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Start Blog Seite 54

Blues-Boom: Ten Years After

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Als Teil der britischen Invasion der Hardrock-Bluesbands waren sie mit die Größten.

Als die britischen Bluesrocker Ten Years After am 16. August 1969 per Privathubschrauber beim Woodstock-Festival ankamen, waren sie nicht übermäßig beeindruckt von der halben Million Menschen, die da unter ihnen am Fuß der Catskill Mountains mariniert wurden. „Es war einfach ein weiterer Tag von vielen“, sagte der damalige Frontmann Alvin Lee 2012 in CLASSIC ROCK. „Wir hatten schon bei riesigen Festivals gespielt, und wenn die Menge eine gewisse Größe erreicht, macht es keinen Unterschied mehr – der Horizont streckt sich einfach weiter in die Ferne.“ Dennoch machte sich backstage Nervosität breit, als Lee und seinen Bandkollegen Leo Lyons, Ric Lee (nicht verwandt) und Chick Churchill klar wurde, dass sie während eines Sturms auf die Bühne gehen müssten. Andere Acts wie Janis Joplin, Joe Cocker und Country Joe McDonald spürten dieses Unbehagen und zogen sie damit auf. „Alle sagten: ‚Pech gehabt – sieht aus, als würdet ihr per Stromschlag draufgehen’“, erinnerte sich Lee.

Mit dem für Briten typischen makabren Humor schoss er zurück: „Yeah. Und stellt euch nur vor, wie viele Platten wir verkaufen werden, wenn wir sterben“. Als Teil der britischen Invasion von Hardrock-Bluesbands spielten Ten Years After in der Oberliga. Die Geschichte besagt zwar, dass sie nie so cool wie Cream, Jeff Beck Group oder Led Zeppelin waren, doch Alvins Spitznamen (Captain Speed Fingers, The Fastest Guitar In The West) belegen, dass er angesehen war.


Neben Joe Cockers besessener Darbietung von ›With A Little Help From My Friends‹ und Country Joe & The Fishs Anti-Kriegs-Mitsinghymne ›I-Feel-Like-I’m-Fixin’-To-Die Rag‹ war Ten Years Afters Vollgas Boogie ›I’m Goin’ Home‹ einer der legendärsten musikalischen Momente in Woodstock. Als ein Jahr später der Film über das Festival erschien, katapultierte diese furiose Performance die britische Bluesband in den USA umgehend in die Megastar-Liga, obwohl die Studiofassung ursprünglich gefloppt war, als sie aus dem hervorragenden Livealbum UNDEAD ausgekoppelt worden war. Ein Jahr zuvor hatten sie die Nummer noch in kleinen Clubs wie dem Klooks Kleek in West-London gespielt. Jetzt brachte Michael Wadleighs Film (geschnitten von Martin Scorsese) ihre Gesichter auf Kinoleinwände in aller Welt, wie sie einen flotten Blues spielen, der sämtliche Klischees aufzuwärmen schien. Es war eine tolle Zeit, um Brite in Amerika zu sein.

„Es herrschte ein Wettbewerb mit Jeff Beck und Jimmy Page, aber da war Platz für alle. Es fühlte sich an, als würden wir dort das Ruder übernehmen“, erinnerte sich Lee. Ten Years After waren die Vorhut der zweiten (härteren) Invasion der USA durch britische Bands gewesen, hatten unablässig dort gespielt und schnell Headliner-Status erreicht. „Wir hatten diesen Tick – rückblickend schäme ich mich etwas dafür –, dass wir jeder Band, die nach uns auf die Bühne ging, wehtun mussten. Wir setzten einfach alles daran, sie wegzublasen und schlecht aussehen zu lassen.“ Ihr Ruhm mag über die Jahre verblasst sein, doch Ten Years After haben sich ihren Platz unter den ganz Großen der britischen Blues-Explosion absolut verdient.


Killer-Track: ›I’m Goin’ Home‹

Skurrile Cover: Scorpions mit LOVEDRIVE (1979)

