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Ramones: Road To Ruin

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Ramones: Road To Ruin

Anfang 1974 boomte die Mu­­sikszene im Big Apple. Als Tom­my ein paar Jahre zuvor die New York Dolls im „Mercer Arts Centre“ gesehen hatte, ging ihm ein Licht auf: Er wollte ein hipper Jungmanager werden. In seinem Kopf hatte er schon eine neue Band entwickelt: ein seltsames Hardrock-Kunstkonzept, das die Szene aus dem Underground heben sollte. Tommy war mit seinen alten Schulfreunden in Kontakt geblieben und dachte, sie wären das perfekte Vehikel, um diese Vision Realität werden zu lassen. Er überredete Johnny (der gerade vom Arbeitslosengeld lebte), Dee Dee und Joey, eine Band zu gründen. Johnny und Dee Dee würden Gitarre spielen, Dee Dee würde singen und Joey am Schlagzeug sitzen. Tommy dagegen würde als ihr Manager und Anführer fungieren. „Das ganze Ramones-Ding war ein Stück Konzeptkunst, und dann beschlossen sie, eine Band zu sein“, sagt Craig Leon, der ihr Debüt produzierte. „Doch es war nun mal Tommys Baby, und er befahl, was jeder zu tun hatte.“

Dee Dee schlug vor, sich nach dem Decknamen zu benennen, den Paul McCartney benutzte, wenn er in Hotels eincheckte: Paul Ramon. Ihr erstes Konzert spielten sie am 30. März 1974 im Performance Studio in der 23rd Street, das Tommy mit seinem Freund Monte Melnick betrieb. „Dee Dee hatte Probleme damit, zu singen und Gitarre zu spielen“, erinnert sich Melnick heute. „Tom­my hatte Joey Singen gehört, also stellte er ihn stattdessen ans Mikro. Mit seinem einzigartigen Look und seiner Interpretation der Songs war er ein richtiger Blickfang. Es funktionierte sofort.“
Im Juli hatte Tommy dann widerwillig den Posten des Schlagzeugers übernommen. „Wir luden Drummer zum Vorspielen ein, aber konnten keinen finden, der den richtigen Sound hatte“, erzählte er mir. „Letztendlich sagte ich, fuck it, dann mache ich das eben.“

Sie hatten großes Glück, mit Dee Dee einen geborenen Songwriter zu haben, doch auch Joey leistete seinen Beitrag, indem er Zwei-Akkord-Gedröhne aus der Gitarre schoss und Texte wie Peter Noone von Herman‘s Hermits anstimmte – wenn der aus den Straßen von New York gestammt hätte.

Musikalisch ließen sie sich von überraschenden Quellen beeinflussen, nicht zuletzt Joeys heißgeliebten Bay City Rollers, deren ›Saturday Night‹ die Inspiration zum Refrain zu ›Blitzkrieg Bop‹ wurde. Visuell orientierten sie sich an Marlon Brandos Film „Der Wilde“ (die Lederjacken und Jeans) sowie Brian Jones von den Rolling Stones (Johnnys Topfhaarschnitt). „Wir erschufen einen einzigartigen Sound und Stil, der zu unserem Markenzeichen wurde“, erklärte Joey später stolz.

Wie das Schicksal es wollte, fanden die Ramones fast sofort ihr natürliches Zuhause. Im vorigen Dezember hatte an der Bowery eine abgewrackte Bar na­­mens CBGB eröffnet, in der kurz darauf der transsexuelle Proto-Punk-Pionier Wayne County auftrat. „Ich war es, der Dee Dee vom CBGB erzählte“, sagt Wayne (mittlerweile Jayne) heute. „Er beschwerte sich immer darüber, dass es in New York City so wenige Orte gab, an denen man spielen konnte.“

Am 16. August 1974 wurden die Ramones beim Besitzer des CBGB, Hilly Kristal, vorstellig. Er bezeichnete sie als die chaotischste Band, die er je gesehen hatte, vor allem, wenn sie ihre Instrumente fallen ließen und anfingen, sich zu prügeln. Aber er mochte sie doch so sehr, dass er sie bis Ende des Jahres 20-mal bei sich auftreten ließ, und auch danach standen sie immer wieder in seinem Club auf der Bühne.

