Vor 50 Jahren debütierten sie in Hamburg, vor 40 Jahren lösten sie sich auf. Lange her.
Dennoch: The Beatles sind die wichtigste und erfolgreichste Band der Rockgeschichte. Und zwar heute noch.
Mit Superlativen ist das ja immer so eine Sache. Man kann verzweifeltes Marketing dahinter vermuten, unreflektierte Fan-Begeisterung oder einen Hang zur Großsprecherei. Warum sollte eine Band, die vor 40 Jahren den Weg alles Irdischen ging, noch heute relevant sein? Weil mit dieser Band alles begann, und zwar wirklich alles. Sogar das Phänomen „Rockband“ selbst.
Als die Beatles auftauchten, dominierten noch die Solisten. Elvis Presley und seine namenlose Begleitband oder Martha & The Vandellas waren der Normalfall: Sänger oder Sängerin standen im Rampenlicht, der Rest des Ensembles war nur begleitende Maßnahme und oft genug ziemlich austauschbar. The Beatles waren anders: Vier in der Öffentlichkeit als gleichberechtigt wahrgenommene Künstler, die eben nicht Moondog Lennon & The Liverpool Three hießen, und die zudem das Basis-Instrumentarium für kommende Rock-Generationen definierten: kein Kontrabass mehr wie bei Elvis, kein Saxofon mehr, das Anfang der Sechziger sehr wohl noch zum Rock-Equipment zählte. Stattdessen: zwei Gitarren, ein Bass, alles elektrisch, und natürlich ein Schlagzeug.
Was noch schwerer wiegt: The Beatles brachten weltweit Hunderttausende Jugendliche dazu, die Gitarrenläden zu stürmen, ein paar Akkorde zu lernen und selbst eine Band zu gründen. Die mochte dann Jahre später Glampop spielen, Metal, Bluesrock oder Prog, doch der Funke war von den Beatles ausgegangen. Die ja auch ihrerseits nie stehen geblieben waren: Vom R&B-infizierten Merseybeat ging die Reise über den Britpop zur Psychedelic und zum progressiv eingefärbten Kunstrock. Wer ›Love Me Do‹ mit ›I Am The Walrus‹ vergleicht, ›Help‹ mit ›Helter Skelter‹, der kann sich nur wundern, wie in so wenigen Jahren derart viel passieren konnte.
Nehmen wir Platz in der Zeitmaschine, die Zielkoordinaten lauten 1965. Die Beatlemania ist auf dem Höhepunkt, und gerade hat Englands Queen den Fab Four einen Orden in die Hand gedrückt. Und wie steht’s mit der Kunst? Singles, bislang das Maß aller Pop-Dinge, verlieren langsam aber sicher an Bedeutung. Dafür wird ein Stück schwarzes PVC mit 30 Zentimeter Durchmesser immer wichtiger, abspielbar mit einem Mikro-Saphir und 33 1/3 Umdrehungen: Während die Popmusik die Welt erobert, erobert die Langspielplatte die Popmusik. Die Speerspitze der Bewegung sind natürlich die Beatles.
Folgender Text ist ein Auszug des im Herbst beim Musikmarkt Verlag erscheinenden Buches „She Loves You: Die Popkultur der sechziger Jahre – Beatles, Stones und der ganze Rest“ von CLASSIC ROCK-Autor Uwe Schleifenbaum.
Entweder erkannten Popmusiker diese Möglichkeit anfangs noch nicht, oder man ließ ihnen seitens der Plattenfirmen gar keine andere Wahl. Fakt ist jedenfalls, dass die typische Pop-LP der frühen sechziger Jahre einem klar definierten Muster folgte: Ein oder zwei Single-Hits samt B-Seiten, dazu ein paar Stücke als Füllmaterial. Die LP wurde offenbar lediglich als weiteres Marketing-Instrument verstanden, künstlerische Stringenz, das Album als Gesamtkunstwerk spielten überhaupt keine Rolle. Dass sich dies in wenigen Jahren ändern sollte, lag eindeutig an den Beatles, an ihrer Kreativität ebenso wie an ihrer alles beherrschenden Marktmacht.
