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Snowy White im Interview: Gegen den Zerfall | uncut

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Snowy White im Interview: Gegen den Zerfall | uncut

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Es gibt so Gespräche, da entzündet sich plötzlich ganz unerwartet ein Funke der Verbindung. Das Interview mit Snowy White anlässlich seines neuen Albums SOMETHING ON ME rangiert in dieser Kategorie ganz weit vorne. Der zurückhaltende Virtuose, der beispielsweise Thin Lizzy nach seinem Mitwirken auf CHINATOWN und RENEGADE auf eigenen Wunsch wieder verließ, um sich weiter dem Blues zu widmen, erwies sich einmal mehr als wundervoller Gesprächspartner und Hüter so mancher auf den ersten Blick unscheinbar wirkender Weisheiten.

Ich habe mich sehr gefreut, als ich gesehen habe, dass du so schnell wieder eine neue Platte rausbringst.

Naja, weißt du, ich muss mich beschäftigt halten, ansonsten werde ich bloß alt und roste ein.

Bei unserem letzten Interview hast du mir von einem anstehenden Gig in Russland erzählt. Wie lief das so ab?

(lacht) Das lief tatsächlich recht gut und das war mein letzter Gig, seitdem bin ich nicht mehr aufgetreten. Ich habe mich entschieden, keine weiteren Live-Shows mehr zu spielen. Aber ja, wir waren dort und wurden sehr gut behandelt und bezahlt und es war sehr schön, wieder mit den Jungs zusammenzukommen. Schon damals spürte ich irgendwie, dass ich wahrscheinlich nicht mehr auftreten würde, also war es gut, nach so einem schönen Gig in Russland auszusteigen.

War Putin auch da?

Ja war er. Auch der japanische Premierminister und einige andere wichtige Leute, sie saßen an Tischen herum, ich war jedoch zu beschäftigt mit meinem Spiel, um wirklich aufzupassen. Wir spielten nur 20 Minuten und nach uns spielten noch zwei Bands, obwohl die Leute schon nach unserem Gig aufbrachen, weil es schon sehr spät war. Aber wir hatten einen schönen Abend. Der Promoter lud die Band auf einen Bootstrip ein, wo ich zwar nicht dabei war, aber es hat ihnen gut gefallen, so die Kanäle in St. Petersburg auszukundschaften.

Auf dem Coverartwork deines neuen Albums hältst du deine Gitarre Goldie hoch…

Ja, aber das Foto ist schon älter und ich wollte es immer mal für ein Cover benutzen, also dachte ich: Wenn nicht jetzt, wann dann?

Also hast du sie nicht zurückgekauft?

Nein, das will ich auch nicht. Ein paar mal beim Aufnehmen dachte ich schon, dass meine neue Gitarre nicht so singt wie die alte und mir ist aufgefallen, wie gut meine alte wirklich war. Aber irgendwie habe ich das hinter mir gelassen…

Und du spielst noch immer diese Replica, die dir ein Fan gebaut hat?

Das war kein Fan, sondern ein Japaner, der einen Amerikaner beauftragt hatte, eine Kopie meiner Gitarre anzufertigen. Eines Tages übergab er sie an mich und ich habe bis heute nicht genau verstanden, warum. Nach einem Gig in London kam der Typ zu mir ins Hotel, zeigte mir die Gitarre und fragte mich: Willst du sie haben? Und ich meinte nur: Naja, klar, das ist ein schönes Modell. Ich wollte wissen, was er dafür haben wolle. Einen Endorsement-Vertrag oder ein Foto von mir und der Gitarre und er beantwortete alles mit nein. (lacht)

Ich weiß, du machst dir nicht viel aus Gitarren und Technik und so. Aber gibt es eine berühmte Gitarre, die du mal gern spielen würdest?

Nein, so etwas interessiert mich einfach nicht. Einmal fragte mich Peter Green, ob ich seine Gitarre kaufen wollte. Ich dachte etwas darüber nach, aber ich entschied mich dagegen, denn die andere wäre doch immer Greenies gewesen. Im Grunde sind das doch einfach nur Gitarren. Meine war zwar wirklich schön, aber auch nur eine Gitarre. (lacht) Ein Stück Holz mit ein paar Saiten und elektrischem Zeug dran. Das zumindest rede ich mir ein.

Wann hast du angefangen, an SOMETHING ON ME zu arbeiten?

Angefangen habe ich vor einem Jahr, die Aufnahmen fanden dann im Januar statt. Also genau noch vor dem Lockdown.

