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Rückblende: ZZ TOP mit ›La Grange‹

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Die Feier eines wirklich existierenden texanischen Bordells, dessen Besuch Billy Gibbons zufolge in seiner Zeit „eine Art Initiationsritus“ darstellte, ist 50 Jahre später immer noch einer der beliebtesten Songs der Band und ein Muss bei ihren Konzerten.

In der Regel ist es ein Refrain, eine individuelle Performance oder sogar ein Titel, der einen bestimmten Track unsterblich werden lässt. Im Falle von ZZ Tops ›La Grange‹ war es Billy Gibbons lasziver Ruf von „Have mercy!“, gefolgt von einem tiefen „a how how how how“ – all das zu einem eigentlich sanft gespielten Riff, pikant genug, um tausend Barbecues zu würzen – der dem texanischen Trio ihren ersten bedeutenden Hit bescherte. Ein Track, der mittlerweile mehr als 170 Millionen YouTube-Aufrufe verzeichnet.

Inzwischen gut gereifte 50 Jahre alt, erschien ›La Grange‹ erstmals auf ZZ Tops drittem Album von 1973, TRES HOMBRES. In dem Song geht es um ein wirklich existierendes Bordell namens „The Chicken Ranch“, das von 1905 bis 1973 geöffnet war und sich am Rande jener texanischen Stadt befand, nach der das Lied benannt wurde. Die „Chicken Ranch“ wurde später ebenfalls in einem Buch mit dem Titel „The Best Little Whorehouse In Texas“ thematisiert, aus dem auch ein Film gemacht wurde (zufälligerweise mit unserem Titelstar Dolly Parton in der Hauptrolle). Unabhängig davon, wie sehr dieses Bordell mittlerweile in die Popkultur integriert ist – wenn man mit Billy Gibbons über das Lied spricht, muss man natürlich fragen, ob er dieses Etablissement wirklich jemals besucht hat. „Ganz ungeniert gesprochen: ja“, erklärt er glucksend. „Für einen jungen Mann war das damals eine Art Initiationsritus. Man musste zur berüchtigten „Chicken Ranch“ von La Grange. Fotos aus der Blütezeit der Lokalität existieren immer noch. Architektonisch war es nichts Besonderes, doch immerhin war der Laden gut gepflegt und gut geführt. [Die Madame] Miss Edna war immer bereit, die Peitsche knallen zu lassen, um alle auf Spur zu halten. Mir wurde erzählt, dass man während der Großen Depression [von 1929 bis 1939] Hausfreuden beanspruchen konnte, indem man ein Huhn mitbrachte – daher der Spitzname.“

„Jedoch“, fügt Gibbons in einem gespielt ernsthaften Ton hinzu, „könnte es auch sein, dass ich all das nur erzähle, um dem Song eine Berechtigung einzuräumen.“ Gibbons erinnert sich daran, dass die älteren Jungs früher immer von La Grange sprachen. „Einer von ihnen nannte es sogar ‚das achte Weltwunder’“, behauptet er. Deswegen hatte er diesen Ort auf dem Schirm, als ZZ Top anfingen, sich auf TRES HOMBRES vorzubereiten. Gibbons macht keinen Hehl daraus, dass John Lee Hookers ikonisches ›Boogie Chillin‹ aus dem Jahr 1948 einen ziemlichen Einfluss auf das Eröffnungsriff von ›La Grange‹ hatte. „Das ist Teil unserer Faszination für den unnachahmlichen Texas-Shuffle“, erklärt er. „Ähnliches gibt es auch in ›Thunderbird‹ [von FANDANGO! aus 1975] zu hören, aber der Shuffle in ›La Grange‹ wurde zu einer Tradition für sich, und wir haben ihn seit 1973 auf jedem ZZ Top-Konzert gespielt. Und das werden wir auch weiterhin tun. Jeden Abend zaubert es ein Lächeln auf die Gesichter des Publikums.“

