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Devotchka

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DevotchkaVom Genre einer Band auf ihren Lebensstil zu schließen – das kann leicht in die Hose gehen. Vor allem, wenn die Band dem Zigeuner-Punk zugeordnet wird. Und vor allem, wenn die Band DeVotchKa heißt, die mit ihrer vorzüglichen fünften Platte, 100 LOVERS, überhaupt nicht mehr in diese Schublade passen will. Sei’s drum: Begeben wir uns auf das dünne Eis der Klischees…

Wenn Nick Urata mit DeVotchKa auf Tour ist, lebt er ein Leben, das man durchaus zigeunerhaft nennen kann: Er zieht von Ort zu Ort, gibt Kostproben seiner fidel-melancholischen Weisen, schläft schon mal spätnachmittags und muss extra für ein Interview aufgeweckt werden. Auch die Aufnahmemethoden, derer sich die Multiinstrumentalisten-Kapelle bedient, sind nicht gerade topmodern. Bei den Recording Sessions für 100 LOVERS zog es Urata mit Tom Hagerman (Geige, Akkordeon, Piano, Melodica), Jeanie Schroder (Tuba, Kontrabass) und Shawn King (Schlagzeug, Trompete, Orgel) erneut in die Wüste Arizonas: in das Studio der befreun-deten Calexico.
„Es ist, als ob man eine Reise in die Vergangenheit unternimmt“, schildert Urata die Erfahrung. „Ich mag das. Dort gibt es keine Computer oder digitale Hilfsmittel, da gibt es nur Röhren, Staub und analoge Bänder.“ Gemischt und produziert wird dann – nach der Digitalisierung der Tapes – aber am Computer. Denn, so der Band-Kopf mit deutlichen Worten: „Höhlenbewohner sind wir auch wieder nicht.“

Hin und wieder aber reißt es den Frontmann, dessen Gesangsstimme diese wohlige Traurigkeit verströmt, aus dem chilligen Tour- und Aufnahme-Trott heraus. Seit DeVotchKa 2006 den Soundtrack zu „Little Miss Sunshine“ mitgestalten durften, engagieren Hollywood-Produzenten Nick Urata regelmäßig als Filmmusik-Komponist. Bislang geht u.a. die musikalische Untermalung von „I Love You Philip Morris“, „The Joneses“ und „Fat-her Of Invention“ auf sein Konto.

Diese Auftragsarbeiten stehen im krassen Gegensatz zu Uratas Sein und Schaffen bei DeVotchKa. „Du kannst nicht einfach warten, bis dich die Muße küsst“, erinnert er sich. „Du musst wirklich jeden Tag aufstehen, ins Studio gehen und schreiben. Schließlich rückt die Deadline näher und näher.“ Urata eignete sich also eine gewisse Arbeitsmoral an, die sich jedoch nicht wirklich in den DeVotchKa-Kosmos hinüberretten konnte: „Ich habe schätzen gelernt, dass meine Band eben kein Job ist. Wenn du drei ebenbürtige Musiker neben dir hast, die sich mit einbringen, gilt es, das zu genießen. Bei 100 LOVERS sind wir viel mehr aus uns herausgegangen, haben improvisiert anstatt vor dem Gang ins Studio alles vorzubereiten.“

Man hört es 100 LOVERS an – das Jammen, das Ab-hängen, das Sich-von-der-Muse-küssen-lassen und das Wenn-nötig-ne-Pause-einlegen-und-sich-auch-mal-bis-spätnachmittags-Ausschlafen. DeVotchKa spielen auf Augenhöhe mit Calexico, Beirut, Get Well Soon und frühen Radiohead. Manchmal schadet es also offenbar nicht, sich etwas zu entspannen.

Lothar Gerber

Schandmaul

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Schandmaul 2010d @ Volker Beushausen

Sie hatten eine Pause nötig: 18 Monate war es still um das Sextett aus Bayern. Nach einem jahrelangen Marathon aus Ver­öffentlichungen und Tourneen war die Luft in der Band raus und man sehnte sich nach ein bisschen Normalität. „Wir wollten einfach mal die Wochenenden zu Hause verbringen und etwas mit der Familie und Freunden unternehmen“, erklärt Schlag­zeuger Stefan Brunner die Auszeit. „Außerdem geht dir das Ganze irgendwann auf den Keks. Wir lieben es, auf Tour zu sein. Aber irgendwann willst du kein Catering und keinen Backstageraum mehr sehen, sondern deine eigene Dusche benutzen.“ „Und du möchtest deinen Geburtstag auch einmal zu Hause und nicht im Tourbus feiern“, fügt Sänger Thomas Lindner hinzu.

