Am 20. September 1976 erschien DIRTY DEEDS DONE DIRT CHEAP in Australien. AC/DC hatten ihr (zumindest in Australien) drittes Album in den „Albert Studios“ bei Harry Vanda und George Young, dem Bruder von Malcolm und Angus Young, aufgenommen. Es war die zweite LP, die sie für Atlantic abgeliefert hatten, und brachte eine böse Überraschung mit sich.
DIRTY DEEDS war, wie der Titel andeutete, so unverdaulich für Mainstream-Hörer, dass sich das Label weigerte, es in den USA zu veröffentlichen (was sich erst in den 80ern nach Bon Scotts Tod änderte). Trotzdem entwickelte sich der Titeltrack zum Live-Liebling. Unter all dem lasziven und vom Label als „primitiv“ abgestempelten Material – etwa ›Rocker‹, auf dem sich Scott selbst mythologisierte – gewährt das melancholische, wehklagende ›Ride On‹ einen Blick auf den Mann hinter dem Rock’n’Roll-Mythos.
Die Liste an bekannten Rockern, mit denen Lita Ford verheiratet oder liiert war, würde Seiten füllen. Da wären zum Beispiel Affären mit Nikki Sixx und Tony Iommi, Ehen mit Chris Holmes von W.A.S.P. und Jim Gillette von Nitro. Die Liste ihrer musikalischen Partner ist mit Ozzy Osbourne, Lemmy und Alice Cooper nicht minder prominent. Und auch ihre aktuelle Band ist mit Musikern, die für Lizzy Borden, Steelheart, Nelson oder Slaughter gespielt haben, hochwertig besetzt. Bekannt wurde die in London geborene, aber bald nach Los Angeles umgesiedelte Lita Rossana Ford schon früh. Im Alter von elf Jahren von Ritchie Blackmore zum Gitarrespielen inspiriert, stößt sie 1975 mit gerade mal 16 als Gitarristin zu den Runaways und rockt an der Seite von Joan Jett fast bis zum Ende des Jahrzehnts. In die 80er startet Ford gesanglich und gitarristisch im Alleingang.
Das Debüt OUT FOR BLOOD hinterlässt allerdings wenig Eindruck, DANCING ON THE EDGE im Jahr 1984 dafür schon mehr. Die Single ›Fire In My Heart‹ performt auf Top- 10-Niveau. Mit dem Longplayer LITA schwimmt sie 1988 schließlich ganz oben auf der Hair-Metal-Welle. ›Kiss Me Deadly‹, ›Back To The Cave‹, ›Close My Eyes Forever‹ (im Duett mit Ozzy Osbourne) und ›Falling In And Out Of Love‹ (Co-Autor: Nikki Sixx) charten hoch. Die Folgeplatten können das Niveau nicht halten, und mit ›Shot Of Poison‹ vom 1991er DANGEROUS CURVES geht es ein letztes Mal in die Hitparaden. Mitte der 90er verschiebt sich der Fokus auf Privatleben und Familie. Erst 2008 kehrt Ford auf die Bühne und mit WICKED WONDERLAND ein Jahr später ins Business zurück. Das nu-metallische Werk schlägt kaum ein, das wieder eher klassische LIVING LIKE A RUNAWAY 2012 schon mehr. Vier Jahre später erscheint ihre gleichnamige Autobiografie. Und auch TIME CAPSULE aus dem selben Jahr hat einen ähnlich nostalgischen Ansatz. Die Songs darauf stammen von Analog-Tapes aus den 80ern.
Einmal mehr ist die Liste der Beteiligten, darunter Billy Sheehan, Gene Simmons und Robin Zander, beeindruckend. Neues Material lässt allerdings auf sich warten. Dazu sagt ihr Tourmanager Jarod Woznik: „Es gibt noch kein Veröffentlichungsdatum für das neue Album, da sie noch einige Dinge überarbeitet.“ Beschäftigt ist die Dame ohnehin gut, schließlich spielt sie regelmäßig live in den Staaten. Immer wieder auch zusammen mit anderen 80er-Jahre-Veteranen auf Festivals. Auch heuer sind Ford und ihre Männer unterwegs und beackern seit Januar die US-Clubs. Darunter so geschichtsträchtige Locations wie das Whisky a Go Go in West Hollywood. Aber es geht auch größer, wie Anfang Mai auf dem „M3 Rock Festival“ zusammen mit Acts wie Winger und Extreme. Sogar ein Abstecher nach Europa stand an. Am 8. Juni kehrte Lita ins schwedische Sölvesborg auf das „Sweden Rock Festival“ zurück. Laut Woznik würde sie gerne in Deutschland spielen. Interessierte Veranstalter könnten sich gerne bei ihrem Agenten John melden .