Bevor spontane Reflexe moralischer Entrüstung aufwallen, lassen wir doch mit Storm Thorgerson den Erschaffer dieses Artworks zu Wort kommen, der sein Werk später zumindest gebremst selbstkritisch kommentierte: „Nicht unbedingt die politisch korrekteste Darstellung aller Zeiten. Ich dachte, es sei lustig, aber Frauen nehmen es heutzutage anders wahr.“ Tja, werter Chef der Hipgnosis-Coverschmiede: Merkste selbst, wa? Was jetzt aber auch kein Grund sein sollte, empört „geht ja gaaaar nicht!“ zu schrillen und rechtliche Schritte gegen wen auch immer – im schlimmsten Fall uns – in Erwägung zu ziehen. Reifere Herren, die zu nostalgischen Betrachtungen neigen, mögen stattdessen das Schwinden der guten alten Zeit bedauern, in der man angeblich noch freier und gelassener war als heute. Das Problem: War man nicht. Oder besser: nur partiell. Dieses Motiv, inszeniert mit einem beherzten Griff zwischen nackte Männerbeine, hätte mit Sicherheit die Staatsanwaltschaft Hannover auf den Plan gerufen, was dann doch für eine gewisse Doppelmoral im Umgang mit primären Geschlechtsmerkmalen spräche. Zeitgeist vermittelt das Bild vom Luxus-Pärchen auf dem Rücksitz aber auch in anderer Hinsicht: 1978 hatte der US-Konzern Wrigley Kaugummi der Marke „Hubba-Bubba“ auf dem deutschen Markt eingeführt, dessen rosarote Ausführung in der Geschmacksrichtung „Frucht“ Storm Thorgersons brustlösende Darstellung vermutlich erst ermöglicht haben mag. Wir wissen es nicht. Vielleicht war es ja auch irgendein zähes Zeug auf Silikonbasis, mit dem Maskenbildner falsche Nasen verleimen. Etwas naiv mutet retrospektiv Klaus Meines Verwunderung darüber an, dass in den USA ein Alternativ-Cover nötig wurde, denn: „Wenn wir in den 80ern auf US-Tour waren, blitzten uns auf der Bühne immer nackte Brüste entgegen. Nirgendwo sonst auf der Welt, nur hier.“ Und: „Es war doch nur Sex und Rock’n’Roll!“ Na, eben!

Gary Rossington: 4.12.1951– 5.03.2023

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Wir blicken zurück auf das Leben und die Musik des Gitarristen von Lynyrd Skynyrd, der nicht nur den Flugzeugabsturz der Band 1977 überlebte, sondern auch alle anderen Gründungsmitglieder.

Dass man die Zeit, die einem auf dieser Welt gewährt wird, schätzen sollte, wusste kaum einer so gut wie Gary Rossington. Indem er jenen Flugzeugabsturz am 20. Oktober 1977 überlebte, wurden ihm 46 zusätzliche Jahre geschenkt. Sechs Mitglieder der legendären Southern-Rock-Band und ihres Teams – Frontmann Ronnie Van Zant, Gitarrist Steve Gaines, Backingsängerin Cassie Gaines, Tourmanager-Assistent Dean Kilpatrick sowie Pilot Walter McCreary und Copilot William John Gray – hatten weniger Glück. Ein gläubiger Mensch wie Rossington hätte vielleicht sogar gesagt, dass der Herr ihm, Gitarrist Allen Collins, Bassist Leon Wilkeson, Keyboarder Billy Powell, Schlagzeuger Artimus Pyle und Backingsängerin Leslie Hawkins ein zweites Leben gewährt hatte. Unmittelbar danach und in den folgenden Jahrzehnten wirkte sich der Unfall unterschiedlich auf die Überlebenden aus. Powell etwa hatte lang unter Repressalien des aufbrausenden Van Zant gelitten, dessen gnadenlose Taktik die noch junge Band wort- wörtlich von Amateuren an der Robert E Lee High School zu Arena-Headlinern prügelte. Seine erste Reaktion war Erleichterung.

„Mit der Zeit habe ich Ronnie mehr oder weniger verziehen, dass er mir die Zähne ausgeschlagen hat, doch kurz vor dem Absturz hatte ich von allem die Nase voll“, gab er in einem Interview 2003 zu. „Als der Flieger abschmierte, wurde ich nicht ohnmächtig wie die anderen. Einer meiner ersten Gedanken war: ‚Gott sei Dank ist es vorbei – ich muss mich nie wieder verdreschen lassen.‘ Das hielt nicht lange an. Natürlich wollte ich, dass die Schläge aufhören, aber nicht so.“ Pyle, der vom Absturzort unter anderem mit gebrochenen Rippen durch den Wald gekrochen war, um Hilfe zu holen, wurde später nach der – vermeintlich endgültigen – Auflösung der Gruppe selbst Pilot. Was doppelt beeindruckend ist, da der Vater des Schlagzeugers ebenfalls bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen war. Gary Rossington, der Stahlstäbe in seinen rechten Arm und sein rechtes Bein eingesetzt bekam, reagierte auf den Unfall, indem er noch motivierter als vorher war. Mit Collins gründete er die Rossington Collins Band, wo Gary die Liebe seines Lebens und zukünftige Ehefrau kennenlernte, Leadsängerin Dale Kranz. Wilkeson und Powell zählten ebenfalls zu der neuen Formation, die den Überlebenden half, das Erlebte zu verarbeiten und einen Neustart zu wagen. Auch Pyle machte zunächst mit, bis ihn ein Motorradunfall ausbremste. Über einen langen Zeitraum gelang es ihnen, ihre Differenzen beizulegen und eine Übereinkunft mit Van Zants Witwe Judy zu erreichen, die es dem „Free Bird“ erlaubte, wieder abzuheben – mit Ronnies jüngerem Bruder Johnny am Mikro. Ab 1991 tourte die neue Inkarnation von Skynyrd nicht nur um die Welt, sondern ging auch wieder ins Studio. Nach und nach stiegen die ehemaligen Mitstreiter der klassischen Ära aus oder verstarben, doch Rossington, nach dem Tod von Originalbassis.

