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Rückblende: Rush – ›Tom Sawyer‹

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Ihre vielleicht bekannteste Hymne entstand aus der ungewöhnlichen Verbindung eines Stücks klassischer amerikanischer Literatur und eines durchgeknallten kanadischen Dichters.

Die lange Karriere von Rush ist sicher nicht arm an wichtigen Liedern: ›Working Man‹ war ihr erstes Stück, das auch außerhalb ihrer kanadischen Heimat wichtiges Radio-Airplay verbuchte und zu einem weltweiten Deal mit Mercury Records führte. Ihr Album 2112 sicherte die Zukunft der Band, als dieser Deal an einem seidenen Faden hing. ›The Spirit Of Radio‹ wiederum verhalf ihnen zu der unwahrscheinlichen Ehre eines Top 20-Hits in Großbritannien. Doch der berühmteste Song von allen im Rush-Katalog ist ›Tom Sawyer‹, der Eröffnungs-Track des Albums MOVING PICTURES von 1981, das als bestes und meistverkauftes der Band gilt. „›Tom Sawyer‹ ist eine wahre Erkennungsmelodie für uns“, bestätigt Rush-Gitarrist Alex Lifeson. „Es ist musikalisch sehr kraftvoll und berührt textlich auch viele Menschen. Es ist so was wie eine Hymne.“

Rush standen an einem Scheideweg, als sie ›Tom Sawyer‹ schrieben. In den 70ern waren sie zu den unangefochtenen Meistern des Prog-Hardrock aufgestiegen, berühmt für ihre epischen Konzeptstücke, die sich über komplette Seiten einer Vinylplatte erstreckten. Doch mit dem ersten Album der 80er – PERMANENT WAVES – ging ein bedeutender Wandel einher.

„Wir begannen, kompaktere, sparsamere Stücke zu schreiben.“ Daraus resultierte ebenjene Hitsingle, ›The Spirit Of Radio‹: eine Tour de force des IQ-Rock, eingedampft auf weniger als fünf Minuten. Und der Text passte bestens zu dieser neuen Herangehensweise. Drummer und Bücherwurm Neil Peart, seit 1975 Autor aller Rush-Texte, hatte sich zuvor von antiker Mythologie und Science-Fiction inspirieren lassen, doch für PERMANENT WAVES schrieb er in einfacherem Stil und verlegte sich auf weltlichere Themen. ›Tom Sawyer‹ war das Destillat dieser neuen, modernen Rush: ein kraftvoller, präzise gearbeiteter Hardrocksong mit einer schlagkräftigen, aber höchst philosophischen Botschaft. Und ein Song, den Rush nicht nur einem Titan der amerikanischen Literatur – Mark Twain – zu verdanken hatten, sondern auch einem reichlich sonderbaren Kanadier namens Pye Dubois.

„Geddy Lee nannte es das ‚definierende Stück Musik‘ von Rush in den frühen 80ern.“

Dieser Poet und Lyriker arbeitete mit der Band Max Webster zusammen, die wie Rush aus Ontario stammte. Man war befreundet und nahm für das 1980er Max Webster-Album UNIVERSAL JUVENILES zusammen das Stück ›Battle Scar‹ auf. „Diese Jungs waren dicke Freunde von uns“, erinnert sich Lifeson. „Aber Pye war etwas mysteriös – ein seltsamer Typ! Doch er schrieb großartige Texte. Um 1980 schickte er Neil ein Gedicht mit der Idee, bei einem Lied zu-sammenzuarbeiten. Der ursprüngliche Entwurf hieß ›Louie The Warrior‹.“

Das Gedicht basierte auf Twains Roman „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ von 1876, den alle drei Mitglieder in der Schule durchgenommen hatten. Vor allem Peart identifizierte sich mit den Kernthemen des Buchs von Rebellion und Unabhängigkeit. Von „2112“ bis zu ›Freewill‹ auf PERMANENT WAVES war Individualismus ein immer wiederkehrendes Thema in seinen Texten. Was Dubois in ›Louie The Warrior‹ erschuf, war in Pearts Worten „ein Porträt eines modernen Helden“. Lifeson: „Neil nahm diese Idee und massierte sie, entfernte einige von Pyes Versen und fügte sein eigenes Ding hinzu.“ Peart wählte den einfacheren Titel ›Tom Sawyer‹ und vervollständigte den Text mit einem autobiografischen Element. Wie er es ausdrückte: „die Versöhnung des Jungen und des Mannes in mir.“

Die Musik war ebenfalls ein Neubeginn für Rush. Lifeson: „Die Struktur des Songs entwickelt sich sehr interessant, von diesem ersten Vers zu einer Brücke zu einem Refrain und in das Solo, und dann wieder von vorn. Das war für uns damals kein typischer Aufbau.“ Die Musik war ja auch auf unorthodoxe Art und Weise geschrieben worden – zumindest für Rush. „MOVING PICTURES war sehr anders für uns, weil es eher wie ein Jam entstanden war. Vieles von dem Material wurde bei den Aufnahmen geschrieben. Bei ›Tom Sawyer‹ war das jedenfalls der Fall. Wir probten auf einem kleinen Bauernhof außerhalb von Toronto. Die Hälfte der Scheune war eine Garage, die andere Hälfte ein kleiner Proberaum. Für gewöhnlich jammten wir dort drauflos und entwickelten so die Songs.“

