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Pearl Jam: Berlin, Kindl-Bühne Wuhlheide

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Pearl Jam liveGewohnt experimentierfreudig und mit Spaß an der Sache, insgesamt aber vor allem emotional bewegend.

Schon beim Vorprogramm ist Eddie Vedder nicht zu bremsen. Er lässt Ben Harper und seinen Alternative-Kollegen zwar ein paar Minuten Zeit, das Publikum von deren Eigenkompositionen zu überzeugen, doch dann stürmt er selbst auf die Bühne. Gemeinsam mit Harper gibt der Pearl Jam-Fronter Queens ›Under Pressure‹ zum Besten. Wenig später kommt er mit seinen angestammten Band-Kollegen Jeff Ament, Mike Mc-Cready, Stone Gossard, Matt Cameron und Boom Gaspar zurück ins Rampenlicht. Und setzt gleich zum nächsten Tribut an: Mit ›Long Road‹ starten die Seattle-Rocker ins Set – und beweisen damit, dass bei ihnen nichts, aber auch gar nichts gesetzt ist. Zwischen BACKSPACER-Stoff (›Got Some‹) und TEN-Krachern (›Why Go‹) machen Pearl Jam keinen Unterschied, sie sehen sich als genreübergreifender Act. Das beweisen sie mit ihrem stilsicheren Mix aus ruhigen Momenten und Mega-Riffern wie ›Even Flow‹. Und auch weitere unerwartete Aktionen stehen auf dem Pearl Jam-Programm: Bei der ungezügelten Version von MC5s ›Kick Out The Jams‹ bekommt der Sechser Verstärkung von Peter Buck und Scott McCaughey (R.E.M.). Danach jedoch verzieht sich die Wut – und macht Platz für handfeste Trauer: Eddie Vedder gedenkt mit zitternder Stimme der Toten, die vor exakt zehn Jahren während des Roskilde-Gigs der Band im Gedränge ums Leben gekommen sind. Ausgelassenes Feiern zu ›Alive‹ und dem abschließenden ›Yellow Ledbetter‹ ist nach dieser Ansage zwar nicht mehr möglich – dafür aber gebührt der Band voller Respekt dafür, dass sie ihre Betroffenheit vor ihren Fans, am heutigen Abend sind es 18.000, so offen zeigen.

 

Anvil: München, 59:1

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1029893470Biergarten oder Metal? Klar: Metal.

München im Hochsommer, das bedeutet: Die Sonne scheint – und es herrscht Biergartenwetter. Noch dazu ist Fußball-Weltmeisterschaft. Alles in allem nicht gerade die besten Voraussetzungen für ein Old School Metal-Konzert in einem kleinen Club.

Dennoch: Durch die jüngst erschienene Dokumentation ANVIL – DIE GESCHICHTE EINER FREUNDSCHAFT werden heute doch einige neugierige neue Fans in das 59:1 gelockt, die überprüfen wollen, ob die tragische Geschichte der kanadischen Band wirklich stimmt. Ganz im Gegensatz dazu freuen sich die alten Fans, dass Sänger und Gitarrist Steve „Lips“ Kudlow, Schlagzeuger Robb Reiner und Bassist Glenn Five endlich mal wieder auf Tour kommen.

Die humoresken Höhepunkte der Film-Dokumentation bleiben heute zum Glück aus – genauso wie die tragischen Momente. Statt-dessen wird astreiner Thrash Metal der ganz alten Schule geboten, nicht nur von den Songs, sondern auch vom Stage Acting her. So springt Lips (und zwar gleich nachdem er auf die Bühne gekommen ist) runter in die Leute, um inmitten der gut 150 Fans das komplette Instrumental ›March Of The Crabs‹ unter tosendem Beifall durchzuspielen. Man sieht ihn inmitten der fliegenden Haarbüschel nicht mehr, aber bei seiner erneuten Rückkehr auf die Bühnenbretter hat er ein breites Grinsen auf den Lippen. Das Eis ist damit also gebrochen, und an spielerischen Fähigkeiten kann der bisherige Erfolgsmangel nun wirklich nicht liegen. Denn Anvil haben’s drauf und rocken ›666‹, ›Thumb Hang‹ und ›Forged In Fire‹ ohne große Mühe runter.

Auch die Songs vom aktuellen Album THIS IS THIRTEEN kommen gut an, aber erst bei den letzten Tracks des Abends, ›Metal On Metal‹ und der Zugabe ›Jackhammer‹, klettert die Stimmung auf den Höhepunkt. Das anschließende Bad in der kleinen Fan-Menge inklusive Fotos, Autogrammen und Küsschen für die Frau haben die Kanadier in den letzten 30 Jahren perfektioniert. Fazit: Alle, die nicht in den Biergarten gegangen sind, haben heute definitiv die richtige Entscheidung getroffen.