„Dieses Riff bleibt ein fester Bestandteil dieser speziellen Blues-Rock-Tradition“, fügt er stolz hinzu. „Seine Wurzeln gehen weit zurück zu den Anfängen von Country, Hillbilly und sogar Gospel-Musik, und dabei hat es trotzdem einen großen Wiedererkennungswert. Jede Nacht, wenn wir dieses Lied anspielen, tanzt jeder ein bisschen Boogie.“ Gibbons gibt zudem offen zu, dass sein schnatterndes „a how how how how“ von einem anderen John Lee Hooker-Song entliehen ist, nämlich aus ›Boom Boom‹ von 1961, das später durch ein Cover der Animals populär wurde. Nichts im Rock’n’Roll ist mehr wirklich neu, und deswegen macht es Gibbons auch nichts aus, dass Kid Rock seinen Song ›Son Of Detroit‹ aus und auf ›La Grange‹ gebastelt hat. „Ja, in der Tat“, bekräftigt Gibbons. „Tatsächlich hat der großartige James Harman, der zu einigen ZZ Top-Alben die Mundharmonika beigesteuert hat, mir einmal vor seinem Tod einen Track aus den späten 1940ern vorgespielt, der alles in diesem Stil vorwegnahm, was wir je zuvor gehört hatten. Es war eine genaue Vorlage für das, was man jetzt den berühmten Boogie-Shuffle nennt. Ja, das geht so weit zurück, und ist so ansteckend, dass es nie verschwinden wird, Bruder.“ Gibbons ist stolz darauf, dass ›La Grange‹ von Country-Sänger und Songwriter Hank Williams Jr. gecovert wurde, der es für sein 1983er Album STRONG STUFF aufnahm. „Mann, er hat es ordentlich durchgeblasen“, schwärmt er. Vielleicht etwas überraschend gibt Gibbons zu, dass nach Abschluss der Aufnahme von ›La Grange‹ in den Robin Hood Studios in Tyler, Texas, keiner aus dem inneren Zirkel der Band – nicht einmal ihr Produzent und Manager Bill Ham, Bassist Dusty Hill oder Schlagzeuger Frank Beard – irgendeine Ahnung hatte, wie wichtig der Song werden würde.

„Wir haben es sicherlich genossen, den Backingtrack aufzunehmen, und ich hatte die Texte verfasst, nachdem ich ein Buch von einem Autor aus dem UK namens Dave Marsh gelesen hatte“, sagt er. „Es war ein Überblick über die Karriere von Buddy Holly, und eines der Kapitel beschäftigte sich mit dem berühmten Song ›Peggy Sue Got Married‹. Das Buch verwies darauf, dass der Song mit einer Frage endete, die sich nicht reimte. Das war ungewöhnlich für Buddy Holly, und das inspirierte mich, meine eigenen beiden Schlusszeilen in ›La Grange‹ zu schreiben: ‘I hear it’s tight ’most every night, but I might be mistaken’. Also: Danke dafür, Dave Marsh, und danke Buddy Holly.“ Als ›La Grange‹ 1973 als Single veröffentlicht wurde, erreichte es nur Platz 41 in den Vereinigten Staaten. Im Vergleich zur MTV-Ära der Band in der folgenden Dekade, als die Eliminator-Singles „Gimme All Your Loving“ und „Sharp Dressed Man“ dem Trio ein völlig neues Publikum einbrachten, erscheint eine solche Chartplatzierung recht bescheiden. Und das, obwohl die Popularität von ›La Grange‹ und der zugehörigen Platte ZZ Top erstmals Goldalben in den USA und Kanada bescherte. Doch mindestens genauso wichtig ist, dass ein halbes Jahrhundert an Live-Aufführungen Gibbons den wahren Wert des Songs gelehrt hat. „Dieser Track hat uns auf den richtigen Weg gebracht“, schließt er. „Wenn uns unsere Fans um Rat bitten, sagen wir immer, dass eine Band das spielen sollte, was sie selbst hören möchte. Genauso war es mit ›La Grange‹. Wir haben den Song vor fünfzig Jahren geschrieben und spielen und hören ihn immer noch gerne. Er wird so schnell nicht verschwinden.“

Neuheiten: Ab heute im Plattenladen

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Blue Öyster Cult: GHOST STORIES