Es war Hochsommer, als Rush die Stücke für MOVING PICTURES schrieben. Doch bis sie anfingen, das Album im Le Studio in Morin Heights, Quebec aufzunehmen – demselben Anwesen in den Bergen, wo schon PERMANENT WAVES entstanden war –, hatte ein harter kanadischer Winter begonnen. „Mir war in meinem Leben nie so kalt, soviel steht fest!“, lacht Lifeson. „Wir wohnten in einem Haus an einem See, und das Studio war auf der anderen Seite des Sees. Wenn wir tapfer genug waren, gingen wir zu Fuß durch den Wald. Es war wunderschön, aber es herrschten -40°C! Im Ernst!“ Der Videcoclip zu ›Tom Sawyer‹, der dort gedreht wurde, eröffnet mit Aufnahmen dieser verschneiten Landschaft und endet mit einer Kamerafahrt über den zugefrorenen See.

Über die Aufnahmen sagt Lifeson: „Der Synthesizer ist so etwas wie ein Schlüsselelement auf ›Tom Sawyer‹. Die Keyboards und wir drei harmonierten bestens. Wir hatten immer noch dieses Trio-Gefühl. Außerdem wollten wir immer in der Lage sein, unsere Lieder live so originalgetreu wie möglich zu spielen, also wurde ›Tom Sawyer‹ auch so geschrieben. Da ist keine Rhythmusgitarre unter dem Gitarrensolo oder Ähnliches.“

Der Track wurde zum Wendepunkt in der Entwicklung der Band. Geddy Lee nannte es das „definierende Stück Musik“ von Rush in den frühen 80ern. Über einen Großteil jenes Jahrzehnts nahmen Keyboards eine wichtige Stellung im Klangbild der Band ein. Und knapp vier Jahrzehnte später haben das Lied und seine Botschaft nichts von ihrer Kraft verloren. „Das klingt immer noch bemerkenswert frisch“, stellt Lifeson stolz fest. „Und die Leute identifizierten sich schon immer sehr mit dem Text – dieser Geist der Unabhängigkeit und des Abenteuers. Es ist einfach eines dieser besonderen Lieder.“

Die skurrilsten Cover der Rockwelt: GENTLE GIANT von Gentle Giant (1970)

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Wollen wir an dieser Stelle mal gepflegte Fake News verbreiten? Au ja! Drucken wir also dieses Plattencover ab und schreiben dazu: „Crazy neuer Look! Bernhard Hoëcker, beliebter Comedian, Moderator und TV-Raterundenteilnehmer in Festanstellung, hat sich einen hippen Vollbart wachsen lassen.“ Und um das Ganze noch boulevardmäßig menscheln zu lassen: „Was wohl Kollege Elton dazu sagt? Wir sind gespannt!“ Nein, sind wir definitiv nicht, und das Ganze ist natürlich Bullshit hoch zehn. Sagen wir es so: Der gute Mann wäre, wie man so hört, für ein ambitioniertes Basketballteam keine grundsätzliche Verstärkung. Oben links auf dem Bild prangt aber der Schriftzug „Gentle Giant“, übersetzt „Sanfter Riese“. Da kann was nicht stimmen! Aber bevor wir uns endgültig dem Vorwurf des „Bodyshaming“ aussetzen, rudern wir eilig zurück und halten stattdessen pädagogisch wertvoll fest, dass man eben nicht alles glauben sollte, was in der Zeitung steht. Gerade noch die Kurve gekriegt …

Die reine Wahrheit: Gentle Giants Debüt stammt aus einer Ära, als Märchen, Mythen und Fantasy-Literatur eine unglaubliche Renaissance erlebten. Ein Londoner Musik-Club nannte sich etwa „Middle Earth“, John Lennon pries Lewis Carrolls „Alice im Wunderland“, während Syd Barrett auf Kenneth Grahames „Der Wind in den Weiden“ verwies – und der Druide „Catweazle“ im Fernsehen nicht nur Kinder beglückte. Magier, Kobolde, Feen, Zwerge und Riesen, gerne auch sanfte Vertreter ihrer Art, boomten, und jene Band, die sich Gentle Giant nannte, surfte also tatsächlich auf einer Zeitgeistwelle. Das Gesicht dazu entwarf Illustrator George Underwood, der nicht nur weitere Artworks, etwa für Tyrannosaurus Rex, Procol Harum und David Bowie verantwortete, sondern auch zahlreiche Buchumschläge – spezialisiert auf die Genres Science-Fiction, Horror und Fantasy. Und damit schließt sich der Kreis

Osaka Rising: „Best of Osaka-Rising-Songwriting“

LAZARUS heißt das dritte Studiowerk von Osaka Rising, einer Zweimann-Band aus Erfurt, die ohne Gitarren, nur mit Keyboard, Synthesizern, Schlagzeug und Gesang an ihre ganz eigene Vision von Rock’n’Roll herantritt. Stephan Janson singt und bedient die Tasten, Tom Walther zeichnet für Drums und Vocals verantwortlich. Zusammengenommen klingen Osaka Rising auf dem neuen LAZARUS mal nach den 80ern, mal nach bombastischem Film-Soundtrack, gehen dann wieder mehr Richtung Uriah Heep oder Deep Purple, um wenig später mit viel Atmosphäre und Space-Flair etwas an Pink Floyd zu erinnern. Die Songs für ihr neues Album haben die beiden Musiker während der Pandemie fertig gestellt und nach einer Tour mit In Extremo im Studio aufgenommen. „LAZARUS sollte eine Mischung aus unserer ersten und zweiten Platte werden. Unser Debüt war sehr wild arrangiert, der Nachfolger dann etwas durchdachter, vor allem was die Einbettung des Gesangs betraf“, erklärt Tom im Interview und Stephan ergänzt. „Wir haben weniger dem Zufall überlassen, ohne dabei an Instrumentalkunst einzubüßen. Wir wollten besondere Klangwelten anbieten. Wir denken eigentlich immer im Vinyl-Format, auf der B-Seite entfernen wir uns mehr von klassischen Songstrukturen, da haben wir den Spirit unseres Debüts eingefangen.“