Heute im Jahr 1983 waren Kiss erstmals öffentlich ohne ihr berühmtes Make-Up zu sehen. Für die Promotion ihres kommenden Albums LICK IT UP zog die Band am 18. September bei MTV blank und zeigte sich erstmals ohne die Zurschaustellung ihrer Superhelden-Alter-Egos. Zu dieser Zeit bestanden Kiss gerade aus Gene Simmons, Paul Stanley, Vinnie Vincenct und Eric Carr.
An der Schwelle zu den 80ern waren Kiss in Amerika nach ihrem kometenhaften Aufstieg ziemlich abgestürzt, nachdem der Disco-Sellout ›I Was Made For Lovin’ You‹ die Rockfans entfremdet hatte. Auch das für Kiss sehr atypisch geratene und wohl deshalb gefloppte Konzeptalbum MUSIC FROM THE ELDER (1981) half nicht wirklich dabei, ihre Popularität zu steigern. Vom hohen Ross gerissen, versuchte die Truppe damals, ihre Karriere zu retten und wagte deshalb den Schritt, die Masken fallen zu lassen.
Allem Anscheind nach erzielte die Promo-Aktion die beabsichtigte Wirkung, verkaufte sich LICK IT UP doch zumindest wesentlich besser als seine beiden Vorgänger.
Der Rockgitarrist schlechthin. Legendär! Revolutionär! Stilprägend! Darf in keiner Plattensammlung fehlen. Wir geben Entscheidungshilfe.
Unverzichtbar
ARE YOU EXPERIENCED (Polydor, 1967)
1967 war ohnehin ein gutes Jahr für Debütalben, doch dieses hier erschütterte die Rockwelt: Gitarristen rätselten, wie dieser schwarze Nobody all die seltsamen Sounds aus seiner Fender kitzelte. Nie zuvor hatte eine Gitarre elektrischer geklungen: im Kern bluesig, darüber hinaus psychedelisch, funky, experimentell. Hören und Staunen. Etwa, wenn bei ›Love Or Confusion‹ im Hintergrund das Dauer-Feedback weint, wenn ›3rd Stone From The Sun‹ den Space-Bebop zündet, ›Stone Free‹ Soul und Rock fusioniert oder ›Manic Depression‹ Hard Rock im Dreivierteltakt tanzen lässt. Alles auf Vierspur produziert.
ELECTRIC LADYLAND (Polydor, 1968)
Das dritte und letzte Studioalbum der Jimi Hendrix Experience: Jimis Opus Magnum, von unseren britischen CLASSIC ROCK-Kollegen auf Platz 10 der 100 besten Rockalben gewählt. Und zwar vollkommen zu Recht: ein Kaleidoskop aus Rock, Blues, Jazz und Psychedelic, verteilt auf vier LP-Seiten. Hendrix nutzte die damals brandneue Achtspurtechnik im frisch eröffneten New Yorker Record-Plant-Studio weidlich aus, kreierte irre Stereopanoramen, abgefahrene Klangkaskaden und fand dennoch immer wieder zum Blues zurück. Das Artwork mit den nackten Mädels erschien übrigens nur in Europa, nicht in den USA.
Wunderbar
AXIS: BOLD AS LOVE (Polydor, 1967)
Eigentlich auch unverzichtbar, denn Großtaten wie ›Spanish Castle Magic‹ und ›Bold As Love‹ – mitsamt exzessivem Phasing im Schlussteil – sind ebenso essenziell wie die etwas zurückhaltenderen Stilübungen ›Little Wing‹ und ›Castles Made Of Sand‹. Bisweilen unterschätzt, aber ein illustres Beispiel dafür, was man alles mit einem Wah-Wah-Pedal anstellen kann: ›Up From The Skies‹, von Mitch Mitchell mit swingenden Jazz-Besen kongenial untermalt. Groovet wie Hölle. AXIS: BOLD AS LOVE ist die standesgemäße, produktionstechnisch kultiviertere Fortsetzung des an manchen Stellen recht ruppigen Debüts.