Larry Junstrom 2019 das letzte verbliebene Gründungsmitglied, schwor, die Musik seiner alten Freunde weiter zu spielen. Am 5. März 2023 gab jedoch auch Rossingtons gebrechlicher Körper den
Kampf auf. Ein Statement besagte: „Gary ist nun bei seinen Skynyrd-Brüdern und seiner Familie im Himmel und spielt wunderschön wie immer. Nehmt bitte Dale, [die beiden Töchter] Mary und Annie sowie die ganze Rossington-Familie in eure Gebete auf und respektiert in dieser schweren Zeit ihre Privatsphäre.“ Gary Robert Rossington erblickt am 4. Dezember 1951 in Jacksonville, Florida das Licht der Welt. Gemeinsam mit seinen Schulfreunden Ronnie Van Zant, Allen Collins, Larry Junstrom und Schlagzeuger Bob Burns gründet er The Noble Five. Es gab noch weitere Namen, etwa The One Per Cent und My Backyard, bevor sie sich als Spitze gegen ihren Lehrer Leonard Skinner, der sie für ihre langen Haare verfolgte, ein letztes Mal umbenennen. Van Zant, ein gewalttätiger, tyrannischer Säufer, war der unbestrittene Anführer der Gruppe. Der Sänger behauptet sogar einmal: „Ich habe all diese Jungs persönlich ausgewählt, um mit mir zu spielen.“

Trotz seiner unvorhersehbaren Wutausbrüche zog es den vaterlosen Rossington zu Ronnie. Mit Keyboarder Billy Powell zum Sextett angewachsen, unterschrieben sie einen Vertrag bei MCA Records und veröffentlichten 1973 ihr Debüt PRONOUNCED ‘LEH-‘NÉRD ‘SKIN-‘NÉRD. Die Beliebtheit des letzten Tracks darauf, das mehr als neunminütige ›Free Bird‹, brachte ihnen sofort großen Erfolg, doch auf Tour kämpften sie um jeden Quadratzentimeter Territorium – manchmal im wahrsten Sinn des Wortes. Zahlreiche Geschichten ranken sich um diese Ära der Schlägereien, Saufgelage und weiblichen Eroberungen, und sie inspirierte viele Songs, etwa ›I Ain’t Got One‹, ›Gimme Three Steps‹, ›On The Hunt‹ oder ›Don’t Ask Me No Questions‹. Die Band suchte keinerlei Entschuldigungen für ihre ländliche Herkunft oder ihren haarigen Look, und wann immer Skynyrd in eine Hotelbar kamen, war praktisch garantiert, dass die Funken flogen. Bei einem frühen Gig in New York musste Mountain-Gitarrist Leslie West für Rossington einspringen, nachdem der sich bei einer Prügelei die Hand gebrochen hatte.

Slade: Whatever happened to Slade?