Man merkt sofort, dass die beiden sich blind verstehen, Teil einer wunderbar funktionierenden, absolut demokratischen Einheit sind. Vielleicht entstehen gerade deswegen viele der Songideen während spontaner Jam-Sessions. „Oft beginnen wir unsere Proben mit einem Jam und schneiden mit. Einmal hatte Stephan seinen neuen Yamaha-Synthesizer dabei. In dieser Probe ist die 12-minütige Urversion des Titeltracks ›Lazarus‹ entstanden. Diese Version haben wir zwar noch eingedampft, doch im Grunde waren da alle jetzt vorhandenen Parts schon drin“, erklärt Tom. „So läuft unser Prozess oft ab.“, fügt Stephan hinzu. „Bei ›Lazarus‹ fanden wir das bestehende Instrumental super, deswegen war es mir wichtig, das Stück nicht mit Gesang zu entweihen. Mir war klar, dass es nicht zu viele Worte sein durften und ich eine entspannte, fast schon meditative Tonlage anschlagen sollte. Die Space-Thematik kam uns, weil wir beide Star-Trek-Fans sind und außerdem den Film „Interstellar“ beeindruckend fanden.“ Doch es geht beim Songwriting auch anders, wie Tom verrät: „Bei ›Into Oblivion‹ hatten wir anfangs nur die Piano-Phrase, nicht mehr. Bei ›Cleopatra‹ gab es einen Jam auf diesen Stampf-Beat, wo Stephan das Wort „Cleopatra“ schon während des Jams gesungen hatte. Darum haben wir dann den Song gebaut.“ Oder wie Stephan den Schaffensprozess für LAZARUS zusammenfasst: „Best of Osaka-Rising-Songwriting, wo wir alles in die Waagschale geworfen haben, was wir bisher so erforscht haben.“ In naher und fernerer Zukunft haben die beiden passionierten Musiker noch einiges vor: „Zum Release des Albums wird das dritte Musikvideo erscheinen. Außerdem werden wir zur Platte noch einen Podcast veröffentlichen. Nächstes Jahr soll dann ein weiteres Video erscheinen, das den Re-Release unseres ersten Albums auf Vinyl begleiten soll. Und dann werden wir uns noch selbst herausfordern. Mehr können wir dazu jetzt noch nicht verraten.“

Rückblende: Thin Lizzy: ›The Boys Are Back In Town‹

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Ohne ihren Manager und dessen Gespür für einen guten Song sowie einige amerikanische DJs, die darauf ansprangen, hätte sich die Band möglicherweise nicht mal die Mühe gemacht, das Stück aufzunehmen, das zu ihrem großen Klassiker wurde.

Es ist kaum zu glauben, aber Thin Lizzy hätten beinahe den Song weggeworfen, der zum legendärsten ihrer Karriere werden sollte. „Wir hatten Demos von etwa 15 Tracks für JAILBREAK aufgenommen und die für uns zehn besten ausgesucht“, erklärt Gitarrist Scott Gorham. „Dann kam unser Co-Manager Chris O’Donnell vorbei, um sich die Sachen anzuhören, und wir spielten ihm alle 15 vor.

Er war besonders angetan von einer Nummer, die wir ›GI Joe‹ betitelt, aber schon als nicht gut genug aussortiert hatten. Sie gefiel ihm und er bestand darauf, dass wir sie aufs Album nehmen. Wir akzeptierten sein Urteil, doch es stand noch einiges an Arbeit an. Der Text war gegen den Krieg, das war nicht wirklich das Richtige für uns, und musikalisch war es noch nicht rund. Doch wir lösten die Probleme und aus ›GI Joe‹ wurde ›The Boys Are Back In Town‹.“


Gorham erinnert sich noch lebhaft daran, als er zum ersten Mal die Grundidee hörte, aus der dieser so wichtige Song entstehen sollte. „Ich war bei Phil Lynott, wir saßen in seinem Wohnzimmer und gingen die Stücke durch, an denen wir für das Album gearbeitet hatten. Am Ende der Sessions spielte Phil mir diese Basslinie vor und fragte mich, was ich davon hielt. Dann fing er an, ein paar Textideen darüber zu scatten, die er im Kopf hatte. Daraus formten wir eine Strophe und einen Refrain. An dem Punkt waren nur Phil und ich beteiligt. Am nächsten Tag bei der Bandprobe spielten wir alle zu viert – mit Brian Robertson und Brian Downey – das Grundgerüst des Tracks durch.