„Die Songs von GHOST STORIES entstanden zwischen 1978 und 2016, man kann hier also von keinem klassischen Album im herkömmlichen Sinne sprechen, sondern von einer Ansammlung verlorener „Juwelen“. Das Gros entstand zwischen 1978 und 83, lediglich der Abschluss ›If I Fell‹ ist von 2016.“

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Kriss Barras Band: HALO EFFECT

„Vieles ist also eine Spur größer, oder wie Barras sagt: „Diesmal haben wir alles auf 11 hochgedreht und aufgemotzt.“ Wäre eine Überraschung, wenn das Teil nicht in irgendwelchen Charts – Rock, Alternative oder Mainstream – landen würde.“

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Sleepmakeswaves: IT’S HERE, BUT I HAVE NO NAMES FOR IT

„Ihr neues, fünftes Album IT’S HERE, BUT I HAVE NO NAMES FOR IT beweist, dass diese Musik nicht nur zum Träumen geeignet ist, sondern auch viele tanzbare Momente hat.“

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Freddy And The Phantoms: HEATHEN GOSPELS

„Dafür serviert der verschmitzte Dänen-Happen reichlich bluesigen Rock, nach alter Rezeptur angerührt. Weil eine Orgel neben der Gitarre das auffälligste Instrument im Arrangement ist, erinnern Freddy And The Phantoms immer wieder an Deep Purple.“

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Sleepmakeswaves: IT’S HERE, BUT I HAVE NO NAMES FOR IT

Australien scheint ein gutes Pflaster für Post-Rock zu sein. Ist es das einzigartige Klima? Die landschaftliche Schönheit? Wie auch immer, die Band Sleepmakeswaves lässt sich offenbar von alldem inspirieren und kanalisiert ihre Impressionen in einer ähnlichen Weitläufigkeit wie die ihres Kontinents. Die mittlerweile zum Trio geschrumpfte Gruppe hat in ihrer 18-jährigen Karriere zwar erst vier Platten veröffentlicht, dafür aber mehr als 20 Tourneen absolviert, allein sechs davon in Europa. Ihr neues, fünftes Album IT’S HERE, BUT I HAVE NO NAMES FOR IT beweist, dass diese Musik nicht nur zum Träumen geeignet ist, sondern auch viele tanzbare Momente hat. Weshalb den Beteiligten kein passender Name für dieses geschmackvolle Gebräu eingefallen ist, bleibt dem Hörer indes verborgen.

SLEEPMAKESWAVES
IT’S HERE, BUT I HAVE NO NAMES FOR IT
BIRD’S ROBE RECORDS/JPC/BANDCAMP

Blue Öyster Cult: GHOST STORIES

Sammlung verlorener „Juwelen“

Ein richtig gutes Album haben Blue Öyster Cult schon seit 1981 mit FIRE OF UNKNOWN ORIGIN nicht mehr abgeliefert. Ohne Fanbrille gesehen. Einige werden jetzt vielleicht IMAGINOS von 1988 ins Feld führen. Doch das ist im Prinzip kein vollwertiges BÖC-Werk, sondern begann vielmehr als Solo-Platte von Drummer Albert Bouchard, bevor das damalige Label es doch als Band-Epos vermarktete, weil sich das nun mal einfach leichter verkauft. Die Songs von GHOST STORIES entstanden zwischen 1978 und 2016, man kann hier also von keinem klassischen Album im herkömmlichen Sinne sprechen, sondern von einer Ansammlung verlorener „Juwelen“. Das Gros entstand zwischen 1978 und 83, lediglich der Abschluss ›If I Fell‹ ist von 2016 – ein seltsamer Track, der völlig untypisch für BÖC ist und eher an America erinnert. Für die übrigen elf Lieder hätte man sich gern etwas mehr Infos gewünscht, damit man sie entsprechend zuordnen kann. Enthalten ist die einzige bekannte Studioaufnahme ihres Konzertklassikers ›Kick OuThe Jams‹, ein MC5-Cover. Das Animals-Cover ›We Gotta Get Out Of This Place‹ (live zu hören auf dem erfolgreichsten BÖC-Werk SOME ENCHANTED EVENING) ist ebenfalls aus dem Studio zu belauschen. Richtig gut gelungen sind lediglich ›Gun‹ (müsste ich raten, würde ich sagen von 1981) und das ruhige ›The Only Thing‹. Auf ›So Supernatural‹ (zu dem es ein neues Video gibt) und ›Don’t Come Running To Me‹ spielt Rick Downey Schlagzeug, der nach FIRE OF UNKNOWN ORIGIN den etatmäßigen Drummer Bouchard ersetzte – folglich dürften beide Tracks aus den Sessions zum mittelmäßigen Longplayer THE REVÖLUTION BY NIGHT (1983) stammen. Als harter BÖC-Fan wird man auch den brauchen, dem Rest sei eher Früheres wie AGENTS OF FORTUNE, das vollkommen unterbewertete CULTÖSAURUS ERECTUS, eben FIRE OF UNKNOWN ORIGIN oder das tolle Live-Werk ON YOUR FEET OR ON YOUR KNEES empfohlen.