 

Ozzy Osbourne: London, Roundhouse

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Ozzy live 3Der Weg von der nächstgelegenen Tube-Station zum Londoner Roundhouse führt über die Chalk Farm Road, und schon hier ist Ozzy Osbourne omnipräsent: T-Shirt-Läden säumen die mit jugendlichen Touristen verstopfte Straße, und nebst den obligatorischen Cannabisblättern und Che Guevera-Konterfeis ist auch der Fürst der Finsternis ein beliebtes Shirt-Motiv. Die Schlange vor dem altehrwürdigen Rundbau reicht bis um die nächste Straßenecke, und spätestens angesichts der Horde mit Ozzy-Masken verkleideter Fans aller Altersklassen müsste klar sein: Das wird ein Erlebnis.

Eröffnet wird der musikalische Teil des Abends von den Black Spiders, aber noch spielt die Musik hauptsächlich außerhalb des mit neuester Technik und wieselflinken Barfrauen ausgestatteten Saals. Auf der noch sonnenüberfluteten Terrasse fachsimpelt man beim ersten Bier über Ozzys Gitarren-Neuzugang Gus G. oder verabredet sich zum treppab stattfindenden Ozzy-Schreiwettbewerb, aber als die texanischen Retro-Metaller von The Sword sich anschicken, die ersten Riffs durch die Boxen zu brettern, zieht es die Meute vor die Bühne. Was da die nächste Dreiviertelstunde passiert, kommt zumindest musikalisch auch bestens an – einen so charismatischen Frontmann wie den Protagonisten des Abends können The Sword zwar nicht aufbieten, aber die allseits fliegenden Haare während – und der Ansturm verschwitzt-glücklicher Metalheads auf die Bar nach dem Konzert sprechen hier Bände. Die Betriebstemperatur für das folgende Klassiker-Set stimmt jedenfalls.

Dieses eröffnet der frenetisch in Empfang genommene und von den „Ozzy“-Sprechchören sichtlich angetane Godfather of Metal dann auch mit bewährter Kost: ›Bark At The Moon‹ reißt immer noch jeden mit, egal ob man 1983 schon headbangte oder wie der ein oder andere anwesende Fan noch flüssig war. Doch auch bei dem brandneuen ›Let Me Hear You Scream‹ lässt sich keiner zweimal bitten, selbst wenn zwischen den beiden Songs geschlagene 27 Jahre liegen. „I can’t fucking hear you!“, feuert Ozzy zwischen BLIZZARD OF OZ-Material wie ›Mr. Crowley‹ und alten Sabbath-Gassenhauern wie ›Iron Man‹ seine Fans an, aber angesichts des Geräuschpegels ist das schlicht gelogen: Das tosende Gebrüll quittiert er dann auch mit einem verschmitzten Grinsen. Stille kehrt erst ein, als Ozzy die Bühne für eine offenbar notwendige Verschnaufpause räumt und seinem neuen Mann an der Gitarre, Gus G., für eine beeindruckende Kostprobe seines Könnens das Rampenlicht überlässt. Der revanchiert sich dafür mit einem ellenlangen, gelinde gesagt spektakluären Solo inklusive Talkbox-Einlage, das wohl alle Zweifel an seiner Qualifikation ein für alle mal ausgeräumt haben dürfte. Und so tröpfeln die Fans am Ende des Abends sichtlich gerockt in die Camdener Nacht, den Rausschmeißer ›Paranoid‹ noch im Ohr. Wirklich ein Erlebnis.

 

Heaven & Hell: London, Victoria Park (High Voltage-Festival)

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Heaven And HellBeim ersten High Voltage-Festival in London gab es neben Gigs von ELP, ZZ Top, Black Label Society und vielen mehr auch einen traurigen Höhepunkt: die letzte Show von Heaven & Hell.

