0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Start Blog Seite 1331

Imelda May

0

Imelda May singerJeff Beck empfiehlt ihre Musik. Allein das ist schon ein Qualitätskriterium. Doch Imelda May hat noch mehr drauf, wie ihr neues Album MAYHEM beweist. Auf der Platte, die hierzulande am 4. Februar erscheint, präsentiert sie nämlich eine bahnbrechende Mixtur aus Rockabilly, Blues, Country und Jazz.

Im Januar 2010 hat die Lady aus dem Süden von Dublin an der Seite von Jeff Beck das Publikum bei den Grammy Awards verzaubert. Ihre Version des – von Les Paul/Mary Ford geprägten – Jazz-Klassikers ›How High The Moon‹ jagte den Menschen im Auditorium einen Schauer über den Rücken. Wenig später traten die beiden zu einer Fortsetzung an. Sie spielten bei mehreren Les Paul-Tribute-Shows im exklusiven New Yorker Club „Iridian“, immer begleitet von frenetischem Jubel.

Doch der bisherige Karriereweg der Lady, die den Hüftschwung im engen Kleid perfektioniert hat und zudem mit engelsgleicher Blues-Stimme begeistert, war keineswegs geradlinig. Und Blumen hat darauf schon gar niemand ausgestreut, im Gegenteil. „Ich bin 36 Jahre alt“, setzt Imelda entspannt zu einem Monolog an, „also seit über 20 Jahren im Musikgeschäft. Auch wenn ich einige harte Lektionen hinter mir habe, bin ich doch froh, dass ich mein Handwerk von der Pike auf lernen konnte. Und zwar nicht durch Unterrichtsstunden, sondern Schritt für Schritt durch meinen eigenen Antrieb. Es ist vielleicht altmodisch, aber ich bin ein großer Freund davon, anderen Musikern bei ihrer Arbeit zuzusehen und dadurch Erfahrungen zu sammeln. Und natürlich war es auch wichtig, selbst rauszugehen und alles auszuprobieren. Denn wenn man einen Fehler macht, zieht man sofort die Konsequenzen daraus. Das passiert einem dann meist nicht noch einmal.“

Zumal Imelda May, zumindest in ihrer Kindheit, dazu auch kaum die Gelegenheit bekommen hätte. Denn sie lebte mit ihrer Familie in beengten Verhältnissen, teilte sich mit ihren Eltern und vier Geschwistern eine Zwei-Zimmer-Wohnung. „Es gab keine Möglichkeit, sich zurückzuziehen und in Ruhe zu üben oder einfach nur Musik zu hören. Wenn einer eine Platte auflegte, mussten alle mitziehen. Meine Mutter liebte Dean Martin, einer meiner Brüder dagegen war beinharter Elvis-Fan. Das hat mich geprägt. Ich erinnere mich noch gut an eine Kassette, auf der Songs von Gene Vincent, Eddie Cochran und Buddy Holly waren. Ich konnte gar nicht genug davon kriegen, war wie besessen von der Musik. Daran hat sich bis heute nichts geändert.“

Heute ist es diese Mischung aus natürlicher Coolness und brennender Leidenschaft für die Sache, die Imelda Mays Sound und Auftreten bestimmt. Mit 16 hatte sie ihren ersten Auftritt, ihr Schwager bat sie in einem Blues-Club zu sich und seiner Band auf die Bühne. Seither hat sie Feuer gefangen, ist nicht mehr zu bremsen. Zunächst ging sie jeden Sonntag zu Jam Sessions in Dublin, stieg bei diversen Bands ein und stellte schließlich ihre eigene zusammen, arbeitet z.B. eng mit Sänger Darrel Higham zusammen, was das Songwriting betrifft. Ihre Eigenkompositionen entstehen allesamt auf einer sechssaitigen Ukelele, Darrel fügt die Riffs dazu. Live dagegen enthält ihr Set viele Coverversionen, meist stammen sie aus den unerschöpflichen Schatztruhen von Capitol oder Chess.

Ähnlich bunt gemischt wie ihr Programm ist auch das Publikum: „Ich liebe das“, freut sich Imelda. „Denn Cliquenbildung kann ich nicht ausstehen. Nach meinen Shows spreche ich oft mit den Leuten, viele haben noch nie zuvor eine Rockabilly-Platte gehört. Doch nach unserem Gig gehen sie dann los und besorgen sich mehr Musik, Johnny Burnette zum Beispiel. Das ist eine große Ehre für uns!“

Rückblende: Buckcherry – Crazy Bitch

0

Buckcherry tarp sm @ PR BrownDer Legende nach ist ›Crazy Bitch‹ von Paris Hilton inspiriert. Stimmt aber nicht. Denn, wie Buckcherry-Gitarrist Keith Nelson erläutert, hat der Song überhaupt nichts mit der berühmt-berüchtigten Hotelerbin zu tun.

Ich kann mir wirklich nicht erklären, wie ihr Name überhaupt in dem Zusammenhang aufgetaucht ist“, seufzt er – offensichtlich musste er das Gerücht schon so manches Mal dementieren. „Der Song entstand zu einer Zeit, als sich diese Internet-Sexvideos von Prominenten häuften. Aber eigentlich kam die Inspiration von diesen Mädels, die wohl jeder Rock’n’Roller nur zu gut kennt: im Bett eine Kanone, aber sonst die totale Katastrophe.“

Geschrieben wurde der Song schon im Jahr 2002, vier Jahre, bevor er auf dem Album 15 erschien. „Eines Tages rief mich Josh Todd auf meinem Handy an und fing an, diesen Text zu singen. Er hoffte wohl, dass ich nicht rangehen würde, damit er ungestört auf meine Mailbox singen konnte. Mir fiel dazu gleich dieses coole Riff ein, und am nächsten Tag trafen wir uns und machten den Song dingfest. Er war wirklich in kürzester Zeit fertig, wie so oft bei richtig guten Sachen.“

Zu dem Zeitpunkt, als der Song entstand, war es nicht gut bestellt um Buckcherry. Es sah so aus, als würde sich die Band bald trennen: Drei Mitglieder waren nach dem Release von TIMEBOMB im Jahr 2001 ausgestiegen, zudem standen Buckcherry damals ohne Plattenvertrag da.

Doch im Nachhinein betrachtet entpuppte sich das sogar als Glücksfall. „Wir waren nur ein Duo“, erinnert sich Nelson. „kamen also ziemlich schnell mit dem Songwriting voran. Außerdem hatten wir kein Label im Nacken, das uns Tipps gab, was wir machen sollten.“ Innerhalb kürzester Zeit nahmen die beiden ein Demo auf. Das wanderte allerdings zunächst in die Schublade – und zwar so lange, bis die Band endlich ins Studio ging, um 15 aufzunehmen. „Wir haben uns schließlich entschlossen, auch ›Crazy Bitch‹ aufzunehmen. Zunächst waren wir nicht mal sicher, ob es der Song überhaupt aufs Album schafft. Letztendlich ist er doch drauf gelandet, und mittlerweile zählt das Stück neben ›Lit Up‹ zu unseren beliebtesten Stücken. Sex und Drogen, das funktioniert immer.“

Amüsiert zeigt sich Nelson darüber, dass auch etliche Mädels an dem Song Gefallen finden. „Frauenfeindlich war das Stück ja nie, dennoch haben viele Leute den Song so interpretiert. Aber ich habe auch schon von vielen Frauen gehört, dass sie den Song lieben und sogar den Text auswendig können. Das ist wirklich erfreulich, denn das bedeutet, dass sie den Witz verstanden haben. Jeder, der denkt, wir wären Sexisten, sollte sich einfach mal mit einer der Damen unterhalten. Die haben es nämlich verstanden!“

Dummerweise handelte sich die Band mit dem Videodreh zum Song ernsthafte juristische Probleme ein. Nelson erklärt den Sachverhalt so: „Damals hatten wir überhaupt keine Kohle. Also konnten wir das Video nur realisieren, indem wir ein paar Gefallen einforderten und mit Amateur-Schauspielerinnen drehten. Wir haben dann per MySpace Mädchen gesucht – und dabei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir nur Leute ab 18 nehmen. Als Belohnung durften die Mädels das Video auf ihren MySpace-Seiten einbinden. Wir mieteten den Key Club in L.A und richteten ihn wie einen Stripclub ein. Wir drehten das Video – eine Version für Erwachsene und eine jugendfreie –, und das war’s. Bis das Video im Fernsehen gespielt wurde.“ Da tauchte plötzlich eine der Darstellerinnen auf und behauptete, sie wäre zum Zeitpunkt des Drehs erst 16 Jahre alt gewesen. Was wiederum bedeutete, dass die Szenen, in denen sie mit einem Mädchen knutscht, Alkohol trinkt und anderen anzüglichen Kram macht, gesetzeswidrig waren. Prompt kam es zum Prozess.

