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Rückblende: Eagles – ›Life In The Fast Lane‹

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Ein Song, der auf einem Riff von Joe Walsh basiert und dessen Titel beschreibt, wie es war, zu dieser Zeit bei den Eagles zu sein.

Im Sommer 1976, als die Eagles ihr Album HOTEL CALIFORNIA aufnahmen, waren sie schon so weit über dem Regenbogen, dass sie Töpfe voller Gold scheißen konnten. Als Mitbegründer und Country-Musik-Missionar Bernie Leadon nach einem weiteren Streit über die „Richtung“ der Band abzog und sein Banjo mitnahm, gaben sich die Eagles nicht mehr als gesunde Gras- und Wein-Musikanten aus Laurel Canyon aus. Sie spielten nun das, was Sänger/Gitarrist Glenn Frey als „satanischen Country-Rock“ bezeichnete. Frey, ein James Dean verehrender Motown-Anhänger aus Detroit, war 1969 nach LA gekommen und spielte Chuck-Berry-Cover. Für Frey, wie auch für seinen Songschreiber-Kollegen Don Henley – einen Texaner mit markantem Kinn, der keinen Bock auf Rumgeeiere hatte – war die Country-Sache lediglich eine Eintrittskarte in die Welt der Eagles; genau das, was zufällig dort passierte, wo die Eagles schlüpften. Hätten sie sich in London statt in L.A. gegründet, wären sie eine Glam-Rock-Band gewesen, in der weder Bärte noch Denim erlaubt gewesen wären.

In der Tat hätte sich Frey in einer Glam-Rock-Band vielleicht wohler gefühlt – zumindest musikalisch. Er warf gerne Zigaretten in die Luft und fing sie mit dem Mund auf, ein Trick, den er von James Dean geklaut hatte. Er zog „Parallelen zwischen Rock’n’Roll und dem Leben eines Gesetzlosen“ und fügte hinzu: „Ich habe das Gefühl, dass ich ständig gegen das Gesetz verstoße“. Auch Henley interessierte sich weniger für Country-Musik als für Ruhm und Reichtum. Er mochte Soulmusik und schätzte Country, aber das war es nicht, was den Erfolg der Eagles begründete. Es war die schiere Strahlkraft von Frey und Henley. Glenn und Don. Und ihr Wunsch, in die gleiche 70er-Kategorie wie die Rolling Stones und Led Zep eingeordnet zu werden. All das wird in ›Life In The Fast Lane‹ deutlich, jenem Song, den die Eagles um ein kraftvolles Boogie-Riff von Leadons Ersatzmann Joe Walsh herum aufbauten.

Auf Wiedersehen, volkstümliche Banjos und Fideln, hallo Rock und Funk! Der 28-jährige Walsh, der bereits als Mitglied der James Gang und durch seinen monumentalen Solohit ›Rocky Mountain Way‹ von 1973 bekannt war, trug dazu bei, die Eagles zu einer authentischen Rockband zu machen. Laut Don Felder, dem anderen Hauptgitarristen der Eagles, war er das Leben auf jeder Party der Eagles, selbst an Tagen, an denen sie „verkatert waren oder eine Nebenhöhlenentzündung von schlechtem kubanischen Koks hatten,“

Walsh nahm gerne mal eine Kettensäge mit auf Tour, um Türen zu entfernen und Hotelsuiten in einen riesigen Partyraum zu verwandeln. Er verleibte sich gerne „Hog Rails“ ein: dicke weiße Linien aus Kokain, die er mit riesigen Screwdrivern – vierfach Wodka und frisch gepresster Orangensaft – ausglich. Er ließ seine Mietwagen an den ungewöhnlichsten Orten stehen und hinterließ Dampfschwaden aus Spaß und Zerstörung; all die Energie, die er auf der Bühne nicht verbrauchen konnte, fand ein Ventil abseits der Bühne. Eine Austrittswunde. Walsh liebte Wasserschlachten und Streiche mit Klebepistolen. Er mochte das, was eine Freundin seine „Kink-Szenen“ nannte: Soft-Core-Bondage, einvernehmlich und spaßig, wenn man fünf Tage am Stück wach war und dabei immer weiter versucht, high zu bleiben. „Monstering“ nannte Walsh das. Als Walsh eines Tages bei den Proben mit dem Riff von ›Life In The Fast Lane‹ aufwartete, rief Henley: „Was zum Teufel ist das? Wir müssen einen Song daraus machen!“