Ein Zeichen setzen, Respekt erweisen, noch ein letztes Mal Heaven & Hell wiederauferstehen lassen – das wollten die verbliebenen Bandmitglieder nach dem Tod von Ronnie James Dio tun. Ende Juli ist es soweit: Beim High Voltage-Festival, einem Event von CLASSIC ROCK, treten Tony Iommi, Geezer Butler und Vinny Appice noch einmal unter dem Banner von Heaven & Hell auf. Den Gesang übernimmt nicht ein Mann, sondern gleich zwei: Glenn Hughes (Black Sabbath, Deep Purple, Black Country Communion) und Jorn Lande (Masterplan). Die beiden teilen sich die Mikroarbeit auf – bei fünf Songs singt Lande, bei vier Hughes, und bei den beiden letzten Stücken verbeugen sie sich gemeinsam vor ihrem Freund bzw. Vorbild Ronnie James Dio. Es ist kein leichter Job, den das Duo heute übernimmt. Die Fußstapfen des begnadeten Sängers sind gigantisch und noch dazu sehr präsent, denn es ist noch kein Jahr her, dass Dio noch selbst auf der Bühne gestanden und uns die Heaven & Hell-Hymnen nahe gebracht hat. Mit dementsprechend vielen Emotionen ist die Show verbunden: für die Band wie für die Fans. Kein Wunder also, dass Geezer Butler eine Woche vor dem Gig noch gesagt hat, dass er sich ein wenig vor dem Konzert fürchtet. Die Songs mögen sich nicht verändert haben – die Situation aber sehr wohl. Doch Heaven & Hell schaffen es, sich nicht von ihren Gefühlen übermannen zu lassen und geben Dio ein würdiges letztes Geleit. Das Trio Butler, Iommi und Appice jagt den 17.000 Rockern, die in den Londoner Victoria Park gekommen sind, um gemeinsam mit den Musikern Abschied zu nehmen, einen Schauer nach dem anderen den Rücken hinunter. Auch Jorn Lande und Glenn Hughes sind hervorragend vorbereitet und liefern eine würdige Performance ab, die auch Ronnie berührt hätte. Speziell Jorn Lande kommt extrem kraftvoll und energisch rüber, was hervorragend zur Härte der Stücke passt, die er auf seine Liste hat. Zum Ende des Sets wartet zudem eine Überraschung auf die Fans: Phil Anselmo (Pantera, Down), der den gesamten Gig über am Bühnenrand ge­wartet hat, stürmt ganz zum Ende des Sets in Richtung Mikro und stimmt gemeinsam mit Lande und Hughes eine überschäumende Version von ›Neon Knights‹ an. Gänsehaut, wenngleich aus deutlich anderem Anlass, macht sich auch dann am gesam­ten Körper breit, als eine sichtliche gerührte Wendy Dio die Bühne betritt. Sie berichtet mit bebender Stimme, wie groß die Lücke ist, die ihr Mann hinterlassen hat – und wünscht sich, dass alle mithelfen, sein Andenken zu bewahren, indem sie den „Stand Up And Shout Cancer Fund“ unterstützen – eine Stiftung, die Erkrankten helfen und zudem auch weitere Forschungsstudien auf dem Gebiet ermöglichen soll, so dass uns keine weiteren Menschen zu früh durch den Krebs entrissen werden.

 

Sonisphere: mit Metallica, Megadeth, Slayer, Anthrax, Volbeat, Alice In Chains, Motörhead uvm.

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Metallica at the Sonisphere Festival 2010Sonisphere, das Festival der großen Vier: Metallica, Megadeth, Slayer und Anthrax. Hinzu kommen etliche weitere Hochkaräter: Alice In Chains, Airbourne, Volbeat, Stone Sour und viele andere mehr. Der Rock-Zirkus macht in insge-samt elf europäischen Ländern Station, allerdings nicht in Deutschland. Aus diesem Grund reist CLASSIC ROCK mit dem Tour-Tross von Smoke Blow nach Jonschwil in der Schweiz – und wird dort Zeuge großartiger Auftritte, die jedoch von einer katastrophalen Organisation überschattet werden.

„Die Schweiz? Zu viel Regen…“ Ein scharfsinniges Urteil, das Metallicas Tourmanager genervt von sich gibt, als er am Donnerstagmittag die Apollo Stage im Jonschwiler Degenau Park betritt und die Lage checkt. Dabei müssen seine Schützlinge heute noch gar nicht ran – es besteht also noch Hoffnung, dass das Wetter sich bessert und alles gut wird.

Doch zumindest am heutigen Tag geht nichts mehr. Die Aufwärm-Party mit Job For A Cowboy, Exodus und Airbourne fällt völlig ins Wasser. Statt vor der Bühne zu rocken, stellen sich die Fans lieber in den angrenzenden Imbissbuden und dem Partyzelt unter. Verständlich, denn selbst Airbourne, deren Sänger Joel O’Keeffe heute auch auf seine berüchtigte Klettereinlage verzichtet, können einem nicht helfen, wenn man später nass bis auf die Unterhose im Schlamm-versunkenen Zelt liegen muss. Nur eine Handvoll Fans erfreut sich daher an den monsunartigen Eisregen-Schauern und der Schlammattacke. Doch als die PA mehrfach ihren Dienst versagt, weil sie nicht für Tiefsee-Tauchgänge ausgelegt ist, trotten auch sie mit langen Gesichtern davon.