„Es war völlig lächerlich“, erbost sich Nelson. „Wir haben wirklich alles getan, um sicherzustellen, dass nur volljährige Mädels zum Dreh kommen. Und sie gibt zu, dass sie ihren Ausweis gefälscht hat, verklagt uns daraufhin und behauptet, wir hätten sie zu den Aufnahmen gezwungen! Aber irgendwie ist sie ja genau so eine ›Crazy Bitch‹ wie im Song, also hätten wir uns das eigentlich denken können, dass so etwas passiert.“ Mittlerweile ist die Sache jedoch geklärt.

In den Staaten chartete ›Crazy Bitch‹ auf Platz 59 und brachte endlich den Ball ins Rollen, so dass sich das dazugehörige Album millionenfach verkaufte. Außerdem wurde ›Crazy Bitch‹ 2007 für einen Grammy in der Kategorie „Best Hard Rock Performance“ nominiert.

„Mich wundert vor allem, wie etwas, das so einfach zu schreiben war, so wichtig für unsere Fans wurde“, lacht Nelson. „Ich schätze, das ist der Beweis für die alte Weisheit: Sex sells. Ich denke, der Song wird die Band überleben. Und ich kann mir kein cooleres Erbe für die Nachwelt vorstellen.“

Supertramp – Party ohne Zwei

0

STVon wegen ›Give A Little Bit‹: Anlässlich ihrer 40th Anniversary-Tour vergehen sich die Original-Mitglieder der britischen Supergroup an verbalen Grabenkämpfen, bei denen die Grenzen zwischen Fiktion und Wahrheit ebenso vernebelt erscheinen, wie der gesunde Menschenverstand. CLASSIC ROCK traf die drei Streithähne Rick Davies, Roger Hodgson und Dougie Thomson – und erfuhr drei verschiedene Sichtweisen über eine Konzertreise, die unter keinem wirklich guten Stern steht.

Supertramp_Rick Davies (mitte)Rick Davies, 66

Aktuelle Profession: Seit 1983 Keyboarder, Sänger und alleiniger Bandleader in Personalunion. Lebt mit Ehefrau/Managerin Susan in den exklusiven Hamptons, vor den Toren von New York. Zwischenzeitlich eigentlich schon „semi-retired“.

Meinung zur „40th Anniversary“-Tour: Wähnt sich auf einer Mission zur Beglückung der zahlungskräftigen Menschheit. „Ich mache das aus dem einfachen Grund, weil es für uns die vielleicht letzte Gelegenheit ist, all diese wunderbaren Songs live zu spielen, die so viele Menschen Zeit ihres Lebens begleitet und so glücklich gemacht haben. Es ist unsere Art, Danke und vielleicht auch Bye, Bye zu sagen.“ Eine Ankündigung, mit der Mick und Keith seit schlappen 20 Jahren kokettieren…

Zum Rechtsstreit Davies/Hodgson über Songrechte: „Alles, was wir bis 1983 geschrieben haben, war Supertramp-Musik. Und genau die spielen wir. Wie es auch in einem fast 600 Seiten starken Vertrag geregelt wurde. Daran ist nichts illegal.“

Lieblingsphase der Bandgeschichte: „Ganz klar der Erfolg mit BREAKFAST IN AMERICA in den USA. Da wurden wir in kürzester Zeit immer größer und größer, plötzlich waren wir sogar Nummer eins der Charts! Eine tiefe Genugtuung. Und endlich mussten wir nicht mehr in miesen Hotels übernachten.“

Persönlicher Tiefpunkt: „Ein Promotrip im Orientexpress von Paris nach Venedig zum 1985er-Album BROTHER WHERE YOU BOUND. Eine Idee unserer französischen Company, die das Album an der Bar vorstellte. Das Problem: Die Nadel des Plattenspielers hüpfte mit jeder Bahnschwelle. Ein absolutes Desaster.“

Comeback-Bereitschaft: „Ich habe mich vor ein paar Jahren mit Roger getroffen und mit ihm über eine eventuelle Zusammenarbeit gesprochen. Das ging dann 15 Monate hin und her – und sah eigentlich ganz gut aus. Doch letztlich konnten wir keine Einigung erzielen, weil er sich nicht festlegen wollte. Warum, weiß ich nicht. Aber da musste ich eben alleine aktiv werden.“

Zukunftspläne: „Ich würde gerne ein Blues-Album im Stil der alten Schule machen. Also etwas ganz Unspektakuläres. Keine Ahnung, wann ich das angehen werde, aber ich übe schon seit Jahren dafür und werde auch immer besser.“

CLASSIC ROCK-Fazit: Ein starrköpfiger Pop/Rock-Patriarch, der sich mit gepflegter 70s-Nostalgie die Rente sichern möchte – und dabei über Leichen (aka die Originalbesetzung) geht. Leider.

o_o_RH_FOTO_1-Guitar-Soulful-300-dpiCharles Roger Pomfret Hodgson, 60

Aktuelle Profession: Nach seinem 1983er-Ausstieg zunächst Solist, dann Privatier in Nordkalifornien und seit ein paar Jahren unermüdlicher Live-Interpret von Supertramp-Klassikern. Natürlich nur seine eigenen – wenn auch bei Sparkassen- und Supermarkt-Eröffnungen sowie im Vorprogramm von Pur.

Meinung zur „40th Anniversary“-Tour: „Ich freue mich, dass die Fans die Band noch einmal erleben dürfen. Und ich wäre gerne ein Teil davon – wenn man mich lassen würde. Aber Rick will das alleine durchziehen. Und zwar mit meinen Songs, an denen er gar keine Rechte hat. Warum ich mich nicht dagegen wehre? Das tue ich! Aber ich habe keine Lust, das vor Gericht auszutragen. Dafür ist das Leben zu kurz.“

Zum Rechtsstreit Davies/Hodgson über Songrechte: „Wir hatten eine Abmachung unter Freunden, die per Handschlag besiegelt wurde, und an die ich mich gehalten habe. Im Gegensatz zu ihm. Er missbraucht meine Stücke für etwas, das den Namen Supertramp nicht mehr verdient.“

Lieblingsphase der Bandgeschichte: „Unsere Anfänge in den frühen Siebzigern – als wir zwar nicht viel Geld, aber viel kollegialen Spirit und Spaß an der Musik hatten. Wir waren eine tolle Band, mit fünf Jungs, die sich prima verstanden und wahnsinnig gute Musik zusammen gemacht haben.“

Persönlicher Tiefpunkt: „Die Zeit nach BREAKFAST IN AMERICA, als wir verlernt haben, als Band zu denken und zu agieren. Da waren plötzlich viele Leute um uns herum, die nur dafür gesorgt haben, dass wir uns immer weiter voneinander entfernen und unsere Freundschaft immer weiter in den Hintergrund rückte. Wir haben schlicht den Draht zueinander verloren.“

Comeback-Bereitschaft: „Ich habe keine Zeit für die komplette Anniversary-Tour, weil ich ja meine eigenen Shows spiele. Doch ich bot Rick an, ihn so oft wie möglich zu begleiten, um den Fans wirklich etwas Besonderes zu bieten. Leider hat er darauf nicht reagiert. Mein Angebot steht aber weiterhin.“

Zukunftspläne: „Ich bin 60 Jahre alt und besitze noch jede Menge Energie. Also ich habe noch ein paar kreative Jahre vor mir, viele gute neue Songs und Lust am Live-Spielen. Genau das werde ich in Zukunft tun.“ Eben überall, wo man ihn lässt…

CLASSIC ROCK-Fazit: Ein unverwüstlicher Idealist und Althippie, der Rick das Leben schwer macht. Er spielt die alten Hits zum halben Preis – mit doppelt so viel Gusto.

