagles in den frühen 70ern zu einer der größten Rockbands aller Zeiten auf.
In ihrer mehr als 40-jährigen Karriere hat die Band weltweit über 120 Millionen Alben verkauft. Bis 2009, als sein Tod die Verkäufe von Michael Jacksons THRILLER noch mal befeuerte, war THEIR GREATEST HITS (1971-1975) mit allein mehr als 42 Millionen Einheiten das meistverkaufte Album der amerikanischen Geschichte.
Gegründet 1971 in Los Angeles, sollten die Eagles den kalifornischen Rock-Sound der 70er mit ihrer Mischung aus Rock und Country sowie ihrem auf das Popradio abgestimmten Melodiegespür definieren. Dabei war keines der Gründungsmitglieder der Band gebürtiger Kalifornier Gitarrist Glenn Frey stammte aus Detroit, Schlagzeuger Don Henley aus Texas, Gitarrist Bernie Leadon aus Minneapolis und Bassist Randy Meisner aus Nebraska.
Während alle Mitglieder sangen, waren Frey und Henley von Anfang an die Kreativköpfe der Eagles. Sie waren die Haupt-Songwriter und Frontmänner. Auf der Bühne sang Henley auf vielen ihrer Hits hinterm Schlagzeug und führte die Eagles zu riesigem Erfolg, während andere Bandmitglieder kamen und gingen.
In der zweiten Hälfte der 70er erreichte die Band ihren künstlerischen wie kommerziellen Zenit, landete fünf US-Nr. 1-Singles und kam zu globalem Ruhm mit ihrem ultimativen Klassiker, ›Hotel California‹ von 1976. 1980 jedoch führte eine Mischung aus Drogen, Geld, Langeweile und Egos zur Auf lösung der Eagles, was Henley als „furchtbare Erleichterung“ bezeichnete.
Es folgten Solokarrieren, von denen Henleys die erfolgreichste war. 1994 geschah dann das, was zuvor für undenkbar gehalten wurde: Die Eagles vereinten sich wieder. Das Line-up von 1980, Frey, Henley, die Gitarristen Joe Walsh und Don Felder sowie Bassist Timothy B. Schmit, nahm das ironisch betitelte Album HELL FREEZES OVER auf. Und auch wenn Felder 2001 gefeuert wurde, haben die Eagles weitergemacht. Ihr letzter Studio-Release war das Doppelalbum LONG ROAD OUT OF EDEN von 2007.
Unverzichtbar
ONE OF THESE NIGHTS
ASYLUM, 1975
Das erste US-Nr. 1-Album der Eagles und ihr erstes als Quintett mit dem neuen Gitarristen Don Felder. Ein durchweg großartiges Werk mit drei US-Top 5-Hits: dem Country-Herzensbrecher ›Lyin‘ Eyes‹, der von Randy Meisner gesungenen Ballade ›Take It To The Limit‹ und dem funky Titelstück, das Platz 1 erklomm. Ebenfalls vertreten: ›Journey Of The Sorcerer‹, ein höchst unorthodoxes Hillbilly/Orchester-Rock-Epos, das später als Titelmelodie der Fernsehserie „Per Anhalter durch die Galaxis“ Verwendung fand. Als dessen Autor Bernie Leadon 1975 als erstes Original-mitglied die Band verließ, wurde er durch Gitarrenheld Joe Walsh ersetzt.
HOTEL CALIFORNIA
ASYLUM, 1976
Von Don Henley als „Konzeptalbum“ beschrieben, war HOTEL CALIFORNIA tief in seinem Kern eine Kritik am modernen Amerika. Einfacher betrachtet, ist es eine Sammlung großartiger Songs (›Wasted Time‹, ›Life In The Fast Lane‹, ›The Last Resort‹), das Meisterwerk der Eagles und eines der besten Rockalben aller Zeiten. HOTEL CALIFORNIA wurde das meistverkaufte Originalwerk der Band mit mehr als 16 Millionen Stück in den USA, stand acht Wochen auf Platz 1 der US-Charts, erreichte Platz 2 in UK und 3 in Deutschland. Mit dem bittersüßen ›New Kid In Town‹ und dem Titelstück, das auf einem Reggae-Groove aufbaute und die Mutter aller Lead-Gitarren-Codas enthielt, brachte es zwei US-Chart-Topper hervor.
Wunderbar
EAGLES
ASYLUM, 1972
Das Debütalbum klang so durch und durch amerikanisch wie der Bandname: Country-Rock mit lieblichen Vokalharmonien, inspiriert von The Byrds und Crosby, Stills & Nash. Es wurde auf Bestehen des britischen Produzenten Glyn Johns in London aufgenommen, doch die Musik ist Americana in Reinkultur. Die erste Single ›Take It Easy‹, geschrieben von Frey und seinem Singer/Songwriter-Kumpel Jackson Browne, sollte eines der Erkennungsstücke der Band werden. Zwei weitere Hits – ›Witchy Woman‹ und ›Peaceful Easy Feeling‹ – trieben das Album in die US-Top 30.