Die Bühnenabstinenz ermöglichte der Band aber nicht nur ein mehr oder weniger geregeltes Leben für ein paar Monate, sondern auch eine stressfreie Herangehensweise an das neue Album TRAUM­TÄNZER. „Wir haben uns lange damit zurückgehalten, einen konkreten Ver-öffentlichungstermin preiszugeben, auch wenn wir immer im Hinterkopf hatten, dass das Album Anfang 2011 erscheinen soll“, erzählt Stefan. „Erst als wir wussten, dass wir genug gute Songs zusam­men haben, um da-mit ein Album zu füllen, haben wir uns konkrekt an die Umsetzung gemacht. Das war sehr angenehm.“ „Wir haben auch sofort nach der letzten Tour mit der Arbeit an TRAUMTÄNZER begonnen“, fügt Thomas hinzu. „Eine Pause im klassischen Sinn gab es also nicht. Es war ein ständiges Arbeiten – nur die Konzerte fielen weg. Deswegen war es möglich, von Montag bis Freitag Musik zu machen und das Wochenende mit Partnern und Freunden zu verbringen.“

Diese innere Ruhe hört man dem siebten Studioalbum der Band auch an. So frisch klangen Schandmaul lange nicht, und die Songs strahlen eine positive Energie aus. „Ja, das hat viel mit den Umständen zu tun, in denen das Album entstanden ist“, erzählt Thomas. „Die Fröhlichkeit der Songs kommt daher, dass wir keinen Druck und Stress während der Aufnahmen empfanden. Außerdem läuft es privat bei uns allen gut. Wir sind gerade einfach fröhlich.“
Außerdem ist es der Band gelungen, endlich ihren Traum-Sound zu finden. „Wir haben schon bei den letzten Alben immer danach gesucht. Als dann SINNFONIE erschien – das Album mit unserem Jubiläumskonzert –, wussten wir: Das ist der Sound! So wollen wir klingen!“, schildert Thomas das Aha-Erlebnis. „Also war es unser Ziel, diese Bühnenatmosphäre ins Studio zu packen. Dazu haben wir uns auf das Wesentliche reduziert, also etwa anstatt 20 Gitarren nur eine aufgenommen. Und plötzlich war der Sound da, den wir wollten.“

Mit dem Song ›Geas Traum‹ findet sich auch eine interessante Kollaboration auf TRAUMTÄNZER wieder, da die Vorlage zum Text ein unveröffentlichtes Skript des Autors Wolfgang Hohlbein ist. „Thomas hat mir seit Jahren immer wieder gesagt, dass ich mal ein Buch von Hohlbein lesen soll“, beschreibt Stefan das Zu-­standekommen dieser Zusammenarbeit. „Also habe ich das vor zwei Jahren im Urlaub endlich gemacht – und war begeistert. Ich habe dann dem Manager eine E-Mail geschrieben und eine mp3-Datei von ›Wolfs­herz‹ angehängt, das durch das gleichnamige Buch von Hohlbein inspiriert war. Ich hätte nie gedacht, dass et-was zurückkommt.“

Doch bereits einige Wochen später traf sich die Band mit Manager und Autor – das kleine Projekt war geboren. Zu diesem Song hat die Band auch ihren ersten Videoclip gedreht, der an Heiligabend seine Premiere auf der Homepage der Band feierte. Ab März werden Schandmaul dann endlich wieder auf der Bühne stehen, worauf sie sich schon sehr freuen. „Wir scharren schon mit den Füßen“, betont Thomas lachend.