25dougiDouglas Campbell „Dougie“ Thomson, 59

Aktuelle Profession: Vierfacher Familienvater mit Wohnsitz Chicago. Begeisterter Hobby-Segler und Manager der Metal-Band Disturbed. Hat 1988 den Bassisten-Job bei Supertramp quittiert – und sich bis vor kurzem einen verbitterten Rechtsstreit mit Rick Davies geliefert. Anlass: ausstehende Tantiemen in unbekannter Höhe.

Meinung zur „40th Anniversary“-Tour: „Das würde ich mir nicht anschauen. Für kein Geld der Welt. Einfach, weil das ein Fake ist – also nicht Supertramp, sondern eine Coverband, die Supertramp nachspielt. Ich meine, John und Bob sind zwar dabei, aber nicht mit Herz und Seele, sondern nur, weil sie Geld brauchen. Und ohne Roger funktioniert das Ganze eh nicht. Es ist nicht dasselbe, es ist nicht Supertramp.“

Zum Rechtsstreit Davies/Hodgson über Songrechte: „Im Zuge von Rogers Ausstieg gab es ein Gentlemen-Agreement: Rick bekommt die Rechte am Namen Supertramp, verzichtet im Gegenzug aber darauf, Rogers Stücke zu spielen, weil diese die Grundlage einer Solo-Karriere bilden sollen. Eine ganz simple Sache. Leider hat sich Rick nie daran gehalten, sondern Rogers Stücke einfach von einem anderen Sänger interpretieren lassen. Kein netter Schachzug – und einer der Gründe, warum ich ausgestiegen bin.“

Lieblingsphase der Bandgeschichte: „Ende der Siebziger, als wir so erfolgreich waren, dass wir in den größten Hallen der Welt spielen durften, in den besten Hotels der Welt übernachtet haben und nur noch mit Bodyguard vor die Tür konnten. Das habe ich sehr genossen, war eine schöne Zeit. Ich kam mir wirklich vor wie ein Rockstar.“

Persönlicher Tiefpunkt: „Die Tour zu BROTHER WHERE YOU BOUND. Ich habe jede Sekunde davon gehasst. Und das war auch das Letzte, was ich mit Supertramp gemacht habe.“

Comeback-Bereitschaft: „Eigentlich möchte ich damit nichts mehr zu tun haben, weil ich mit der Phase meines Lebens abgeschlossen habe. Aber: Wenn Roger bei dieser Anniversary-Tour mitgemacht hätte, wer weiß, was dann passiert wäre. Rick hat mich allerdings gar nicht erst gefragt. Das sagt alles.“

Zukunftspläne: „Ich liebe, was ich tue – und das möchte ich auch noch ein paar Jahre tun.“ Nämlich Disturbed betreuen, segeln gehen und meinem ältesten Sohn beim Fußballspielen zusehen.

CLASSIC ROCK-Fazit: Wer Disturbed großgezogen, nebenher Moby zum Weltstar gemacht hat und selbst über das Supertramp-Cover von Scooter (›The Logical Song‹) lachen kann, verdient Respekt.

Lebenslinien: Blackie Lawless

0

Blackie Lawless (2)Obwohl er auf der Bühne immer den harten Mann raushängen lässt, ist Blackie Lawless ein überaus umgänglicher und geselliger Zeitgenosse. Zwar erkennt er seine eigenen Idole nicht mal, wenn sie direkt neben ihm sitzen, dafür ist er sich aber nicht zu schade, Lemmy beim Trinken die Flausen auszutreiben oder sich als „Terminator“ zu bewerben.

Als W.A.S.P. im Jahr 1982 erstmals auf der großen Bühne des Rock’n’Roll auftauchten, verspotteten viele Fans Frontmann Blackie Lawless. Er galt vielen als lächerliche Figur, die mit Fleischbrocken um sich warf, einen Hosenlatz als cooles Accessoire ansah und noch dazu hemmungslos herumhurte. Die meisten Fans dachten daher, dass W.A.S.P. – wie so viele andere Bands in dieser Zeit – nur ein zunächst wild loderndes, insgesamt jedoch harmloses Strohfeuer sein würden. Weit gefehlt. 30 Jahre später tourt Blackie immer noch um die Welt, momentan promotet er sein aktuelles Album BABYLON. Die Folterinstrumente und die rohen Tierteile gehören längst der Vergangenheit an, ebenso wie alle anderen Gründungsmitglieder neben Steven Edward Duren, wie Lawless mit bürgerlichem Namen heißt. Doch Blackie macht das nichts aus, er blickt nicht zurück, sondern nach vorn: Seit 2007 hat er immerhin zwei Studioalben veröffentlicht: Vor BABYLON erschien DOMINATOR. Und selbst wenn wohl die meisten Anhänger THE CRIMSON IDOL nach wie vor als den Höhepunkt von W.A.S.P.s kreativer Karriere bezeichen würden, so steht doch fest, dass Blackie Lawless noch jede Menge Benzin im Tank zu haben scheint, um die Rock-Flammen weiter lodern zu lassen…

ACE FREHLEY

Wir sind seit unserer Jugend befreundet. Ace hat mir gezeigt, wie man gratis zu einem Konzert kommt. Man muss nur nachmittags auftauchen, den Roadies bei der Aufbauarbeit helfen – und schon ist man drin. Zumindest damals lief das so, heute gibt es viel strengere Security-Maßnahmen. Er hat diesen Trick übrigens von Jimi Hendrix gelernt. Jedenfalls war ich mit Feuer und Flamme bei der Sache – und so konnte ich kurze Zeit später hautnah miterleben, wie Kiss gegründet wurden und über Nacht zu Ruhm und Ehren kamen.

ALICE COOPER

Etwa zur selben Zeit konnte ich Alice Cooper das erste Mal live erleben – das muss die KILLER-Tour gewesen sein. Und ich war hautnah dabei, stand gerade mal zwei Meter vom Galgen entfernt! So konnte ich alles genau beobachten und sah auch, wie der Trick funktionierte. Mehr noch: Ich, der kleine 16-Jährige, durfte dem Großmeister über die Schulter schauen! Das war so, als würde man in einer Betriebsanleitung blättern – plötzlich verstand ich, wie ich die Sache mit dem Rock’n’Roll anpacken musste, um Erfolg zu haben.

