Happy Birthday John Mellencamp! Das Rockurgestein feiert heute seinen 72. Geburtstag.
John Mellencamp zählt zu den größten (Folk-)Rock-Künstlern unserer Zeit. Während er in Europa vor allem in den 80er Jahren Erfolge feierte, ebbte seine Bekanntheit in seiner US-amerikanischen Heimat nie ab. ›Jack And Diane‹ zählt zu seinen erfolgreichsten Songs, obwohl Mellencamp selbst anfangs gar nicht so zufrieden mit dem Song war: „Die Aufnahmen zu ›Jack And Diane‹ waren schrecklich. Das Lied klingt großartig, solange ich es alleine auf der Gitarre spiele. Doch die Band und ich haben es nie geschafft, richtig zusammenzuspielen. Deswegen klingt das Arrangement stellenweise so seltsam. Dieses Stoppen und dann wieder Starten… das ist nicht sehr musikalisch.“
Das Klatschen im Song fügte Mellencamp übrigens nur als Platzhalter ein, den er in der fertig abgemischten Version wieder löschen wollte. Als er schließlich merkte, dass der Song ohne das Klatschen nicht wirklich funktionierte, ließ er es drin.
2014 offenbarte der Sänger in einem Interview, dass der Song anfangs eigentlich von einem gemischtrassigen Pärchen handeln sollte. Jack war schwarz, kein Footballstar. Doch das Label riet ihm, dieses Idee zu überarbeiten.
2021 erschien mit FILTHY PLEASURES das Debüt von Splinter, nun folgt mit ROLE MODELS der zweite Streich der niederländischen Band, die sich aus ehemaligen Mitglieder von Death Alley und Birth Of Joy zusammensetzt. Mit dem von einer KI gestalteten Artwork (eine Pop-Art-Banane im Anzug oder wie die Band es nennt: „fruits in suits“), das hohle Identifikationsfiguren der heutigen Zeit kritisiert, beinhaltet die Platte eigensinnigen Heavy Rock, der zahlreiche Einflüsse in sich aufsaugt: „Im Grunde spielen wir Rock’n’Roll, doch die Punk-Attitüde ist es wohl, die alles zusammenhält. Mehr noch als einen Sound verbinde ich mit Punk die Freiheit, zu tun, was immer man will, und einen Scheiß auf irgendwelche Begrenzungen zu geben. In dieser Band geht es vor allem darum, Energie heraufzubeschwören und die Leute zum Tanzen zu bringen.“, so Frontmann Douwe Truijens im Zoomcall. Deswegen schrecken Splinter auch vor deutlichem Pop-Appeal oder gar Disco-Einflüssen wie im Song ›Bottom‹ nicht zurück. Mit ›Opposite Sex‹ befindet sich außerdem ein höchst kauziger Track auf der Platte: „Dieser Song ist echt seltsam, irgendwie wartet man ständig darauf, dass etwas passiert. Wir spielen mit den Erwartungen der Hörenden. Textlich gesehen hat es uns gefallen, einfach nur über die Gegensätze zwischen Geschlechtern zu singen, über eine gewisse Unverträglichkeit, dabei aber gerade nicht über Mann oder Frau zu sprechen.“, so Douwe und ergänzt: „Klar kannst du zwölf super heavy, laute Songs auf eine Platte knallen. Aber nach dem vierten Track hört es sich nicht mehr laut an. Deswegen finde ich es wichtig, ein wenig Abwechslung hineinzubringen, mal zu pushen, mal zu bremsen, mal vor den Kopf zu stoßen.“