Uriges Lesevergnügen, nicht nur für die Hardcore-Anhängerschaft von Slade

Mit keinem Geringeren als Sir Bob Geldof beginnt der ausführliche Trip in die Vita über einen der Eckpfeiler der britischen Glamrock-Bewegung: Slade. Musiker, selbst von der Queen Geadelte, sind schließlich auch Fans. Mr. Geldof findet im Vorwort denn auch nichts als warme Worte zu seinem einstigen Teenager-Schwarm. Auch Autor Daryl Easlea outet sich als Aficionado. Als Teenager legte er sich im Herbst 1972 seine erste Slade-Single zu – ›Gudbuy T’Jane‹ –, und die Faszination ließ ihn nie wieder los. In „Whatever Happened To Slade? When The Whole World Went Crazee“ taucht Easlea tief ein in die Historie und fördert so manch bis dato Unbekanntes zutage. Als 1965 im britischen Wolverhampton Teile von Steve Brett & The Mavericks mit The ’N Betweens fusionierten, ahnten Sologitarrist Dave Hill, Schlagzeuger Don Powell, Multiinstrumentalist Jim Lea sowie Vokalist und Rhythmusgitarrist Noddy Holder nicht, dass es bis zum Durchbruch noch weitere sechs Jahre dauern sollte. Auf Rhythm & Blues und Motown-Soul lag der Fokus der Ära 1966/67, gefolgt von mild Psychedelischem. Als 1969 das Ambrose-Slade-Debüt BEGINNINGS erschien, liebäugelte das Quartett schon mit dem Progressive-Rock härterer Gangart, lieferte die ersten Versuche des zukünftigen Hit-Songwriter-Teams Lea/Holder. Immerhin schon neun von zwölf knapp verrockten Tracks lieferte das Duo für das Zweitwerk PLAY IT LOUD 1970. Um mediale Aufmerksamkeit zu generieren, griff Chandler auf die wenig geniale Idee von Publizist Keith Altham zurück, der nunmehr Slade betitelten Gruppe ein kontroverses Brachial-Image als Skinheads zu verpassen: Millimeterkurze Frisuren und typischer Look (Dr. Martens, Hosenträger etc.) – doch die Hooligan-Masche erwies sich als Einbahnstraße. Erst als die Haarschöpfe wieder Schulterlänge aufwiesen, gelang der Durchbruch. Mit dem Uptempo-Kracher ›Get Down And Get With It‹, inklusive vehementem Handklatschen und Fußstampfen (im Original von Bobby Marchan), erzielten Slade 1971 im UK einen respektablen Rang 16. Wenige Monate später knackte das selbstverfasste ›Coz I Luv You‹ die UK Poleposition. Zahlreiche Hits folgten im Glam-Aufschwung – im Gegensatz zu T. Rex, Sweet und David Bowie verzichteten Slade allerdings auf Make-up. Es folgten der mittlerweile in den Kultstatus erhobene Kinofilm „Slade In Flame“, der vergebliche Versuch, in den USA Fuß zu fassen, der langsame Abstieg in den späten 70ern, das Comeback als Heavyweights in den 80ern in der New Wave Of British Heavy Metal, der Zerfall des originalen Line-ups 1992, Slade II sowie Solokarrieren. Ein uriges Lesevergnügen, nicht nur für die Hardcore-Slade-Anhängerschaft.

7 von 10 Punkten

Whatever Happened To Slade?
VON DARYL EASLEA
OMNIBUS

Meilensteine: Glam-Rock-Finale

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Winter/Frühjahr 1974: T. Rex, Alice Cooper, David Bowie und Co. leiten das Glam-Rock-Finale ein.

Es gab jenen einen Moment, der das Subgenre Glam-Rock maßgeblich definierte und ins Rollen brachte: Im März 1971 traten die nach dem ersten UK-Top-2-Hit ›Ride A White Swan‹ 1970/71 von Duo- auf Quartettbesetzung erweiterten T. Rex mit dem Nummer-eins-Hit ›Hot Love‹ in der wöchentlichen UK-TV-Show Top Of The Pops auf: Bandchef Marc Bolan trug Satinklamotten aus der angesagten Londoner Boutique Mr. Freedom und auf den Wangen Glitzerstaub. Was zuerst die Modewelt in Aufruhr brachte, setzte sich mit weiteren Glam-Protagonisten fort: David Bowie, Slade, Sweet, Roxy Music, Gary Glitter sowie wenig später Mud, Suzi Quatro, Glitter Band und Cockney Rebel reihten sich mehr oder minder in die Glam-Rock-Bewegung ein. Aus den USA gesellten sich Jobriath, Sparks, Alice Cooper, Rick Derringer, New York Dolls und Wayne County‘s Queen Elizabeth hinzu.

Doch der Glam-Fokus lag im Rock-Mekka London. Stilistisch mehr oder minder ein knackiges Rock‘n‘Roll-Revival im Neugewand der technischen Studiomöglichkeiten der frühen 70er, vor allem aber eine Opposition gegen den allzu abgehobenen Progrock, steigerte sich Glam-Rock binnen Monaten zur treibenden Kraft. Nicht nur die immer exaltierteren Kostümierungen und travestiehaftes Make-up auf Jungmänner-Antlitzen provozierten. Mehr und mehr tendierte der Stil von T. Rex (›20th Century Boy‹), David Bowie (›The Jean Genie‹), Sweet (›Ballroom Blitz‹), Slade (›Gudbuy T‘Jane‹), Suzi Quatro (›Daytona Demon‹), Roxy Music (›Street Life‹), Gary Glitter (›I Love You Love Me Love‹), Sparks (›This Town Ain‘t Big Enough For The Both Of Us‹), Cockney Rebel (›Psychomodo‹) oder Mud (›Tiger Feet‹) in Richtung härtere Gangart. Doch schon Mitte 1973 zeichnete sich das Genre-Finale ab! Marc Bolan, apostrophiert als King of Glam, verkündete im Juni im Melody Maker: „Glam Rock is dead!“ Gleich vier Singles beschäftigten sich Ende 1973, Anfang 1974 mit dem Phänomen Teenager: T.Rex (›Teenage Dream‹), Sweet (›Teenage Rampage‹), Alice Cooper (›Teenage Lament ’74‹) und Rick Derringer (›Teenage Love Affair‹). Sweet legten mit ›The Six Teens‹, David Bowie mit ›Rebel, Rebel‹ und Slade mit ›The Bangin‘ Man‹ nach. Urplötzlich schien nicht nur der Glitter-Look out, auch die Pop-Stilistik änderte sich zur Mitte der 70er drastisch.