DEATH IN THE FAST LANE
Die Eagles trennten sich am Ende ihrer US-Tournee 1980, nachdem es auf der Bühne zu einem großen Streit gekommen war. Als sie das gefühlvolle ›Best Of My Love‹ spielten, schlich sich Glenn Frey an Don Felder heran und flüsterte ihm ins Ohr: „Fick dich. Wenn wir von der Bühne runter sind, trete ich dir in den Arsch!“ Felder, der getrunken hatte und die Nase gestrichen voll von diesem Scheiß, zischte zurück. „Nur noch drei Songs, bis ich dir in den Arsch trete, Kumpel. Mach dich bereit.“ Die letzte Nummer des Abends vor den Zugaben war ›Life In The Fast Line‹. Irgendwie schafften sie es, die Zugaben durchzuziehen, ohne sich gegenseitig anzugreifen. Der Gig endete, und die meisten Bandmitglieder machten sich auf den Weg zu den Limousinen am Backstage-Eingang. Außer Frey. Er sah zu, wie Felder eine alte Gitarre nahm und sie gegen eine Wand schmetterte. Frey starrte Felder an und sagte. „Typisch, dass du deine billigste Gitarre zertrümmerst.“ Felder dachte darüber nach und ging dann zu seiner Limousine, bevor noch mehr passieren konnte. Für die Eagles war es jetzt wirklich vorbei.

Frey formte ihn zu einem alten R&B-Stück – dem „One Chord“-Song – und kam auf den perfekten Titel, der aus einem Gespräch mit einem Drogendealer mit dem Spitznamen The Count stammte. Sie saßen in einem Auto und fuhren auf eine Autobahn in Los Angeles auf, als der Count zu Glenns Entsetzen das Gaspedal durchdrückte. „Was meinst du mit langsam?“, schrie der Count. „Das ist das Leben auf der Überholspur…“ Jahre später würde Felder zugeben: „Ich konnte mir den Song kaum anhören, als wir ihn aufnahmen, weil ich zu der Zeit oft high war und der Song mich krank machte.“ Er fügte hinzu: „Wir haben versucht, ein Bild zu malen, das erklärt, dass Kokain gar nicht so toll ist. Es macht dich kaputt.“ Die Fans sahen das anders und hielten den Song für eine Hymne.

„Was die Frage angeht, wer den Text geschrieben hat“, erklärt Felder. „Glenn schrieb die eine Hälfte und ich die andere. Wir haben immer die Sätze des anderen zu Ende gesprochen; wir hatten eine Art telepathische Verbindung.“ Der Text enthielt einige der bissigsten Couplets der Eagles: „There were lines on the mirror, lines on her face/She pretended not to notice, she was caught up in the race…“ Als das Album HOTEL CALIFORNIA schließlich im Dezember 1976 veröffentlicht wurde, konzentrierten sich die Kritiker verständlicherweise auf den Titelsong, der nach Ansicht des Rolling Stone „sowohl die besten als auch die schlechtesten Tendenzen des in Los Angeles angesiedelten Rock“ zeigte. Sie fügten hinzu, dass der Text von ›Life In The Fast Lane‹ „ein überzeugendes und wenig schmeichelhaftes Porträt des Milieus selbst darstellt“.

Auf der anschließenden Tournee der Eagles durch Chicago lud Walsh seine guten Freunde John Belushi und Dan Aykroyd in seine Suite im Astor Towers Hotel ein, wo die drei Amigos sich daran machten, das Apartment zu verwüsten, das sich als Privatwohnung des Besitzers herausstellte. „Wir mussten uns mit einem Anwalt und einem Bauführer abmelden“, erinnert sich Walsh. „Das war eine andere Zeit. Wir konnten tun, was wir wollten, und das taten wir auch.“ Oder wie Don Henley es ausdrückte: „Nun, Joe war und ist sein eigener Chef. Er war schon immer ein unabhängiges Wesen, auch als Mitglied der Gruppe.“ Ein Leben auf der Überholspur in der Tat.

Neuheiten: Ab heute im Plattenladen

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Heute gibt es wieder pünktlich zum Wochenende viele Neuheiten im Plattenladen, z.B. die neuen Alben von Johnny Cash, Nathaniel Rateliff & The Nightsweats, der Beatsteaks und von Robert Jon & The Wreck.