Weniger seltsam ist da ein Track wie ›Every Circus Needs A Clown‹, der sofort an Splinters Landsleute von Golden Earring und deren größten Hit ›Radar Love‹ erinnert: „Das war anfangs gar keine Absicht. Nachdem wir das Demo fertig hatten, probierten wir, den Song langsamer zu spielen. Und uns allen fiel auf, dass man dann ungefähr bei ›Radar Love‹ rauskommt. Das war jedoch kein Grund für uns, den Song nicht zu machen. Es ist ein cooler Querverweis an eine wichtige niederländische Band, die wie wir aus Den Haag ist.“, so Douwe schmunzelnd. Golden Earring sind ihnen da bestimmt nicht böse, Splinter sind schließlich schon gemeinsam mit Sloper aufgetreten, der neuen Band von Earring-Drummer Cesar Zuiderwijk. Durch diese Verbindung ist die Truppe auch auf ihren Produzenten Mario Goossens gestoßen, da selbiger ebenfalls Schlagzeug bei Sloper spielt. Mit seiner Weitsicht, seinem Können und einem großen musikalischen Gespür hat er Splinter bei manchen Teilen der neuen Songs noch auf die Sprünge geholfen – er habe teilweise „die fehlenden Puzzleteile“ gefunden, so Douwe. Nach einer DIY-Releaseshow in ihrem Proberaum und im Berliner Urban Spree wollen Splinter Ende des Jahres ihr neues ROLE MODELS nochmal mit einer Tour pushen. Die nächste Platte soll dann ganz anders entstehen. „Wir hatten wegen Corona so viel Zeit für ROLE MODELS, vielleicht machen wir beim dritten Album genau das Gegenteil und schreiben eine Platte in einem Monat.“
Beständig hohes Indieblues-Niveau vom sympathischen englischen Pärchen
Stephanie Jean Ward und Christopher Turpin sind das UK-Ehepaar, das nach der Uni drei Alben mit der Grungeband Kill It Kid tourte, um schließlich beim Blues zu landen, sich in Nashville nieder zu lassen und Promi-US-Fans wie Greta van Fleet und Marcus King zu sammeln. Rau und dirty, hübsch und melodisch kann man ihre zwei bisherigen Alben zwischen anderen Noiseblues-Boy/Girl-Teams wie The Kills und Shovels & Rope einordnen. Neues gab‘s im persönlichen Leben des Paars: Steph und Chris sind Eltern geworden. Das Kind soll daheim in England aufwachsen, also wurde die Dritte auf der Insel aufgenommen. Wie beim Debüt CHASING LIGHTS (2019) konnten damit die UK-Folkmaestros Ethan Johns (Drums, Produktion) und Nick Pini (Bass) die Band im Studio zum Quartett erweitern. Nun ist der Blues, auch wenn man ihn mit Indierock aufpeppt, per definition kein Genre, bei dem sich viel Neues tut. Ergo unterscheidet sich THUNDER ABOVE YOU nur in Nuancen von den Vorgängern. Eine verstärkte Folknote, noch größere Trittsicherheit im Zusammenspiel, kleine Experimente (z.B. die Drummachine in >>My Whispers Are Wildfire<<). Ein starkes drittes Album, das den Level seiner Vorgänger hält, wenn nicht sogar leicht anhebt.
7 von 10 Punkten
Ida Mae/THUNDER ABOVE YOU/ROAD RECORDS/THE ORCHARD
The Judds. Etwas ältere Semester werden sich an dieses einzigartige, aus Mutter Naomi und Tochter Wynonna bestehende Country-Duo erinnern. Die 80er waren ihre große Zeit. Ihre ersten drei Alben landeten jeweils auf Platz eins der Country- Bestenliste, die weiteren ernteten ebenfalls Gold- und Platin-Status. Anfang der 90er war dann, bis auf rare Ausnahmen, Schluss – und Wynonna ging auf Solo-Trip.
Tragisch: Letztes Jahr starb Naomi, einen Tag bevor der Act in die Country Music Hall Of Fame aufgenommen wurde. Das jetzt aufgelegte A TRIBUTE TO THE JUDDS erinnert mit 14 ihrer stärksten Lieder an dieses Ausnahme-Duo. (Gunther Matejka)
Als Vorgeschmack auf die Platte, die am 27. Oktober erscheint, gibt es heute zwei Single-Auskopplungen inklusive Lyricvide. Auf ›Cry Myself To Sleep‹ kooperieren Wynonna Judd und Trisha Yearwood, für die Adaption von ›Love Is Alive‹ haben Gwen Stefani und Blake Shelton zusammengearbeitet.