Brian Downey spielten diesen Shuffle auf dem Schlagzeug, und ab da nahm die Sache Gestalt an. Denn von ihm bekam ich die Idee für die Gitarrenharmonie, die man heute kennt. Wir hatten ein Achtspur-Tonbandgerät im Proberaum, mit dem wir Demos aufnahmen, und da machten wir die Version von ›GI Joe‹, die unser Manager hörte und mochte.“

Der Song war aber immer noch nicht vollständig ausgearbeitet, als Thin Lizzy Ende 1975 in die Ramport Studios in SüdLondon gingen, um mit Produzent John Alcock JAILBREAK einzuspielen.

„Nein, auch da war es noch kein kompletter Track“, erinnert sich Gorham. „Wir hatten tatsächlich noch nicht mal den Titel. Doch dann kam eines Tages Phil ins Studio und sagte, er wolle den Song ›The Boys Are Back In Town‹ nennen. Er hatte auch den Text geschrieben, ich las ihn und dachte: ‚Hey, das ist fucking cool!‘ Brian Robertson und ich vollendeten dann die Gitarrenharmonien.

Der Gitarrenpart in der Mitte, der so gut funktioniert, kam aber von Phil. Er spielte ihn auf dem Bass und Brian adaptierte ihn für die Gitarre. Ich muss sagen, dass die Aufnahmen zu diesem Song ziemlich flott gingen. Es war nicht leicht, aber auch nicht allzu schwer.“ Die Band glaubte jedoch nicht im Entferntesten daran, dass sie damit einen Riesenhit landen würde. „Für uns war das ein ordentlicher Albumtrack, mehr nicht. Dass es eine Single sein könnte, wäre uns nie in den Sinn gekommen!“

Was dann geschah, war ein glücklicher Zufall, als das fertige ›The Boys Are Back In Town‹ ein Eigenleben entwickelte. „Wir waren 1976 in den USA auf Tour. Wir hatten dort noch keine Fanbase und noch überhaupt keinen Erfolg. Doch zwei Radio-DJs in Louisville, Kentucky, hörten JAILBREAK und fingen an, es in ihren Sendungen zu spielen. Sie liebten vor allem ›The Boys Are Back In Town‹ und ließen es mehrmals am Tag laufen. Dann fingen die Leute an, die Sender anzurufen und nach dem Song zu verlangen. Und schließlich nahmen es auch andere Radiosender ins Programm auf spielten es oft. Plötzlich war es überall. Anscheinend hatten sich die USA in diese Nummer verliebt.“

Dann beschloss Thin Lizzys US-Label Mercury, ›The Boys Are Back In Town‹ als Single zu veröffentlichen. „Wenn man sich anhört, was das Label heute sagt, behaupten sie natürlich, der Single-Release sei allein ihre Idee gewesen. Dabei war es die Unterstützung der Radiosender in ganz Amerika, die sie dazu zwang.“ Doch trotz der Begeisterung dieser DJs glaubte die Band selbst unfassbarerweise immer noch nicht an den Track, wie Gorham amüsanterweise gesteht: „Eines Abends kam Chris O’Donnell auf der US-Tournee in unsere Garderobe und sagte: ‚Nun, Jungs, es sieht so aus, als hätte wir da eine fette Hitsingle in der Hand‘. Wir entgegneten nur: ‚Hmm, vielleicht sollten wir den Song in unsere Setlist aufnehmen‘. Unglaublich, dass wir das damals nicht mal live spielten. Man kann sich immer darauf verlassen: Musiker machen es falsch!“

Der Erfolg von ›The Boys Are Back In Town‹ veranlasste die Band aber nie dazu, auf der Suche nach einem weiteren Hit die Formel einfach zu wiederholen. „Sicher, das Label machte ein bisschen Druck, aber das hätte für uns nie funktioniert. Jedes unserer Alben war anders, und wir waren nicht die Art von Band, die einem Schema folgte, egal wie erfolgreich es uns gemacht hätte. Ich denke, das ist es, was die wahren Fans an Thin Lizzy liebten – wir waren wirklich einzigartig. Aber so blieb es uns natürlich auch verwehrt, ein Massenpublikum zu begeistern wie Styx oder Journey zu jener Zeit. Das war mit ein Grund dafür, dass wir in den USA nie ein großer Name wurden. Das wichtigste, was wir als Musiker ›The Boys Are Back In Town‹ zu verdanken hatten, war, dass wir weiter Platten machen und unseren Stil weiterentwickeln konnten.

JAILBREAK war unser drittes Album für das Label gewesen und alles hing davon ab. Hätte es sich nicht verkauft, hätten wir sicher unseren Vertrag verloren – und wer weiß, was dann passiert wäre? Doch ›The Boys Are Back In Town‹ sorgte dafür, dass sich das Album verkaufte und wir weitermachen konnten. Wir haben dieser Single viel zu verdanken, und der Weitsicht von Chris O’Donnell und dieser DJs in Louisville, die etwas darin sahen, das uns als Band entgangen war.

John Paul Jones im Interview: „Alles ging Schlag auf Schlag“

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Led Zeppelin live

Er hat mit den Yardbirds, Marc Bolan, den Stones, R.E.M. und den Butthole Surfers gearbeitet. Und natürlich mit Led Zeppelin Weltruhm erlangt. Doch John Paul Jones ist auch heute noch auf der Suche nach kreativen Herausforderungen. Zeitweise fand er diese bei Them Crooked Vultures und einem Opern-Projekt über die skandalträchtige Schauspielerin Anna Nicole Smith, die 2007 verstorben ist.