NEW YORK DOLLS

Als ich für Johnny Thunders zu der Band kam, war ich noch wahnsinnig jung, gerade mal 19 geworden. Und ich spielte auch nur einige wenige Gigs mit den Dolls. Das Ganze war eine krasse Erfahrung. Ich konnte es kaum glauben, was um mich herum passierte. Da versuchten fünf Kerle, genauso drauf zu sein wie Jim Morrison – und hatten damit auch noch Erfolg. Mit Arthur Kane verband mich eine enge Freundschaft, und ich respektierte ihn auch als Musiker. Er hatte mehr drauf, als die meisten Leute vermuten würden. Aber sein exzessiver Alkoholkonsum überschattete dies häufig. Wenn ich mich heute an meine Zeit bei den New York Dolls zurückerinnere, denke ich eigentlich meistens an die Erlebnisse mit Arthur, da sind wirklich einige krasse Sachen passiert. Ansonsten ist die Phase für mich gar nicht so wichtig gewesen, wie im Nachhinein von vielen behauptet wurde. Der größte Schritt kam erst danach, als ich mit Arthur von der Ost- an die Westküste umzog…

BASEBALL

Es gibt Momente im Leben, in denen man innehält und sich fragt, was wohl gewesen wäre, wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt einen anderen Weg eingeschlagen hätte. Ich habe mal eine Zeitlang bei den Cincinnati Reds gespielt, allerdings nicht in der Topliga. Doch einige der Jungs, mit denen ich damals im Team war, sind bis ganz nach oben aufgestiegen. Daher versetzt es mir noch immer einen kleinen Stich ins Herz, wenn die „World Series“ starten. Allerdings ist keiner meiner Kollegen von früher heute noch aktiv dabei – ich hingegen rockte immer noch um die Welt. Also scheine ich wohl doch die richtige Entscheidung getroffen zu haben…

GENE SIMMONS

Gene hat mir zu Beginn meiner Karriere etliche gute Ratschläge gegeben, er war ein Mentor für mich. Wir lernten uns durch ein Telefongespräch kennen. Ich rief Ace auf Tournee an, doch nicht er ging ran, sondern Gene. Er plauderte sofort drauflos – und kam schließlich auf meine Band zu sprechen. Ich hatte damals total die Schnauze voll und wollte alles hinwerfen. Doch er riet mir: „Mach weiter! Du hast das gewisse Etwas, also lass dich nicht unterkriegen. Die Typen, mit denen du zusammenspielst, sind allerdings nichts weiter als ein Haufen Versager. Schmeiß sie raus!“ Nach dem Gespräch fühlte ich mich befreit und war voller Tatendrang. Ein paar Wochen später kam dann der Anruf von den New York Dolls…

VILLAGE PEOPLE

Die Band drehte 1980 den Film CAN’T STOP THE MUSIC. Das war vor meiner Zeit mit W.A.S.P., und ich hatte keinen Cent in der Tasche. Also ging ich mit Randy Piper und ein paar anderen Typen, mit denen wir Musik machten, zu dem Dreh – Randy hatte die Sache vorher mit dem Produzenten Allan Carr klar gemacht. Allan war damals ziemlich angesagt, schließlich hatte er mit GREASE einen Mega-Erfolg vorzuweisen. Nun, jedenfalls wollte er nun mit dem Leichtathleten Bruce Jenner und den Village People einen Film drehen. Dazu brauchte er wohl auch noch ein paar Leute, die wie typische Metaller aussahen. Da kamen wir gerade recht. Wir zogen ein paar coole Klamotten aus dem Schrank und dressten uns ein wenig auf – ganz so, als würden wir abends in einen Rock-Club gehen. Das gefiel Allan. Er sagte: „Ich liebe die Kostüme, die ihr euch ausgesucht habt!“ Ich starrte ihn an und antwortete: „Das sind keine Kostüme!“ Er wurde leichenblass, als er das hörte. Aber schließlich war es die Wahrheit: Wir liefen immer so rum, wenn wir ausrocken wollten!

KEN HENSLEY

Vor der HEADLESS CHILDREN-Session las ich in einer Anzeige, dass jemand eine Hammond B3-Orgel verkaufen wollte. Ich hatte nicht viel Ahnung von dem Instrument, klimperte normalerweise einfach nur so vor mich hin. Dennoch war ich interessiert daran, mir so ein Ding zuzulegen. Der Typ, der die Hammond loswerden wollte, hieß Ken. Und er lud mich zu sich nach Hause ein, damit ich einen Blick auf das gute Stück werfen konnte. Wir stiegen also in meinen Truck und fuhren los. Ich fing an, munter drauflos zu quatschen und plapperte irgendwas von einer Platte, die ich vor ein paar Jahren gemacht hatte und so weiter. Er meinte darauf nur ganz beiläufig: „Ja, ich verstehe, was du meinst. Etwas Ähnliches ist mir passiert, als ich vor ein paar Jahren dieses Album namens DEMONS AND WIZARDS aufgenommen habe…“ Ich habe keine Ahnung, wie seine Ausführungen nach diesem Satz weitergegangen sind, denn ich war wie vom Donner gerührt. Erst in diesem Moment wurde mir klar, dass ich neben dem Idol meiner Jugend saß, denn besagte Platte hatte ich mir als Teenager gekauft. Unglaublich! Heute sind Ken und ich übrigens gute Freunde…

FRANK ZAPPA

Zu der Zeit, in der das „Parents Music Resource Center“ mir und anderen Bands das Leben mit ihrem Zensur-Mist schwer machte, war Frank so etwas wie unser Schutzschild. Denn er hatte schon in den Sechzigern mit denselben Problemen zu kämpfen gehabt und wusste genau, wie diese Leute ticken. Es ging ihnen nicht darum, Jugendliche vor etwas Böses zu bewahren – nein, sie wollten selbst Karriere machen, das war ihr eigentliches Ziel. Frank wusste das. Wir hingegen hatten anfangs keinen blassen Schimmer, wie wir auf die Anschuldigungen reagieren sollten, das war etwas völig Neues für uns. Erst später wurde mir klar, dass Zappa den Weg für uns geebnet hatte, indem er all den Dreck, mit dem er beworfen wurde, auf sich nahm, sich dadurch aber keinen Millimeter von seinem Weg abbringen ließ. Ein Jahr vor seinem Tod bin ich ihm begegnet und konnte mich endlich persönlich dafür bedanken. Er reagierte sehr freundlich und bescheiden, zuckte nur mit den Schultern und sagte: „Hey, ich habe einfach nur meinen Job gemacht!“

ARNOLD SCHWARZENEGGER

Als wir gerade mit den Aufnahmen zu THE CRIMSON IDOL begonnen hatten, bekam ich einen Anruf von meiner Agentin. Sie sagte, dass mich James Cameron und Arnold Schwarzenegger gerne zu einem Gespräch einladen möchten. Ich glaube, Arnold hatte das ›Scream Until You Like It‹-Video gesehen, in dem ich mich auch ein wenig als Schauspieler versucht hatte. Nun, jedenfalls ging ich zu dem Meeting, und es stellte sich heraus, dass die beiden mich gerne als T-1000-Terminator besetzen wollten. Ich hatte den ersten „Terminator“-Film gesehen, mochte ihn allerdings nicht besonders, also antwortete ich: „Lasst mich ein wenig darüber nachdenken. Ich melde mich dann bei euch.“ 30 Minuten später war mir klar, dass ich mir so eine Chance nicht entgehen lassen konnte, und machte einen Casting-Termin aus. Da ich Arnold schon etliche Male bei Partys in Hollywood getroffen hatte, wusste ich, dass er ein wenig empfindlich war, was seine Körpergröße angeht. Daher fragte ich den Typ, der fürs Casting zuständig war: „Ist dir klar, dass ich Arnie um einiges überrage?“ Er meinte darauf nur trocken: „Ist kein Problem. Du musst dich ja schließlich nicht runterbeugen, um deinen Text abzulesen…“ Den Job habe ich dennoch nicht bekommen, stattdessen bekam Robert Patrick den Zuschlag. Ein Jahr, nachdem der Film in die Kinos kam, traf ich Robert und erzählte ihm, dass ich eigentlich für die Rolle vorgesehen war. Er sah mich nur lange an und sagte dann grinsend: „Verdammte Axt! Du siehst wirklich aus wie er!“ Im ersten Entwurf des Drehbuchs sollte wohl ein Typ den Terminator spielen, der wie eine Mischung aus einem Wrestler und einem langhaarigen Barbaren aussah…

PETE TOWNSHEND

Ich habe ihn immer dafür bewundert, dass es ihm so leicht fiel, Songs zu schreiben. Zumindest sah es aus meiner Warte danach aus. Doch als ich Pete seine Gold-Auszeichnung für THE HEADLESS CHILDREN überreichte – er hatte darauf den Song ›The Real Me‹ komponiert – sprachen wir darüber, und er sagte nur lachend: „Das stimmt überhaupt nicht! Ich muss um jede einzelne Note kämpfen, denn ich bin noch nie einer von diesen Typen gewesen, die vor Kreativität strotzen und denen alles zufliegt!“ Das hat mir eine Menge Mut gemacht, als ich mit der Arbeit an THE CRIMSON IDOL begann. Ich wusste nun, dass ich einfach weitermachen musste, auch wenn es oft so aussah, als würde kein Weg aus der Sackgasse herausführen, in der ich mich gerade befand.