Von denen gibt es am nächsten Morgen noch mehr, denn es bietet sich ein Anblick, der selbst hartgesottene Festivalgänger flüchten lässt – die ersten Fans reisen daher bereits jetzt ab, um der drohenden Lungen- oder Nierenbeckenentzündung zu entgehen. Vor der Saturn-Stage hat sich derweil ein mehrere Zentimeter tiefer See von der Größe eines Tennisplatzes gebildet. Vor der Apollo Stage, wo die Kieler Smoke Blow ihren Weckruf starten, sieht es nicht besser aus. Während die Stage-Crew verzweifelt versucht, die Wassermassen von der Bühne zu wischen, ziehen die Hardcore-Rocker ihren kurzen Auftritt durch. Denn die entscheidende Frage lautet: Rockstar oder Roggenbrötchen? Die Antwort: auf geht’s! Schließlich will niemand in der Band vergeblich 15 Stunden durch halb Europa gefahren sein. Für Smoke Blow geht trotz widrigster Umstände ein Traum in Erfüllung: Sie dürfen Metallica supporten! Und am Ende trägt ihr Sound-Kampf gegen den immer noch prasselnden Regen Früchte. Die Schweizer kriechen aus ihren Schlammzelten und würdigen rasante Rock-Bomben wie ›Alligator Rodeo‹ mit fettem Applaus.

Nach diesem ermunternden Auftakt bessert sich auch die Laune der Fans: Zwar ist die Open Air-Situation nach wie vor katastrophal – doch zumindest kommt nachmittags nach vier Tagen Dauerregen endlich einmal die Sonne raus. Metallica haben anscheinend die Hälfte ihrer Gage an den Wettergott abgetreten…
Als die kalifornischen Riff-Helden zu später Stunde die Bühne betreten, wird dann auch eines deutlich: Sonisphere ist nicht wie angekündigt das Festival der „Big Four“: Eigentlich müsste das Ganze „1 + 3“ heißen. Denn was Metallica inszenieren, hat natürlich nur noch wenig mit dem rohen, alkohol- und schweißgetränktem Thrash Metal ihrer Anfangstage zu tun.

Stattdessen finden sich im Metallica-Gepäck übergroße LED-Wände, Explosionen und jede Menge Bühnennebel. Dazu gibt es große Emotionen, die selbst die vermatschte Sonisphere-Gemeinde in wärmende Wallung bringt – selbst wenn heute niemand mehr die Kraft für frenetischen Jubel hat. James Hetfield gefällt das gar nicht: Der Fronthüne fragt immer wieder, ob die Leute schon schlafen würden bzw. überhaupt noch anwesend wären. Dabei darf er sich nun wahrlich nicht beschweren: Während die Fans zwölf Stunden im knöcheltiefen Bibber-Schlamm auf die Band gewartet haben, sind für die Herrschaften aus den Staaten zwei Stunden vor Showbeginn hinter der Bühne sogar noch einmal neue, von einer eigenen Security bewachte Holzwege verlegt worden.

Doch in musikalischer und showtechnischer Hinsicht kann der Metallica-Auftritt überzeugen: Der Gig ist ein derartiges Bühnenspektakel, dass man meint, gleich würde David Copperfield höchstselbst aus einer der Rauchwolken hüpfen. Jeder der vier Metallica-Musiker wird von einer eigenen Kamera verfolgt, so dass der Fan sie auch in den hinteren Reihen auf Schritt und Tritt beobachten kann. Pyros und Donnerschläge sorgen dann immer wieder für „Ooohs“ und „Ahhhs“ im Publikum. Einer der Höhepunkte: ›One‹. Die Bühne explodiert, rotes Feuerwerk erhellt den Jonschwiler Nachthimmel, und die rund 40.000 Fans liegen sich bewegt in den Armen. Danach mobilisiert die Metallica-Meute die letzten Kräfte und feiert die Klassiker ›Master Of Puppets‹, ›Fight Fire With Fire‹, ›Nothing Else Matters‹ und ›Enter Sandman‹ sowie den Zugabenblock mit ›Whiplash‹ und dem unverwüstlichen, fulminanten ›Seek & Destroy‹.

Nachdem der letzte Ton verklungen ist, macht sich die Erschöpfung und Frustration breit. Das Gros der Sonisphere-Besucher will nur schnell nach Hause – doch die meisten schaffen es nur mit Müh und Not bis zu ihrem Auto. Das ist jedoch inzwischen im Schlamm versunken, so dass nur noch ein Trecker helfen kann, und der kostet zum Teil horrende Summen.