John Paul Jones fühlt sich pudelwohl in seiner Rolle als Rock-Veteran. Er ist seit weit mehr als 50 Jahren im Musikgeschäft aktiv – im Alter von 14 trat er erstmals mit der Tanzkapelle seines Vaters auf, danach ging er mit den Shadows auf Tour und hat seit 1964 mit Größen wie den Yardbirds, Donovan, Marc Bolan, Cat Stevens, Marianne Faithfull, Tom Jones oder den Walker Brothers zusammengearbeitet. Sogar die Rolling Stones nutzten sein musikalisches Talent – sie buchten ihn für das Streicher-Arrangement ihrer 1967er-Single ›She’s A Rainbow‹.

Seinen Stammplatz im Riff-Olymp sicherte sich John Paul Jones schließlich ein Jahr später, indem er mit Jimmy Page Led Zeppelin gründete. Jones hielt sich dabei stets vornehm zurück: Im Vergleich zum schillernden Jimmy Page, dem gottgleichen Robert Plant oder dem tosenden John Bonham wirkte der Bassist und Keyboarder nie so, als ob er das Rampenlicht genießen würde. Und doch war er für Led Zeppelin von unschätzbarem Wert, denn er prägte den charakteristischen Sound der Band.

Auch nach dem Aus von Zeppelin hat sich John Paul Jones die Liebe zur musikalischen Innovation bewahrt. Er liebt es, mit unterschiedlichen Künstlern zu kollaborieren. So hat er inzwischen auch mit R.E.M., Peter Gabriel, Ben E. King, den Butthole Surfers, Heart, den Datsuns und Sonic Youth gerockt. 2009 standen Them Crooked Vultures im Mittelpunkt. Jones freute sich riesig darüber, dass ihm von seinen zwei Kreativ-Partnern so viel Respekt entgegengebracht wird. „Je älter ich werde, desto mehr Freiheiten bekomme ich“, kommentiert er lachend. „Denn die Leute denken, dass ich ganz genau wisse, was ich zu tun habe. Also wagen sie es nicht, irgendeinen Einwand anzubringen. Also mache ich einfach, was ich will.“

Das war am Anfang deiner Karriere noch ganz anders. Seit 1962 bist du im Hauptberuf Musiker – und hast zu Beginn bereits als Sessionmusiker und Arrangeur für Andrew Loog Oldham oder Mickie Most gearbeitet. Wie kam der Kontakt zu Stande?
Ich hing als 17-Jähriger immer in der Archer Street im Londoner Stadtteil Soho ab. Jeden Montag trafen sich dort alle möglichen Musiker. Eines Tages sah ich, dass Jet Harris auch da war. Ich hatte ihn schon ein paar Mal dort erspäht, mich aber nie getraut, ihn anzusprechen – denn er war damals ein großes Vorbild für mich. Doch schließlich fasste ich mir ein Herz und fragte ihn, ob er nicht einen Bassisten gebrauchen könnte. „Nein, tut mir leid“, antwortete er, zeigte aber auf ein paar andere Leute und sagte: „Aber die Jungs da drüben suchen jemanden!“ Es stellte sich heraus, dass es sich um die Jazz-Rocker The Jett Blacks handelte. Ich stellte mich vor, und wir vereinbarten, uns zu einer Session in ihrem Proberaum zu treffen. Harris kam auch vorbei, um sich das Ganze anzuhören. Damals war er gerade dabei, mit Tony Meehan The Shadows aus der Taufe zu heben. Und ich scheine ihn ziemlich beeindruckt zu haben, denn nach der Probe meinte er: „Hey, du bist an Bord – aber bei meiner Band!“ So kam es, dass ich den Jett Blacks zwar einiges zu verdanken habe, obwohl ich eigentlich nie Mitglied der Gruppe war.

Was passierte dann?
Alles ging Schlag auf Schlag. Ich war bei vielen Aufnahmesessions mit dabei und sah den Leuten bei der Arbeit zu. Schließlich hat mich jemand gefragt, ob ich nicht mithelfen könnte, einen Song umzuarrangieren. Ich war zunächst unsicher, erinnerte mich dann aber an einen Leitsatz meines Vaters: „Lehne nie ein Jobangebot ab!“ Also sagte ich zu. Bevor ich mit der Arbeit begann, rannte ich in einen Buchladen und kaufte mir einen Ratgeber mit dem Titel „Forsyth’s Orchestration“. Denn natürlich hatte ich so etwas noch nie zuvor gemacht und keine Ahnung, wie ich es anpacken sollte. Zudem lief das Ganze auch anders ab als heute. Wir hatten zwei bis drei Sessions pro Tag, und meistens war nicht klar, welcher Musiker überhaupt für welches Stück gebucht war. Das stellte sich im Grunde immer erst dann heraus, wenn derjenige in der Tür stand. Außerdem sind die Gesangsspuren früher parallel zu den Instrumental-Parts aufgenommen worden. Die Sänger standen in einer kleinen, abgetrennten Box und konnten die anderen Musiker nur durch ein kleines Glasfenster sehen.

Waren die Musiker damals rein technisch gesehen besser als heute?
Das würde ich so nicht sagen. Viele Leute behaupten, dass jemand, der mit Samplern arbeitet, nichts drauf hat, weil er kein Instrument spielt. Das stimmt ja so nicht. Denn sonst könnte jeder Mensch losgehen, sich ein paar Turntables oder einen Sampler besorgen und damit ein absolutes Hammeralbum produzieren. Aber das funktioniert nicht. Denn es geht bei der Komposition eines guten Songs nicht allein um die Technik, sondern um das Gespür für die Musik, den passenden Sound und das richtige Arrangement. Ob jemand Gitarre spielen kann oder nicht, ist dabei zweitrangig.