JIMI PLAYS MONTEREY (Polydor, 1986)
In Europa war die Jimi Hendrix Experience im Sommer 1967 bereits eine Sensation, doch die USA mussten erst noch erobert werden. Wobei der Auftritt beim Monterey Pop Festival reichlich Schützenhilfe gab: Als Jimi mit Federboa zum Auftakt Howlin’ Wolfs ›Killing Floor‹ ins Publikum nagelt, fällt selbigem die Kinnlade runter, nachzusehen in D.A. Pennebakers Konzertfilm. Jefferson Airplane? The Who? Schön und gut, aber diese drei Typen in Samt, Seide und Rüschen spielten alles an die Wand. Und am Schluss, bei ›Wild Thing‹, fing die Fender sogar Feuer. Explosives Live-Album einer noch hungrigen Band.
BBC SESSIONS (MCA, 1998)
Der 1988 veröffentlichte Zusammenschnitt RADIO ONE war schon gut, doch die um weitere Tracks ergänzten BBC SESSIONS sind besser: Hendrix bei der BBC, live im Studio und selbstverständlich ganz ohne Overdubs. Allein das Instrumentalstück ›Drivin’ South‹ rechtfertigt die Anschaffung, eine im Kern unspektakuläre, in der Ausführung jedoch atemberaubende Improvisation. Hendrix soliert schlicht göttlich, Mitchell trommelt sich die Seele aus der Brust, und doch klingt es wie locker aus dem Ärmel geschüttelt. Die Klangqualität geht BBC-typisch in Ordnung.
FIRST RAYS OF THE NEW RISING SUN (MCA, 1997)
Hendrix plante 1970 ein weiteres Album, was Gevatter Tod am 18. September leider vereitelte. 1971 erschien dafür THE CRY OF LOVE mit Tracks, an denen Hendrix bis zuletzt gearbeitet hatte. Seine Erben ergänzten das Werk um weitere Archivaufnahmen, 1997 entstand daraus FIRST RAYS OF THE NEW RISING SUN, ein Album, das Hendrix’ ursprünglichen Plänen recht nahe kommt. Auch der Titel war angeblich seine Idee. Dank ›Angel‹, ›Freedom‹ und ›Belly Button Window‹ kein sensationelles, aber immerhin ein sehr gutes Album.
Anhörbar
BAND OF GYPSYS (Polydor, 1970)
Die Experience hatte sich infolge aufreibender Tourneen totgelaufen, Hendrix suchte neue Ufer, zudem machten Aktivisten in diesen politisch so aufgeheizten Zeiten zunehmend Druck. Hendrix, so ihr Vorwurf, habe sich an die Weißen verkauft. Brother Jimi reagierte und stellte mit Drummer Buddy Miles und Armeekumpel Billy Cox (Bass) die Band Of Gypsys zusammen – all black. Aufgenommen am 01. Januar 1970 im Fillmore East, lieferte das Album den Diskothekenrenner ›Machine Gun‹, doch so richtig konnten die meist überlangen Impro-visationen nicht überzeugen. Die Band Of Gypsys fiel auseinander.
SOUTH SATURN DELTA (NCA, 1997)
Outtakes, Demos und Raritäten der Jahre 1967 bis 1970, von Hendrix’ Erben kompiliert und –anders als so viele andere posthume Veröffentlichungen – durchaus mit Nährwert gesegnet. Der Titeltrack erfreut mit funky Bläsersätzen, ›Midnight Lightning‹ präsentiert Hendrix als einsamen Bluesman, der den Takt mit dem Fuß schlägt. ›Pali Gap‹ ist ein hervorragendes Instrumentalstück, das einst zum Soundtrack des erratischen Films „Rainbow Bridge“ gehörte. Für Fans, die ansonsten alles haben, ist SOUTH SATURN DELTA brauchbar. Neueinsteiger sollten sich erst einmal auf die Rubrik „Unverzichtbar“ konzentrieren.