„Am Anfang spielten wir vor fünf Leuten“, erinnerte sich Johnny. „Sechs Monate später waren es 30. Es entwickelte sich sehr langsam. Dann kam [die Journalistin] Lisa Robinson und erzählte allen, dass sie uns sehen müssten. Die tauchten dann alle zur zweiten Show auf, und darauf baute dann alles andere auf.“

Auf der Bühne war der zerbrechliche Joey wie ausgewechselt und zog Melodien und Aufführungen aus Winkeln des Universums, von deren Existenz keiner wusste. Dieser schüchterne Einzelgänger wurde plötzlich akzeptiert von den Musikern und Künstlern, die sich im CBGB einfanden. Auch Chris Frantz, Schlagzeuger der CBGB-Stammgäste Talking Heads, lernte ihn kennen: „Joey sprach meistens sehr leise und zurückhaltend, aber wenn man sein Freund war, teilte er gerne seine Gedanken mit einem. Ein sehr wichtiger Faktor war, dass er immer den Ton traf. Selbst in den Anfangszeiten, als er sich nicht hören konnte, sang Joey immer perfekt. Er war mit vollster Überzeugung und einer Ernsthaftigkeit bei der Sache, die zum definierenden Merkmal ihrer Bühnenpräsenz werden sollte. So rockte er die Menge, ohne sich groß zu bewegen, und das tat er nur mit der Kraft seiner Stimme. Er war ein echtes Unikat.“

Ende 1975 arbeitete Craig Leon als A&R-Scout bei Sire Records. Er hatte die Band live gesehen und war derartig beeindruckt, dass er ein Demo, das sie mit Produzent Marty Thau aufgenommen hatten, an seinen Boss weitergab: Seymour Stein, den Präsidenten von Sire. Er bot den Ramones einen Vertrag an, und im Februar gingen sie mit Leon ins Plaza Sound Studio in New York, um eines der epochalsten Alben aller Zeiten aufzunehmen. Es kostete gerade einmal 6400 Dollar. „Glaub mir, das Album war gar nicht so live, wie das alle immer hinzustellen versuchen. Joey war souverän und professionell, anders als Dee Dee, der wenig auf die Reihe bekam“, so Leon. „Joey war immer da und war auch gut bei den Overdubs. Er war ein großer Fan des Stereo-Panoramas, vor allem dieser übertriebenen Varianten wie bei alten Beatles-Aufnahmen.“ Laut Leon wollte Joey ein richtiger Popstar werden: „Er fragte sich ernsthaft, ob die Ramones so groß werden könnten wie Herman‘s Hermits oder die Bay City Rollers. Diese Unschuld war ein wichtiger Bestandteil der Band. Er war dann richtig enttäuscht, als ›Blitzkrieg Bop‹ nicht auf Platz 1 kam.“

Das selbstbetitelte Debüt erschien am 23. April 1976 und erreichte Platz 111 in den US-Charts. So kleine Wellen es an­­fangs geschlagen hatte, so unmittelbar war dennoch seine Wirkung. Auf der anderen Seite des Atlantiks waren die Kritiken in der britischen Presse euphorisch und der DJ John Peel spielte es immer wieder in seiner einflussreichen Radiosendung. Eine ganze Generation aufstrebender Musiker hatte hier den Wegweiser Richtung Zu­­kunft des Rock gefunden. In einer langen Nacht in jener besetzten Wohnung in Shepherd‘s Bush, wo Sid Vicious lebte, saß ich mit dem zukünftigen Bassisten der Sex Pistols zusammen, als er das Album in Endlosschleife laufen ließ und zu ‚Blitzkrieg Bop‘ mitzupfte. „Ich kann jetzt Bass spielen!“, gab er am nächsten Morgen strahlend bekannt.

Am 4. Juli, einen Tag vor ihrer Headliner-Show im „Dingwalls“, gaben die Ra­­mones ihr Live-Debüt auf britischem Boden als Vorgruppe der Flamin‘ Groovies im „Roundhouse“. Ich traf sie zuerst in ihrem Hotel nahe der Euston Station. Als ich mit ihrem Manager Danny Fields im Foyer wartete, erschien zunächst Dee Dee, der mit einem starken Queens-Akzent da­­rüber jammerte, sich ein Zimmer mit Joey teilen zu müssen. Dann tauchte der Sänger selbst auf, unfassbar groß. „Das ist mein Bay-City-Rollers-Look“, erklärte er und zeigte auf seine zu kurzen Levi‘s, grüne Socken und Turnschuhe. Tommy schlenderte heran, eindeutig der vernünftigste von allen, bevor schließlich auch Johnny dazustieß, der freundlich lächelte. Er sah mich als Verbündeten an, nachdem ich ihre Platte mit einer äußerst positiven Kritik bedacht hatte. Der Schlagzeuger war zwar angeblich das Sprachrohr der Band, doch es gab keinen Zweifel daran, wer hier wirklich die Zügel in der Hand hielt.

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