Ohne die Beatles wäre die EMI nur eine Plattenfirma von vielen gewesen, mit ihnen war sie plötzlich eine veritable Gelddruckerei. Das wusste EMI-Chef Sir Joseph Lockwood, das wussten auch die Beatles. Es wussten die vielen Plattenmanager, die nach den „neuen Beatles“ fahndeten, und auch die jungen Musiker, die diese Rolle gerne übernommen hätten. So mancher Band, die vor zwei, drei Jahren noch nicht einmal am Studiopförtner vorbei gekommen wäre, gewährte man jetzt nicht nur Einlass, man ließ sie sogar eine teure Langspielplatte aufnehmen – auch wenn zwei, höchstens drei Tage Produktionszeit reichen mussten. Die aufgrund unglaublicher Verkaufserfolge immer selbstbewusster auftretenden Beatles waren da schon einen Schritt weiter in der Hierarchie. Man spendierte ihnen Studiozeit, stellte die modernste Technik zur Verfügung und wartete gespannt den nächsten Geniestreich ab. Die Beatles genossen in den Studios der EMI nahezu Narrenfreiheit, die sie dann auch nach Lust und Laune auskosteten: War ihr Debütalbum PLEASE PLEASE ME noch größtenteils während einer einzigen Zwölfstunden-Session entstanden, ließ man sich für RUBBER SOUL zwei Jahre später schon deutlich mehr Zeit: Die Aufnahmen zogen sich vom 12. Oktober bis zum 11. November 1965 hin. Das Ergebnis setzte sich vom tradierten „Two Killers, Ten Fillers“ dann auch deutlich ab. Obwohl dem Album kein roter Faden, kein offenkundiges Konzept zugrunde lag, wirkte es dennoch stringent und in sich geschlossen – von Ringos lakonischem Country-Ausflug ›What Goes On‹ einmal abgesehen. ➻
Großartige Songs hatten die Beatles schon vorher geschrieben, und aus diesen Songs hatten sie wunderbare Alben wie A HARD DAY’S NIGHT und HELP! zusammengestellt: unverschämt eingängiger Pop, eher harmlose Texte, kaum Experimente. Später sollte sich dann einbürgern, diesen Zeitraum als ihre „naive Phase“ zu bezeichnen, doch naiv waren die Beatles ganz gewiss nicht. John Lennon, zu Übertreibungen stets fähig und damals noch dazu massiv unter dem Beatles-Trauma leidend, äußerte sich im Nachhinein reichlich negativ über diese Ära: Man habe die Songs quasi zwischen Zwölf und Mittag geschrieben und betextet, in der sicheren Annahme, dass es Erfolge werden würden, denn man war ja die Beatles. Wenn es so war, dann kann man nur den Hut ziehen, denn den meisten Stücken merkt man die hastige, angeblich unreflektierte Massenproduktion bis heute nicht an. RUBBER SOUL, die europäische Variante wohlgemerkt, nicht die amerikanische, die nach Gutdünken von EMIs US-Ableger Capitol Records zusammengestellt worden war, markierte dann den Wendepunkt, die endgültige Abkehr von den Gepflogenheiten der frühen sechziger Jahre. Das Werk war keine fix zusammengeschusterte Song-Sammlung mehr, sondern als homogenes Statement größer als seine Bestandteile: die eigentliche Geburt des Pop-Albums.