WINTERLAND (Legacy, 2011)
Die volle Packung: Hendrix live im Winterland Ballroom in San Francisco, aufgenommen während zweier Shows im Oktober 1968. Ein Best Of-Programm auf vier CDs mit allerlei Überschneidungen, für Komplettisten natürlich erste Sahne. Andererseits: Die Experience war kurz vor dem Auseinanderbrechen, die Band agierte auf wechselndem Niveau und Hendrix hatte längst keine Lust mehr, alte Gassenhauer wie ›Hey Joe‹ zu spielen. Brillanz trifft auf Routine, die überbordende Energie von JIMI PLAYS MONTEREY erreicht dieser Mitschnitt demnach nur selten. Dennoch: als Zeitdokument eine lohnenswerte Anschaffung.
Sonderbar
WOKE UP THIS MORNING AND FOUND MYSELF DEAD (Bootleg, 1980)
Und immer wieder fällt jemand drauf herein: Dieser Mitschnitt kursiert in zahlreichen Versionen, wobei stets darauf hingewiesen wird, dass bei der Session im New Yorker Scene Club vom März 1968 auch Jim Morrison und Johnny Winter anwesend waren. Klingt vielversprechend? Ist es aber nicht: Winter weiß von nichts und Morrison war zwar körperlich anwesend, aber derart besoffen, dass er nur noch tumbes Grölen hervorbrachte. Absolut verzichtbar, da nicht mal originell. Tipp an die Bootlegger: Behauptet doch einfach, dass auch noch Brian Jones und Janis Joplin dabei waren.wer glaubt’s bestimmt.
Der Spätsommer des Jahres 1991 wird uns wohl auf ewig als heißester der jüngeren Rock-Historie in Erinnerung bleiben. Einen Monat nach Metallicas „schwarzem Album“ und eine Woche vor Nirvanas NEVERMIND erblickten zwei untrennbar miteinander verbundene Meilenstein-Alben das (Rampen-)Licht der Riffwelt: USE YOUR ILLUSION I & II von Guns N’ Roses. CLASSIC ROCK protokolliert eine Entstehungsgeschichte mit zahlreichen Hindernissen.
„Wir durften im Oktober 1989 im Vorprogramm der Rolling Stones auftreten. Ein Hammer für uns, denn wir liebten die Band! Als wir vor Ort ankamen, blieben unsere Münder offen stehen. Jedes Mitglied der Stones hatte seine eigene Limousine, seinen eigenen Wohnwagen, sogar seinen eigenen Anwalt… Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich mich damals zu Izzy rüberbeugte und leise zu ihm sagte: ‚Hey, so werden wir nie sein!‘ Doch sechs Monate später lief es bei Guns N’ Roses exakt genauso ab!“
Während Duff McKagan diese Sätze ausspricht, lehnt er sich in seinem Stuhl nach vorne und streicht sich mit beiden Händen die Haare nach hinten. Der Bassist wirkt so, als könnte er selbst jetzt, 20 Jahre nach diesem einschneidenden Moment, nicht glauben, mit welch gigantischer Geschwindigkeit er und seine Kollegen damals von der Erfolgswelle mitgerissen worden sind – und welche Ausmaße die Zerstörung hat, die erst sichtbar wird, nachdem sich die Flut der Ebbe weicht. McKagan ist ein Mensch, der stets darauf bedacht ist, nichts zu überstürzen. Manche werfen ihm vor, er würde klammern. Nicht ohne Grund ist er der Einzige, der Axl Rose bis zum Schluss nicht im Stich lassen will. Er bleibt bis zum bitteren Ende, stärkt Rose bis zum August 1997 den Rücken.
Die letzten Monate erscheinen im heute quälend lang, insbesondere im Vergleich zu den Anfangstagen, die so rasant vorübergingen, dass sich Duff McKagan nur noch an wenige Details erinnert. Was natürlich auch an den Drogen liegen mag, aber eben auch am Tempo, mit dem dank der Zwillingsalben USE YOUR ILLUSION I & II der Weltruhm über Guns N’ Roses hereinbricht. „Ehrlich gesagt weiß ich gar nicht mehr, was zu diesem Zeitpunkt wirklich passiert ist. Und das, obwohl ich hautnah dabei war“, gibt McKagan zu, und er scheint sich dabei auch über sich selbst zu wundern.