Ein paar Unerschütterliche entschließen sich daher, noch zu Volbeat oder den Wikinger-Bangern Amon Amarth abzufeiern, obwohl sie sich insgeheim auch ins trockene Zuhause zurückwünschen. Dennoch ist das die clevere Lösung, denn in punkto Abfahrt geht kaum etwas vorwärts. Die Stimmung sinkt endgültig auf den Tiefpunkt. So hagelt es in den nächsten Tagen Beschwerden auf der Veranstalter-Website, viele davon zu Recht. Zwar kann niemand das Wetter beeinflussen, und eine Absage hätte auch niemandem genützt – doch die Möglichkeiten, das Event noch zu retten, sind nicht ausgeschöpft worden. Verlegung von Platten vor den Bühnen, was schon im Vorfeld möglich gewesen wäre, ist hier nur ein Beispiel. So bleibt nach dem Jonschwil-Sonisphere ein bitterer Nachgeschmack, denn die Probleme sind allesamt auf dem Rücken der Fans ausgetragen worden – und das ist schlichtweg nicht tragbar.

Thorsten Zahn

RANDNOTIZEN

Die Fans feiern ihn, und ihm gefällt es offensichtlich. Anthrax-Fronter Joey Belladonna flitzt über die Bühne, und bei ›Indians‹ rasten alle aus. Und das nicht nur wegen der Karnevals-Federn, die sich Belladonna ins Haar steckt – die übrigens nach einem Ritt über die Bühne wieder ins goldene Köfferchen kommen. Lustig: Fürs Ein- und Auspacken der Federn haben Anthrax einen eigenen Mitarbeiter.

Die Grunge-Überlebenden Alice In Chains spielen einmal mehr ein unglaubliches Set. Stimmlich perfekt liefern Band-Chef und Gitarrist Jerry Cantrell & Co. mit Songs wie ›Dam That River‹, ›Check My Brain‹, ›Would?‹ und ›Rooster‹ einen Hit nach dem anderen. Ein Höhepunkt des Festivals, während auf den Leinwänden parallel ein Tiefpunkt des deutschen Team-Fußballs zu sehen ist: Deutschland verliert 0:1 gegen Serbien.

Motörhead-Boss Lemmy Kilmister wirkt ein bisschen müde, rockt das Set aber routiniert runter. Gitarrist Phil Campbell übernimmt einfach die Ansagen und bemerkt dabei gar nicht, wie sein Amp-Turm umfällt, den der Drum-Tech beim Basteln an Mikkey Dees Schlagzeug mit dem Hinterteil umgestoßen hat. In letzter Sekunde stürzt ein beherzter Mitarbeiter der Stage Crew heran und fängt das Top-Teil auf. Die Show geht ohne Unterbrechung, so schnell lassen sich Songs wie ›Stay Clean‹, ›Metropolis‹ oder ›Ace Of Spades‹ nicht aufhalten.

Stone Sour stellen einmal mehr unter Beweis, dass sie den großen Sprung nach vorne schaffen können. Die neuen Songs ›Mission Statement‹, ›The Bitter End‹ und ›Digital‹, die Stone Sour heute schon vom neuen Album AUDIO SECRECY spielen, haben es auf jeden Fall gewaltig in sich – sehen die Fans auch so.

Dave Mustaine zieht mit Megadeth ein Top-Set ab – mit ›Hangar 18‹ und ›Symphony Of Destruction‹ als Höhepunkte. Abseits der Bühne gibt er sich auch cool: Auf die Frage, wie es mit Metallica und speziell Lars Ulrich läuft, antwortet er: „Ich bin nicht hier, um eine Beziehung zu retten – ich will vielmehr eine neue aufbauen.“

Wacken Open Air: mit Iron Maiden, Mötley Crüe, Alice Cooper, Slayer uvm.

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2010_08_07_Atmo-Shots (1)Im hohen Norden wird nicht nur eifrig gebangt, sondern auch klassisch gerockt: In Wacken spielen Iron Maiden ihre einzige Deutschlandshow des Sommers und werden zudem von Alice Cooper und Mötley Crüe supportet. Grund genug für CLASSIC ROCK, zur Berichterstattung ins Rock-Mekka zu pilgern.