In was für einer Stimmung warst du, als du diese Platte gemacht hast?

(lacht) Ich war nicht gerade übermäßig gut drauf… Das ist tatsächlich eine gute Frage, wobei ich sie nicht wirklich beantworten kann. Es ist ja auch schwer zu sagen, weil das natürlich Tagesform-abhängig ist. Irgendwie habe ich jedenfalls während des Prozesses gespürt, dass das wahrscheinlich mein letztes Album sein wird. Andererseits dachte ich das von der letzten Platte auch schon. Trotzdem wird irgendwann der Punkt kommen, wenn es wirklich mein letztes Werk sein wird. Meine Finger machen nicht mehr ganz das, was ihnen mein Gehirn zu sagen versucht. Das kann manchmal sehr frustrierend sein. Ich höre Melodien in meinem Kopf und kann sie plötzlich nicht mehr spielen. Ich möchte nicht so jemand sein, der mit Gewalt weitermacht, obwohl es eigentlich nicht mehr wirklich geht. Aber sage niemals nie. Wer weiß, wie sich die Dinge entwickeln, wenn ich nächstes Jahr wieder mit meiner Band zusammenkommen kann. Ich möchte einfach nicht mehr monatelang alleine im Studio rumsitzen, ich brauche andere Musiker um mich herum. Angesichts der aktuellen Situation jedoch kann ich mir nicht vorstellen, woher ich nochmal Inspiration beziehen soll.

Aber du wirst nie ganz aufhören mit dem Spielen, weil es dich frustriert?

Ich werde immer mal die Gitarre nehmen und ein wenig für mich selbst spielen. Das ist, was ich schon immer getan habe. Aber ich werde einfach langsamer und langsamer und langsamer… (lacht)

Es fühlt sich einfach nicht richtig an, dass ein rastlos wirkender Künstler wie du davon spricht, das alles an den Nagel zu hängen.

Auch für mich fühlt sich das seltsam an. Ich muss mich da einfach nach meiner eigenen Gefühlswelt richten. Ich treffe keine fixen Entscheidungen, denn vielleicht stehe ich ja eines Tages wieder da, spiele ein paar Akkorde und denke mir ‚Oh, ja, das klingt gut‘.

Man kann ja nie wissen…

Man kann ja nie wissen. Genau meine Rede. (lacht)

Textlich sprichst du eine große Bandbreite an Themen an: Denkst du, dass Menschen jemals Verantwortung übernehmen werden?

Nein, das liegt nicht in der Natur des Menschen. Jedes Individuum schaut am Ende auf sich selbst, auch gute Leute, die sich der Probleme auf diesem Planeten bewusst sind. Aber im Alltag muss man auf sich schauen. Das ist wohl der natürliche Lauf der Dinge. Wahrscheinlich werden wir uns bald selbst auslöschen. (lacht) Aber der Erde wird das nichts ausmachen, eher im Gegenteil. Wir sind einfach nur eine weitere Spezies, da brauchen wir uns nichts vormachen. Wir sind überhaupt nichts besonderes.

Wenn du ein anderes Leben hättest, würdest du etwas anderes machen? Viele Leute, denen ich diese Frage stellen, sagen, dass sie nichts bereuen.

Das ist Quatsch, es ist halt die einfachste Antwort auf diese Frage. Ich würde wahrscheinlich tausend Dinge ändern, vor allem die Art und Weise, wie ich früher über mich und mein Gitarrenspiel dachte. Es dauerte sehr lang, bis ich irgendwann etwas Selbstvertrauen in mich als Gitarristen entwickelte. Wenn ich das ändern könnte, wäre ich ganz anders an die Welt der Musik herangetreten. Aber vielleicht wäre das ja auch wieder schlecht ausgegangen. Ich bin ein recht sensibler Mensch, wahrscheinlich bin ich auch sensibel im Umgang mit der Gitarre. Viele andere sind das nicht, die schnappen sich eine Gitarre und schreddern drauf los, was auch sehr gut sein kann, sehr energiegeladen, aber aus meiner Sicht wirkt das manchmal etwas unbedacht. Das wäre nichts für mich.

Ohne deine sensible Art wärst du wohl nie zu dem Gitarristen geworden, der du heute bist.

Das muss fast eine Rolle spielen, die Art, wie jemand Musik spielt, spiegelt die Persönlichkeit des Künstlers wieder. Oder die Geschichte, die Gefühlswelt.

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