Dabei sind die Fakten rasch zusammengefasst. Für einige wenige Monate, nämlich von 17. September 1991 bis zum Beginn der Jahres 1992, können sich Guns N’ Roses ihren Traum erfüllen: Sie sind offiziell die größte und wichtigste Band der Welt.
In der Nacht zum 17. September stehen sich Rockfans die Beine in den Bauch. Denn Verkaufsstart der beiden Alben ist nicht etwa zu den gewöhnlichen Ladenöffnungszeiten, sondern in vielen großen Shops bereits um Mitternacht. Lange Schlangen wickeln sich um die Häuserecken von Plattenläden wie Tower Records. Mancher Käufer hingegen bekommen VIP-Treatment und dürfen als einer der Ersten zugreifen: Multimillionär Donald Trump etwa, der in Manhattan mit einer Limo inkl. fünf kessen Begleiterinnen vorfährt, um sich seine beiden Kopien von USE YOUR ILLUSION zu sichern.
Auszeit vom Trubel
Die Band selbst bekommt von dem Trubel nur am Rande etwas mit. Gitarrist Slash, der von den nervenaufreibenden Recordings total zermürbt ist, will sich eine Auszeit gönnen und bucht Urlaub in Tansania. Doch auf dem Weg zum Flughafen lässt er es sich nicht nehmen, einen Zwischenstopp einzulegen. Bei „Tower Records“ am Sunset Boulevard darf er sich in einen Raum mit verspiegelter Glasscheibe setzen – dort beobachten normalerweise Detektive das Geschehen im Laden, um Diebe in flagranti zu ertappen. Slash lässt sich mit gemischten Gefühlen auf einem Stuhl nieder. Denn vor zehn Jahren ist er hier selbst beim Klauen erwischt worden. Er wollte Kassetten mitgehen lassen. Nun hockt er da und sieht seinen Fans dabei zu, wie sie sich um seine Alben prügeln. „Es war ein merkwürdiger, aber im Nachhinein doch auch ein magischer Moment“, so der Gitarrist heute. „Danach ließ ich mich zum Airport bringen, stieg in den Jet und landete in einer völlig anderen Welt. Ich verbrachte mehrere Wochen im Maasi Mara-Nationalpark nahe der kenianischen Grenze. Recht viel weiter kann man sich nicht vom Rockstar-Leben entfernen, schätze ich…“
Als Saul Hudson, so Slashs bürgerlicher Name, in die Vereinigten Staaten zurückkommt, ist er erholt. Und bekommt direkt den ersten Schock. Während seiner Abwesenheit sind allein in den USA 770.000 Exemplare von USE YOUR ILLUSION II verkauft worden. Das Album steht auf Platz eins der Billboard-Charts. Nur einen Rang dahinter: USE YOUR ILLUSION I – mit 685.000 verkauften Einheiten.