Was modisch ist, kann unmodern werden, Klassiker hingegen altern würdevoll. Wobei im Dezember 1965, als RUBBER SOUL erschien, wohl kaum jemand die Chuzpe aufgebracht hätte, der Langspielplatte einer Popgruppe allzu große Langlebigkeit zu unterstellen. Denn natürlich konnte niemand ahnen, dass diese Musik formal wie inhaltlich auch 30 oder 40 Jahre später noch Bestand haben würde. Gerade die Beatles galten damals als Pop-Könige auf Abruf, als Interimsregenten, unter Druck gesetzt von allerlei Bands, die ihnen wohl eher früher als später Macht und Einfluss rauben würden. Kaum eine Woche, in der ein englisches Musikmagazin nicht „die neuen Beatles“ ausgerufen hätte, auch das medial inszenierte Duell „Beatles gegen Rolling Stones“ erwies sich als publizistischer Dauerbrenner. Die Erfolge anderer Künstler wurden gerne zu Misserfolgen der Beatles umgedeutet, wenn wer auch immer mit seiner jüngsten Single Platz eins der Charts erreichte, ließ die Titelzeile „Sind die Beatles jetzt am Ende?“ garantiert nicht lange auf sich warten. Pop hatte schnelllebig zu sein, Popmusiker hatten zu kommen und zu gehen wie diverse Kragenformen, Absatzhöhen und Rocklängen. Zum Running-Gag der Beatles-Pressekonferenzen hatte sich dann auch die immer wiederkehrende Frage des amerikanischen Radioreporters Fred Paul gemausert: „What are you going to do when the bubble bursts?“ („Was werdet ihr tun, wenn die Blase platzt?“) Anfangs hatten die Beatles darauf noch mit Schlagfertigkeiten der Marke „das Geld zählen“ reagiert; um 1966 stellten sie sich die Frage dann schon selbst, sobald sie im Heer der akkreditierten Journalisten Fred Paul entdeckten.
Natürlich war auch RUBBER SOUL nicht ganz frei von modischen Elementen, das optisch gedehnte Coverfoto etwa konnten Insider als Reverenz an das verzerrte Gesichtsfeld unter LSD-Einfluss verstehen, bei ›Think For Yourself‹ wurde der Bass über eine damals brandneue Fuzzbox gedoppelt, und ›Girl‹ zitierte im instrumentalen Mittelteil die 1965 grassierende Sirtaki-Welle – der Film „Alexis Sorbas“ mit einem tanzenden Anthony Quinn war immerhin einer der Bestseller der Saison. Retrospektiv könnte man auch George Harrisons Sitar in ›Norwegian Wood‹ in dieser Rubrik abheften, womit man ihm jedoch Unrecht täte: Harrison hatte nicht auf eine bestehende Zeitgeistströmung reagiert, er hatte sie vielmehr mit in Gang gesetzt. Die Begeisterung der westlichen Jugend für die Kultur und Spiritualität des indischen Subkontinents war erst ab 1967 richtig en vogue, als Kaftane, Glöckchen, Räucherwerk und transzendentale Meditation eine bessere Welt versprachen – und manch weißgewandeter Guru die Preislisten von Rolls Royce und Mercedes-Benz genauer zu studieren begann. 1965 war der Gebrauch einer Sitar in der Popmusik zweifellos eine – wenn auch wenig nachhaltige – Innovation.
Langfristig bedeutsamer waren gewiss die Texte: Tradierte Junge-trifft-Mädchen-Klischees, all die gereimten Liebesschwüre, Trennungstraumata und Eifersuchtsdramen, die in der Popmusik von jeher bestimmend gewesen waren, wichen auf RUBBER SOUL einer intelligenteren, auch introspektiveren Ausarbeitung. Das Thema Liebe spielte noch immer eine Rolle, naive „I-love-you-blue-true“-Reime hatten jedoch ausgedient. ›The Word‹ etwa hob die Liebe vom persönlichen auf ein universelles Niveau, John Lennon hatte die Nächstenliebe im Sinn, formulierte und predigte das Glaubensbekenntnis der sich gerade erst formierenden Hippie-Bewegung. ›Norwegian Wood‹ war die reichlich sarkastische Beschreibung eines One-Night-Stands, dessen frustrierender Nichtvollzug den Ich-Erzähler letztlich zur Brandstiftung animiert, während das Lamento ›Girl‹ von der ausweglosen Hassliebe zu einer ausgesprochenen Zicke kündete. All das hätte natürlich abstrakt sein können, ohne echten Bezug zur Erfahrungswelt des Texters. Dass es Überspitzungen tatsächlicher Erlebnisse waren, schien allerdings möglich – und bei genauerer Betrachtung sogar ziemlich wahrscheinlich. Später gab Lennon dann auch zu Protokoll, dass ›Norwegian Wood‹ auf einer konkreten Affäre basierte, auch wenn die Feuerwehr natürlich nicht ausrücken musste. Noch deutlicher offenbarte sich Lennon bei ›In My Life‹, einer fast schon philosophisch anmutenden Betrachtung der Vergänglichkeit. Der neue Hang zum Tiefsinn, zur Reflexion, war einerseits gewiss Lennons persönlicher Entwicklung geschuldet: Der Mann hatte in den vergangenen drei Jahren schließlich mehr erlebt, als manchem Normalbürger Zeit seines irdischen Daseins vergönnt ist.