Einer der ersten Künstler, für die du gearbeitet hast, war Nico. Erinnerst du dich noch daran?
Oh ja. Und zwar insbesondere deshalb, weil sie ihren Sohn Ari dabei hatte – er verbrachte Stunden damit, das Studio in seine Einzelteile zu zerlegen. Ein absolutes Chaoskind! Nico sang gerade eine Version von ›Blowin’ In The Wind‹ ein – eine ziemlich ungewöhnliche Version sogar. Ich war zwar nur für die Testaufnahmen zuständig, wusste aber dennoch nicht, was ich tun sollte. Denn sie klang so ganz anders als alles, was ich bisher gehört hatte. Außerdem war ich ziemlich eingeschüchtert von ihr. Nicos imposante Erscheinung tat das Übrige dazu – sie überragte mich um einen ganzen Kopf!

Lief es bei der Arbeit an ›She’s A Rainbow‹ von den Stones besser?
Die Sessions selbst schon. Aber es hat ziemlich genervt, dass ich ständig auf irgendein Band-Mitglied warten musste. Das lief so ab: Ich kam montags ins Studio. Niemand da. Also fragte ich mich, ob wohl morgen jemand auf­tauchen würde. Am Freitag bekam ich schließlich einen Anruf, dass es nächste Woche losgehen könne. Und so ging es immer und immer weiter.

Anfang 1968 hast du Donovan bei ›Hurdy Gurdy Man‹ unterstützt. Gerüchte besagen, dass neben dir, Donovan und dem Toningenieur Eddie Kramer auch Jimmy Page und John Bonham mit von der Partie waren. Stimmt das?
Nein, Jimmy war nicht mit dabei. Ich spielte Bass, Alan Parker Gitarre, Clem Cattini Schlagzeug und Donovan Akustik-Gitarre. Eddie Kramer sollte das bestätigen können, denn er hat die Session aufgenommen und außerdem auch während der Recordings einige Bilder geschossen. Ich weiß, dass der arme Clem Probleme hatte, das zu beweisen, als es um die Royalties ging. Niemand wollte ihm glauben, dass er der Drummer war. Doch das ist die Wahrheit – und ich muss es wissen, denn ich habe ihn schließlich gebucht!

Warum hast du dich dazu entschlossen, nicht mehr als Sessionmusiker zu arbeiten?
Ich nahm an einer „Muzak“-Session teil – das waren Aufnahmen für eine Firma, die sich auf die Beschallung von Geschäften spezialisiert hatte, klassische Fahrstuhl- und Kaufhausmusik eben. Just in dem Moment, in dem es anfing, Spaß zu machen, rief der Produzent: „Stopp, das geht jetzt aber zu weit! Ihr seid hier, um Musik aufzunehmen, die Leute unterhalten soll – nicht mehr und nicht weniger!“ Das war zu viel für mich. Ich habe es gehasst und fühlte mich total ausgebrannt. Es musste etwas passieren. Meine Frau hat das Ganze dann in die Hand genommen, denn sie war mein Gejammer leid. Sie zeigte mir eine Anzeige in einem Musikmagazin, in dem Jimmy Page inseriert hatte, weil er auf der Suche nach Leuten zur Gründung einer neuen Band war. Ich rief ihn an – und schon war ich an Bord. Anfangs fühlte es sich komisch an. Ich machte zwar Musik, die ich mochte, aber es war trotzdem etwas anderes als meine Arbeit als Sessionmusiker. Denn bei Zeppelin war ja nicht klar, ob wir je einen Cent mit der Band verdienen würden.

Was ja schließlich wunderbar funktioniert hat. Und nicht nur das Geld, auch der Ruhm sind dir bis heute geblieben. Zudem hast du in der Zeit nach Led Zep mit etlichen interessanten Künstlern gearbeitet, von R.E.M. und Brian Eno über die Butthole Surfers, Diamanda Ga-las bis hin zu The Datsuns. Wie kam’s?
Nun, hier kommen zwei Dinge zusammen. Erstens: Ich möchte mich nicht wiederholen, daher mag ich es, immer wieder mit anderen Menschen zusammenzukommen. Und zweitens: Die Musiker dieser Künstler unterscheidet sich nicht sonderlich voneinander – sie alle erfüllen mit ihren Songs nämlich das einzige Kriterium, das für mich zählt: Sie gefallen mir. Und natürlich lerne ich stets etwas Neues dazu, das ist mir wichtig. Ich würde sehr gerne mal mit Neil Young arbeiten. Er hat etwas sehr Spezielles, Einzigartiges an sich. Und er verändert sich ständig, das mag ich.