Pushking

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pushking-worls-we-love-it-1871

Russische Erfolgsrocker mit West-Stars als Gastmusiker – die Lizenz zum Gelddrucken? Das dürfte wohl die Idee hinter Pushkings A ROCK AND ROLL JOURNEY sein. Denn beim Hören fragt man sich: Handelt es sich um eine Art Spinal Tap? Denn die Namen der Kollaborateure lesen sich wie das Who-is-Who des Rock: Paul Stanley (Kiss), Billy Gibbons (ZZ Top), Alice Cooper, Glenn Hughes, Steve Vai, Joe Bonamassa, Eric Martin (Mr. Big), Steve Lukather (Toto), Nuno Bettencourt (Extreme), Graham Bonnet und Joe Lynn Turner (beide Ex-Rainbow), John Lawton (Uriah Heep) oder auch Udo Dirkschneider etc. Sie alle waren an A ROCK AND ROLL JOURNEY aktiv beteiligt – ei-ner Scheibe, der trotz ihres pathetischen Untertitels „The World As We Love It“ dennoch kein Charity-Gedanke zugrunde liegt. Was also steckt dahinter? Pushking existieren seit 1994. Die Band hat in ihrer russischen Heimat 13 Alben mit fein-ster traditioneller Rockmusik veröffentlicht und füllt – glaubt man den Geschichtsschreibern – mühelos die größten Hallen des Landes. „Irgendjemand sagte, dass unsere Musik wie eine Enzy-klopädie der Rockmusik sei, weil man bei uns Querverweise zu Deep Purple, Nazareth, Queen, Pink Floyd, Tears For Fears und weiteren Klassikern findet. So entstand die Idee für das Album”, erläutert Konstantin „Koha“ Shustarev, Sänger und Push­king-Hauptkomponist. Die Idee ist schön und gut, doch zur Realisation eines solchen Projekts braucht man exzellente Kontakte und vor allem viel, viel Geld. „Falsch“, sagt Shustarev und wirkt dabei fast ein wenig beleidigt, denn: „In Russland gibt es eine Menge Talent.“ Es ist also das überragende künst­lerische Niveau der Gruppe, welches das internationale Star-Ensemble zum Mitmachen animierte. Sagt Shustarev. Aber wohl auch das Resultat der freundlichen Mithilfe von Fabrizio Grossi und Gabe Reed. Der Mailänder Produzent Grossi und der texanische Jurist Reed (Kiss, Mötley Crüe, ZZ Top) fädelten den Ost-West-Coup nämlich ein. Mit Erfolg: Denn Pushking ist ein echter Earcatcher gelungen.

White Lies

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White Lies

Auf ihrem zweiten Album RITUAL kultivieren die Londoner die Lust am Mor­biden. Dabei schweben sie karrieretechnisch auf Wolke 7. Laut Sänger Harry McVeigh kein wirklicher Widerspruch.

Harry, wie hat sich euer Leben verändert, seit ihr so erfolgreich seid?
Eigentlich kaum. Wir haben keine Mons­ter-Egos entwickelt, keine Überdosis Dro­gen genommen und keinen Entzug hin­ter uns. Wir sind einfach ein bisschen erwachsener geworden – auch musikalisch.

Und scheinbar viel Nine Inch Nails gehört.
Ohne Zweifel! (lacht) Was auch daran liegt, dass Alan Moulder, unser Produzent, ja auch The Fragile betreut hat. Eines der bestklingenden Alben aller Zeiten. Das hatte sicher großen Einfluss auf uns.

Was dabei hilft, die unliebsamen Vergleiche mit Interpol, Joy Division & Co. abzustreifen, die euer Debüt evoziert hat?
Wir werden bestimmt auch diesmal mit ihnen verglichen. Selbst wenn wir das eigentlich hinter uns gelassen haben und eh nie viel mit diesen Bands zu tun hatten. Aber auf dem zweiten Album sind definitiv einige Songs, bei denen sich keine Beziehung zu dieser Art von Musik aufbauen lässt. Und das gefällt mir.

Welche heidnische oder mystische Botschaft verbirgt sich hinter RITUAL?
Musik sollte etwas Mystisches haben. Dabei umschreibt der Begriff natürlich auch Profanes. Etwa die Tatsache, dass jeder irgendwelche Rituale hat. Die können zum Beispiel darin bestehen, jeden Tag von der Arbeit nach Hause zu kommen, den Fernseher einzuschalten und auf der Playstation zu zocken. Aber das Ganze hat genauso mit Liebe, Beziehungen und Religion zu tun.

Dabei seid ihr passionierte Atheisten…
Das sind wir wirklich. Wobei wir unsere Position aber niemandem aufzwingen. Und wir kritisieren die Religion ja auch nicht. Es ist eher so, dass Charles, unser Hauptsongwriter, sehr an diesem Thema interessiert ist. Und zwar aus der Perspektive des Beobachters, der in seinen Songs einfach kommentiert.