6 von 10 Punkten

Blue Öyster Cult
GHOST STORIES
FRONTIERS/THE ORCHARD

Kris Barras Band: HALO EFFECT

Muskulös und melodisch

War der frühere Mixed-Martial-Arts-Profi Kris Barras zu Beginn seiner Karriere eher bluesrockig unterwegs, geht er es auf HALO EFFECT modern rockend an, und zwar gleichzeitig mächtig und melodisch. Schon genial wie groovy und groß Nummern wie der Opener ›Hourglass‹ oder ›With You‹ aufgehen. Cool und durchaus chartstauglich. HALO EFFECT kann mit den Releases vergleichbarer Alternative-Acts wie Alter Bridge oder 3 Doors Down locker mithalten. Auch mit Papa Roach in gewissen Momenten. Die Kris Barras Band hat zeitgemäße Power, Pop-Appeal und Hitpotential – kraftvoller Gesang und starke Chöre machen ein Stück wie ›Fall To Fly‹ wirklich ansprechend. Das anschließende ›Waste Away‹ zeigt die Stärken im schnelleren Bereich. Wäre das Stück noch brutaler, könnte man es glatt als Metalcore durchgehen lassen. Vieles ist also eine Spur größer, oder wie Barras sagt: „Diesmal haben wir alles auf 11 hochgedreht und aufgemotzt.“ Wäre eine Überraschung, wenn das Teil nicht in irgendwelchen Charts – Rock, Alternative oder Mainstream – landen würde.

7 von 10 Punkte

Kris Barras Band
HALO EFFECT
EARACHE/EDEL

Freddy And The Phantoms: HEATHEN GOSPELS

Dänischer Bluesrock im orgellastigen Retro-Outfit

Diesen Dänen ist nicht zu trauen: Freddy And The Phantoms heißt die Band – klingt vom Namen her nach Schmalztolle, Petticoat und altem Rock’n’Roll. Auf den Promofotos macht das Quartett allerdings einen auf Country: Stetson, Bärte, Fransenjacken. Und dann betiteln sie ihr – bereits sechstes – Album auch noch HEATHEN GOSPELS. Heidnische Kirchengesänge, frei übersetzt. Die Verwirrung wird aber erst so richtig rund, hört man in die Platte rein: Denn vom guten, alten Rock’n’Roll ist nichts, von Country eher wenig und von Gospel schon gar nichts auszumachen. Dafür serviert der verschmitzte Dänen-Happen reichlich bluesigen Rock, nach alter Rezeptur angerührt. Weil eine Orgel neben der Gitarre das auffälligste Instrument im Arrangement ist, erinnern Freddy And The Phantoms immer wieder an Deep Purple – gleich im Opener ›Heart Is A Highway‹ und noch mehr im knochentrockenen ›Blues Trap‹. Geht es wie bei ›Blood‹ doch mal auf Country-Kurs, fühlt man sich schnell an Jon Bon Jovis 90er-Hit ›Blaze Of Glory‹ erinnert. Nicht übel, aber sehr old-fashioned – und um einen Tick zu brav.