2009 warst du mit Them Crooked Vultures aber ganz gut ausgelastet. War die Band deiner Ansicht nach für Zeppelin-Fans eine Art Entschädigung dafür, dass nach der O2-Reunion-Show nichts weiter passiert ist?
Puh, keine Ahnung. Aber mal ehrlich. Wenn jemand Led Zeppelin liebt und die Musik auch live hören möchte, dann wird er mit einer der vielen hervorragenden Tribute-Bands glücklicher sein als mit Them Crooked Vultures. Und selbst wenn wir als Led Zeppelin nach dem Reunion-Gig auf Tour gegangen wären, hätte das nur wenig mit der Band zu tun, die wir in den Siebzigern waren. Selbst bei dem O2-Konzert haben wir die Songs nicht so gespielt wie früher. Nicht, weil wir es nicht gewollt hätten, sondern weil das einfach nicht mehr möglich ist. Meiner Ansicht nach hängt das damit zusammen, dass ein Mensch nicht aufhören kann, sich ständig weiterzuent­wickeln. Und immer, wenn man etwas Neues dazulernt, verändert sich automatisch auch das Alte. Das ist zumindest die romantische Vorstellung, die ich als Kreativer vertrete. Aber natürlich gibt es auch eine realistischere Wahrheit: Ich erinnere mich an viele Dinge oder Momente einfach nicht mehr. So einfach ist das. Als wir für die Reunion-Show geprobt haben, musste uns meist Jason Bonham auf die Sprünge helfen! Einmal spielten wir einen Song, und Jimmy und ich kamen nicht weiter. Wir wussten nicht, wie es weitergehen sollte. Jason sagte schließlich: „Also, 1972 bei eurem Auftritt im ‚Forum‘ habt ihr das so gelöst. 1973 aber war es anders, da habt ihr diesen Part drangehängt…“ Bei ›For Your Life‹ ist sogar etwas noch Krasseres passiert. Ich war unsicher und meinte: „Leute, ich kann mich wirklich nicht entsinnen, wie ich das damals immer gemacht habe…“ Jimmy drehte sich zu mir um und pflichtete mir bei: „Mir geht es genauso. Sag mal, Jason, woran liegt das wohl?“ Er lachte nur und antwortete: „Na, ist doch klar. Ihr habt dieses Stück noch nie live ge­­spielt!“ Und er hatte recht. Es gibt genau eine einzige Version von dem Song: die Studioaufnahme.

Status Quo: „Riding in a three grand Deutsche car“

Francis Rossi ist bei Gott nicht auf den Mund gefallen! Als man den Status-Quo-Mann an einem Montagnachmittag anruft, um über sein Verhältnis zu Deutschland und den deutschen Fans zu sprechen, plaudert der 74-Jährige munter drauf los, zeigt sich wie immer ungefiltert ehrlich und schweift auch mal ab. Nicht nur einmal meinte der mit britischem Humor durchtränkte Musiker während des Gesprächs scherzhaft: „Wenn du das in England abdruckst, komme ich ins Gefängnis.“

Francis, wir wollen heute ein bisschen über dich, Status Quo und Deutschland plaudern!

Meine Beziehung zu Deutschland geht ja bis auf die späten 60er Jahre zurück. Damals spielten wir zum ersten Mal hier und waren im „Central Hotel“ in Bielefeld untergebracht. Bei meinem nächsten Besuch muss ich dringend wieder ins „Block House“ gehen. Eigentlich esse ich nicht viel Fleisch, doch letztes Jahr war ich dreimal dort und hatte jedes Mal, ganz altmodisch, ein Steak mit Ofenkartoffel und Beilagensalat. Ach, Deutschland! Hier habe ich das Kickern gelernt. Hier habe ich gelernt, dass es nicht unhöflich ist, wenn jemand sagt „Gib mir eine Zigarette!“. Anfangs dachte ich mir: ‚Gleich geb ich dir eine mit!‘, bis mir aufgefallen ist, dass es nicht böse gemeint ist. Wir Engländer sprechen ja andersrum, ihr Deutschen habt einen sehr zielgerichteten Ton.

Im Großen und Ganzen klingst du trotz der punktuellen Missverständnisse sehr überschwänglich!

Ich weiß schon, wenn Bands daherkommen und Zeug reden wie ‚Oh, ihr seid unser Lieblingspublikum‘, denkt man sich schnell: ‚Blablabla.‘ Aber es stimmt wirklich. In England dürfen wir uns das nicht so raushängen lassen, sonst werden wir gleich wieder als Verräter abgestempelt. (lacht)

Erinnerst du dich an deine erste Tour in Deutschland?

Wir waren mit den Small Faces unterwegs, spielten in Hamburg und mussten natürlich auf die Reeperbahn. Steve Mariott verirrte sich irgendwo hinein. Am nächsten Morgen ging es ihm nicht sonderlich gut. Er brachte „es“ mit nachhause, äh, sagen wir mal, er hatte sich eine Grippe eingefangen. (lacht schelmisch) Außerdem erinnere ich mich an unseren ersten Manager, ein echter Brite. Er sagte immer „Beilfeld“ statt Bielefeld. Dort lernten wir Bratkartoffeln und Gulaschsuppe kennen. Aus dieser Zeit stammt der Song ›Gerdundula‹. Die zwei waren unsere Freunde, ein tolles Paar. Jeder kannte und liebte sie. Wir bauten immer wieder Deutschland-Referenzen in unsere Songs ein. In ›Paper Plane‹ singe ich ja „riding in a three grand Deutsche car“, weil wir uns damals für 3000 Pfund, einen Haufen Geld, einen Mercedes in London kauften. Ich liebe deutsche Autos.

Was hat sich besonders eingebrannt?

