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Foo Fighters: Die Retter

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Foo Fighters: Die Retter

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Grohl in New Orleans

Der Regisseur

Also kein weltverbesserischer Ansatz, wohl aber ein Hauch von allgemeinem Geltungsbewusstsein, von unverblümter Stimmungsmache und gelebtem Optimismus, den er charmant verpackt. Nämlich mit einer achtteiligen HBO-Serie, die genauso heißt, wie das neue Album, seit Mitte Oktober im amerikanischen Bezahl-TV läuft, bei uns über Netflix bzw. Internet zu bewundern ist, und sich als ganz großes Kino erweist. Nämlich kurzweilig, unkonventionell, selbstironisch und wahnsinnig informativ, mit starken Bildern und noch stärkeren Worten sowie Grohl als begnadetem Filmemacher, der den Wim Wenders und Jim Jarmuschs dieser Welt zumindest eins voraus aus: eine gesunde Portion Humor. Einfach, weil er sich selbst nicht so ernst nimmt und sich auch nie als Profi bezeichnen würde. „Ich habe keinen blassen Schimmer, wie man Regie führt, geschweige denn was ich da tue. Aber ich mache es so, wie es mir gefällt und wie ich es für richtig halte. Was derselbe Ansatz ist, den ich auch beim Schlagzeug spielen, beim Schreiben von Songs oder wobei auch immer verfolge: Ich mache es so, wie ich glaube, dass es getan werden sollte. Und ich bin mir sicher, dass das nach den Standards anderer Leute komplett falsch und völlig daneben ist. Aber Scheiß drauf, denn das einzige, worauf es ankommt, ist andere dahingehend zu motivieren, dass sie es ähnlich machen – dass sie da völlig frei und ungezwungen agieren. Daraus resultieren große Sachen.”

Young Grohl

Wie seine eigene, wundersame Karriere, die in der tiefsten US-Provinz, in Springfield, Virginia begann. Eben als Punkrock-infizierter Teenager, der jeden freien Abend im legendären 9:30 Club in Washington, DC, verbrachte, von Bands wie Fugazi, den Bad Brains, Circle Jerks oder Black Flag sozialisiert wurde und mit 17 bei den Hardcorelern von Scream einstieg. „Ich habe ihnen erzählt, ich wäre volljährig, sonst hätten sie mich nie mitmachen lassen. Und es war eine tolle Zeit: Ich war jung, ich bin durch die Gegend gereist, habe gekifft und getrunken, und die Musik gespielt, die ich liebe. Besser geht es gar nicht.“ Dabei sollte das nur ein Vorgeschmack auf das sein, was noch kam. Denn mit seinem anschließenden Engagement bei Nirvana, die gerade ihr Debüt BLEACH veröffentlicht hatten, wurde Dave zum Helden der Grunge-Bewegung und zu einem lebenden Stück Musikgeschichte, dessen Name für immer mit dem Meilenstein NEVERMIND verbunden ist. Ein Werk, das Anfang 1991 in den Sound City Studio in Los Angeles entstand, zum globalen Bestseller und zum Soundtrack der letzten großen subkulturellen Bewegung wurde, und ihn zwei Dekaden später zum Biopic SOUND CITY inspirieren sollte.
Dabei schien seine Laufbahn eigentlich schon im April 1994 beendet. Denn durch den Selbstmord von Kurz Cobain, den Dave als einen seiner besten Freunde bezeichnet, stand der damals 25jährige vor dem sprichwörtlichen Nichts und meidet die Themenbereiche Cobain, NEVERMIND und Courtney Love (die Cobain-Witwe) bis heute. „Es gibt einen guten Grund, warum ich nicht darüber reden möchte“, gibt er auf Nachfrage zu Protokoll. „Und der besteht darin, dass ich nicht vor einem Journalisten in Tränen ausbrechen möchte. Denn das würde passieren. Einfach, weil das so eine tragische Geschichte war, und ich mir immer noch Vorwürfe mache, dass ich das nicht verhindert habe, indem ich mich mehr um ihn und seine Probleme gekümmert habe.“

Life After Kurt

Trotzdem ist er 20 Jahre später längst woanders. Denn im Gegensatz zu Nirvana-Bassist Krist Novoselic, der musikalisch nie wieder richtig auf die Beine gekommen ist, hat Dave eine echte Traumkarriere hingelegt. Mit den Foo Fighters, die als klassisches One-Man-Project begannen, diverse Besetzungswechsel durchliefen und sich vom Quartett zum Quintett mauserten, hat er inzwischen acht Alben aufgenommen, die zwar nicht ganz an die kommerziellen Dimensionen von NEVERMIND und IN UTERO heranreichen, aber doch zu den erfolgreichsten und stilprägendsten Werken der späten 90er wie 2000er zählen. Einfach, weil Grohl einen eigenen künstlerischen Ausdruck im großen weiten Feld des sogenannten Alternative Rock entwickelt hat, weil er nicht in der Vergangenheit stehengeblieben ist, sondern einen raren Grenzgang zwischen Pop-Appeal und Punk-Roots serviert, immer die richtige Menge an Ecken und Kanten auffährt und nie zu mainstreamig und glatt anmutet. Zudem mutiert er auf der Bühne zur regelrechten Rampensau, die zwei Stunden lang alles gibt, und genießt unter Journalisten – auch unter denen, die in London dabei waren – den Ruf eines echten Traum-Interviews. Einfach, weil er wahnsinnig nett, redselig und witzig ist. Und im Grunde mehr an einen großen Jungen (in einer Suite) als an einen Rockstar erinnert. Gerade wenn er sich im Kreis seiner Mitmusiker bewegt, die unterschiedlicher kaum seinen könnten, und im Umgang mit denen er eher Buddy als Boss ist.