MUHAMMAD ALI

Neben meinem Vater ist Muhammad Ali mein wohl größtes Vorbild. Ich habe von ihm gelernt, dass man den Schritt von „gut“ zu „außergewöhnlich“ nur dann schafft, wenn man größten Wert auf die Details legt. Wenn man an ein Projekt herangeht, ist es relativ einfach, den größten Berg Arbeit wegzuschaufeln. Rund 90 Prozent kann man in kurzer Zeit erledigen. Doch die verbleibenden zehn Prozent sind der Knackpunkt. Um sie zu erledigen, muss man zehn Mal mehr Energie aufwenden als für die ersten 90 Prozent. Daher geben viele Menschen dann auf, weil ihnen das Ganze über den Kopf zu wachsen droht und sie keinen klaren Gedanken mehr fassen können. Dann ist der Moment gekommen, an dem man sich zurücklehnen und an Pete Townshend oder Muhammad Ali denken sollte – sie hätten nicht aufgegeben, sondern zielstrebig weitergemacht. Genau das ist der richtige Weg zum Erfolg.

NIKKI SIXX

Anfang der Achtziger war Nikki für mich wie ein Bruder. Heute sehen wir uns zwar noch ab und zu, aber es ist nicht mehr wie früher. Uns ist es so ergangen wie vielen Leuten, die während der Schulzeit eng befreundet sind, sich aber nach dem Abschluss aus den Augen verlieren, weil sie ein neues, erwachseneres Leben beginnen. Der Wendepunkt in unserer Beziehung kam, als wir beide einen Plattenvertrag unterschrieben haben.

LEMMY KILMISTER

Ich liebe Lemmy! Wir hatten zwar auch schon unsere Differenzen, denn ich wollte einmal etwas von ihm, das er mir partout nicht geben wollte – aber das passiert wohl in jeder guten Beziehung (lacht). Generell ist Lemmy aber ein wesentlich sensiblerer Mensch, als die meisten Leuten vermuten würde. Ich erinnere mich an einen Abend, es muss rund 15 Jahre her sein, an dem wir ausgegangen sind und uns einige Drinks genehmigt haben. Lemmy fing plötzlich an, wehleidig zu werden und beschwerte sich darüber, dass ihm von anderen Leuten nicht genug Respekt entgegen gebracht würde. Ich sagte zu ihm: „Davon will ich nichts hören! Du bist so etwas wie der Pate der Rock-Szene, und nun sitzt du hier vor mir und beklagst dich darüber, dass dich die Leute nicht genug bewundern? Wenn du jetzt von mir Mitleid erwartest, hast du dich geschnitten. Das kannst du dir ganz schnell abschminken!“ Er nickte und verlor kein weiteres Wort darüber. Und heute? Heute ist Lemmy berühmter als je zuvor in seiner Karriere. Es scheint, als hätte die Welt endlich verstanden, dass er der Größte ist.

Pavlov’s Dog – Harmoniebedürfnisse

0

Pavlov's Dog 2010Vor langer Zeit hieß es noch, dass Falsettstimmen-Sänger David Surkamp sei aufgrund von zu heftigem Helium-Genuss gestorben. Doch weit gefehlt: Er präsentiert sich mit seiner Band Pavlov’s Dog quicklebendig wie nie zuvor in seiner Karriere.

Im Jahr 1972 entstand die Band in St. Louis, 1975 veröffentlichte sie ihr Debüt PAMPERED MENIAL – ein Album, das sich über die Jahre als Klassiker etablierte. Nach dem ’76er Zweitwerk AT THE SOUND OF THE BELL zerbrachen Pavlov’s Dog an Ego-Problemen, an falschen Management-Entscheidungen und der eigenen Naivität. Seit 2004 tourt die Prog-Folk-Rock-Formation mit den verbliebenen Original-Mitgliedern Surkamp sowie Schlagzeuger Mike Safron ausgiebig, warf jüngst das neue Album ECHO & BOO in die Regale, spielt Ende 2010 sieben Auftritte in Deutschland und kündigt für Januar eine Live-CD an. „Auf Tour möchte ich auch neue Stücke performen. Deshalb war ECHO & BOO extrem wichtig“, erzählt der End-Fünfziger. „Nach den schlechten Erfahrungen der Vergangenheit wollte ich unbedingt mit Muckern kooperieren, die sowohl klassische als auch akustische Instrumente spielen können und zudem zu meinem Freundeskreis zählen. Der zweite Gitarrist Bill Franco spielte sogar schon vor 20 Jahren bei meiner Hochzeit. Ich lebe in einer großartigen Familie, habe tolle Freunde und ein schönes Haus. Und, nicht zu vergessen, einen Papagei und einen Beagle. Die Welt ist schön. Doch wenn ich Ende der Siebziger Pavlov’s Dog nicht verlassen hätte, gäbe es all das nicht – ich wäre heute ein Wrack.“

Die nun vorhandene positive Energie und Harmonie wirkt wie ein Jungbrunnen auf Surkamp. „Das jetzige Umfeld ist so perfekt, dass ich mir wie ein 18-Jähriger vorkomme. Und wenn jemand behauptet, die aktuelle Besetzung von Pavlov’s Dog hätte mit dem Original nichts zu tun, hat er nichts verstanden. Ich war auch in den Siebzigern die treibende Kraft, schrieb alle Texte und die gesamte Musik. Was mir allerdings nicht gefiel: Ich wollte nicht im Mittelpunkt des Medieninteresses stehen. Aber das ging wohl nicht anders. Denn die anderen brachten sich zu wenig ein, es fehlte an Leidenschaft, und die Jungs waren ständig eifersüchtig. Doch es wird schon seinen Grund haben, warum sie nach Pavlov’s Dog nie mehr einen Fuß auf den Boden bekommen konnten.“

Harte Worte, die jedoch auch einen Funken Wahrheit in sich bergen. Und zumindest ist David Surkamp auch so einsichtig, dass er zugibt, nur schwer Kompromisse eingehen zu können. Streit ist da vorprogrammiert, so auch mit Mike Safron, doch diese Zwistigkeiten gehören inzwischen der Vergangenheit an. „Wir funken wieder auf einer Wellenlänge, und alte Animositäten sind ausgeräumt. Am besten verstand ich mich dennoch mit Siegfried Carver, der aber im vergangenen Jahr verstorben ist.“