Johnny Cash: SONGWRITER

„Die elf bis dato unveröffentlichten und auf Demos von 1993 basierenden Lieder zeigen einmal mehr die Genialität der Country-Legende. Sohn John Carter Cash hat die verschollenen Schätze entdeckt und die Rohversionen zusammen mit Gästen, die teilweise noch selbst mit Cash musiziert haben, aufpoliert. Aber nicht auf Hochglanz, sondern eher matt und mit Patina.“

HIER GEHT’S ZUR REZENSION…

Nathaniel Rateliff & The Nightsweats: SOUTH OF HERE

„Mit THE FUTURE von 2021 erlitt man sogar böse Schiffbruch. SOUTH OF HERE soll es jetzt wieder richten – und die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Denn die elf unter der Regie von Brad Cook (Bon Iver) in Texas aufgenommenen Tracks halten ein Füllhorn an interessanten Einfällen parat.“

HIER GEHT’S ZUR REZENSION…

Beatsteaks: PLEASE

„Auch wachsen ihnen die Melodien endlich wieder aus jenen Ohren, die das Gespür für Hits wiederentdeckt haben. Hie und da scheppert es auch mal ordentlich, doch versucht die Gruppe glücklicherweise nicht verkrampft, die Energie der Jugend nachzubilden.“

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Robert Jon & The Wreck: RED MOON RISING

„Viel Zeit zum Atmen, Komponieren und Aufnehmen bleibt da eigentlich nicht, doch meistert die Truppe um den charismatischen Frontmann Robert Jon Burrison den scheinbaren Zeitmangel mit Bravour und liefert mit RED MOON RISING ein zeitlos schönes, uriges Southern-Rock-Werk mit Blues- und Jam-Anleihen.“

HIER GEHT’S ZUR REZENSION…

Robert Jon & The Wreck: RED MOON RISING

Keine Abnutzungserscheinungen bei den Southern-Rockern

Gäbe es eine Kategorie für die fleißigste und umtriebigste Band, würden Robert Jon & The Wreck auf einem der vorderen Ränge landen. Der Vorläufer RIDE INTO THE LIGHT ist gerade einmal neun Monate alt, das Quintett fast pausenlos auf Tour, und doch steht mit RED MOON RISING bereits das neunte Studioalbum in knapp dreizehn Jahren an. Dazu gesellen sich für die Südkalifornier aus Orange County zwei EPs, eine Raritäten-Zusammenstellung sowie drei Live-Mitschnitte. Viel Zeit zum Atmen, Komponieren und Aufnehmen bleibt da eigentlich nicht, doch meistert die Truppe um den charismatischen Frontmann Robert Jon Burrison den scheinbaren Zeitmangel mit Bravour und liefert mit RED MOON RISING ein zeitlos schönes, uriges Southern-Rock-Werk mit Blues- und Jam-Anleihen. Erstmals unterstützt von Kevin Shirley (Black Country Communion, Iron Maiden, Journey), sind die zwölf Tracks (inklusive zweier Bonus-Stücke) gar noch stärker geworden als zuletzt. Der Opener ›Stone Cold Killer‹ ist zwar noch wenig vielversprechend und gerät etwas beliebig, doch im Anschluss lässt die Truppe keine Frage unbeantwortet. ›Ballad Of A Broken Hearted Man‹ ist eine Melange aus Bon Jovi (›Wanted Dead Or Alive‹) und Molly Hatchet (›Fall Of The Peacemakers‹), der Titeltrack klingt funky. Danach wird es extrem entspannt,man könnte meinen, Blackberry Smoke hätten hier und da Pate gestanden (›Help Yourself‹, ›Hold On‹). Bei ›Worried Mind‹ hält der Country Einzug, ›Hate To See You Go‹ enthält Reminiszenzen an Little Feat.