Das Foo-Gefüge

Das gilt insbesondere für Drummer Taylor Hawkins, mit dem er ganz dicke ist und Ende der 90er eine Nonstop-Party-Phase erlebte, an der der ehemalige Trommler von Alanis Morissette fast gestorben wäre. Ähnlich intensiv ist sein Verhältnis zu Gitarrist Pat Smear (Ex-Germs), der einst Aushilfsmusiker bei Nirvana war und zur frühesten Besetzung der Foos zählte, ehe er sich 1997 mit Grohl überwarf, aber 2006 zurückkehrte. Etwas sachlicher ist dagegen der Umgang mit Bassist Nate Mendel, der Schüchternste der Foos, und Leadgitarrist Chris Shiflett, der übrigens als einziger vorsichtige Kritik am Bandleader äußert: „Die Foo Fighters sind ganz klar Daves Baby, was auch heißt, dass er die Songs schreibt und die Richtung vorgibt. Und das einzige, was ich mir manchmal wünschen würde, wären ein paar Gitarrensoli. Doch darauf lässt er sich nicht ein, weil er aus einer Zeit kommt, als die vollkommen verpönt waren und als musikalische Masturbation belächelt wurden. Und von dieser Sichtweise kann er sich bis heute nicht lösen, was schade ist. Aber hey, ich habe ja genug andere Bands, bei denen ich mich austoben kann. Den Freiraum lässt er mir.“

Stripper-Pop

Und auch Dave braucht stets noch ein Ventil neben den Foo Fighters. Einerseits, weil er es genießt, immer mal wieder in die Rolle des reinen Schlagzeugers zu schlüpfen und da fit zu bleiben, andererseits weil er gerne mit alten Freunden wie Idolen arbeitet. So hat er an über 30 externen Alben mitgewirkt (u.a. Queens Of The Stone Age, Tenacious D, David Bowie, Nine Inch Nails, Killing Joke, Slash, The Prodigy), war auch mal als Produzent aktiv, hat sogar die eine oder andere Tournee „just for fun“ bestritten und Solo- bzw. Nebenprojekte wie Probot oder Them Crooked Vultures lanciert. Damit nicht genug, pflegt er eine enge Beziehung zu Rocklegenden wie Paul McCartney, Brian May, Roger Taylor, Jimmy Page und John Paul Jones, mit denen er sich regelmäßig trifft. Und er versteht sich in allem, was er tut, auch immer ein bisschen als Bollwerk und Retter. Gerade in Bezug auf die übermächtige Stellung des Pop in der heutigen Musikwelt, die dem dreifachen Familienvater immer dann bewusst wird, wenn er seinen weiblichen Nachwuchs zur Schule kutschiert. Dann läuft in der familieneigenen BMW-Limousine nämlich wahlweise Katie Perry oder vergleichbarer 08/15-Kram, den Dave grinsend als Stripper-Pop bezeichnet. „Das ist mir in einem Interview rausgerutscht. Keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin, aber es schoss einfach so aus meinem Mund. Obwohl: Es stimmt ja auch. Amerikanische Popmusik ist momentan unglaublich trivial. Sie bedeutet gar nichts. Ich meine, klar macht es Spaß sie im Auto aufzudrehen, wenn du im Stau stehst, und die verwirrten Blicke der Leute um dich herum zu ernten. (lacht) Aber sie hat keine Substanz und keine Bedeutung. Wenn der Nummer-Eins-Hit in diesem Land von deinem Hintern handelt, dann haben wir ein verdammtes Problem.“ Weshalb er bei Violet (8) und Harper (5) auch einen subversiven, aber effektiven Trick angewendet hat: „Ich habe ihnen einen Plattenspieler und das Beatles-Boxset auf Vinyl gekauft – und es hat funktioniert. Jetzt spielen sie den ganzen Tag ›Rubber Soul‹ und ›Sgt. Pepper‹, tanzen dazu wild durch die Gegend und haben einen Riesenspaß – genau wie ich, als ich in ihrem Alter war. Was bedeutet: Besorgt euren Kindern einfach die richtige Musik und ihr werdet überrascht sein, wie leicht sie zu beeinflussen sind.“

(Weiter geht es auf Seite 5)

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