Bereits vor einigen Jahren sorgte eine Supergroup namens The Dead Daisies mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum für erstaunte Ohren. Mit neuem Line-Up und ihrem Nachfolger REVOLUCIÓN wollen sie jetzt auf Nummer sicher gehen und nehmen sogar die Unannehmlichkeit auf sich, einen ganzen Tag lang einen Journalisten an den Hacken kleben zu haben. Lest hier, was CLASSIC ROCK mit dem Team Corabi-Fortus-Mendoza-Reed-Lowy auf dem Rockavaria in München erleben durfte.
Es ist Freitagmittag und das Rockavaria im Münchner Olympiapark wird gerade von Orchid eröffnet. Die Dead Daisies stehen erst am nächsten Tag auf dem Spielplan, doch bereits jetzt haben sie einige Kilometer vom Festivaltreiben entfernt zum ersten Schnuppertreffen eingeladen. Im ausgestorben wirkenden Backstage Werk haben sie sich unbemerkt von der Öffentlichkeit eingenistet, um noch einmal ihr Programm in einem leeren Club zu proben, mit dem sie samstags auf dem Rockavaria, sonntags bei Rock im Revier und danach als Support der Kiss-Tour in Europa Fuß fassen wollen.
„Das hat nicht wirklich was mit Perfektionismus zu tun. Ein Großteil unseres Equipments haben wir hier für unsere Europa-Tour gemietet. Wir wollen nur sicher gehen, dass alles läuft“, erklärt Thin-Lizzy-Bassist Marco Mendoza, der einen auf seine unverkennbare Art zur Begrüßung einmal fest drückt. Obwohl sie erst vor einem Tag aus den Staaten angekommen sind, wirken alle sehr fit und vom Jetleg verschont. Ausgerechnet Guns N’ Roses-Pianist Dizzy Reed, der als einziger etwas angeschlagen und knatschig wirkt und auf einer Stufe im Zuschauerraum des Werks sitzt, scherzt: „Jetleg? Kein Problem! Das viele Trinken macht einen nur fertig. … Das viele Wasser!“ „Wir passen schon auf uns auf!“, meint sein Gunners-Kollege Richard Fortus, „heute Abend gehen wir noch Sushi essen und im Park spazieren.“ „Und ins Museum“, bringt sich Aushilfs-Drummer Tommy Clufetos (Ozzy Osbourne, Black Sabbath) ein, der für Brian Tichy (Billy Idol, Foreigner) eingesprungen ist.
In einem kleinen Nebenraum hat Manager Dave sein Tour-Büro eingerichtet. Dort sitzt auch John Corabi (ehemals Mötley Crüe und RATT) und signiert dampfend unzählige Album-Booklets. „Wie viele das sind? Keine Ahnung, ich habe nur bis zum ersten mitgezählt, ab da waren es schon zu viele“, lacht er und prustet eine weitere Schwade seines Steamer-Zigaretten-Ersatzes aus, „nein Quatsch, das werden 300 Stück für die Fans.“ In der Zwischenzeit hat sich Mendoza hinzugesellt und sich auch einen Stift gegriffen. „Weißt du, wir sind richtig stolz auf diese Platte. Das besondere daran ist, dass wir musikalisch auf die alten Zeiten zurückgegriffen haben. Genau das fehlt den Musikern von heute. Wir sind schon so lange dabei und machen genau das, was wir von jeher tun und können“, so Marco, der aus der Nähe betrachtet und rot bemalt eigentlich einen guten Hell Boy abgeben würde. Für die Mission, diese alten Werte unter das Volk zu bringen, fühlen sich dann am frühen Abend alle gut vorbereitet und verabschieden sich in ihren Nightliner. „Wir sehen uns dann morgen! Einen Backstage-Pass haben wir noch nicht für dich, aber da improvisieren wir. Dich bekommen wir schon rein“, meint Manager Dave schulterklopfend.
Um 13:00 Uhr des Folgetages steht man dann vor dem imposanten Olympiastadion, dessen Backstage-Katakomben ohne den passenden Passierschein schier uneinnehmbar wirken. Jedoch bröckelt diese Fassade, als der Festival-Zirkus zum ersten Mal hinter die Kulissen blicken lässt.
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Fotos: Paul Schmitz
Neben der olympischen Schüssel hat gerade Vinnie Paul, Pantera-Trommel-Legende und jetziges Hellyeah-Mitglied, frei zugänglich für jedermann sein Drum-Set auf dem Parkplatz aufgebaut, um sich dort einzuspielen. Dann klingelt das Telefon: Am Hintereingang wartet eine Helferin, mit der man zur Garderobe der Daisies begleitet werden soll. Und tatsächlich: Die Treppe hinauf geht es in einen langen, gebogenen Gang, vorbei an den Kabinen aller erdenklichen Künstler, an dessen Ende der Sicherheitsstandard deutlich gehoben wirkt. „Bitte warte hier kurz, es kann sein, dass Kiss schon da sind. … Gut, wir können gehen“, heißt es von der freundlichen Dame. Und tatsächlich, der mit schwarzen Vorhängen und dunklen Möbeln bestückte Backstage-Raum der Dead Daisies liegt Tür an Tür mit der Maske von Kiss.
„Da ist er ja wieder“, ruft Marco Mendoza. Die Band samt Management ist bereits vollzählig anwesend. Eine halbe Stunde vor ihrem Opening-Slot auf der Hauptbühne ist ihnen wenig Aufregung anzumerken, allerdings sind Richard, Dizzy, Tommy und Dave ruhiger als die beiden Sprachrohre Marco und John. „Ach, nervös sind wir nicht. Es ist spannend, ja. Das ist eben eine neue Sache, die wir jetzt hier starten“, erklärt Mendoza. Daran kann man erkennen, dass diese Männer bereits alles auf höchstem Niveau erlebt haben, schließlich ist dieser Auftritt im mächtigen Olystadion – wenn auch schon um 14:00 Uhr – die erste Show der Dead Daisies in dieser Besetzung mit noch dazu brandneuem Material. Zur Tür kommt Ossy Hoppe, Veranstalter des Festivals, herein und begrüßt die Band locker und zugleich staatsmännisch. Nach dem kurzen Besuch ziehen sich einige der Protagonisten um. Ein neues Hemd gibt es für Marco und Richard kleidet sich in eine schwarz geschuppte Lederjacke, während Dizzy und John so bleiben, wie sie angekommen sind. Der eigentlich ruhige Tommy mit seiner gigantisch beschlagten Jeans hat sich bereits den Daumen getaped und wird auf einem Stuhl trommelnd doch gesprächig. Auch Richard und Tommy haben sich jetzt ihre Gitarren geschnappt. Der eine sitzt ruhig da, der andere läuft mit seinem Instrument auf und ab. Nach ein, zwei kleinen Wodka- bzw. Jägermeister-Mischgetränken zur Auflockerung ist es dann soweit: „In fünf Minuten geht es los“, verkündet Manager Dave.
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