DESPERADO
ASYLUM, 1973
Nach dem Erfolg ihres Debüts kamen die Eagles auf den Boden der Tatsachen zurück, als der Nachfolger, ein Konzeptwerk über die Legenden des Wilden Westens, in Amerika auf Platz 42 stagnierte und die Singles ›Outlaw Man‹ und ›Tequila Sunrise‹ nicht mal in die Top 50 kamen. Rückblickend wäre das Titelstück die offensichtlichere Wahl für eine Single gewesen. Über die Jahre haben Lied und Album Klassikerstatus erreicht. Das Coverartwork mag abgedroschen gewesen sein, aber die Musik zählte zum atmosphärisch Dichtesten, was die Eagles je aufnahmen.
THE LONG RUN
ASYLUM, 1979
Es war so schwierig, für HOTEL CALIFORNIA einen würdigen Nachfolger zu präsentieren, dass die Eagles zwei Jahre brauchten. THE LONG RUN war das Ergebnis von kokainbefeuertem Perfektionismus, der unweigerlich zur Implosion der Band 1980 führte. Es fanden sich nur noch wenige Country-Verweise, vom US-Nr. 1-Hit ›Heartache Tonight‹ einmal abgesehen. Der glatte, sterile Klang wird perfekt durch die MOR-Ballade ›I Can‘t Tell You Why‹, gesungen von Timothy B. Schmit, sowie Henleys unheimliches Dance-Rock-Stück ›The Disco Strangler‹ verkörpert. Trotzdem eine tolle Platte.
Don Henley
BUILDING THE PERFECT BEAST
GEFFEN, 1984
Nach der Trennung der Eagles feierten sowohl Henley als auch Frey solo Erfolge, Frey mit den Soundtrack-Hits ›The Heat Is On‹ und ›Smuggler‘s Blues‹, Henley mit den Singles ›Dirty Laundry‹, ›The Boys Of Summer‹ und ›The End Of Innocence‹. Doch es war Henley, der die besseren Alben machte, und BUILDING THE PERFECT BEAST, sein zweites, ist das beste davon. Ein brillantes Erwachsenen-Pop-Rock-Werk, das sich drei Millionen mal verkaufte und mit ›The Boys Of Summer‹ eines der prägenden Stücke der 80er Jahre hervorbrachte.
Anhörbar
LONG ROAD OUT OF EDEN
EAGLES RECORDING CO., 2007
Schon 1979, bei der Entstehung von THE LONG RUN, hatten die Eagles mit der Idee einer Doppel-LP kokettiert. 2007 lieferten sie sie mit LONG ROAD OUT OF EDEN endlich ab, ihrem ersten kompletten Werk mit neuem Material seit 28 Jahren. Ingesamt betrachtet, ist es sicher kein HOTEL CALIFORNIA (aber natürlich sind das nur die wenigsten Alben), doch der Country-Rocker ›How Long‹ versetzt uns in die Vergangenheit zurück, ›No More Cloudy Days‹ zeigt Sänger Frey in Höchstform und das Titelstück, geschrieben von Henley, ist eine kraftvolle, zehnminütige Meditation über Spiritualität und amerikanischen Imperialismus.
HELL FREEZES OVER
GEFFEN, 1994
Es war ein „running gag“ – wann immer Henley in den 80ern gefragt wurde, ob es zu einer Eagles-Reunion kommen würde, antwortete er: „Wenn die Hölle zufriert“. Also hatte die Band den perfekten Titel für ihr Comeback-Album, das Studioaufnahmen von vier neuen Stücken sowie elf Live-Tracks beinhaltete, die im April 1994 bei der ersten Reunion-Show aufgezeichnet worden waren. Die neuen Stücke waren gut – vor allem ›Love Will Keep Us Alive‹ und ›Learn To Be Still‹ –, aber das Live-Set war wahrlich überragend. Von ›Tequila Sunrise‹ bis zum klassischen Finale mit ›Desperado‹ bewiesen die Eagles, dass man sie zu Recht vermisst hatte.
Joe Walsh
BUT SERIOUSLY, FOLKS…
ASYLUM, 1978
Walsh war schon ein Star, als er zu den Eagles stieß. Er war nicht nur Mitglied beim gelobten Power-Trio The James Gang gewesen, sondern hatte 1973 auch solo mit ›Rocky Mountain Way‹ einen großen Hit gelandet. Bereits auf seinem Eagles-Debüt HOTEL CALIFORNIA hatte er eine größere Rolle gespielt, während der langwierigen Entstehung von THE LONG RUN fand er dann noch die Zeit, sein bestes Soloalbum aufzunehmen. Das Highlight darauf ist ›Life‘s Been Good‹, ein Top 20-Hit in den USA und Großbritannien und eine Satire auf das Rockstar-Dasein, die nicht nur lustig ist, sondern auch noch Arsch tritt.
Sonderbar
ON THE BORDER
ASYLUM, 1975
Dank der akustischen Ballade ›The Best Of My Love‹, ihrer ersten US-Nr. 1, gelang den Eagles mit ihrem dritten Album der Durchbruch. Nach den mageren Verkäufen von DESPERADO war ihre Karriere wieder auf dem richtigen Weg, aber künstlerisch betrachtet ist es ihr schwächstes Album. Drei gute Stücke finden sich darauf: ›The Best Of My Love‹, eine großartige Version des Tom-Waits-Tracks ›Ol‘ 55‹ sowie ›My Man‹, auf dem Bernie Leadon dem verstorbenen Gram Parsons Tribut zollt, mit dem er bei den Flying Burrito Brothers gespielt hatte. Doch der Rest ist schwach, allen voran ›Already Gone‹ und das entsetzliche ›James Dean‹.