75.000 Rocker können nicht irren. Seit Monaten schon sind die Tickets für das Festival ausverkauft – Wacken ist nach 20 Jahren mehr Kult denn je. Das liegt am besonderen Flair des norddeutschen Open Airs: das Event an sich ist das Star, nicht etwa ein Über-Headliner, der alles andere in den Schatten stellt. Die Mischung aus familiärer Gemütlichkeit und coolen Acts hat das Organisationsteam auch in diesem Jahr perfekt hinbekommen, wobei für die CLASSIC ROCK-Gemeinde insbesondere der erste der drei Veranstaltungstage Grund zum Jubeln bietet.

Der Wacken-Donnerstag steht traditionell unter dem Motto „A Night To Remember“ – und bietet 2010 mit Gigs von Alice Cooper und Mötley Crüe sowie der einzigen Iron Maiden-Deutschlandshow in diesem Sommer ein herausragendes Programm. Hinzu kommt, dass es auch den Acts immense Freude bereitet, in Wacken aufzutreten. Hauptgrund dafür ist, dass sie hier auf ein be­­geisterungsfähiges, junges Publikum treffen. Von den Zehntausenden, die sich für den Gig von Alice Cooper vor der größten der vier zentralen Festivalbühnen sammeln, hat sicherlich die Hälfte noch nie einen Auftritt des Schockrock-Meisters gesehen. Und so wird selbst Standard-Showprogramm wie der Einsatz der Guillotine euphorisch be­jubelt. Cooper und seine Band genießen die Aufmerksamkeit sichtlich und hauen entsprechend beschwingt auf die Pauke. Schon der Start mit ›School’s Out‹ gelingt nach Maß – den Song kennt schließlich jeder, der mindestens einmal auf einer Abschlussfete war. Doch auch aktuellere und weniger als Gassenhauer bekannte Stücke wie ›Wicked Young Man‹ sorgen für tosenden Applaus und gereckte Heavy Metal-Hörner.

Alice_Coope_08_2010_068Alice Cooper und seine Band wissen eben genau, wie sie die perfekte Balance aus Show-Einlagen und coolen Rock-Grooves auszusehen hat – daran scheitert an den nächsten beiden Tagen nämlich noch so manche Jungspund-Kapelle. Der Chef jedoch hat die Menge von der erste Sekunde an fest in seiner Hand. Während die untergehende Sonne das Open Air-Gelände in warmes Rot taucht, bringt auch Onkel Alice etwas Farbe ins triste Riff-Grau: Das Kunstblut spritzt nach allen Regel der Kunst – da wird aufgespießt, geköpft, geprügelt und giftgespritzt, bis selbst der tapferste Wacken-Arzt schließlich entnervt aufgibt. Kein Wunder also, dass die partygierige Meute den Zeremonienmeister am Ende gar nicht mehr gehen lassen will.

Motley_Crue_08_2010_003Doch große Zugabenblöcke sind bei einem minutiös durchgetakteten Festival natürlich nicht drin. Dafür steht sogleich die nächste Attraktion bereit, um die ausgelassene Feierstimmung zu erhalten. Und dafür sind Mötley Crüe ja geradezu prädestiniert. Ihr Konzept („möglichst viel Spaß, möglichst wenig Ernst“) geht an diesem Abend bestens auf. Selbst wenn Tommy Lee nach wie vor mit riesigem Abstand der fitteste Musiker in der Band ist und sich speziell Vince Neil mehrere Gesangsschnitzer leistet, weil er die Töne nicht (mehr) trifft, kann der Mötley-Gig als Erfolg verbucht werden. Die Fans sehen darüber nämlich großzügig hinweg – was vor allem daran liegt, dass sie (ähnlich wie bei Cooper) noch nicht allzu oft in den Genuss eines Gigs der Kalifornier gekommen sind. So lassen sie sich denn auch nur allzu gerne zu „Crüe“-Sprechchören animieren, kickstarten gemeinsam mit der Band die Herzen und die Haarrotoren oder schwingen zu ›Saints Of Los Angeles‹, ›Dr. Feelgood‹ und ›Girls, Girls, Girls‹ die Hüften.