Blackberry Smoke: Drummer Brit Turner gestorben

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Brit Turner, der Schlagzeuger der Southern Rock Band Blackberry Smoke, ist im Alter von 57 Jahren gestorben. Diese traurige Nachricht teilte die Band vor wenigen Stunden auf ihren Social-Media-Kanälen mit. Der Schlagzeuger erlag einem Glioplastom, einem Gehirntumor, der 2022 bei ihm gefunden wurde.

Shakin‘ Stevens: Geschüttelt & gerührt

Michael Barratt alias Shakin‘ Stevens erlebte seinen Durchbruch relativ spät, doch in den 80er-Jahren gehörte er zu den allergrößten Stars in Europa. ›Marie Marie‹, ›This Ole House‹, ›Green Door‹, ›Oh Julie‹ und natürlich ›Merry Christmas Everyone‹ sind unsterbliche Hits, die bis heute Millionen mitsingen können. So groß seine Erfolge, so hartnäckig hielt sich aber auch sein Image als Richtung Schlager tendierender Elvis für Arme. In diesem Jahrtausend jedoch hat der Waliser in eine neue, aufregende Spur gefunden. Nach thematischen Compilations, die sein seit jeher breites Spektrum jenseits des leichtverdaulichen Rock‘n‘Roll untermauerten, lieferte er 2016 mit ECHOES OF OUR TIMES ein beeindruckendes Spätwerk ab, das sich mit seiner eigenen Familienhistorie befasste. Mit RE-SET legt der 75-Jährige nun nach und blickt nicht nur erneut in seine persönliche Vergangenheit, sondern auch auf die – erschreckende – Gegenwart.

Shaky, nicht wenige waren überrascht, als du mit ECHOES OF OUR TIMES so spät in deiner Karriere ein so interessantes Album präsentiert hast.

Das ist wohl wahr, auch wir waren sehr zufrieden mit der Platte und die Reaktionen waren durchweg sehr positiv. Leider wurde sie nicht richtig vermarktet, die Leute, die dafür verantwortlich sind, verstanden das nicht wirklich und sie fiel deshalb ein bisschen durchs Raster. Die Bluespresse stand aber sehr dahinter und die Fans liebten es.

Es war nicht nur eine bemerkenswerte Platte, sie hat dich wahrscheinlich auch davor bewahrt, zu einem reinen Nostalgie-Act zu verkommen, der nur noch alte Hits runternudelt …

Vielen Dank! Das stimmt wohl, und interessanterweise haben wir über die letzten Jahre festgestellt, dass der Großteil des Publikums bei den Konzerten zwischen 25 und 50 ist. Es ist schön, dass wir nach wie vor auch jüngere Menschen ansprechen.

Dein neues Album RE-SET scheint nun an ECHOES anzuknüpfen. Gab dir die positive Reaktion auf Letzteres den Ansporn, noch persönlicher zu werden?

Es ist in gewisser Hinsicht auf jeden Fall eine logische Fortsetzung. Die Arbeit an ECHOES war sehr emotional, aber vor allem ein sehr erfüllendes Erlebnis. Und es gab noch Geschichten über meine Familie zu erzählen.

Mit ›George‹ und ›May‹ würdigst du einen Onkel, den du nie kennengelernt hast, und deine Mutter. Intimer hat man dich wohl nie gehört.

Diese Stücke bedeuten mir unglaublich viel. George hatte ein tragisches Leben, er kämpfte im Ersten Weltkrieg und litt den Rest seines Lebens darunter. Psychische Leiden waren damals kein Thema, also musste er ohne Hilfe damit klarkommen. Wobei da heute immer noch sehr viel falsch läuft. Und meine Mutter war eine beeindruckende Person. Sie zog 13 Kinder groß, und das fast alleine. Sie gab alles für uns, und sie war eine fantastische Mutter. Bei beiden Songs kamen mir im Studio mehrmals die Tränen, als ich sie einsang, und das hört man auch auf der Platte. Das Schöne ist, dass ich danach sah, wie auch anderen, die dabei waren, Tränen über die Wangen gelaufen sind.