„Ja, der Erfolg kam wirklich fast über Nacht“, erinnert sich Alan Niven, der Mann, der Guns N’ Roses bis kurz vor Abschluss der USE YOUR ILLUSION-Sessions als Manager zur Seite gestanden hat. „Wir haben drei Jahre lang versucht, die Band nach vorne zu bringen, mehr und mehr Fans an uns zu binden. Und dann plötzlich machte es ‚Peng!‘, und die Sache entwickelte eine Eigendynamik, die kaum noch zu steuern war. Ich kam mir ein bisschen vor wie Sisyphus. Jahrelang hatten wir versucht, diesen verdammten Stein den Berg heraufzuwuchten, doch er rollte immer wieder zurück. Eines Tages jedoch erreichten Guns N’ Roses den Gipfel. Und was passierte? Der Stein sauste unkontrolliert den Hang hinunter – nur diesmal eben auf der anderen Seite.“
Obwohl Niven im Recht ist, denn die Band wird der Lage tatsächlich nicht mehr komplett Herr, ist doch vor allem er selbst derjenige, für den sich die harte Arbeit nicht ausgezahlt hat. Er besitzt keinen Einfluss mehr, die Band hat ihn gefeuert – angeblich ist Axl Rose die treibende Kraft. Der Sänger soll sich geweigert haben, die Platten fertig einzusingen, wenn Niven nicht seine Koffer packt. Und obwohl die Entscheidung offenbar wichtig (und richtig ist), um den kreativen Prozess zum Abschluss zu bringen, fehlt Guns N’ Roses inmitten des Megarummels ein Vertrauter, die sie genau kennt. „Ich fühlte mich, als wäre ich in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen, aus dem ich keinen Ausweg mehr finde“, berichtet Niven rückblickend. „Aber im Nachhinein sieht es wohl so aus, als wäre ich nicht der Einzige, dem es so ergangen ist. Denn ehrlicherweise muss man sagen, dass Guns N’ Roses nach USE YOUR ILLUSION kein bedeutendes Album mehr zu Stande gebracht haben. Izzy Stradlin hat die Band drei Monate nach meinem Abgang verlassen, und danach war intern nichts mehr so wie zuvor. Das Kollektiv Guns N’ Roses, die Gruppe, die alles gemeinsam erreichen wollte, koste es, was es wollte, entwickelte sich mehr und mehr zu einem Act, bei dem sich alles nur noch um Axl Rose drehte. Axl bezahlte die anderen, dafür sollten sie ihm das Rampenlicht überlassen, den Mund halten und das tun, was er verlangte.“
Underground vor Mainstream
Niven weiß, verletzter Stolz hin oder her, wovon er spricht. Denn er hat viel Zeit mit Guns N’ Roses verbracht. Anfangs wollte er den Managerjob gar nicht übernehmen. Tom Zutaut,der junge A&R, der die Band zum Geffen-Label gebracht hat, muss ihn überreden, den Posten anzutreten. Denn der Ruf, der den Gunners vorauseilt, ist katastrophal. Sie halten sich an keine einzige Regel, zerstören alles, das ihnen in den Weg kommt. Und zwar mit Absicht – es ist Teil des Images, das sich die Band selbst verpasst hat. Diese Rocker-Mentalität kommt bei den Bewunderern der Gruppe hervorragend an, ist aber in geschäftlicher Hinsicht ein Albtraum. Niven nimmt, so betont er, „die Herausforderung nur deshalb an, weil ich ohnehin nichts mehr kaputtmachen konnte. Das hatte die Band vorher schon erledigt.“ Der Manager entscheidet sich daher für eine unkonventionelle Strategie – die zuvor schon Peter Mensch und Cliff Burnstein erfolgreich bei Metallica angewandt haben: Er will zunächst den Underground erobern und dann erst die Mainstream-Hörerschaft gewinnen. „Ich habe zwar damit gerechnet, dass die Band rasch größer werden würde. Aber einen derartigen Höhenflug konnte niemand vorhersehen. Ich nicht, die Musiker nicht, niemand. Wer etwas anderes behauptet, tickt nicht ganz richtig.“