Hatte RUBBER SOUL auf der textlichen Ebene das Ende der „naiven Phase“ markiert, manifestierte das nachfolgende Album REVOLVER diesen Reifeprozess auch in musikalischer und produktionstechnischer Hinsicht. Erneut ist es der von Ringo Starr gesungene Titel, der komplett aus dem Rahmen fällt: Dass ›Yellow Submarine‹ mehr Kinderlied als wirklich ernst zu nehmender Rocksong ist, kann man verschmerzen, und das hörspielartige Intermezzo mit all seinen U-Boot-Geräuschen geht immerhin als originell durch. Songs für Ringo hatten eben gewisse Kriterien zu erfüllen. Ein großer tonaler Umfang und eine komplexe Melodie gehörten eher nicht dazu. Doch selbst dann, wenn der gesanglich limitierte Schlagzeuger den Fahrplan der Liverpooler Verkehrsbetriebe gebrummt hätte, wäre REVOLVER dank der übrigen 13 Stücke dennoch als großer Wurf in die Popgeschichte eingegangen.
Die so leidenschaftlich wie regelmäßig geführte Diskussion, welches denn das beste aller Beatles-Alben sei, ist allerdings müßig, denn die Fab Four des Jahres 1964 mit denen von 1966 oder 1968 zu vergleichen, führt am Ziel vorbei. Zu viel hatte sich in jenen Jahren verändert, und wirklich Schlechtes haben die Beatles ohnehin nie abgeliefert. Wer Merseybeat bevorzugt, wird WITH THE BEATLES lieben, wer deutlich moderneren, intelligent verwobenen Rock liebt, wird ABBEY ROAD bevorzugen. Die Resonanz auf das Werk der Beatles ist traditionell auch dem gerade herrschenden Zeitgeist unterworfen: In den siebziger Jahren etwa, als im progressiven Kunstrock stilistische Vielschichtigkeit als große Tugend und das Doppelalbum als bevorzugtes Format galten, wurde gemeinhin das „Weiße Album“ favorisiert. 1987, zum 20. Geburtstag von SGT. PEPPER’S LONELY HEARTS CLUB BAND, rühmte man dessen Stringenz und erhob es zum Meisterwerk schlechthin. Heute, nach dem Revival des Britpop, tendieren die Kritiker wiederum eher zu REVOLVER. Eine Sonderstellung nehmen gewiss die Alben der Jahre 1965 bis 1967 ein, eines Zeitraumes, in dem allerlei positive Faktoren dafür sorgten, dass die Beatles ihrer Kreativität freien Lauf lassen konnten. Zuvor hatten die exzessiven Tourneen Studioarbeit zur anstrengenden Pflichtübung werden lassen, danach schwand der Gruppenzusammenhalt zusehends, es herrschte häufig dicke Luft. Der stets um Ausgleich bemühte Manager Brian Epstein war 1967 an einer Überdosis Schlaftabletten gestorben; der Aufgabe, Kunst, Geschäft und die Interessen von vier Individuen auf einen Nenner zu bringen, waren die Beatles letztlich dann wohl doch nicht gewachsen.