Smoke Mohawk

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Smoke Mohawk 2010a

In Skandinavien ist die Platte bereits seit einem knappen Jahr veröffentlicht – und nun erscheint Smoke Mohawks Debüt THE DOGS ARE TURNING RED auch endlich offiziell bei uns. Smoke Mohawk, fragt ihr euch? Hinter diesem Namen verbergen sich alte Bekannte, nämlich Thomas Felberg (Gesang, auch bei WE), Gitarrist Rolf Yngve Uggen (Gluecifer, The Highrollers, Turbonegro), Basser Raymond Jensen (My Midnight Creeps) sowie Schlagzeuger Danny Young (Gluecifer, Bela B). Stilistisch verorten sich die Skandinavier selbst „im selben Keller wie The Who, Killdozer, Van der Graaf Generator, Led Zeppelin und Van Halen – wir machen also einen Mix aus den coolsten Sounds: Garagenrock, Psychedelia, Prog, Country und Metal“. Als Referenz nennt die Truppe speziell ein Album, das ihrer Meinung nach all diese Elemente in sich vereint und perfekt auf den Punkt bringt: Dr. Feelgoods Debüt DOWN BY THE JETTY aus dem Jahr 1975. Klingt vielsprechend – und zwar insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Truppe plant, Anfang Oktober auch in unseren Breitengraden live zu rocken.

JP, Chrissie & The Fairground Boys – Chronik einer unmöglichen Liebe

Chrissie_JP_8photo credit by C. Taylor Crothers_BEABREin überraschendes neues Kapitel im Leben der Chrissie Hynde könnte das Ende der Pretenders bedeuten.

Es muss eine Szene gewesen sein wie aus einer romantischen britischen Filmkomödie à la „Notting Hill“ oder „Mitten ins Herz – ein Song für dich“: Junger, erfolg- und mittelloser Songschreiber fasst sich, auch weil er schon ein paar Drinks intus hat, auf einer Party ein Herz und spricht die berühmte Musikerin an. Die lehnt, ebenfalls nicht mehr ganz nüchtern, gelangweilt an der Bar. Was da an einem Novemberabend 2008 in London seinen Anfang nahm, ist eine Geschichte, für die Drehbuchschreiber ihre rechte Hand her-geben würden. Aber sie ist wahr – und ihr Ausgang und ihre Folgen durchaus ungewiss.

„Das Leben ist eben einfach für die unglaublichsten Überraschungen gut. Ich für meinen Teil hätte mir so etwas nie träumen lassen. Aber jetzt muss ich halt mit den Folgen der Geschichte leben“, seufzt Chrissie Hynde beim Gespräch mit CLASSIC ROCK. Denn sie, die 59-jährige Amerikanerin, einst eine Heldin der jungen Punk-Bewegung und über die Jahrzehnte bis heute mit ihrer Band The Pretenders eine durch manche Höhen und Tiefen erstaunlich verlässliche Lieferantin zeitlos guter Rockmusik, war die Dame am Tresen. Der etwas abgerissen aussehende, aber irgendwie unwiderstehlich charmante junge Musiker, der sie ansprach, heißt JP Jones, ist in der Nähe eines Rummelplatzes in Wales aufgewachsen (das ist für den weiteren Fortgang unserer Ge-schichte noch von Bedeutung) und hatte vor jener schicksalhaften Begegnung bereits einige ernüchternde Erfahrungen mit dem Musikbusiness hinter sich.

Hynde flog bereits am Tag nach besagter Begegnung zu einer Tournee in die USA – es galt, das aktuelle Pretenders-Album BREAKING UP THE CONCRETE zu promoten. Aber irgendetwas an der offenen, jovialen Art des jungen Walisers zog sie an. So hatte nicht zuletzt das Reizwort „Rummelplatz“ eine Saite in ihr anklingen lassen – Rummelplätze („Fairgrounds“) waren schon immer Orte voller Faszination und Sehnsucht für sie gewesen. Und deshalb hatte sie JP ihre Telefonnummer da gelassen. Über die nächsten Wochen intensivierte sich der Kontakt, Jones schickte Hynde Songideen und mp3s. „Und ich war überrascht von ihrer Qualität, es war klar, dass da kein Aufschneider oder Spinner am Werk war.“