Um die Glaubwürdigkeit der Rocker in den Staaten zu erhöhen, beschließt Niven, einen Umweg zu gehen. Er setzt dabei auf die Sogwirkung, die der britische Musikmarkt auf die US-Charts hat. 1987 treten Guns N’ Roses erstmals in Donington auf – zu diesem Zeitpunkt haben sie gerade mal 7.000 Alben verkauft. Eine Woche später sind es bereits 75.000 – APPETITE FOR DESTRUCTION geht buchstäblich durch die Decke. Noch Monate nach dem Auftritt steigen die Abverkäufe stetig an, im Frühjahr 1988 stellt Alan Niven schließlich fest, dass er mit seiner Taktik zwar richtig gelegen, den Effekt aber unterschätzt hat – ein Jahr nach der Veröffentlichung in den USA erreicht die Platte schließlich Platz eins der Billboard-Charts, alle sind überwältigt. „Ich kann zwar nicht für die anderen in der Band sprechen“, stellt Gitarrist Slash klar, „aber in meinem Fall war es so, als hätte jemand meine Welt auf den Kopf gestellt. Ich bin wie ein Zigeunerjunge aufgewachsen, ohne Wurzeln und feste Bindungen, danach ging es direkt mit Guns N’ Roses auf Tour, sodass ich auch nur unterwegs war. Und dann plötzlich hieß es: :Jungs, ihr seid Superstars!‘ Ich hatte keine Ahnung, was das bedeutete und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Schließlich war ich es überhaupt nicht gewohnt, einen festen Wohnsitz zu haben, schon die einfachsten Alltagsaufgaben überforderten mich komplett. Hinzu kam, dass die Drogen ihre Spuren hinterlassen hatten – ich war depressiv, fühlte mich furchtbar, musste mich aber irgendwie zusammenreißen, um die Songs für unser zweites Album zu schreiben.“
Slash ist nicht der Einzige, dem es dreckig geht und der sich mit seinen Problemen allein gelassen fühlt. Auch die anderen Band-Mitglieder sind ausgebrannt und orientierungslos. Hinzu kommt, dass Guns N’ Roses in ihrer Heimat erst vergleichsweise spät ernst genommen werden. APPETITE FOR DESTRUCTION ist offiziell am 21. Juli 1987 veröffentlicht worden, den Billboard-Thron erobert die Scheibe erst am 23. Juli 1988. Damit hat niemand gerechnet. Als die Gunners endlich von ihrer langen Tour zurück nach Hause kommen, sind sie plötzlich berühmt. „Wir konnten uns Häuser kaufen und uns alle Dinge leisten, die früher nie drin waren, weil keiner von uns Geld hatte. Doch wie man vernünftig mit so einer Situation umgeht, brachte uns niemand war. All das überrollte uns förmlich. Wir gingen in L.A. aus – und alle Leute im Clubs zogen sich auf einmal so ähnlich an wie wir, hörten dieselbe Musik, tranken die gleichen Drinks. Es war bizarr. Wir kamen daheim an – und plötzlich hatten sich Guns N’ Roses zu einer Art ‚kulturellem Phänomen‘ entwickelt“, berichtet Duff McKagan. „Ich bin in den Supermarkt, um etwas zu essen einzukaufen und lief am Zeitschriftenregal vorbei. Dort lag das Magazin ‚Rolling Stone‘, mit Guns N’ Roses auf dem Cover! Die Leute sahen das Heft, blickten dann auf, sahen mich, schauten noch mal auf das Titelbild und starrten mich dann an oder begannen hysterisch zu kreischen. Und ich dachte nur: ‚Was ist los? Was wollt ihr? Ich kaufe hier doch schon seit ewigen Zeiten ein…“
Obwohl auch Alan Niven überrascht und überrumpelt ist, dauert es bei ihm nicht lange, bis er weiß, dass er handeln muss. Die Band braucht Zeit, zur Ruhe zu kommen – die Fans und die Plattenindustrie dagegen will frisches Futter. Also entscheidet er sich für einen Kompromiss, das Mini-Album GN’R: LIES. „Ich bin stolz darauf, dass es mir zumindest gelungen ist, die Truppe so weit bei Verstand zu halten, dass sich niemand eine Überdosis verpasst oder das Leben genommen hat“, erklärt der gebürtige Neuseeländer. „Das hört sich vielleicht überheblich an, war aber im Fall von Guns N’ Roses harte Arbeit. Denn im Grunde ist es doch so: Einem Abhängigen kann man zwar helfen, aber er muss selbst die Kraft finden, sich für ein nüchternes Leben zu entscheiden. Slash hat einmal bei mir zu Hause einen kalten Entzug durchgezogen. Er lag auf dem Bett, und ich wischte ihm sein Erbrochenes aus dem Gesicht. Als das Gift endlich aus seinem Körper verschwunden war, rief er ein Taxi – und fuhr damit direkt zu seinem Dealer. Solche Dinge passierten beinahe täglich.