5 von 10 Punkten

Freddy And The Phantoms
HEATHEN GOSPELS
TARGET

Was machen eigentlich: Demon?

In Anlehnung an die Textzeile „Don’t you know it’s the night of the demon“ aus dem 1981er-Hit ›Night Of The Demon‹ der britischen Metaller Demon wird man auf deren Homepage mit „Don’t you know it’s the site of the demon“ begrüßt. Hier erfährt man einiges über die Band, die maßgeblich zur NWOBHM beigetragen hat. Die Biografie ist laut dem aktuellen Drummer Neil Ogden „so ziemlich auf dem neuesten Stand“. „Trotzdem“ verrät der Brite noch ein paar Updates. Aber zuerst zur Geschichte! Demon werden 1979 von Sänger Dave Hill und Gitarrist Malcom Spooner gegründet. Nach einer Vervollständigung des Line-ups, das in den Folgejahren häufig wechselt, kommt 1981 – im selben Jahr veröffentlichen Def Leppard HIGH’N’DRY – NIGHT OF THE DEMON auf den Markt. Die Blütezeit der New Wave of British Heavy Metal wird also mitgenommen. Das Debüt kommt gut an und das anschließende THE UNEXPECTED GUEST wird zum größten Erfolg in der Demon-History. Mit den Follow-ups wird man mal progressiver und mal politischer, kann den Success der Anfänge aber nicht wiederholen. 1984 stirbt Gitarrist und Gründer Spooner und lässt Hill, der heute das letzte verbliebene Original ist, zurück.

Hill, der die Bühne schon mal mit dämonischer Schwarz-weiß-Schminke betritt, macht weiter. Mit einem festen Keyboarder und Platten wie HEART OF A STORM und TAKING THE WORLD BY STORM in den 80ern sowie HOLD ON TO THE DREAM und BLOW OUT in den 90ern. Letzteres von 1992 ist der vorläufige Abgesang und die Gruppe löst sich auf. Neun Jahre später holt sich Oberdämon Hill neue Musiker an Bord und reformiert die einst einflussreiche Formation. Seitdem sind drei weitere Longplayer erschienen, die zwar kritischen Maßstäben standhalten, kommerziellen hingegen weniger. Live ist man vorrangig auf Festivals wie dem Sweden Rock und dem Bang Your Head unterwegs, absolviert 2005 aber auch eine kleine Tour zusammen mit Magnum-Sänger Bob Catley. Zum 35-jährigen Jubiläum von THE UNEXPECTED GUEST wird das Album 2018 in voller Länge auf einer UK-Tour gespielt. Auch 2023 standen einige Shows auf der Agenda, wobei ein texanisches Event für Demon aufgrund von Visaproblemen ausfallen musste. Neue Termine sind noch nicht final avisiert, aber dafür tut sich was an der Recordingfront, wie Drummer Ogden erzählt: „Wir haben bei Frontiers Records für die nächste Veröffentlichung unterschrieben. Eine großartige Firma für uns, da sie einen weltweiten Vertrieb haben. Das Album soll Anfang dieses Jahres erscheinen.“ Promoten will man das neue Teil natürlich unbedingt und hat auch schon ein Festival in Frankreich im Auge. Zudem hofft die Band, auch nach Deutschland zu kommen. Neil Ogden: „Die Platte ist eine unserer stärksten seit vielen Jahren und wir sind sehr stolz darauf.“ Sein Wort in Gottes oder vielmehr Demons Ohr.

Blackberry Smoke: Die Schönheit des Schulterzuckens

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Umweltkatastrophen, Chaos, Hass und Hetze … die Turbulenzen unserer Zeit lassen auch Blackberry-Smoke-Frontmann Charlie Starr nicht kalt. Seine Antwort: eine weitere wunderbare Platte aus Southern/Country/Folk/Americana-Rock, die sich mit ernsten Themen befasst, aber vor allem die wunderbare, herzerwärmende, freudvolle und heilsame Magie der Musik beschwört. Denn, wie er im Zoom-Gespräch lapidar kommentiert, was soll man auch sonst tun?