Interessant ist auch, dass du ›George‹ als ersten Track platziert hast. Eine ungewöhnliche Entscheidung für eine so getragene, unter die Haut gehende Ballade.

Du bist nicht der Erste, der das sagt, und du wirst sicher nicht der Letzte sein. Als wir den Song aufnahmen, war einfach klar, dass er etwas sehr Besonderes ist, und ich wollte nicht, dass er irgendwo am Ende oder in der Mitte steht und möglicherweise nicht die verdiente Beachtung findet. Also beschloss ich, die Platte damit zu eröffnen, damit gleich klar ist, dass es mir ernst damit ist.

Noch mehr als auf ECHOES erstaunt auf RE-SET die stilistische Vielfalt. Du hast ein paar ziemlich erdig-knackige Rocknummern, die besagten Balladen, aber gehst auch in Country-Gefilde, spielst mit Blues und Jazz und näherst dich mit ›Beyond The Illusion‹ sogar Seemannsliedern an.

Ich mag eben verschiedene Musik, und wenn ich heute an Liedern arbeite, weiß ich, in welche Richtung sie gehen müssen. Wir sind auf jeden Fall sehr glücklich mit dem Ergebnis, und alle, die das Album bislang gehört haben, scheinen es sehr gut zu finden.

Mit dem Weltgeschehen scheinst du hingegen alles andere als glücklich zu sein. So deutlich hast du noch nie gesellschaftliche Missstände angesprochen: Das Titelstück unterstreicht, wie dringend wir als Mensch- heit einen Neustart brauchen, ›Tick Tock‹ warnt vor der Zerstörung unserer Umwelt,

und mit ›All You Need Is Greed‹ gehst du ziemlich direkt auf die Eliten los …

Man kann einfach nicht mehr die Augen davor verschließen, was in unserer Welt passiert, aber auch konkret hier im Vereinigten Königreich. Die Zustände sind teilweise wirklich haarsträubend, vor allem im Gesundheitswesen. Wir haben einen Bekannten, der seit über zwei Jahren auf eine psychiatrische Behandlung wartet, und die Krankenhäuser sind weit jenseits des Vertretbaren überlastet. Es sterben jede Woche mehrere hundert Menschen einfach nur, weil sie zu lange in der Notaufnahme, auf den Fluren oder sogar draußen im Krankenwagen warten mussten, da kein Bett frei war. Wie kann das sein in einem der reichsten Länder der Erde? Doch die Superreichen werden

immer reicher, und man fragt sich nur noch: Wann reicht es den Leuten? Wann ist Schluss damit? Wie lange geht das noch so weiter? Es heißt eben nicht umsonst, Geld sei die Wurzel allen Übels. Und mit dem Umweltschutz ist es ähnlich. Meine Familie und ich sind sehr engagiert, wenn es um Recycling geht. Doch die Menschheit verhält sich, als hätten wir noch einen Ersatzplaneten in der Hinterhand, den wir benutzen können, wenn wir diesen kaputtgemacht haben. Aber den haben wir nicht.

Dennoch singst du auch: „Change is in the air, there’s no time for despair.“ Wie bewahrst du dir diese Hoffnung und Zuversicht?

Da bin ich mir manchmal selbst nicht sicher. Wir können nur hoffen, dass die nachfolgenden Generationen es besser machen als wir. Auf jeden Fall muss sich etwas ändern. Bei unserem letzten Gespräch Ende 2020, mitten im zweiten Lockdown, schienst du ziemlich deprimiert, dass du keine Konzerte geben konntest.

Immerhin hat sich das nun wieder eingerenkt …

Ja, zum Glück, und wir sind gerade dabei, Termine zu buchen. Deutschland war immer sehr gut zu mir, also freue ich mich schon sehr darauf, wieder bei euch vorbeizuschauen!

Und was hält die Zukunft für dich parat?

Wer weiß, aber es wird definitiv noch weitere Platten von mir geben!

Snowy White: Frieden geschlossen | uncut

Auch wenn Snowy White seit Jahren zu Protokoll gibt, wahrscheinlich die letzte Platte seines Lebens aufgenommen zu haben, erfreut der unverwechselbare Blues-Gitarrist seine Fans nun mit DRIVING ON THE 44, einer neuen Songsammlung, die wieder mit einer Mischung aus fein abgestimmten Arrangements, Understatement und einem Hauch Melancholie direkt ins Herz trifft. „Eines Tages wird es aber wirklich das letzte Album sein“, scherzt der Brite während des einstündigen Telefonats. Bisher treiben sie ihn aber immer noch um, diese betörend einfachen Akkordfolgen, die den Blues ausmachen

Ich freue mich sehr, dass wir heute miteinander sprechen, weil das bedeutet, dass ich letztes Mal recht hatte, als ich dir sagte, dass SOMETHING ON ME nicht dein letztes Album sein wird.