Für David eine Art Initialzündung, es noch mal richtig mit Pavlov’s Dog zu versuchen. Denn obwohl er in der Vergangenheit bereits mehrere Versuche unternommen hat, wieder im Musikgeschäft Fuß zu fassen, ging nichts voran. „Ich war frustriert und brachte meinen Arsch nicht hoch. Das ist nun anders“, betont er. „Der Großteil der Stücke für das nächste Albums steht bereits komplett, darunter auch Stücke wie ›Walking On Mars‹, die zu hart waren, um auf ECHO & BOO platziert zu werden“, freut sich David, der sich seit frühester Kindheit mit Musik beschäftigt. „Wir hatten ein Klavier und eine Hammond-Orgel im Wohnzimmer stehen, darauf durfte ich immer spielen. Und schon im Alter von drei Jahren schrottete ich die Ukulele meiner Oma. Sie war aber gar nicht sauer, sondern kaufte mir meine erste Gitarre. Sänger wollte ich eigentlich nie werden. Aber da die anderen noch schlechter waren, stellte ich mich eben hinters Mikro. Gesangsunterricht habe ich jedoch nie genommen.“

Das muss er auch nicht. Erstens ist Davids Organ unverwechselbar, und zweitens hat er einen Profi bei sich in der Familie: „Meine Frau Sara ist Sängerin am Theater und ebenfalls fest bei Pavlov’s Dog integriert.“

Heart – Herzensangelegenheiten

0

Heart - Red Velvet Car - COLOR2_bearbDie Wilson-Schwestern haben im Laufe ihrer Karriere einige Höhen und Tiefen erlebt, sowohl in kreativer als auch in (zwischen-)menschlicher Hinsicht. Nun melden sie sich mit RED VELVET CAR zurück. In CLASSIC ROCK verraten sie zudem, warum sie trotz des Auf und Ab die Bodenhaftung nie verloren haben.

Sie langweilen sich. Wie das eben so ist, wenn man alles erreicht hat – Nummer-eins-Alben, ausverkaufte Hallen, ständiges Schulterklopfen. Doch irgendwann, auf einer der unzähligen, nie enden wollenden Tourneen, ist es dann soweit: Sie haben Bock, so richtig über die Stränge zu schlagen. Ann Wilson und Kelly Curtis, der heutige Pearl Jam-Manager, brechen nachts in die Hotelbar ein, mixen sich eine Wagenladung Drinks und bringen die Jukebox zum Rocken. Nachdem die Flaschen leer sind, geht die Feier draußen weiter: Der Rasenmäher absolviert einen Schnuppertauchkurs im Pool, woraufhin sich das Schmieröl ins Becken entleert. Das saugt sich schließlich in die Teppichböden ein, die eigentlich dazu gedacht waren, die Flure des Etablissement zu verschönern. Das Ende des Spiels: Die Band fliegt in hohem Bogen aus ihren Zimmern und wird sogar von der örtlichen Polizei aus der Stadt hinauseskortiert, ganz wie früher im Wilden Westen. So macht man das eben in den USA, wenn eine Rock-Truppe den Provinzfrieden in Gefahr bringt.

Heute lacht Ann Wilson lauthals, wenn sie sich an die Aktion zurückerinnert. Doch das kann sie auch problemlos – schließlich ist all das bereits über 20 Jahre her. Ende der Achtziger – Heart hatten sich inzwischen von ihren Siebziger-Folkrock-Wurzeln gelöst und zu AOR-Megastars entwickelt – gehörte eine derartige Attitüde ohnehin zum guten Rocker-Ton. Alles musste übergroß und aufgebauscht sein: die Balladen, die Frisuren, die Partys und natürlich auch die Egos. Ann Wilson und ihre jüngere Schwester Nancy hatten den perfekten Sound für dieses Lebensgefühl entwickelt: Die Fans liebten Hymnen wie ›These Dreams‹ und ›Alone‹ – und das, obwohl die beiden Songs mit den früheren Alben der Band, so zum Beispiel DREAMBOAT ANNIE oder LITTLE QUEEN, nur wenig gemein hatten.

Die Euphorie und der Jubel ebbten jedoch bald darauf ab. Die auftoupierten Mähnen der Glam-Rock-Gemeinde fielen jäh in sich zusammen, als die Grunge-Welle über sie hinwegrauschte und alles mit sich riss, was nicht niet- und nagelfest war. Auch die Wilson-Geschwister hatten es nicht leicht: Ihr Ruhm war wie über Nacht fortgespült worden – dennoch hatten die beiden nicht alles verloren. Im Gegensatz zu vielen L.A.-Kollegen mussten sich die Wilsons nicht verstecken, sondern konnten weiterhin stolz auf das Erreichte sein. In ihrer Heimatstadt Seattle nämlich, also ausgerechnet in der Grunge-Hochburg, entpuppten sich nämlich etliche Flanellhemd-Rocker als langjährige Heart-Verehrer. „Das hat uns gerettet“, betont Gitarristin Nancy Wilson. „Denn wir hatten ganz schön damit zu kämpfen, dass wir plötzlich nichts mehr wert waren. Doch dann kamen wir nach Seattle, und alle diese jungen Musiker fanden uns gut, obwohl wir zu dieser Zeit als uncool galten. Jerry Cantrell von Alice In Chains zum Beispiel meinte: ›Oh mein Gott, ihr seid eine so wichtige, einflussreiche Band für mich!‹. Und auf allen Partys, zu denen wir eingeladen waren, wollten die Leute mit uns jammen.“

Und so kam es, dass sich die Wilsons schneller als die meisten ihrer Achtziger-Weggefährten von der Wunde, die Grunge gerissen hatte, erholen konnten. Sie gründeten gemeinsam mit Sue Enis und Frank Cox die Lovemongers, entfernten die falschen Wimpern, die Haarteile und die aufgeklebten Fingernägel und starteten neu: mit Songs, die vor allem auf Akustikgitarren-Melodien basierten. Eine Entwicklung, die Ann heute als „musikalischen Heilungsprozess“ bezeichnet.

Der ist inzwischen längst abgeschlossen, wie die Band in den vergangenen Jahren bewiesen hat. 2004 erschien ihr erstes Studioalbum seit 1993, JUPITER’S DARLING. Darauf folgten ausgedehnte Touren durch die USA. Nun hat die Band, bestehend aus den Wilsons sowie Ben Smith (Drums), Ric Markmann (Bass), Debbie Shair (Keyboards) und Craig Bartock (Gitarre), erneut an neuen Songs gefeilt, die vor wenigen Wochen auf dem Album RED VELVET CAR veröffentlicht worden sind. Heart beweisen darauf, dass sie ihre Lektion gelernt haben. Nicht höher, schnell, weiter ist ihr Motto, sondern die Reduktion aufs Wesentliche. Denn, wie Nancy es ausdrückt, „wir wollten verhindern, dass die Stücke überproduziert werden. Es ist wichtig, die Songs frisch und lebendig zu gestalten. Das geht nur, wenn man nicht lange an ihnen herumfeilt. Uns geht es im Grunde genauso wie einem Maler: Der muss auch genau spüren, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, das Kunstwerk als vollendet anzusehen und mit dem Pinseln aufzuhören.“

Genau so klingt RED VELVET CAR denn auch. Wohlüberlegt und dabei stets unprätentiös. Es gibt auf der Platte keine überbordenden Balladen, keine kleistertriefenden Keyboards, keinen aufgesetzten, theatralischen Gesang. Das wollten die Wilsons so, aber sie hatten auch jemanden an ihrer Seite, der diese Entscheidung unterstützte und in die Tat umsetzte: Ben Mink, der mit Ann bereits an ihrem Soloalbum HOPE & GLORY gearbeitet hatte – ebenso wie für k.d.lang oder Rush. Er fokussierte sich auf die Akustikgitarren-Parts, positionierte sie im Zentrum der Stücke, machte sie also zum Herzstück von Heart. „Wir wollten den Fans auch zeigen, dass wir mehr können als uns in eine coole Pose zu werfen“, betont Nancy. Gerade sie als Gitarristin hat schon des Öfteren die Erfahrung machen müssen, nicht ernst genommen zu werden als Musikerin. „Insbesondere durch die Videos ist bei den Leuten der Eindruck entstanden, dass wir uns nur in Szene setzen, in Wahrheit aber nichts drauf haben“, berichtet sie. „Bei den Konzerten fragten mich etliche Menschen, ob ich denn wirklich spielen könne oder das alles nur vom Band käme. Hätte es unsere Achtziger-Phase nicht gegeben, wäre mir diese Frage sicher nie gestellt worden.“