8 von 10 Punkten

Robert Jon & The Wreck
RED MOON RISING
JOURNEYMAN/ROUGH TRADE

Beatsteaks: PLEASE

Frisch und unverbraucht – beste Platte der Band seit Jahren

Zurück ins Jahr 2004. In Berlin war Klaus Wowereit Bürgermeister, George W. Bush amerikanischer Präsident und MTV konnte aus Sternchen noch Stars zaubern. Womit wir bei den Beatsteaks sind. Die hatten schon einige Jahre hinter sich, als sie auf ihrem vierten Album SMACK SMASH erstmals ihr melodiöses Hit-Feuer auf gesamter Plattenläge entfachten. Im Frühjahr/Sommer 2004 kam keiner an ›Hand In Hand‹ und ›I Don’t Care As Long As You Sing‹ und den dazugehörigen Videos auf MTV vorbei. Es folgten große Festivals, weitere Platten, Rockstardasein. Nachdem die letzten zwei, drei Platten etwas unter dem Radar liefen, haben sie laut Eigenaussage nun „das beste neunte Album aller Zeiten“ aufgenommen. Ironischer Größenwahn, klar, aber man darf gratulieren. Der neue Produzent Olaf Opal sorgt für frischen Wind, das Sounddesign zeichnet sich durch einen wirklich großartig klingenden Raumklang aus. Auch wachsen ihnen die Melodien endlich wieder aus jenen Ohren, die das Gespür für Hits wiederentdeckt haben. Hie und da scheppert es auch mal ordentlich, doch versucht die Gruppe glücklicherweise nicht verkrampft, die Energie der Jugend nachzubilden. Der Fokus liegt auf Verfeinerung. Die Gitarren klingen manchmal sogar wie bei Johnny Marr, exemplarisch nachzuhören in der smoothen Ballade ›Love Like That‹, einem ihrer besten Stücke. Willkommen zurück!

8 von 10 Punkten

Beatsteaks
PLEASE
WARNER/BEAT RECORDS

Nathaniel Rateliff & The Night Sweats: SOUTH OF HERE

Mal melodiöse, mal eher sperrige Americana mit mancher Überraschung

Das Erfolgsdiagramm beschreibt eine Zickzack-Kurve: Auf Hit-Alben (wie dem Debüt) folgen bei Nathaniel Rateliff und seinen getreuen Begleitern von den Night Sweats meist eher weniger erfolgreiche Werke. Mit THE FUTURE von 2021 erlitt man sogar böse Schiffbruch. SOUTH OF HERE soll es jetzt wieder richten – und die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Denn die elf unter der Regie von Brad Cook (Bon Iver) in Texas aufgenommenen Tracks halten ein Füllhorn an interessanten Einfällen parat Für den Auftakt sorgt das vielleicht gefälligste Stück: ›David And Goliath‹ erinnert mit seinen simplen, aber eingängigen Fender-Rhodes-Akkorden, der hübschen Gesangsmelodie und den gepflegten Saxofon-Linien sogar an die guten, alten Supertramp. Ein Volltreffer! Aber auch ein Titel, der in die Irre führt. Denn so melodisch-gefällig geht es im weiteren Verlauf von SOUTH OF HERE nur noch selten zu. Meist rühren der charismatische, aus St. Louis stammende Sänger und seine soliden Sidemen ein spezielles Americana-Gebräu an – mit Stax-typischen Bläser-Arrangements (›Get Used To The Night‹), sperrigen Folkrock-Tönen (›Remember I Was A Dancer‹) und introvertierter Singer/ Songwriter-Kunst (›Center Of Me‹) als Zutaten. Wer sich eine Mischung aus Billy Joel, Hirth Martinez und Dr. John vorstellen kann, weiß, wo es bei SOUTH OF HERE lang geht.

8 von 10 Punkten

Nathaniel Rateliff & The Night Sweats
SOUTH OF HERE
CONCORD/UNIVERSAL

Johnny Cash: SONGWRITER

Unveröffentlichte Lieder der Country-Ikone

Johnny Cash ist Kult! Der wegen seiner schwarzen Outfits und des gleichnamigen Songs „Man in Black“ genannte Künstler wird gerade auch von jüngeren Musikfans verehrt. Sein Konterfei ist oft auf Shirts zu sehen, besonders beliebt: das Motiv mit dem Mittelfinger. Eben den reckt SONGWRITER musikalischem Mittelmaß entgegen. Die elf bis dato unveröffentlichten und auf Demos von 1993 basierenden Lieder zeigen einmal mehr die Genialität der Country-Legende. Sohn John Carter Cash hat die verschollenen Schätze entdeckt und die Rohversionen zusammen mit Gästen, die teilweise noch selbst mit Cash musiziert haben, aufpoliert. Aber nicht auf Hochglanz, sondern eher matt und mit Patina. Und so erinnern die Stücke durchaus an glorreiche Taten wie ›A Boy Named Sue‹ und ähnliche Kaliber. Neben den großen Harmonien blitzt immer wieder auch Humor auf. Und Cashs Talent für bildhaftes Storytelling. ›She Sang Sweet Baby Jane‹ im Lullaby-Stil lässt einen intensiv an der Geschichte der Protagonistin teilhaben und ›Have You Ever Been To Little Rock‹ erinnert an den Country-Klassiker ›Games People Play‹ von Joe South. Dennoch lassen das markante Timbre und die pointierte Instrumentierung die vorliegenden Kompositionen typisch nach Cash klingen. Gerade der Bass und die Akustikgitarre führen wunderbar durch die Erzählungen und unterstützen den Gesang perfekt. Fazit: Starke Lieder und überzeugendes Storytelling von einer amerikanischen Ikone.