Reißnägel zum Frühstück und abends mit Rachenputzer gurgeln? Ein bisschen muss man wohl schon nachhelfen, um so eine rabiate Raureifstimme zu bekommen, wie sie Tré Burt sein Eigen nennt. Das ist aber längst nicht das einzige Besondere an dem aus Sacramento stammenden Singer/Songwriter. Moment: Eigentlich müsste man Tré Burt wohl als Dichter bezeichnen, als singenden Dichter. Wie schon auf seinen von der Kritik höchst wohlwollend aufgenommenen Vorgängerwerken erweist sich der ehemalige Mechaniker in den zwölf Tracks von TRAFFIC FICTION als detailverliebter, kritischer Beobachter und Chronist einer schwierigen Zeit. Ein, wenn man so will, moderner Protestsänger, eine raue Stimme der Arbeiterklasse. Ganz wie die Pioniere dieses Genres verpackt Burt seine kritischen Anmerkungen in rustikale Folk- und Americana-Arrangements. Pete Seeger hätte seine helle Freude an dem Knaben gehabt.
Zeitloser Rock-Pop mit Yes-Attitüde und virtuoser Fingertechnik
An den größten kommerziellen Erfolg, an dem der Südafrikaner Trevor Rabin jemals beteiligt war, erinnern auf seinem neuen Soloalbum vor allem die Gesänge inklusive ihrer Chorsätze: Wie schon auf „90125“, dem Jahrhundertwerk der britischen Progrock-Band Yes, garniert Rabin auch auf RIO so manchen Refrain mit einem Falsett-Background, der (im positiven Sinne) durch Mark und Bein geht. Auch der Leadgesang der Scheibe erinnert in manchen Stücken an Jon Anderson im Jahr 1983, als das erklärte Ziel lautete, den perfekten Poprock-Song zu produzieren. RIO ist die dritte Soloscheibe des Multiinstrumentalisten Rabin, der außer Schlagzeug sämtliche Instrumente eigenhändig gespielt und auch ein goldenes Händchen für komplexe Arrangements hat, die sich – einem kleinen Wunder gleich – stets auf raffinierteste Weise in feinste Hooks auflösen. Zudem zeigt der Ausnahmemusiker seine virtuose Fingertechnik an der klassischen Gitarre, die so manches Intro veredelt und wahres Können von bravem Handwerk abgrenzt. Bleibt abschließend nur die Frage: Weshalb hat Rabin für diese Scheibe 34 Jahre gebraucht?
Die großen drei Alben von Prong liegen drei Jahrzehnte zurück: BEG TO DIFFER erschien 1990, ein Jahr später PROVE YOU WRONG und 1994 CLEANSING. Ihr Dampframmen-Hardcore, den sie zwischen Helmet und Biohazard mit Einflüssen aus Industrial, Groove-Metal und Sample- Techniken positionierten, setzte Maßstäbe. Ihr neues Werk STATE OF EMERGENCY ist wieder eine Ouvertüre aus schnittigen Stop-And-Go-Gitarren, Kopfnicker-Grooves und dicker Produktion. Das Schlagzeug klingt nicht mehr nach dem Stricknadel-Geknatter zu CLEANSING-Zeiten, hier hat Produzent Steve Evett (Sepultura, Dillinger Escape Clan) viel mehr Wumms und Tiefenschärfe eingesetzt. Die Songs stimmen auch und hauen ordentlich auf die Zwölf: Bei ›Breaking Point‹ heulen die Gitarren in Richtung Metal, bei ›Who Told Me‹ trifft New-York- Hardcore auf Ministry, und ›Disconnected‹ könnte mit seiner vielfältigen Dynamik sogar von Therapy? sein. Alle elf Tracks überzeugen in Form und Inhalt – und mit ›Working Man‹ endet die Platte mit einer schönen, würdevollen Rush-Coverversion. Tommy Victor & Co. sind eindrucksvoll zurück.
Mitte Oktober spielen Alberta Cross zwei Shows in Deutschland. Am 15.10. tritt die Band in Köln im Yard Club auf, am 16.10. gibt es die Indie-Truppe um Sänger/Gitarrist Petter Ericson Stakee in Berlin im Badehaus zu sehen. CLASSIC ROCK verlost 2×2 Freikarten pro Stadt.