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Ramones: Road To Ruin

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Ramones: Road To Ruin

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Rückblickend wird klar, dass jeder Ramone auf der Bühne einfach seine eigenen Charakterzüge überzogen darstellte und so eine ganz bestimmte Rolle spielte. Kaputt waren sie dabei irgendwie alle. Johnny – bürgerlich John Cummings und wie seine Kollegen in der New Yorker Vorstadtenklave Forest Hills aufgewachsen – war der herzlose Oberstabsfeldwebel, der die Band gnadenlos dazu antrieb, die Kasse klingeln zu lassen. Ein politisch konservativer Zuchtmeister mit eisblauem Stahlblick, der ein Notizbuch mit sich herumtrug und Auftritte als „Jobs“ bezeichnete.

Dee Dee – geboren Douglas Colvin – war das dem Untergang geweihte Rock‘n‘Roll-Herz der Truppe. Der Soldatensohn re­­agierte auf seine strenge Erziehung, in­­dem er straffällig wurde und alles trank und einwarf, was ihm einen Rausch verschaffte, während er seinen Körper auf Manhattans Straßenstrich an der Ecke 53rd & 3rd verkaufte, was später im Song gleichen Namens verewigt wurde. „Dee Dee war stark beschädigt“, sagte mal Lemmy, ein enger Freund und Unterstützer der Ramones.

„Er trug immer diese Last mit sich herum. Ich dachte nie, dass er glücklich ist.“ Dann war da Joey – einst Jeffrey Hyman –, der großgewachsene, kränkliche Außenseiter mit dem enzyklopädischen Wissen über Popmusik, der unbedingt ein Star werden wollte. Er war mit einem baseballgroßen Tumor an der Wirbelsäule auf die Welt gekommen, der zwar entfernt wurde, ihm aber dennoch für den Rest seines Lebens ge­­sundheitliche Probleme bereitete. „Er war sehr anfällig für Infektionen, weil sein Nervensystem nicht richtig funktionierte“, so Joeys jüngerer Bruder Mitchell Hyman alias Mickey Leigh. „Wenn er auf etwas trat und sich den Fuß schnitt, landete er im Krankenhaus und bekam intravenös Antibiotika. Er war ständig beim Arzt.“

Dass seine Zwangsstörung, die sein Leben ab dem frühen Teenageralter dominierte, nie diagnostiziert wurde, machte die Sache nur noch schlimmer. „Es war immer da und er hatte immer damit zu kämpfen“, so Leigh. „Diese Stimmen in seinem Kopf sagten zu ihm: ‚Du hast diese Tür nicht richtig geschlossen, du musst es noch mal tun‘. Also tat er es 20-mal, bis es ‚richtig‘ war. Was da in seinem Kopf vorging, machte ihn sehr anders.“ Diese psychischen und körperlichen Probleme hielten ihn allerdings nicht davon ab, sich dem Hippie-Lifestyle zu verschreiben. Mit 18 zog er nach San Francisco, was allerdings zum Desaster wurde, als ihm all sein Geld gestohlen wurde. Er kehrte mit einer Infektion am Fuß nach New York zurück, die er monatelang nicht loswurde, aber zuerst musste er natürlich noch in eine Drogenrazzia im Greenwich Village verwickelt werden – ein Ereignis, das ihn schwer traf. „Das war wohl der wichtigste Schlüsselmoment in unserer Entwicklung“, sagt Leigh. „Im Wesentlichen wurde an diesem Tag Joey Ramone geboren: anders, benachteiligt und todesmutig.“

Ironischerweise hatte das besonnenste Mitglied der Ramones die schwierigste Kindheit hinter sich. 1957, im Alter von acht Jahren, war Tamás Erdélyi mit seiner Familie aus Ungarn vor den sowjetischen Besatzern geflohen und hatte sich in Forest Hills niedergelassen. Dort, an der Forest Hills High School, lernte der zukünftige Tommy Ramone sowohl Dee Dee als auch Johnny kennen und gründete mit Letzterem die Garage-Psych-Band The Tangerine Puppets, be­­vor er dann ans College ging, um Film und Studiotechnik zu studieren. Johnny war das genaue Gegenteil seiner Bandkollegen. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Militärschule war er auf dem Bau tätig und schien für ein Leben in der Arbeiterklasse bestimmt zu sein. Weiter weg vom Träumer Joey hätte er gar nicht sein können. „Er dachte, mein Bruder sei ein verrückter Hippiespinner, und er mochte Hippies nicht, obwohl er selbst wie einer aussah“, erklärt Leigh. „Sein Haare gingen bis zu den Schultern, er spritzte Heroin und warf LSD ein, doch er war sehr ehrgeizig und herrschte gerne über andere. Mein Bruder war ohnehin schon sehr schüchtern und verklemmt, und John war es ganz recht, dass das auch so blieb.“

Mit 21 hatte Joey noch immer kein erkennbares Karriereziel und war gerade vom neuen Freund seiner Mutter rausgeworfen worden. Er hatte schon immer Musik geliebt – seine Mutter hatte ihm als Kind ein Schlagzeug gekauft – und fühlte sich von New Yorks florierender Glamrock-Szene angezogen. Unter dem Pseudonym Jeff Starship stieg er bei Sniper ein, die er später als „Glitter-Band mit ganz dicken Eiern“ beschrieb, und fing an, Texte über zerrüttete Familien und psychische Krankheiten zu schreiben.

Ende 1973 waren Sniper dann im New Yorker „Talent Recon Inc Theatre“ die Vorgruppe der Proto-Punk-Außenseiter Suicide. Deren Sänger Alan Vega war der Frontmann sofort ins Auge gefallen: „Er war diese große, dünne Kreatur, die aussah, als würde sie auf einem anderen Planeten als der Rest der Band leben“. Offensichtlich hinterließ er einen tiefen Eindruck bei ihm. Das nächste Mal traf Alan Vega diesen Jeff Starship dann ein Jahr später auf einer Party in SoHo. Mittlerweile stand er beim heißesten neuen Act der Stadt am Mikrofon und nannte sich Joey Ramone.

Die Ramones im Gespräch, Teil 1
Dingwalls Dancehall, London, 5. Juli 1976

Wart ihr schon in der Schule in Bands?
Tommy: Yeah, aber nichts Ernstes, du verstehst?

Wart ihr bei Woodstock?
Tommy: Nee, wir hatten einfach keinen Bock, im Schlamm rumzusitzen.

Wie seid ihr auf den Namen Ramones gekommen?
Tommy: Wir hatten noch ein paar andere Namen zur Auswahl, aber das war der beste. Der ist ziemlich gut, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat. Und nicht davon ausgeht, wir seien Mexikaner!

Irgendwelche bemerkenswerten frühen Gigs?
Tommy: Wir wurden von 2000 Leuten ausgebuht, als wir die Vorgruppe von Johnny Winter waren!

Wie schreibt ihr einen Ramones-Song?
Tommy: Wir schmeißen einfach ein paar Sachen an die Wand und sehen, wie sie davon abprallen.

Falls ihr reich und berühmt werdet, zieht ihr dann von der Bowery in Villen und tragt Rod-Stewart-Outfits?
Tommy: Das denke ich definitiv nicht. Wir wollen nicht fett werden! Und damit meine ich, dass wir uns nicht in Riesenhäusern einsperren wollen und nicht mehr mitbekommen, was passiert.
Johnny: Unsere Mentalität ist eine ganz andere. Wenn wir uns zur Ruhe setzen, tun wir das vielleicht.
Tommy: Aber nicht, solange wir noch spielen.

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