7 von 10 Punkten

Johnny Cash
SONGWRITER
MERCURY NASHVILLE/UNIVERSAL

Uncle Acid and the Deadbeats: Acht Fäuste für ein neues Album

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Uncle Acid and the Deadbeats aus Cambridge sind berühmt berüchtigt für ihren Sound, der nach den frühen Black Sabbath oder Pentagram klingt – gewürzt mit einem Schuss Alice Cooper und einer Prise The Kinks. Seit 2010 veröffentlichte die Band um Kevin Starrs fünf starke Platten – nun überraschen uns die Briten mit einem völlig andersartigen Konzeptalbum. NELL‘ ORA BLU ist eine Mischung aus Krimi-Hörspiel und Soundtrack aus dem Italien der späten Sixties. Doch damit nicht genug: Die Dialoge werden von echten Italo- Kinolegenden gesprochen, darunter Franco Nero. (Text: Philip Opitz)

Kev, euer neues Konzeptwerk erinnert an die Soundtracks von italienischen Thrillern aus den späten 60er- und frühen 70er-Jahren. Es scheint fast so, als wolltet ihr mit dem Album den Vibe heraufbeschwören, der Bands wie Black Sabbath zu ihrer Musik inspirierte.
Absolut, ich meine, Black Sabbath haben ihren Namen ja sogar aus einem italienischen Horrorfilm. Ich glaube, dass diese exotischen
Filme die Inspiration für viele Psychedelic- und Rockbands boten. Deshalb haben wir auch die Dialoge bewusst auf Italienisch einsprechen lassen, damit man als Zuhörer wirklich nur die Stimmung und die Ästhetik auf sich wirken lassen kann – außer man spricht natürlich Italienisch! (lacht)

Diese sogenannten Poliziotteschi-Filme aus Italien sind inspiriert von US-Thrillern wie „Bullitt“ mit Steve McQueen oder den Film-Noir-Krimis aus Frankreich wie „Außer Atem“ mit Jean-Paul Belmondo. Oft enden sie in einer tragischen No-Win-Situation für alle Parteien. Meist liefern die Soundtracks dieser Spätprogramm-Filme noch eine ganz eigene unterbewusste Note, die ungewisse Stimmung des Morgengrauens, oder?
Absolut, ich wollte genau diese Atmosphäre schaffen. Deshalb geschieht auch der Mord in meiner Geschichte in der blauen Stunde, also kurz vor Sonnenaufgang, und die Platte trägt den Titel NELL’ ORA BLU (deutsch: Zur blauen Stunde). Es ist noch Nacht, und entweder eskaliert alles noch weiter oder der neue Morgen bringt eine Besserung der Situation. Von dieser Spannung leben viele Krimis aus dieser Zeit. Allerdings habe ich mir extra keine der damaligen Soundtracks angehört, um nicht versehentlich etwas zu kopieren.

Wie hast du es geschafft, den legendären Franco Nero als Hauptdarsteller beziehungsweise Hauptsprecher zu engagieren?
Das war ganz einfach: Ich habe sein Management über seine Website angeschrieben und er zeigte sich sofort begeistert. Natürlich habe ichihm nicht gleich gesagt, dass seine Rolle in dem Hörspiel den Tod findet. Aber ich glaube, er ahnte es! (lacht)

Der Sound des Albums ist auch weniger rockig als sonst, wie bist du das angegangen?
Die Gitarren spielte ich über einen Fender-Tweed-Deluxe-Verstärker ein, den ich sonst nie verwende. Als Haupteffekt für Gesang und
Gitarre verwendete ich jede Menge Hall, was ich sonst auch nie tue, sowie ein altes Echoplex-Hallgerät, das früher Neil Young gehörte.