Doch Nancy kann inzwischen damit umgehen, denn sie weiß, was sie kann. Ebenso Ann, die in der Vergangenheit ebenfalls dafür kämpfen musste, anerkannt und respektiert zu werden. Bei ihr waren es jedoch weniger die Fans, die Zweifel am Talent der Rockerin hatten, als die Produzenten. „Manchmal musste ich mit Typen zusammenarbeiten, die eine komplett andere Vorstellung von unserer Musik hatten als ich. Sie wollten alles ändern. Da habe ich mich schon gefragt, warum die Kerle den Kram nicht einfach selbst eingesungen haben, anstatt mich immer und immer wieder mit ihren seltsamen Ideen zu quälen. Sie wollten mich in ihr vorgefertiges Rock-Schema pressen. Doch das funktioniert nicht – so wird eine Band nicht erfolgreich, sondern lediglich langweilig und austauschbar.“

Wino – Am Abgrund

0

Wino (1)_bearbEr hat alles versucht, um dem selbstzerstörerischen Rocker-Leben zu entkommen: heiratete, zeugte drei Kinder, war neun Jahre clean. Jetzt liegt das neue Leben von Scott „Wino“ Weinrich in Trümmern – und er macht auf seinem aktuellen Akustik-Album ADRIFT die beste Musik seines Lebens.

Der Mann ist eine Legende. Mit Saint Vitus wurde er zur Ikone des Post-Black-Sabbath-Doom-Metal, mit The Obsessed dann zum kurzzeitigen harten Hoffnungsträger der nach Grunge Metal-verliebten Major-Plattenindustrie. Nach dem Ende dieser Träume suchte Wino eine neue Perspektive, und wie so oft war es eine Frau, die den Mann vom Abgrund abholte. 1996 war das, Diana heißt sie, die Mutter seiner drei Kinder, der Engel, der ihn zum selbsterklärten „Fulltime-Dad“ machte und dafür sorgte, dass er seine diversen Drogenabhängigkeiten zumindest zeitweise in den Griff bekam. Aktuell läuft die Scheidung, eine über alle Maßen hässliche, und wieder ist es die Musik, die Scott (halbwegs) am Leben hält. „Und das viel direkter, als du denkst: Ich hoffe, mit meiner Solotour und den Gigs mit Shrinebuilder beziehungsweise Saint Vitus genug Geld zu verdienen, um mir einen guten Anwalt leisten zu können. Ich will meine Kinder auch weiter sehen können, aber wenn es schief läuft, muss ich erst mal in den Knast.“ Ja, so hässlich ist diese Trennung, und ja, den Teil mit den Drogen hatte er nicht bis zum bitteren Ende im Griff.

ADRIFT aber ist nicht nur ein Plan, sich die nötige Kohle zu besorgen, sondern – ein Blick auf die entwaffnend direkten Texte macht das deutlich –vor allem Katharsis, Selbsttherapie für den bald 50-Jährigen, der eigentlich gehofft hatte, nie wieder in den Abgrund blicken zu müssen. „Es ist mir nicht leicht gefallen, so persönliche Themen in den Texten zu verarbeiten“, gesteht Scott. „Für mich war das ein Stück weit Therapie, aber auch Ausdruck einer Scheißegal-Einstellung: Mein Leben ist eh schon total im Arsch, da kann es mich auch nicht mehr verletzen, wenn mir nach diesem Album irgendwelche Typen, die ich weder kenne noch für wichtig erachte, den Finger zeigen. Und diejenigen, die wissen, worum es genau geht, sollen ruhig auch wissen, was genau ich über sie denke.“ Damit macht er sich angreifbar, und das weiß Scott auch. „Aber verwundbar sind wir alle. Schau nur, was Dimebag von Pantera passiert ist! Klappe halten und in der Masse verschwinden – dass das nicht meine Art ist, dürfte klar sein, seit ich das erste Mal mit Vitus auf der Bühne stand. Und ich will dir noch etwas sagen: Alles, was ich zurzeit mache, tue ich für meine Kids. Ich lassen mich von ihnen nicht trennen, weil irgendwelche Leute sagen, die Drogen oder mein Verhalten würden mich als Vater untauglich machen. Ich stehe ehrlich zu meinen Gefühlen, ich zeige sie – auch mit diesem Album –, und das sagt hoffentlich alles.“

ADRIFT, „treibend“ also, ist Wino zurzeit generell, auch was seine musikalischen Projekte angeht: Er lässt sich auf (fast) alles ein, was im angetragen wird, und macht in der Regel mehr als das Beste daraus. Shrinebuilder, die 2009er-Allstar-Kollaboration mit Scott Kelly (Neurosis), Al Cisnero (Sleep) und Dale Crover (Melvins), darf heute schon als „legendär“ tituliert werden, mit Premonition hat er ein uraltes, ursprünglich ausschließlich auf Live-Jams beruhendes Blues-Metal-Projekt jetzt amtlich an den Start gebracht, und als Solokünstler war er auch eigentlich nur Spielball des Schicksals: Anfang 2009 brachte er ein erstes Album als Solokünstler heraus, PUNCTUATED EQUILIBRIUM, damals aber noch mit einer richtigen Band. Der Mann alleine mit seiner Klampfe – das war eine mal wieder aus Tragik geborene Notlösung. „Wir spielten eine coole Europa-Tour, doch dann hatten wir ein paar Off-Days, und mein Bassist Jon Blank setzte sich den goldenen Schuss. Damals stand direkt eine Tour als Support für Clutch in den USA an. Zuvor hatte ich eine einzige Show solo und rein akustisch gemacht, und ganz ehrlich: Das war kein großer Erfolg. Aber zumindest hatte ich eine ungefähre Vorstellung, was ich machen sollte, als es hieß: ,Warum springst du nicht einfach zu uns in den Bus und spielst deine Songs? Immerhin ist es deine Solo-Tour, dann kannst du auch alleine auf der Bühne stehen!‘“

Er konnte – und erntete reichlich Applaus dafür. Das war so ungefähr alles, was Scott an Ermutigung brauchte. „Es gab da eine Menge sehr intimer Dinge, die nur darauf warteten, über den Kanal der Musik verarbeitet zu werden. Das rief nach einem echten Soloalbum. Gleichzeitig muss ich gestehen, dass ich auf diese Situation nicht wirklich vorbereitet war. Ich habe eigentlich noch nie in meinem Wohnzimmer gesessen und neue Songs mit meiner Akustik-Klampfe ausgearbeitet – vor allem, weil ich wollte, dass sie auch ohne massiven Verstärkereinsatz heavy klingen!“ Namen wie Townes Van Zandt oder Billy Bragg, die jedem Journalisten geradezu in die Feder diktiert werden, wenn es um die Würdigung von ADRIFT geht, sind Scott dabei erst vor Kurzem vertraut geworden. „Ich kannte eigentlich nur Neil Young – aber ich habe genug Kollegen, die mich freundlicherweise in die richtige Richtung gestoßen haben, als klar war, dass ich dieses Album machen würde.“

Wie er es machen würde, war ihm dabei lange Zeit selbst nicht klar: „Im Studio war ich erstaunlich hilflos! Mit einer Band im Rücken hast du immer ein Fundament, auf dessen Basis du loslegen kannst. Diesmal musste ich die Stille ganz alleine füllen. Das hat mich im Vorfeld einige schlaflose Nächte gekostet, und ich war dennoch nicht wirklich auf die Situation vorbereitet. Das Ergebnis ist sehr cool geworden, aber es war eine echte Herausforderung. Doch wenn die Reaktionen so gut bleiben, will ich definitiv weiter auch rein akustisch arbeiten.“

Die Zeichen dafür sind jedenfalls gut, und es mangelt nicht an Ermutigung und konkreten Folgeplänen: Demnächst wird Wino mit seinem Shrinebuilder-Kumpan Scott Kelly, der immerhin schon zwei Akustikalben (AT THE FOOT OF THE GARDEN und LATITUDES) draußen hat, gemeinsam in die unverstärkten Saiten greifen.