Erstaunlich, wie linear und logisch die Abfolge der Beatles-Alben jener Jahre wirkt: RUBBER SOUL von 1965 ist trotz aller Qualitäten ein formal eher konventionelles Album, SGT. PEPPER’S LONELY HEARTS CLUB BAND aus dem Jahre 1967 ist Experiment, opulent und extravagant. REVOLVER, erschienen im August 1966, thront nicht nur chronologisch, sondern auch künstlerisch genau in der Mitte: kein psychedelischer Bilderbogen wie SGT. PEPPER’S LONELY HEARTS CLUB BAND, aber deutlich mehr als ein ambitioniertes Popalbum à la RUBBER SOUL. Die Texte hatten an Schärfe, an Konzentration mitunter zugelegt, doch vor allem klanglich taten sich neue Welten auf. George Harrison steuerte drei Songs zum Album bei, einer davon, nämlich ›Taxman‹, gehört zum Besten, was je aus seiner Feder floss: ein kraftvoller Rocksong mit sarkastischem Text, genialer Basslinie und großartigem Gitarrensolo – das übrigens Paul McCartney beigesteuert hatte. Letzterer lief damals zur Hochform auf, ihm gelangen elegante Balladen wie ›For No One‹ und ›Here, There And Everywhere‹, eine knackige Soul-Stilübung wie ›Got To Get You Into My Life‹ und nicht zuletzt die surreal angehauchte Moritat ›Eleanor Rigby‹ mit ihrem barocken Streicherarrangement.
Dass John Lennon auf der Suche nach immer neuen Ufern diese ebenfalls erreicht hatte, spiegelten wiederum seine Beiträge wider. Die Verkehrsmittel, die McCartney und Lennon benutzten, unterschieden sich jedoch recht deutlich. McCartney, kulturbewusst und neugierig, ließ sich durch das Londoner Nachtleben kutschieren, besuchte klassische Konzerte und Dichterlesungen, Ausstellungen, avantgardistische Happenings und Freejazz-Experimente. John Lennon indes, seelisch nicht in bester Verfassung, aber ebenfalls neugierig, zog sich in sein ländliches Domizil zurück und erforschte lieber seine Innenwelt: Marihuana hatte bereits um 1965 die klassische Rock’n’Roller-Diät aus Aufputschpillen und Alkohol abgelöst, jetzt gesellte sich das – bis Herbst 1966 legal verkäufliche – LSD hinzu.
Dass ein Teil der Menschheit Drogen konsumiert, war 1965 nicht anders als 1865, und aller Voraussicht nach wird es auch 2065 noch der Fall sein. Warum, das sollen Suchtforscher und Anthropologen klären. Weshalb Künstler, also auch Popmusiker, dem Reiz des Rausches traditionell eher überdurchschnittlich oft erliegen, können gewiss Psychologen und Soziologen beantworten. Um die Drogenbegeisterung zu begreifen, die in den sechziger Jahren die Jugend der westlichen Welt erfasste, hilft jedoch ein kurzer Blick ins Geschichtsbuch. Britische und amerikanische Soldaten hatten im fernen Osten gedient, und so mancher brave Waffenträger brachte aus Thailand und Korea eben nicht nur kunsthandwerkliche Souvenirs für seine Lieben mit, sondern auch die Angewohnheit, sich mittels Marihuana oder Haschisch vom harten Tagwerk zu entspannen. Drogen also, die – ebenso wie das Opium – in der westlichen Sphäre zwar schon seit etlichen Jahrzehnten bekannt, aber mangels Verfügbarkeit kaum verbreitet waren. Was sich in den Nachkriegsjahren dramatisch veränderte. Die amerikanische Dauerpräsenz in Asien sorgte für steten Nachschub, zudem gedieh Cannabis auch prächtig in den warmen Zonen des amerikanischen Kontinents, wie man flugs herausfand. Jazzmusiker hatten das Kraut schon längst entdeckt, Beat-Literaten verfassten Hohelieder, in der subversiveren Kunst- und Kulturszene gehörte Kiffen alsbald zum guten Ton. Und wurde nach Kräften idealisiert, wozu auch die westliche Tendenz zur Romantisierung des Orients beitrug: Alkoholmissbrauch mochte in Mord und Totschlag enden, aber Kiffen galt als edle, quasi naturnahe und selbstverständlich völlig ungefährliche Stimulans zur Erkundung spiritueller Sphären. Was man noch vehementer dem Anfang der vierziger Jahre in der Schweiz erfundenen LSD zuschrieb, das immerhin als pharmazeutisches Mittel gepriesen wurde. Der Harvard-Professor Dr. Timothy Leary entfachte Mitte der sechziger Jahre einen wahren Kult um das synthetisch herstellbare Halluzinogen, beseelt vom Gedanken, es würde bessere, spirituellere und friedfertigere Menschen schaffen. Die Mär von der Wunderdroge beschäftigte Künstler und Intellektuelle bereits seit Aldous Huxley, mit LSD schien sie nun endlich gefunden. Glaubte man. An psychische Probleme bis hin zur Schizophrenie dachte niemand.