Als Hynde von der Tour zurück in ihre Wahlheimat London kam, trafen sich die beiden auf einen Kaffee – und dabei kam die Amerikanerin spontan auf eine etwas abenteuerliche Idee: „Kurz zuvor hatte mir mein Friseur erzählt, dass er jüngst auf Kuba gewesen war. Und ich dachte mir: ,Kuba wird nicht mehr lange das sein, was es im Moment noch ist. Ich sollte es mir bald einmal ansehen!‘ Nun hatte ich nach der US-Tour das Gefühl, etwas Erholung und Sonne brauchen zu können. Und plötzlich höre ich mich, wie ich JP einlade, mit mir nach Kuba zu fahren.“

Unter der wärmenden Sonne entdeckten die beiden recht schnell, dass sie nicht nur professionellen Respekt füreinander empfanden. Aber, erklärt Hynde im Interview sehr offen: „Mir war rasch klar, dass wir als Paar keine Zukunft haben können. Ich bin fast 30 Jahre älter als JP – er wird eines Tages mal Kinder haben, eine Familie gründen wollen. All das kann ich ihm nicht mehr bieten.“ Was die erfahrene Künstlerin ihrem begabten jungen Verehrer aber bieten konnte, war eine musikalische Partnerschaft: „Wir haben die ganze emotionale Energie, die sich aufgestaut hatte, ins Songwriting investiert. Wir saßen sechs Tage in einem Hotel in Havanna, und die Ideen flogen nur so hin und her“, erinnert sich JP Jones.

Das „Lovechild“, das während der Tage und Nächte von Havanna gezeugt wurde, trägt den Namen FIDELITY! und ist das erste komplette Album, das Chrissie Hynde in ihrer mehr als 30-jährigen Karriere außerhalb der Pretenders einspielte. Die elf Songs wirken wie ein einziges, intensives Zwiegespräch der beiden. „Wenn man in so einer Situation ist wie wir beide damals in diesem Hotelzimmer, also dasitzt und Songs füreinander und übereinander schreibt – da kann man doch nur ehrlich und aufrichtig sein. Aber heutzutage sind so wenige Alben ehrlich und aufrichtig – alle wollen immer nur Hits aushecken“, beschreibt Jones die erfrischend direkte und emotionale Wirkung der neuen Stücke. Und so singen sich die beiden in den Songs von FIDELITY! mit einer fast schon verstörenden Offenheit an. Da hört man etwa Chrissie im Eröffnungsstück ›Perfect Lover‹ mit den Zeilen: „I’ve found my perfect lover but he’s only half my age/He was learning how to stand when I was wearing my first wedding band“, zu Deutsch: „Ich habe meinen perfekten Liebhaber gefunden, aber er ist nur halb so alt wie ich / Er lernte zu stehen als ich zum ersten Mal heiratete“.

Hyndes Haltung in diesem hochemotionalen Dilemma hört sich sehr nach Vernunft und Verantwortungsbewusstsein an – aber ging es im Rock’n’Roll nicht stets um das Gegenteil? „Klar, die Rock-Mythologie predigt, dass man sich kopfüber in seine Leidenschaften stürzen soll“, sagt Hynde, in deren Vita immerhin auch zwei gescheiterte Ehen mit den Kollegen Ray Davies (mit ihm hat sie einen mittlerweile erwachsenen Sohn) und Jim Kerr stehen. „Viele, die diesen Mythos unreflektiert ausgelebt haben, sind heute ganz schön abgefuckt, vor allem Sänger. Aber im wirklichen Leben sollte man eben doch auch seinen Verstand benutzen. Und ich kann einfach die Augen nicht davor verschließen, was der Altersunterschied für JP und mich in ein paar Jahren bereits bedeuten wird.“

Fast ein Jahr nach dem Kuba-Aufenthalt wurde in Studios in Oxford und London das gemeinsame Album FIDELITY! in der neuen Formation JP, Chrissie & The Fairground Boys eingespielt. Es besticht durch einen lockeren, vom Country, Folk und Blues beeinflussten Sound, der sich vom stets sehr tighten, kompakten Stil der Pretenders deutlich abhebt. Die Fairground Boys rekrutieren sich größtenteils aus Mitgliedern einer mit Jones befreundeten Band namens Big Linda. Mit diesem Line-up ist das eigenwillige Pärchen in der Zwischenzeit bereits in Amerika auf Tour gewesen, wo FIDELITY! deutlich früher als in Europa erschien und sehr gut aufgenommen wurde.