Das klingt jetzt komisch, aber ihr habt überall richtig gute Eisdielen. Früher hatten die auch Sonntags auf und in so einer kleinen Bude aß ich den 70ern mal die besten Spaghetti aglio e olio meines Lebens. Am schlimmsten war es damals in Frankreich. Die Venues waren schmutzig, es gab keine Toiletten oder Duschen, der Strom fiel ständig aus… Doch die Franzosen haben sich gewehrt und heute gibt es dort tolle Konzert-Locations. Auch in jeder deutschen Stadthalle ist der Sound heute großartig. Anders in England. Wir bauten Wembley für die Olympischen Spiele. Und weil wir Briten uns von niemandem etwas sagen lassen, bauten wir es versehentlich zu kurz. Das Ding konnte also nie für seinen eigentlichen Zweck genutzt werden. Um ehrlich zu sein: Die Wembley Arena ist ein Scheiß-Gebäude!

Na, legendär wurde es ja trotzdem als Konzert-Location!

Schon. Aber unter der Arena sind Aufbewahrungsräume und ein Schwimmbecken. Wenn du dort spielst, klingt es, als würde ein Bassist irgendwo unter dem Boden spielen. Wenn du dieses Interview in Groß Britannien abdruckst, sperren sie mich ins Gefängnis, das ist dir hoffentlich klar! (lacht)

Wie hast du die frühe Musik-Szene erlebt? Viele Bands aus dem UK haben sich damals ihre Sporen in Deutschland verdient.

Was ich damals über Hamburg gehört hatte, war großartig. Als wir dann dort waren, war es eigentlich eher lahm. Selbiges gilt für den Cavern Club. So läuft das nun mal im Show-Business. Ich hab ja schon von den Small Faces erzählt, ich kannte die Jungs, weil sie als Kids immer beim Eiswagen meines Vaters einkauften. Wir rauchten einen Joint mit ihnen, danach wanderten Rick [Parfitt. Anm. d. Red.] und ich dumm grinsend durchs Hotel, voll auf Haschisch. Ohje, ich schweife wieder ab. Was wolltest du eigentlich wissen?

Wie die Musik-Szene so war damals.

Wir wurden Ende eines Jahrzehntes berühmt, was Selbstmord ist. Eigentlich schaffst du es nicht rüber in das nächste Jahrzehnt. Das passierte uns auch, aber wir haben uns zurückgekämpft. Damals gab es Bands, die Singles verkauften und Bands, die Alben verkauften. Jeder wollte Alben verkaufen, das war „groovy“. Die einzigen, die beides hatten, waren Fleetwood Mac. Das hat uns inspiriert. Wir wurden wieder etwas rockiger, weniger Pop-lastig. Wobei ich bis heute sage, dass Status Quo eine Pop-Rock-Country-Blues-Band ist. Wir schafften es in den 70ern, der Übergang in die 80er war wieder schwierig, aber auch das bekamen wir hin. Wir waren dem Band-Tod oft sehr nah, aber wir zogen es durch. Die Jahre zwischen 1971 und 1981 bilden das Fundament der europäischen Rockmusik. Auch junge Kids hören das heute noch! Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so etwas nochmal geben wird.

Kannst du dich noch an euer Bravo-Starschnitt-Foto erinnern?

Das war immer lustig mit denen! Die machten Fotos von uns und meinten ‚Nein, das gelbe Shirt kannst du nicht anziehen, das hat Jimi Hendrix letzte Woche schon getragen‘, weil wir Engländer damals alle in denselben Läden in London einkauften. Einmal interviewten sie uns und der Typ fragte mich nach meinen Lieblingsbands. Ich zählte ein paar auf und nannte auch ABBA. Der Typ total perplex: ‚Wie, was? ABBA?‘ Danach kam die Plattenfirma zu mir und meinte: ‚Wir denken, du solltest nicht laut über deine Liebe zu ABBA reden!‘ (lacht) So ein Bullshit!

Auf dem Starschnitt-Bild tragt ihr übrigens alle Denim und schlichte Oberteile.

Jetzt mag das vielleicht nicht spektakulär wirken, aber damals kamst du in Jeans nirgends rein, vor allem in England nicht. Nicht mal ins Kino! Das war also richtig wild von uns! Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Plötzlich wollten alle Denim!

Auf was freust du dich am meisten, wenn ihr im Sommer nach Deutschland zurückkehrt?

Neben den Shows, den Fans und dem „Block House“ vor allem auf die Sonntage! Alles ist so ruhig hier am Sonntag, das ist echt wunderbar!

Gewinnspiel: Debüt von Connor Selby im Lostopf

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Eines der hellsten Talente in der britischen Blues-Szene. Bei den UK Blues Awards wurde er in den letzten drei Jahren zum „Young Artist of the Year“ gewählt. 2023 hat der neue helle Stern am Himmel des Blues sein selbstbetiteltes Debütalbum CONNOR SELBY veröffentlicht, welches wir zweimal auf CD verlosen.

Jetzt mitmachen und gewinnen:

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Teilnahmeschluss ist der 19.01.2024

Video der Woche: Jeff Lynne’s ELO live mit ›Evil Woman‹

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Jeff Lynne wird heute 76 Jahre alt. Wir gratulieren dem ELO-Mann herzlich und blicken zu diesem Anlass auf das Jahr 2017, als er live im Wembley Stadion spielte und diesen Abend danach unter dem Titel WEMBLEY OR BUST veröffentlichte.

Gespielt wird der Track ›Evil Woman‹ vom Album FACE THE Music aus dem Jahr 1975. Der Song wurde zum ersten weltweiten Hit des Electric Light Orchestras.

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