Ronnie Wood – Trockenlegung

0

Ronnie3Der Gitarrist der Rolling Stones bringt sein achtes Soloalbum auf den Markt. Und es ist ein Werk mit klarem Durchblick.

Vor wenigen Monaten noch stand Ron Wood vor den Scherben seines Lebens: Seine Ehe mit dem ehemaligen Model Jo Howard, aus der drei Kinder hervorgegangen sind? Aus und vorbei. Die Liaison mit der 42 Jahre jüngeren Bardame Ekaterina Ivanova, für die er seine Ehefrau verlassen hatte? Ebenfalls zu Ende. Seine Alkoholsucht? Außer Kontrolle. Und seine Rolle bei den Rolling Stones? Mick Jagger stellte ihm ein Ultimatum: sofortige Entziehungskur oder fristlose Kündigung. Wood, dem nachgesagt wird, jahrelang an einem normalen Tag bis zu vier Liter Guinness, dazu ein bis zwei Flaschen Wodka und eine Flasche Sambuca konsumiert zu haben, entschied sich zu einer radikalen Abkehr von Suff und Sucht. Jetzt ist er nach eigenem Bekunden seit acht Monaten trocken, hat die seit langem angekündigte Wiederbelebung der britischen Kultband The Faces realisiert und auch das seit 2001 brachliegende Projekt „achtes Soloalbum“ umgesetzt. Seit Ende September steht I FEEL LIKE PLAYING in den Geschäften – ein Album, auf dem unter anderem Slash, ZZ Top-Gitarrist Billy Gibbons, Flea (Bassist der Red Hot Chili Peppers), Bobby Womack, Jim Keltner, Ian McLagan und Kris Kristofferson zu hören sind. Wood ist sichtlich erleichtert, allerdings in nüchternem Zustand nicht mehr ganz so redselig wie zu Zeiten, als er permanent unter Strom stand.

Ronnie, wie geht es dir gesundheitlich?
Danke, es geht mir sehr gut. Man könnte fast sagen: so gut wie nie zuvor in meinem Leben. Ich bin voller Tatendrang und weiß gar nicht, wo ich zuerst anfangen soll.

Kannst du diese neue Vitalität auf I FEEL LIKE PLAYING selbst hören?
Ja, natürlich. Es herrscht eine neue Klarheit in dem, was ich mache. Und genau das werde ich auch dann umsetzen, wenn ich das nächste Mal mit den Stones arbeite. Ein Soloalbum ist eine gute Gelegenheit, die Sache wieder in den Griff zu bekommen und sich wieder genauer um die Arrangements von Stücken zu kümmern. Alles klingt wieder schärfer, strukturierter und damit auch besser.

Was genau hat deine letzte Entziehungskur bewirkt?
Seitdem ich mein Leben geändert habe, sehe ich eine Menge Dinge klarer. Ich konzentriere mich auf meine Projekte, genieße das Leben, das Gitarrespielen, die Kreativität. Es läuft zurzeit gut, denn ich habe die Kontrolle über mich und meine Musik zurückgewonnen.

Bernard Fowler, der Produzent des Albums, bezeichnet I FEEL LIKE PLAYING als schwierigste Platte deines Lebens.
Das stimmt, aber gleichzeitig hat die Musik für mich auch eine heilende Wirkung, das Ganze ist geradezu spirituell.

Hast du die Songs konkret für die Soloscheibe komponiert, oder waren sie für die Faces-Reunion gedacht?
Nein, es sind alles Songs, die ich für mein eigenes Album verwenden wollte. Manchmal entstanden die Stücke nachmittags in einem Hotelzimmer und wurden dann direkt abends im Studio umgesetzt. Kris Kristofferson kam hinzu und fragte, ob er mir beim Text zu ›Why Do You Wanna Go And Do A Thing Like That For‹ helfen könne. Ich sagte: „Ja klar, gerne sogar“, und so fügte er ein paar wunderbare Sachen hinzu.

Und Slash und Billy Gibbons sind auch zu hören…
Ja! Slash sagte zu mir: „Ronnie, wenn du auf meinem Album spielst, revanchiere ich mich auf deiner Scheibe.“ Damit war die Sache klar. Und Billy Gibbons war in der Stadt und schaute im Studio vorbei. Bevor ich es merkte, herrschte ein munteres Treiben im Studio, denn es tummelten sich dort etliche Musiker, die alle auf meinem Album spielen wollten. Es war wirklich eine außerordentlich produktive Zeit.

Was haben Jagger und Richards zu deinem neuen Album gesagt? Einiges darauf hätte immerhin auch einer kommenden Stones-Scheibe gut zu Gesicht gestanden…
Mick hat einige der Songs in einem frühen Stadium gehört und mich ermutigt. Er sagte, dass sie wirklich sehr gut klängen. Zu Keith Richards habe ich zurzeit keinen Kontakt, da er zuletzt viel mit „Fluch der Karibik“ zu tun hat und die restliche Zeit mit seiner Familie verbringt. Ich habe ihn zuletzt im vergangenen Jahr gesehen, als er nach London kam. Das war kurz nachdem ich von zu Hause ausgezogen bin.

Auf dem Cover deines Soloalbum ist ein Gemälde von dir abgebildet: Was bedeutet die Malerei für dich?
Für mich ist es in der momentanen Lage natürlich von Vorteil, immer beschäftigt zu sein. Deswegen kümmere ich mich um meine Kunstausstellungen, habe in Ohio ein Museum eröffnet und bin nach wie vor sehr kreativ.

Die Faces-Reunion schlägt zurzeit hohe Wellen, auch wenn Rod Stewart nicht mitzieht. Mit Mick Hucknall von Simply Red gibt es allerdings einen hochkarätigen Ersatz.
Mick ist ein toller Typ. Übrigens auch unser Bassist Glen Matlock, der früher bei den Sex Pistols war. Die Faces sind eine tolle Mischung unterschiedlicher Musiker, mit denen ich mir prima die Zeit vertreiben kann, bevor die Stones wieder auf Tournee gehen.

Warum ist Rod Stewart entgegen seiner Ankündigung bei der Reunion nicht dabei?
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht so genau. Der Kontakt ist seit einigen Monaten komplett abgebrochen. Wir warteten lange Zeit vergeblich auf seine Zusage und entschieden schließlich, die Reunion nicht davon abhängig zu machen. Da Mick Hucknall so singen kann wie Rod in den Siebzigern, also all die hohen Töne hinkriegt, ist er der richtige Mann für uns. Aber die Einladung an Rod steht natürlich immer noch: Wann immer er zu uns stoßen will, ist er herzlich willkommen.

Und was machen die Stones? Man munkelt von einer Abschieds-Tournee ab Frühjahr 2011…
In den nächsten Monaten werden wir ein paar Dinge angehen. Noch vor Weihnachten wird es ein Treffen geben, bei dem wir entscheiden, was wir machen wollen und was nicht. Ich glaube, dass die Stimmung generell sehr positiv ist und wir im kommenden Jahr einige tolle Sachen an den Start bringen werden.

Welcome

Install
×