JP und Chrissie machen bereits eifrig Pläne für ein weiteres Album mit den Fairground Boys, außerdem möchte Hynde als Produzentin eines Soloalbums von JP Jones fungieren. Was aber bedeutet das alles für die Pretenders? „Ich weiß es im Moment wirklich nicht. Ein weiteres Pretenders-Album kann ich mir im Augenblick nicht vorstellen. Gottlob sind die anderen Bandmitglieder nicht von mir abhängig, weil jeder noch genügend eigene Projekte am Start hat. Demnächst steht eine Pretenders-Tournee in Australien an – und bei der Gelegenheit werde ich das alles mit ihnen besprechen. Und egal, wie mein künftiger Weg aussieht – ich bin sicher, sie wünschen mir Glück dafür!“

Bryan Adams

Bryan AdamsDer Mann hat Hummeln im Hintern: Gerade war Bryan Adams mit einer gefeierten Ausstellung seiner Fotografien in den Hamburger Deichtorhallen in den Schlagzeilen, zudem hat er soeben einen großformatigen Fotokalender mit Porträts einschlägiger Berühmtheiten von Elle MacPherson bis Lenny Kravitz herausgebracht (für einen guten Zweck natürlich). Nun macht der Kanadier auch als Musiker wieder von sich reden: Sein neues Album BARE BONES präsentiert ihn live ganz ohne Band und Strom, nur im Duo mit dem Pianisten Gary Breit.

Bryan, 13 Jahre nach einem erfolgreichen Unplugged-Album bringst du mit Bare Bones nochmal eine Akustik-CD heraus – warum?
„Unplugged” sind zwar beide Alben – aber damit hören die Gemeinsamkeiten schon auf: Damals hatte ich eine zehnköpfige Band und 26 Streicher auf der Bühne, diesmal waren wir nur zu zweit. Auf allen meinen bisherigen Alben war jedes bisschen Raum mit irgendeinem Sound ausgefüllt – diesmal ging es mir darum, möglichst viel frei zu lassen!

Du bist eigentlich für einen kraftvollen, großen Bandsound bekannt. Wie hast du dich denn auf diese spezielle Tour vorbereitet?
Ich habe mich in dieses neue Format ab 2008 ganz langsam hineingearbeitet, um das richtige Gefühl für diese Art von Show zu entwickeln. Das ist eine ganz andere Gangart, die man da lernen muss, wenn man es vorher gewohnt war, immer eine volle Band im Rücken zu haben.

Du warst mit den Akustik-Konzerten schon seit 2008 unterwegs, aber alle Tracks auf BARE BONES stammen von Shows im Mai und Juni 2010 – musstest du erstmal deinen Mut zusammennehmen, bevor du „nackt”, ohne schützenden Bandsound, aufnehmen konntest?
Eigentlich hatte ich nie den Plan, aus diesen Mit-schnitten eine „große” kommerzielle Ver­öffentlichung zu machen. Das Ganze war eher als eine Art halb-offizielles Souvenir für die eingefleischten Fans gedacht und sollte ursprünglich ausschließlich am Ende der Konzerte verkauft werden. Erst als die Leute bei meiner Plattenfirma das Material hörten und so-fort begeistert waren, haben wir uns entschieden, daraus ein offizielles Livealbum zu machen.

Manche Songs nehmen einen ganz anderen Charakter an, wenn sie plötzlich in Unplugged-Arrangements gespielt werden. Welches waren die größten Überraschungen für dich?
Für die Fans sicher die neuen Versionen der großen Hits – ›(Everything I Do) I Do It For You‹ etwa konnte man ja noch nie in einem anderen Arrangement als in der Originalfassung für den „Robin-Hood”-Soundtrack hören. Für mich selbst war die große Über-raschung, wie gut und schnell die neuen Songs angenommen wurden: ›I Still Miss You…A Little Bit‹ beispielsweise kannte keiner der Konzertbesucher vorher – aber wenn wir in den Shows bei der letzten Strophe angekommen waren, konnten ihn die Leute bereits mitsingen.