Naja, das ist jetzt aber definitiv meine letzte Platte. (lacht)

Und da bist du dir ganz sicher?

Nein. (lacht)

Das ist jetzt unser drittes Interview und das hast du mir bisher jedes Mal gesagt.

Eines Tages wird es dann aber wirklich so sein.

Das stimmt. Aber ich hoffe, der Tag liegt in der fernen Zukunft.

Wir werden das sehen. Ich habe da gar keine Kontrolle darüber. Manchmal fange ich einfach damit an, Ideen niederzuschreiben und dann entwickelt das eine gewisse Eigendynamik und plötzlich fällt mir auf, dass ich gerade ein neues Album mache. Da steckt kein Plan dahinter.

Also keine klare Vision, keine aktive Entscheidung.

Nein, ich bin inzwischen an einem Punkt in meinem Leben angekommen, wo ich die Dinge einfach laufen lassen und sehe, was passiert.

Das klingt ganz schön, eigentlich.

Es ist nicht schlecht, das stimmt. (lacht) Die letzten Jahre waren ja insgesamt eher schwierig. Ich saß zuhause, spielte mit Ideen und begann dann, sie aufzunehmen.

Konntest du deine Bandkollegen persönlich treffen?

Nein, das ging nicht. Ich probierte an den Ideen mit meinem Sohn Thomas herum, er spielte Schlagzeug. Ich dachte mir: Naja, irgendwann werde ich schon mit der Band ins Studio damit gehen. Doch wir arbeiteten weiter und alles kam so zusammen.

Hat dir das gefallen?

Manche Aspekte davon. Ich mochte, dass es keinen Zeitdruck gab. Ich konnte alles nach meinem eigenen Rhythmus machen, das geht natürlich nicht, wenn du für teuer Geld ein Studio anmietest. Was ich jedoch vermisste: Der Spaß, den man hat, wenn man mit der Band zusammen ist. Mit Thomas aufzunehmen war auch schön, aber eben nicht dasselbe. Naja, es ist wie es ist.

Viele Musiker, mit denen ich in letzter Zeit gesprochen habe, mochten es sehr, ihre Bandkollegen nicht treffen zu müssen.

Ja ich weiß. Es gibt natürlich auch positive Seiten an diesem Prozess. Falls, also falls, ich noch ein weiteres Album mache, würde ich gerne wieder mit den Jungs ins Studio. Was ich oft mache: Ich spiele mit meiner Band in England ein paar Tracks ein und fliege dann nach Holland, um mit meinen anderen Jungs zusammenzuspielen und am Ende fügt man alles zusammen. Vielleicht wird das auch nicht mehr geschehen, wir werden sehen.

Wenn es dir so besser gefällt, ist das jedenfalls ein Argument für ein weiteres Album.

Da magst du vielleicht Recht haben. (lacht)

Auf SOMETHING ON ME gab es das lange Instrumental namens Commercial Suicide, die neue Platte eröffnest du mit einem instrumentalen Stück namens ›Fresh Water‹. Ist das nicht doppelter kommerzieller Suizid?

Ja, das stimmt absolut. Aber ich bin an einem Punkt in meinem Leben, wo ich nicht mehr über kommerzielle Aspekte nachdenke. Für mich war das ganz einfach: Ich mag das Intro, also ist das für mich eine schöne Art und Weise, das Album zu eröffnen. Die meisten Leute streamen heute doch eh einzelne Tracks, das hat sich ja alles verändert, also fällt es vielleicht gar nicht mehr so ins Gewicht. Auch wenn man das vielleicht durchaus als Statement betrachten kann.

Gibt es irgendjemanden, der dir bei deinem Arbeiten hineinredet?

Oh nein, es gibt niemanden, von dem ich mir etwas sagen lasse. Ich nehme das Album auf und schicke es zu meinem Distributor nach Hamburg, das ist alles. Es gibt kein Label oder irgendjemanden anders, der sich da einmischt. Klar ist es manchmal gut, wenn jemand seine Meinung äußert. Aber aktuell liegt die alleinige Entscheidungsgewalt bei mir. Was denkst du denn darüber?

Ach, ich liebe das. Ich fand es schon sehr witzig, dass du das letzte Instrumental eben Commercial Suicide getauft hast. Genau mein Humor.

Ja ich fand das auch lustig. Das war ein Zitat von Thomas, er meinte das im Spaß, als wir an dem Track arbeiteten und ich dachte mir: ‚Oh, das ist ein guter Titel.‘ (lacht) Fast hätte ich das Album so genannt. Aber damit hätte ich mein Glück vielleicht einen Hauch zu viel herausgefordert. Inzwischen wünschte ich mir, ich hätte mich damals einfach getraut. (lacht)

Solche Aktionen fügen sich einfach gut in das Bild, das ich von dir zu haben. Das hast du gerade nochmal bestätigt, als du erzählt hast, dass du dir von niemandem etwas sagen lässt. Gibt es irgendwen, der dir Feedback gibt? Freunde, Familie?

