Am 29. August 1981 legten 38 Special auf der Tour zu ihrem vierten Album WILD-EYED SOUTHERN BOYS einen der wichtigsten Auftritte ihrer Karriere auf die Bretter der Loreley. Knappe 42 Jahre später erinnern sich Don Barnes und Donnie Van Zant (beide Gesang, Gitarre) mit LIVE AT ROCKPALAST 1981 an diesen unvergesslichen Abend in St. Goarshausen.
Don und Donnie, es ist eine wirklich coole Überraschung, dass Donnie heute trotz seines Ausstiegs bei 38 Special 2013 bei diesem Interview dabei ist. Sehen wir hier die ersten Schritte einer Reunion?
Don Barnes: Uns beiden gehört die Marke 38 Special. Seit Donnies Rücktritt sind wir in ständigem Kontakt und verwalten die Geschicke der Band – egal ob es Konzerte oder Veröffentlichungen wie jetzt von LIVE AT ROCKPALAST 1981 sind. Alles wird im Team entschieden, um unsere Songs, die so vielen Leuten etwas bedeuten, am Leben zu halten.
Donnie Van Zant: Ich kann leider nach wie vor nicht zurück auf die Bühne. Mein damaliger Grund, die Stage-Boots an den Nagel zu hängen, ist leider immer noch präsent. Eine Nervenverletzung innerhalb meiner Ohren macht es mir seit damals unmöglich, mit 38 Special zu rocken. Deswegen freut es mich umso mehr, an diesem CLASSIC ROCK-Interview über eine unserer legendären Shows teilzunehmen.
Der „Rockpalast“-Gig auf der Loreley in St. Goarshausen ist nun schon fast 42 Jahre her – warum erscheint LIVE AT ROCKPALAST 1981 erst jetzt?
Don Barnes: Den Startschuss für dieses Projekt hat unser deutsches Label abgegeben. Zuvor ist bereits der Auftritt von The Outlaws veröffentlicht worden – da mussten wir natürlich nachziehen. Bis jetzt geistern ja nur ein paar alte, von Fans digitalisierte Aufnahmen davon auf YouTube herum, die dem Konzert aufgrund ihrer schlechten Audio- und Videoqualität nicht gerecht werden. Ich kann mich noch genau daran erinnern, was das für ein aufregender Tag war. Wenn du als Musiker aus Florida plötzlich in dieser komplett anderen Welt bist, am Rhein entlangfährst und schließlich auf dem Plateau am legendären Loreley-Amphitheater ankommst, spürst du unweigerlich, dass hier etwas ganz Besonderes im Gange ist.
Nach welchen Kriterien habt ihr die Setlist für den 29. August 1981 zusammengestellt?
Donnie Van Zant: Don und ich wollten das Publikum auf eine knackige Reise durch unsere bis dato stärksten Hits mitnehmen. Wir konnten nur elf Songs spielen und mussten die Stimmung im Zuschauerraum auf einem konstanten Hoch halten. Wenn beispielsweise zwischen den Stücken ein Gitarrenwechsel anstand, lag es an Don und mir, die Fans kurzerhand mit witzigen Ansagen oder Ähnlichem zu unterhalten. Ich denke, wir haben an diesem Sommertag einen echt guten Job abgeliefert, denn nicht nur die Gruppe, sondern auch die Zuhörer waren nach den gut 75 Minuten total ausgepowert.
Man spürt euren Hunger nach einer perfekten Show während LIVE AT ROCKPALAST 1981 zu jeder Sekunde.
Don Barnes: Hunger ist hier wirklich der absolut richtige Begriff. Wir sind glücklicherweise mit einem – im positiven Sinne – unendlichen Konkurrenzdenken gesegnet. Wenn es deine oberste Prämisse ist, auf einem Festival die absolut beste Band zu sein, schaltest du automatisch ein paar Gänge höher und gehst an die Grenzen des Machbaren. Kurzum wollten wir auf der Loreley die Bühne – metaphorisch gesprochen – in Schutt und Asche legen. Führt man sich noch die anderen Rockpalast-Acts wie Thin Lizzy, Nine Below Zero oder die genannten The Outlaws vor Augen, ist dieser Gedankengang nur zu verständlich.
Donnie Van Zant: Vor der Gründung von 38 Special haben wir in unserer Heimat Jacksonville alle Shows unserer Lieblingsbands besucht. Sie spielten ihre Lieder durch die Bank so perfekt wie auf den Platten. Was uns neben der Musikalität immer enorm aufgefallen ist: dass eine mitreißende Performance dem Ganzen die entscheidende Würze verleiht. Don und ich haben dabei einen wichtigen Fakt gelernt: Du musst – egal wo und wann du auftrittst – die Herzen der Fans immer wieder auf’s Neue für dich erobern.
Don Barnes: Als Künstler bist du der Gastgeber einer Party. Selbst über vier Dekaden nach dem Loreley-Gig kommen ehemalige US-Soldaten, die damals in Deutschland stationiert waren, zu mir und erzählen mit leuchtenden Augen, dass dieser Gig das beste Konzert ihres Lebens war. Solche
Statements machen mich enorm stolz und untermauern für mich die Wichtigkeit einer offiziellen Veröffentlichung von LIVE AT ROCKPALAST 1981.
Donnie Van Zant: Ein weiteres gewichtiges Puzzleteilchen ist das „Boot Camp“, durch das uns mein älterer Bruder Ronnie geschickt hat. Wir haben mit 38 Special sehr oft im Vorprogramm von Lynyrd Skynyrd gespielt. Er kam beispielsweise kurz bevor wir auf die Bühne gingen zu uns und erwähnte mit einem Grinsen im Gesicht: „Ich hoffe, ihr rockt heute Abend richtig gut – wenn nicht,
trete ich euch danach in den Arsch.“
Don Barnes: Ich denke nach wie vor, dass er uns einschüchtern wollte, damit wir Skynyrd nicht die Show stehlen. In der Retrospektive hat uns Ronnie echt viel gelehrt und das Beste in uns an die Oberfläche befördert.
Wegen eurer Livequalitäten gibt es auf LIVE AT ROCKPALAST 1981 keinerlei im Studio nachbearbeitete Passagen zu hören.
Donnie Van Zant: Es ist Gang und Gäbe, ein paar Dinge, die auf der Bühne nicht gesessen haben, nachzubearbeiten. Als Don und ich die Aufnahmen zu Beginn des Projekts das erste Mal seit vielen Jahren wieder hörten, war uns sofort klar, dass das Material in seinem Originalzustand perfekt den Geist dieses Konzerts widerspiegelt.
Don Barnes: Ein Livemitschnitt sollte nicht wie von einer Maschine intoniert klingen. Klar verspielt man sich hier und da mal, aber hey, das ist doch nur menschlich und macht ehrliche, handgemachte Musik einfach unverwechselbar