Alice Cooper

Alice Cooper 3Als Alice Cooper die beiden letzten Male durch Deutschland tourte, tat die Horror-Rock-Legende das in weiser Voraussicht stets im exklusiven Band-Paket: Erst paarte sich der mit reichlich Fantasie und Geschäftssinn begabte ame-rikanische Entertainer mit den britischen Hardrock-Veteranen Deep Purple, dann mit deren Ableger Whitesnake. Für die aktuelle Show „Theatre Of Death“ legte sich der mittlerweile 62 Jahre alte Horror-Rock-Pionier ebenfalls Verstärkung zu: Eisbrecher, Münchener Rocker um den Frontmann Alexander Wesselsky (auch bekannt als der „Checker“), sowie die nach der Trennung 2005 von der finnischen Formation Nightwish solo tätige Sopranistin Tarja Turnen.

Der Support-Zinnober scheint offensichtlich notwendig zu sein. Denn wie diverse Kollegen im etwa gleichen fortgeschrittenen Zielgruppenalter verzeichnet der Meister „grauenhafter“ Inszenierungen einen chronischen Rückgang bei den Zuschauerzahlen – da hilft es auch nicht, dass sich der noch immer topagile Veteran bei seinen aktuellen Fahrten in der gruseligen Geisterbahn statt wie gewohnt einmal gleich viermal möglichst spektakulär killen lässt. Ein ähnlich beängstigendes Tem-po legt Mr. Cooper auch in seiner gegenwärtigen Veröffentlichungspolitik vor: Sage und schreibe vier Projekte plant er in den kommenden Jahren, nachdem ja gerade erst die DVD THEATRE OF DEATH erschienen ist.

So gut wie abgeschlossen zu sein scheint das lange angekündigte Album THE NIGHT SHIFT, dessen Veröffentlichung jetzt für Frühjahr/Sommer 2011 ins Auge genommen wird. Was es mit diesem Konzeptwerk auf sich hat, verriet der Fürst der Finsternis auch schon in groben Zügen: Er begibt sich in die Rolle eines undurchsichtigen Radio-Moderators und -DJs, der nur im Dunkel der Nacht in Erscheinung tritt. In bislang zehn Songs liefert er den passenden Soundtrack der albtraumhaften Nacht-Radio-Show – jeder Song symbolisiert eine andere fiktionale Band. Ein Metier, in dem sich Alice Cooper bekanntlich bestens auskennt: Alben-Klassiker wie LOVE IT TO DEATH, KILLER, SCHOOL’S OUT oder BILLION DOLLAR BABIES klangen ja auch schon wie ein Mix aus Broadway Musical, Glam Rock, Top 5-Pop und James Bond-Soundtrack.

Ebenfalls schon in Arbeit befindet sich – nach immerhin 35 Jahren Pause – die Fortsetzung von Coopers erstem Solowerk WELCOME TO MY NIGHTMARE. An den Studioreglern sitzt abermals der kanadische Produzent Bob Ezrin, der 1970 aus der konfusen Underground-Formation mit Wohnsitz Los Angeles, die bei Frank Zappas Label Straight unter Vertrag stand, binnen weniger Jahre ein Multimillionen-Unternehmen zauberte. Schließlich behauptet Alice Cooper ja heute noch: „Bob Ezrin nahm für die Band in etwa die gleiche Rolle ein wie ein George Martin bei den Beatles.“ Möglicherweise wird es auch eine Fortsetzung von ALONG CAME A SPIDER geben, Coopers viel gepriesenem Album von 2008 über einen Halunken und Serienkiller.

Eine echte Überraschung für Cooper-Enthusiasten der frühen Stunde hält der privat auf Glaube und Golf fixierte Horror-Rock-Mime auch parat: Nach 36 Jahren kommt es definitiv zur Reunion der Ur-Formation. Seit einigen Monaten schon arbeitet Alice mit Gitarrist Michael Bruce, Bassist Dennis Dunaway und Schlagzeuger Neal Smith an einem gemeinsamen Projekt – wohl auch im Gedenken an Sologitarrist Glen Buxton, der Klassiker wie ›I’m Eighteen‹, ›School’s Out‹, ›Elected‹ und ›Generation Landslide‹ co-komponierte und 1997 im Alter von 49 Jahren an einer Lungenentzündung verstorben war. Mehrere Songs sollen schon fertig eingespielt sein. An WELCOME TO MY NIGHTMARE II soll sich das Ur-Trio ebenfalls beteiligen.

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