Werdet ihr das Album mit Uncle Acid and The Deadbeats live spielen?
Lee Dorian, ein wirklich cooler und sehr künstlerisch denkender Typ von unserer Plattenfirma, möchte es uns in kleinen Theatersälen aufführen lassen, obwohl wir meinten, dass wir auf Tour lieber unser reguläres Set spielen. Wahrscheinlich wird es also eine Mini-Tour für NELL’ ORA BLU geben, mit etwa fünf Terminen in Europa, und dann wieder eine reguläre Tour mit mehr Daten und unserem gewöhnlichen Material. Schön, wenn die Plattenfirma mal mehr wagt als die Musiker – meist ist es ja andersherum.

Es klingt, als wäre die Platte dein persönliches PET SOUNDS geworden – hast du es im Alleingang geschrieben und aufgenommen?
Haha, das ist ein guter Vergleich. Vielen Dank! Das Album entstand größtenteils noch in den Jahren 2020 und 2021 während der Lockdowns. Daher nahm ich den Großteil tatsächlich im Alleingang auf, denn Justin und ich leben zwar im UK, aber ein ganzes Stück auseinander, John wiederum lebt in den USA und Vaughan in Kanada.

Ein weiterer Vergleich: Quentin Tarantino schrieb im Lockdown das Buch „Once Upon A Time In Hollywood“ als nachträglichen Roman zu seinem Film von 2019 – normalerweise geschieht das ja auch andersrum. In dem Film wird oft Bezug auf italienische Filme genommen. Hast du hier auch Inspiration gefunden?
Das ist ein wunderbarer Vergleich, da ich ja den Soundtrack für einen Film geschrieben habe, den es gar nicht gibt. Darüber hinaus erzählt Tarantino ja auch fiktive Geschichten aus vergangenen Zeiten, bei denen er den Vibe jener Tage minutiös erkundet. Auch verwendete er die Musik vieler italienischer Filmkomponisten, wie Fabio Frizzi oder Nora Orlandi in den „Kill Bill“-Filmen. Tatsächlich habe ich für das Artwork von NELL’ ORA BLU den gleichen italienischen Poster-Designer engagiert, der die ganzen fiktiven Filmplakate in „Once Upon A Time In Hollywood“ entworfen hat. Sein Name ist Renato Casaro.

Meilensteine: FREAK OUT! erscheint

27.06.1966: Die Doppel-LP FREAK OUT! von den Mothers of Inventions erscheint

Als 1948 in den USA mit der Vinyl-LP (12 Inch & 33 RPM) ein neues Tonträgerformat eingeführt wurde, bot das für den Hörer ungeahnte Dimensionen: Anstatt lediglich zwei Songs, wie auf dem Vorgängerformat Schellackplatte (10 Inch & 78 RPM), bot die Langspielplatte prinzipiell ein Vielfaches an Spielzeit. Zwar ließen sich im Jazz und in der Klassik alsbald LPs im Format Double, Triple, Quadruple und Quintuple absetzen, aber Pop und Rock blieben lange außen vor. Erst im popkulturellen Innovationsjahr 1966, als etablierte Solisten und Bands sowie eine junge Musikergeneration das Stilspektrum extrem verbreiterten und neue Genres wie Psychedelik, Soul und Progressive-Rock auftauchten, erschienen die beiden ersten Doppel-LPs. Zumal die bis dato eher stiefmütterlich behandelte LP, die oft nur eine Aneinanderreihung von Singles und B-Seiten mit einigen weiteren Liedern war, nun de extrem lukrativen Singles-Markt den Rang streitig machte. Unbändiger Experimentierwille gepaart mit durchdachten Konzepten hob die LP auf eine höhere künstlerische Ebene. Zum ersten Popkünstler mit Doppel-LP-Status avancierte Bob Dylan. BLONDE ON BLONDE im Ausklappcover, erschienen am 20. Juni 1966, bot 14 Tracks mit einer Laufzeit von 72:37 Minuten. Mit knapp über einer Stunde Spielzeit nahm sich FREAK OUT! vom 27. Juni 1966, das Debüt von Frank Zappa und seinen Mothers Of Invention, zwar moderater aus, aber der eklektizistische Inhalt samt verwegenem Ausklappcover toppte dann alles. Auch mit 14 Tracks gesegnet, fanden sich zwei Lieder in Überlänge: ›Help, I‘m A Rock (Suite In Three Movements)‹ (8:37) und ›The Return Of The Son Of Monster Magnet (Unfinished Ballet In Two Tableaux)‹ (12:22).

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