Bei Iron Maiden wird schließlich nicht geswingt, sondern mit den Fäusten gerüttelt. Vor Freude natürlich. Denn obwohl das Programm etwas gewöhnungsbedürftig ausfällt, da sich Maiden dazu entschlossen haben, den Set-Schwerpunkt auf die letzten vier Alben zu legen und dabei auch die neue Scheibe THE FINAL FRONTIER zu promoten, ist die Stimmung ausgelassen. Zwar können die 75.000 nicht – wie noch vor zwei Jahren an derselben Stelle – alle Textzeilen auswendig, das jedoch stört die Band keineswegs. Nachdem einige technische Anfangsschwierigkeiten beseitigt sind, zocken die sechs Musiker locker und befreit durchs Set. Ihnen gefällt es nämlich sichtlich, dass sie nicht immer das gleiche Programm abspulen müssen. Zudem gewinnen Songs wie ›Brave New World‹, die ansonsten oft im Hit-Sperrfeuer von ›Number Of The Beast‹ bis ›Aces High‹ untergehen, heute deutlich an Strahlkraft. Des Weiteren sorgt Sänger Bruce Dickinson, humorvoll wie eh und je, für gute Laune auf und vor der Bühne: Er fordert ständig, dass die Wacken-Fans für ihn „screamen“ und ringt sich im Gegenzug sogar einige Brocken in deutscher Sprache ab. Den meisten Applaus erntet der Sänger allerdings, als er mit hörbarer Wehmut in der Stimme Ronnie James Dio ehrt und ihm den Song ›Blood Brothers‹ widmet – der Track ist eines von vielen Dio-Tributestücken, die an diesem Wochenende performt werden. Auf diesen emotionalen Höhepunkt folgen ›Wildest Dreams‹, ›No More Lies‹ und ›Brave New World‹, bevor mit ›Fear Of The Dark‹ der Klassikerteil eingeleitet wird. Hier sind es inbesondere die drei Zugaben ›The Number Of The Beast‹, ›Hallowed Be Thy Name‹ und ›Running Free‹, die dafür sorgen dass der Wacken-Acker von Tausenden von stampfenden Beinpaaren durchgepflügt wird, während parallel dazu die Locken in Richtung Nachthimmel wirbeln.

Das Wacken-Flair

Das Wacken Open Air ist seit jeher ein Festival, das von seinem entspannten Flair und der friedlichen Stimmung lebt. Daher schlendern selbst die Einheimischen ohne Scheu und Berührungsängste übers Gelände und halten den ein oder anderen Schnack mit einem nietenbewehrten Kuttenträger. Um diese familiäre Atmosphäre trotz der anhaltend hohen Besucherzahlen zu erhalten, haben sich die Veran­stalter im vergangenen Jahr dazu entschlossen, eine weitere Attraktion zu etablieren: das Wackinger-Dorf. Auf diesem Areal, das sich nicht auf dem zentralen Festivalgelände mit den vier Bühnen befindet, sondern etwas abseits liegt, treten auch Bands auf, hauptsächlich sollen die Fans dort jedoch im kleineren Rahmen feiern können. Es gibt zahlreiche Stände im Stil eines Mittelaltermarkts, so zum Beispiel einen Getränkeausschank, der wie ein Drachenboot geformt ist, oder aber eine traditionelle Holzofen-Bäckerei. Auch Schaukämpfe finden dort statt. Wer also etwas Ruhe vor dem Riff-Dauerfeuer sucht, ist bei den Wackingern bestens aufgehoben. Eine Attraktion gänzlich anderer Natur steht nur wenige Meter weiter. In einem großen Zirkuszelt buhlen die Wrestler um die Gunst der Fans. Wer sich nach einem Fight etwas Musik gönnen will, kann sich auf der kleinen Red Bull-Showbühne nebenan Nachwuchsbands ansehen, kommt mit ein bisschen Glück aber auch in den Genuss von etablierten Acts: Die Cello-Rocker Apocalytica etwa geben hier am Donnerstag (dem ersten der drei offiziellen Festivaltage, am Mittwoch finden jedoch bereits einige Warm-up-Shows statt) einen Geheimgig vor intimer Kulisse. Zudem können sich Wacken-Fans auf dem Movie­field am späten Abend auch Filme reinziehen: Hier läuft unter anderem die preis­gekrönte Dokumentation der Thrasher Anvil („Die Geschichte einer Freundschaft“, siehe auch Review auf Seite 100), die am Freitagnacht auch einen umjubelten Auftritt auf der Hauptbühne hinlegen.