Hallo Charlie, wie läuft’s in Atlanta?
Das kann ich dir in diesem Moment gar nicht sagen, denn ich bin gerade in London! Wir spielen diese Woche zwei kleine Pop-up-Gigs hier.

Und ihr habt in den Staaten gerade eine kurze Akustiktournee absolviert, die offenbar sehr schön war …
Ja, zwei Wochen akustische Musik im Schnee. Das Wetter bei uns in den USA war ja in letzter Zeit ziemlich brutal, also war das durchaus eine Herausforderung, aber wir haben es alle unbeschadet überstanden und alle hatten eine gute Zeit.

Bei unserem letzten Gespräch im Frühling 2021 war es gerade wieder möglich geworden, Konzerte zu geben, und ihr hattet einige Shows mit Social-Distancing-Maßnahmen in den ebenfalls recht kühlen Tennessee Mountains gespielt.
Ja, ich erinnere mich, das war damals auch nicht einfach.

Und wie ist es euch seither ergangen?
Ziemlich gut, wir machen einfach unser Ding …

Wobei damals ja noch nicht abzusehen war, ob ihr je wieder richtig „euer Ding machen“ könnt.
Das stimmt. Was für eine verrückte Zeit! Und Covid ist ja noch lange nicht vorbei. Erst vor ein paar Tagen fragte ich mich auch wieder, ob ich es habe. Und mein Dad, der gerade 78 geworden ist, hatte es erst kürzlich wieder. Zum Glück war es nur wie eine Erkältung für ihn, aber das ist nun etwas, mit dem wir einfach werden leben müssen. Eine weitere Krankheit, die wir eben der Liste hinzufügen müssen. Es ist jetzt ein Teil der Gesellschaft, wie ein vielleicht nicht so innig geliebtes Familienmitglied.

Und warst du zufrieden, wie das Album YOU HEAR GEORGIA dann gelaufen ist?
Es ging bei der Platte ja teilweise darum, dass die Menschen, sowohl in den USA als auch international, einige falsche Vorstellungen von eurer Heimat haben.

Denkst du, es ist euch gelungen, einigen die Augen zu öffnen und vielleicht manche dieser Ansichten zu korrigieren?
Die Platte wurde sehr wohlwollend aufgenommen und wir hatten einen guten Lauf damit. Aber ob es uns gelungen ist, Leute dazu zu bringen, ihre Meinung zu überdenken? Wahrscheinlich nicht. Wir haben ja heutzutage alle diese Dinger in der Tasche [hält sein Smartphone vor die Kamera], und jeder bildet sich seine eigene Meinung, wie er kann, wann er kann und zu was auch immer er kann. Aber ich weiß nicht, ob es wirklich mein oder unser Ziel war, irgendjemand von irgendetwas zu überzeugen. Klar, das war die Inspiration hinter dem Song ›You Hear Georgia‹. Aber letztlich ging es mir nicht so sehr darum, die Meinung der Leute zu ändern, sondern einfach nur darum, meine eigene zum Ausdruck zu bringen.