Nein, niemand. Das war vielleicht auch der Covid-Situation geschuldet, aber so etwas gab es nicht.

Letztes Mal als wir sprachen meintest du, dass dir langsam nichts mehr einfällt, worüber du singen könntest…

Ja, da geht es mir heute noch genauso. Ich meine, ich bin nicht unglücklich mit den Texten auf der neuen Platte. Aber nach jedem neuen Album hat man erst einmal das Gefühl, man hat alles gesagt. Weil alles aus einem draußen ist. Aber wenn etwas Zeit vergeht, kommen dann doch wieder neue Ideen.

Es passiert ja doch auch genügend auf der Welt…

Du hast Recht, es geschieht doch immer etwas, das sich beschäftigt oder dich in deinem Denken beeinflusst.

Was war der Katalysator für den Text von Down In The Dark?
Ach ja. Im Grunde fast alle Menschen. Naja, sieh dich doch um, es gibt so viele seltsame Leute auf der Welt mit ihren komischen Meinungen. Ich mag diese engstirnigen Betrachtungsweisen nicht. Warum ist man unhöflich zu Mitmenschen, nur weil sie anders aussehen oder an andere Dinge glauben? Das will mir einfach nicht eingehen.

Das verstehe ich. Und es scheint, als würde es jeden Tag schlimmer werden.

Du hast absolut recht! Und das finde ich ehrlich schrecklich. Mit dem Internet hat sich das auch nochmal geändert. Jeder Idiot kann seine Meinung heute öffentlich kundtun und damit einen Haufen Menschen erreichen. Früher hätte man dafür einen Brief schreiben müssen, den irgendwohin schicken müssen und dann wäre nichts passiert. Da wäre gar niemand auf die Idee gekommen, so etwas zu tun. Ich möchte nicht gegen die Digitalisierung wettern, vieles davon bietet natürlich große Vorteile, aber vieles ist auch ehrlich furchteinflößend. Das Schlimmste daran: Viele Menschen glauben einfach alles, was sie im Internet lesen. Das ist ein Teufelskreislauf. In dem Song geht es einfach nur um mich, wie ich darüber nachdenke, dass manche von diesen Leuten einfach Ruhe geben sollten.

Am schlimmsten finde ich, dass man es überhaupt nicht kontrollieren kann…

Das stimmt, das ist sehr beängstigend. Wo also werden wir nur alle enden, Jacqueline? Kannst du mir das beantworten?

Keine Ahnung, aber diesbezüglich habe ich meinen Optimismus schon lange verloren.

Das kann ich absolut verstehen.

Ich meine, es geht eh schon alles den Bach runter, dann kann man zumindest kurz bezüglich der Corona-Sache durchatmen, dann wird ein europäisches Land angegriffen und alles ins Chaos gestürzt…

Ach diese verdammte Idiot! Ein Stück Scheiße. Es ist doch seltsam, dass ein Typ all das verursachen kann. Abertausend Tote, Hungersnöte, explodierende Preise. Ein Kerl! Was für eine schreckliche Person. Meine ehrliche Meinung zu dem Thema: Wir hätten von Anfang an schwere Geschütze auffahren sollen. Natürlich kann man als Politiker nicht einfach so die Gefahr einer nuklearen Eskalation verantworten, aber ich denke, man hätte ihm sofort zeigen müssen, dass sein Verhalten nicht akzeptiert wird. Meinen letzten Gig habe ich ja in Russland gespielt und ein wunderbares Mädchen namens Anna kümmerte sich um uns. Wir sind seitdem in Kontakt geblieben, weil sie auch malt. Sie war einfach nur schockiert bis auf die Knochen. Sie hat Russland verlassen und ist nun auf den Zypern. Sie ist Mitte 20 und konnte einfach nicht mehr in diesem Land bleiben, das muss man sich mal vorstellen.

Absolut verständlich, wer möchte schon in einer Diktatur leben?

Genau. Sie meinte, sie hatte einen VPN-Client, um Nachrichten von außen empfangen zu können, was sehr gefährlich war. Anna war noch nie auf den Zypern, sie flog einfach mit ihrer Katze dort hin, weil ihr Chef sie irgendwie aus dem Land schleusen konnte. Das ist nur das Schicksal von einem Mensch und die Sache ging halbwegs gut aus. Aber all diese Leute, die durch so schwere Zeiten müssen. Naja, darüber könnte man sich jetzt stundenlang auslassen.

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