Ein anderes Mal bat ich ihn, in mein Büro zu kommen, um dem ‚Guitar Player‘-Magazin ein Interview zu geben. Er kam zwar, doch ein vernünftiges Gespräch war gar nicht mehr möglich. Also packte ich ihn, verfrachtete ihn ins nächste Flugzeug nach Hawaii, wo er in irgendeinem Golfhotel abstieg. Ohne dort auch nur ein einziges Mal den Schläger anzurühren, versteht sich… Mit Steven war es ähnlich. Auch für ihn hatte ich einen Trip nach Hawaii organisiert. Doch er hatte nichts Besseres zu tun, als sich in seinen Erster-Klasse-Sitz zu flätzen und dabei wild herumzukrakeln, dass doch alles Scheiße sei und der Flieger definitiv abstürzen würde. Das Ende vom Lied: Er musste aussteigen, ließ sich zurück in die Stadt chauffieren und haute sich bei seinem Dealer sofort wieder dicht bis unter die Haarspitzen.“
Am 17. September 1978 drehten Queen auf einer Hunderennbahn das Video zu ›Bicycle Race‹, das bis heute in einigen Ländern auf dem Index steht.
Queen sind bekannt für ihre bombastischen und auch gerne mal provokanten Musikvideos. Für ihren Hit ›Bicycle Race‹ mieteten die Briten die Hunderennbahn in Wimbledon, um dort das Fahrradrennen zu drehen. Als sportliche Statistinnen buchten sie mehrere Models, die sich unbekleidet auf die Bahn begaben. Diese nackten Tatsachen schockierten nicht nur Ende der 70er Jahre, auch heute ist das Video in vielen Ländern (wie China) indiziert. Lustig eigentlich, da alle „anzüglichen“ Körperteile unkenntlich gemacht wurden…
Für das Rennen mieteten Queen auch einen Schwung Fahrräder. Als die Firma erfuhr, wofür die Fahrräder verwendet werden sollen, bestand sie darauf, dass die Band jeden einzelnen Sattel kaufe, da diese nach dem Dreh „unbrauchbar“ seien.
Auch hierzulande hat das Video keine Jugendfreigabe – wir bitten euch daher, unten auf den Link zu klicken, um den Clip in seiner voller Pracht genießen zu können:
Mit ihrem jüngsten Album BLOOD HARMONY im Gepäck halten die wunderbaren Lovell-Schwestern, auch als Larkin Poe bekannt, die Fackel des Roots- und Southern Rock hoch und bescheren uns im Herbst vier Deutschland-Termine. Erst kürzlich wurden The Sheepdogs aus Kanada als Support-Act bestätigt. Ein Doppelpack, das sich gewaschen hat.
Es war die schönste Zeit und es war die schlimmste Zeit – aber vor allem war es die verrückteste Zeit. Die Welt war im Wandel und die Musik veränderte sich mit ihr. Das Vermächtnis sind viele Klänge, Stile und gesellschaftliche Richtungswechsel. Wir blicken auf die prägenden Platten jener Dekade, beleuchten die Szenen und Bewegungen, die entstanden sind, und unterhalten uns mit diversen Menschen, die dabei waren. Werft den DeLorean an, schaltet zu MTV und schnappt euch das Haarspray – wir tauchen ein!
Anfang der 80er schien er am Ende zu sein, doch er riss sich am Riemen und war zum Ende der Dekade nüchtern, gesund, zurück im Spiel – und in den Charts.
Bernie Marsden: „Ist das wirklich alles passiert?“
Ja, ist es. Der Lebenslauf von Bernie Marsden liest sich wie der Traum eines jeden Rockliebhabers. Nicht nur hat er neben einigen der größten Stars gewirkt, er war auch einer der besten Blues-Gitarristen seiner Generation. Am 24. August ist Marsden im Alter von 72 Jahren verstorben. In Gedenken an ihn lest ihr hier ein bislang unveröffentlichtes CLASSIC ROCK-Interview mit der Gitarrenlegende.
Black Stone Cherry: Kentucky kann’s!
2001 in Edmonton im US-Bundesstaat Kentucky gegründet, haben sich Black Stone Cherry längst zu einer eigenständigen und verlässlichen Größe in Sachen Hardrock mit Southern-Schlagseite entwickelt. Auch dem neuen Werk SCREAMIN‘ AT THE SKY hört man an, dass es nicht in Buxtehude aufgenommen wurde. Wo, wie und wann, verrät Gitarrist und Sänger Ben Wells.
Außerdem in dieser Ausgabe: Iron Maiden, Marillion, Wishbone Ash, Francis Rossi von Status Quo, KK’s Priest, The Hives, Europe, Siouxsie And The Banshees, Corey Taylor und viele mehr.