Aber es muss doch ziemlich frustrierend sein, immer wieder mit solchen Vorurteilen konfrontiert zu werden.
Ja, natürlich ist es das. Aber das ist doch heutzutage überall so, auf der ganzen Welt. Und bei uns in Amerika gibt es mittlerweile sehr viele Menschen, die gar nicht mehr stolz darauf sind, Amerikaner*innen zu sein. Es gibt einfach so viele Probleme, so viel Leid. Das sprechen wir auch in unserem neuen Stück ›Dig A Hole‹ an. Darin geht es im Wesentlichen darum, zu sagen: Okay, wir haben alle nur eine sehr begrenzte Zeit, die wir auf diesem Planeten verbringen und genießen dürfen. Macht es da wirklich Sinn, sich ständig den Kopf darüber zu zerbrechen, was andere darüber denken, was für ein Mensch man ist oder zu sein versucht? Der Text ist wie ein Zwiegespräch, in dem gefragt wird: Was bist du? Was versuchst du, zu erreichen? Eine Yin-Yang-Situation. Aber es ist nun mal eben nicht so, dass es nur die eine oder die andere Wahl gibt. Da sind immer mehr als zwei Optionen, aber die Social-Media-Denke zielt genau darauf ab. Wenn du nicht auf dieser Seite stehst, stehst du auf der anderen! Das hat die Gesellschaft unglaublich polarisiert. Und klar, ich bin ja auch mitschuldig. Hier sitze ich mit all meinen fucking Geräten. Ich liebe ja auch die Information, die man mit ihnen bekommen kann, aber ich bin den ständigen Kampf leid. Ich bin so müde davon, zu sehen, wie Leute einander unablässig fertigmachen. Dabei gibt es doch so viel mehr, über das man sich Gedanken machen könnte. Wenn man wirklich das Leben betrachtet und Bilanz zieht, erkennt man doch das, was wirklich wichtig ist. Aber so viele Menschen schaffen das nicht, weil sie zu beschäftigt damit sind, sich darüber aufzuregen, was andere denken. Dafür habe ich keine Zeit. In meinen 20ern war ich vielleicht auch noch so drauf, aber heute sage ich mir nur noch: Ich mag das hier und mir ist scheißegal, was irgendjemand anders davon hält.

Darüber sprachen wir auch schon vor drei Jahren. Damals sagtest du, vielleicht stolpern wir so zur Erleuchtung.
Leider scheinen wir heute eher noch weiter davon entfernt zu sein. An dem grundlegenden Problem hat sich jedenfalls nichts geändert. Alles, was man tun kann, ist doch, das wertzuschätzen was einem lieb und teuer ist. Und natürlich werden auch da die Meinungen auseinandergehen, was das sein mag …

Noch mal zurück zu 2021. Du sagtest, das Material auf YOU HEAR GEORGIA sei größtenteils vor der Pandemie fertig gewesen, aber wie so viele hattest du damals nichts zu tun und schriebst mehr Songs denn je. Sind das nun die Stücke, die wir auf dem neuen BE RIGHT HERE hören?
(zögert) Hmmm, ja, wahrscheinlich. Da müsste ich jetzt ehrlich gesagt noch mal genau nachsehen. Ich schreibe eben nun mal ständig Lieder, denn ich liebe den ganzen Prozess einfach, die Gitarre in die Hand zu nehmen und zu sehen, wie eine Idee sich dann langsam zu einem fertigen Stück entfaltet. Aber es gab auch noch Material, das wir beim letzten Mal nicht arrangiert haben. Von den Aufnahmen war aber nichts mehr übrig, denn wir haben immer dieselbe Methode, das ist der Modus Operandi unseres Produzenten Dave Cobb – er mag es nicht, Zeit zu verschwenden, also sagt er: „Wir suchen gleich am Anfang die zehn Nummern aus, die aufs Album kommen, und nehmen sie auf, sonst nichts.“ Aber ich denke, das kommt eh mit dem Alter, man lernt einfach mit der Zeit, was funktioniert und was nicht. Ich weiß, dass nicht jeder Track großartig ist, sie sind nicht alle „mein Baby“, auch wenn sie mir natürlich alle etwas bedeuten. Aber was mir gefällt, muss nicht zwangsweise auch Dave oder dem Rest der Band gefallen. Wir sind da sehr demokratisch, es wird nichts ausgewählt, mit dem nicht alle zufrieden sind. Das ist eine gute Herangehensweise, um sich ein dickes Fell zuzulegen. Aber das gilt ja ohnehin für das Songwriting an sich, die ganze Erfahrung, ob die Leute etwas mögen oder nicht, das ist ja alles völlig subjektiv. Aber es macht mir Spaß und ich könnte nicht leben, ohne das zu machen.