John Lennon war wohl derjenige, der sich von allen Beatles am intensivsten mit jenen Substanzen befasste, die rasante Bewusstseinserweiterung verhießen. Das phlegmatische, eskapistische ›I’m Only Sleeping‹ verströmt bis heute den Duft von schwarzem Afghanen, ›She Said She Said‹ ist das Resultat einer LSD-Party in Los Angeles, bei der Schauspieler Peter Fonda sämtliche Gäste inklusive John Lennon mit der morbiden Deklamation nervte, er wisse, wie es sei, tot zu sein. ›Doctor Robert‹ ist lediglich der kooperative Mediziner, der das passende Rezept ausstellt. Ganz Chronist seiner Zeit, vermengte Lennon für ›Tomorrow Never Knows‹ dann gleich zwei aktuelle Themenkomplexe. Erleuchtung war das Ziel, erreichbar durch LSD und die von Leary propagierte Auflösung des Egos – oder durch das Studium fernöstlicher Weisheiten, in diesem konkreten Fall: des Tibetanischen Totenbuches. Studium und Droge ließen sich natürlich auch nach Belieben kombinieren. Für Beatfreunde, die Tanz und Amüsement zu flotten Liebesliedern suchten, war das natürlich starker Tobak. Man darf nicht vergessen, dass sich ein Gutteil der Beatles-Gefolgschaft aus 13-jährigen Jungmenschen rekrutierte, die schlichtweg nicht verstanden, worüber Lennon plötzlich sang. Die schenkten ihr Herz fortan den Monkees, bis auch die ein wenig seltsam wurden. Lennon sang: „Lasst uns das Spiel des Daseins bis zum Ende des Neubeginns spielen.“ Für den amüsierwilligen Lehrling, der Samstagabend bei ein paar Bieren gerne die Sau im Beatschuppen rausließ und zusah, gegen Ende der Veranstaltung ein Mädel auf den Soziussitz seines Mopeds zu bugsieren, waren Lennons weise Worte wohl vor allem blödes Gequatsche. Aber „Let’s do the hippy hippy shake“ war eben gestern, Popmusik gerierte sich plötzlich intellektuell. Doch zum Glück gab’s ja noch The Troggs. Und Dave Dee, Dozy, Beaky, Mick & Tich.
Unbestreitbar ist SGT. PEPPER eine Ikone der Hippiekultur, ein Symbol für den Aufbruch, für eine Stimmungslage, in der alles möglich schien. Ein unterhaltsames Stück Musik ist es noch dazu, nicht zuletzt dank einer kollagenhaften Großtat namens ›A Day In The Life‹. Eines jedoch ist SGT. PEPPER’S LONELY HEARTS CLUB BAND garantiert nicht, auch wenn es immer wieder behauptet wird: das erste Konzeptalbum der Popgeschichte. Dem Album hatte zwar noch in der Planungsphase die Idee zugrunde gelegen, ein inhaltlich zusammenhängendes Werk zu schaffen, was dann aber doch sehr schnell verworfen wurde. Vor allem Lennon wollte sich thematisch auf gar keinen Fall limitieren lassen. Der Titeltrack und ›With A Little Help From My Friends‹ gehören tatsächlich zusammen, geklammert von ›Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band (Reprise)‹. Die restlichen Stücke verbindet weder auf musikalischer noch textlicher Ebene ein roter Faden, nirgendwo eine Spur von der fiktiven Band und ihrem Anführer Billy Shears. Wer etwa erklären kann, in welchem inhaltlichen Zusammenhang ›Being For The Benefit Of Mr. Kite‹ und ›When I’m Sixty-Four‹ stehen, der hat gewiss auch schlüssige Beweise dafür, dass im Loch Ness Außerirdische leben, die einst auf den Osterinseln kultische Figuren gemeißelt haben, bevor sie dann JFK im Auftrag des CIA meuchelten und die Mondlandung fälschten. Oder so ähnlich. Was direkt zur wohl bizarrsten Verschwörungstheorie der Popgeschichte überleitet.