Riffhöhepunkte

Quasi als Fan-Aufwärmprogramm für den anschließenden Auftritt von Alice Cooper treten am Donnerstag Skyline auf – die Band, bei der Wacken-Veranstalter Thomas Jensen sich erste Rock-Sporen verdient hat. Entsprechend kultig ist der Auftritt, zumal sich mit Udo Dirkschneider und Doro Pesch auch noch zwei illustre Gäste mit auf die Bühne schmuggeln. In die Abteilung „Kult“ fallen am Frei­tag gleich zwei Gigs auf der kleinsten Wacken-Bühne, der W.E.T. Stage: nämlich der von Raven und der von Lizzy Borden. Ebenfalls Kult ist der Headliner-Gig von Slayer. Obwohl die Thrasher in diesem Sommer auf diversen Festivals gerockt haben und entsprechend müde sein dürften, liefern sie beim Wacken Open Air einen ihrer besten Gigs ab. Die Band ist zwar gehandicappt und daher – bis auf Schlagzeuger Dave Lombardo – alles andere als bewegungsfreudig, doch Sound und Songs drücken derart kraftvoll aus der Anlage, dass sich darum niemand schert. Zudem sind Slayer eine grandiose Festival-Band: redu­ziertes Programm, keine Kompromisse in Sachen Härte – und erst recht nicht in punkto Hits. Klar ist: Ohne ›Angel Of Death‹ und ›Raining Blood‹ kommt hier heute niemand davon. Smoke Blow wecken die Fans am Samstag mit jeder Menge Punkrock-Spielfreude und rotzfrechen Ansagen auf, was ebenso hervorragend ankommt wie das Hit-Sperrfeuer von Blackie Lawless‘ W.A.S.P. und Tobias Sammets Edguy, das am späten Nachmittag über die Fans hereinbricht.

Ebenfalls gelungen: der düstere Ausklang des Festivals auf der Party Stage, wo zuerst Candlemass ihre epischen Doom-Hymnen in die finsteren Kult-Schwarzmetaller Immortal ins Rennen schicken. Anschließend können die Fans noch mit Tiamat in Dunkelheit schwelgen – und sie genießen es sichtlich, dass nach drei Tagen Dauerbeschallung nun nicht mehr brachiale Härte, sondern die WILDHONEY-Melodien das Geschehen regieren.

We Sing Vol. 2

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WeSingVol2Karaoke-Party mit ungebetenen Gästen.

WE SING fiel im Musikspiel-Wust vorrangig durch gleichzeitiges Karaoke-Singen mit vier Mikrofo-nen auf. Klar, dass diese Funktion im Nachfolger ebenso zur Standardausrüstung gehört wie einfache, an Sonys SINGSTAR-Reihe orientierte Menüs, drei Schwierigkeitsstufen und diverse Modi für gegnerisches, gemeinsames oder abwechselndes Blamieren.

Hinzu kommen kleine Restaurierungen wie Gesangsunterrichts- oder verzichtbare Rap-Möglichkeiten. Elementar: An einigen HDTV-Geräten auftretende Übertragungsverzögerungen gehören lediglich We Sing Vol. 1 und somit der Ver­gangenheit an.

Was sich von geschmacklichen Fehltritten unter den 40 zum Mitsingen bittenden, von Original-Videos unterlegten Songs nicht gerade behaupten lässt. Keine Frage: Künstler wie B52s (›Love Shack‹), Dandy Warhols (›Bohemian Like You‹), Gloria Gaynor (›I Will Survive‹), Jamiroquai (›Virtual Insanity‹), Kaiser Chiefs (›Ruby‹), Lynyrd Skynyrd (›Sweet Home Alaba-ma‹), Stereophonics (›Dakota‹) und The Supremes (›Baby Love‹) rocken das Haus. Aber: Möchte sich wirklich jemand beim Mitträllern von Jürgen Marcus, Roy Black/Anita, Lou Bega, Westlife, Henry Valentino/Uschi oder Reamonn erwischen lassen?

 

Tiger Woods PGA Tour 11

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TigerWoods11Endlich wieder Positives von Tiger Woods.

Im letzten Jahr erhöhte TIGER WOODS PGA TOUR 10 den Realismusgrad der Golfserie mit zahlreichen Erweiterungen gewaltig. Statt krampfhaft neue Ver(schlimm-)besserungen einzupflegen, übernimmt TIGER WOODS PGA TOUR 11 bewährte Tugenden wie Wii-MotionPlus-Unterstützung, ein überarbeitetes Putting-System, einen detailreichen Charakter-Editor, Wetterwechsel und aufgestockte Online-Turniere des Vorgängers und addiert nur wenige, dafür durchdachte Ergänzungen. Da- zu zählen beispielsweise die Integration des renommierten Ryder Cup-Turniers, die Premiere eines „Shot Fokus“-Systems für noch exakter zu kontrollierende Schläge, Zwischendurch-Aktivitäten wie Minigolf, ein Online-Modus für maximal 24 Teilehmer und eine alternative Ego-Ansicht.

Dank ausgewogener Schwierigkeitsgrade kommen auf unkomplizierte Partien bedachte Arcade-Liebhaber ebenso auf ihre Kosten wie Authentizität und Tiefe bevorzugende Simulations-Fetischisten. Optisch haben sich Protagonisten und Landschaften seit der letzten Version allerdings kaum verändert: Nicht herausragende, aber flüssige Grafik bestimmt das Grün.

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