Jedenfalls habt ihr auch für BE RIGHT HERE wieder eine tolle Auswahl getroffen. Besonders ragt dabei das bittersüße ›Azalea‹ heraus, das so schön wie bewegend ist.
Oh vielen Dank, das ist auch der Lieblingssong meiner Frau und meines ältesten Sohnes. Ich weiß noch, wie ich die ersten Zeilen vor mich hinsang, mit dieser kleinen Gitarrenmelodie, und plötzlich rief sie aus dem Nebenzimmer: „I love it!“ Darin geht es darum, seinen Kinder nahe zu sein, ohne sie zu erdrücken.

Was war die Inspiration dahinter?
Einfach, unsere Kinder aufwachsen zu sehen, sowohl bei mir als auch bei meinem Freund Travis Meadows, mit dem ich an den Texten arbeite. Irgendwann wird einem klar, dass sie schon richtig ausgewachsene Menschen sind, aber ich sehe mir meinen Ältesten an und denke, „hey, du bist noch immer mein kleiner Racker“. Was für eine interessante Existenz das doch ist.

Immerhin war das wohl etwas Positives an der Pandemie, mehr Zeit mit den Kindern verbringen zu können, als das bei dir normalerweise der Fall ist.
Ja, sicher, das war ein angenehmer Nebeneffekt, denn ich blieb ja ein ganzes Jahr lang zu Hause. Für meinen Kleinsten machte es das dann aber auch wiederum schwerer, denn er war noch so jung, dass er in der Zeit wieder vergessen hat, wie es vorher war, und sich daran gewöhnt hatte, mich ständig um sich zu haben. Als wir dann wieder mehr unterwegs waren, fand er das ziemlich hart. „Was, du bist jetzt WIE lange weg?“ Aber das verging zum Glück bald wieder, und es dauerte nicht lang, bis es nur noch hieß: „Dad, bring mir was mit!“ Schön, dass er die Sonnenseite des Ganzen sieht.

Was eine gute Überleitung zu einem weiteren Highlight ist, ›The Other Side Of The Light‹, in dem es heißt: „Mach dir keine Sorgen über die Dunkelheit, sie ist nur die andere Seite des Lichts.“ Es ist nicht immer leicht, sich das vor Augen zu halten.
Ja, auf jeden Fall. Es passiert so leicht, dass man sich nur auf die Schattenseiten konzentriert und endlos wiederkäut, wie schlimm alles ist. Die Inspiration dahinter war, dass ich im Sommer in den Nachrichten sah, wie Kalifornien in Flammen stand. Das scheint mittlerweile jeden Sommer so zu sein, und da erzählte jemand, wie es war, als das Feuer immer näher kam … Ich habe auch einen Freund, Butch Walker, der schon zweimal dort sein Haus durch diese Brände verloren hat. Er ist nun nach Tennessee gezogen. Und in Kanada war es noch viel schlimmer! Wir waren dort auf Tour, und obwohl wir uns einige hundert Meilen von den Brandgebieten entfernt aufhielten, fiel es mir schwer, zu singen, weil die Luftverschmutzung einfach so furchtbar war. Selbst in Michigan und Wisconsin gab es Warnungen deswegen, und sogar in New York gab es ja ein paar Tage, in denen der Himmel unheimlich lila war und man kaum atmen konnte. Und fast genauso beunruhigend ist, dass die meisten Menschen das einfach völlig apathisch hinnehmen.

Die Botschaft des Albums, im Moment zu leben und das zu schätzen und genießen, was man hat, kann da fast schon fatalistisch erscheinen …
Nun, so ist das sicher nicht gemeint, aber es stimmt schon, die meisten fühlen sich angesichts solcher Ereignisse einfach hilflos und gehen eben trotzdem zur Arbeit, weil sie es müssen. Da muss man erst recht versuchen, die guten Dinge und Momente wahrzunehmen, die man hat, denn was soll man sonst tun?

Wie dem auch sei, es gelingt euch nach wie vor wunderbar, die schiere Freude des Rock’n’Roll zu transportieren, und das mit einer einzigartigen Wärme, die euch seit jeher auszeichnet.
Vielen Dank! Wir tun unser Bestes …

Dann freuen wir uns schon mal auf September, wenn ihr wieder in unseren Breiten vorbeischaut.
Wir uns auch. Ein großes Danke an euch alle, wir lieben Deutschland!

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