Paul McCartney, so hieß es 1969, sei bereits drei Jahre zuvor bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen und durch einen Doppelgänger ersetzt worden. Eindeutiger Beweis: Auf der Coverrückseite von SGT. PEPPER war er als Einziger von hinten abgebildet. Aha! Der Ersatz-Paul war demnach ein gewisser William Campbell alias Billy Shears, von den konspirierenden Rest-Beatles heimlich rekrutiert und zur Gesichtsoperation genötigt. Dass Paul tot war, konnte man zudem am Cover-Foto der amerikanischen Beatles-LP YESTERDAY AND TODAY erkennen – wenn man es um 90 Grad drehte. Dann nämlich saß Paul nicht mehr in einem großen Überseekoffer, sondern lag in einem Sarg. Das Cover von SGT. PEPPER zeigte natürlich eine versammelte Trauergemeinde, über McCartney schwebte die segnende Hand und ganz rechts im Bild fand sich eine Puppe, auf deren Knien ein Spielzeugauto und ein blutiger Autofahrerhandschuh lagen. Was natürlich die grundsätzliche Frage aufwirft, warum die Rest-Beatles derlei durchsichtige Symbolik verwenden sollten, wenn sie das Ableben ihres smarten Bassisten doch eigentlich verheimlichen wollten? Aber gesunder Menschenverstand und die Gesetze der Logik waren eben kurzzeitig außer Betrieb, denn es ging ja noch weiter. Das Innenfoto von SGT. PEPPER zeigt auf Pauls Ärmel einen Aufnäher mit den Buchstaben „O.P.D.“, was selbstverständlich nur „Officially Pronounced Dead“ – „offiziell für tot erklärt“ – heißen konnte. Wer jetzt noch Zweifel hegte, dem besorgte das Cover von ABBEY ROAD den Rest: Der Volkswagen 1300 im Hintergrund trug augenscheinlich das Kennzeichen LMW 28IF, was zielsicher als „Linda McCartney weeps“ – „Linda McCartney weint“ – gelesen wurde. Und if, also falls er noch zu den Lebenden zählte, dann wäre Paul jetzt 28 Jahre alt. Erneute Zweifel machten sich breit: Linda hieß damals definitiv noch Eastman, statt 28 IF lautet das Nummernschild 281 F und Paule wäre auch erst 27 gewesen. Aber egal. Dass der bekannte Linkshänder seine Zigarette in der rechten Hand hält, deutete auf den Doppelgänger hin, dass er barfuß läuft – in manchen Gegenden unserer schönen Welt ein Symbol des Todes –, wurde ebenso registriert wie die Tatsache, dass er als Einziger der vier Beatles kein weißes Segment des Zebrastreifens berührt. Dutzende mehr angeblicher Beweise kursierten damals, auch Textsequenzen wurden eifrig fehlinterpretiert, rückwärts abgespielt, gespiegelt und derlei mehr. Wem langweilig ist, dem bereitet es womöglich Freude, Popsongs und ihren Verpackungen allerlei sinistre Bedeutungen zu unterstellen. Wer Platten rückwärts abspielt, hört früher oder später sicher etwas, das lautmalerisch in etwa wie „Paul Is Dead“ klingt. Oder wie „Currywurst mit Pommes“. Zum momentanen Zeitpunkt ist Paul McCartney jedenfalls definitiv noch am Leben. Er hat letztes Jahr sogar Konzerte in Deutschland gegeben. Aber was bedeutet denn nun „O.P.D.“? Im „Life Magazine“ vom 7. November 1969 berichtete ein von all dem Geschwätz leicht genervter McCartney, er habe den Aufnäher einst auf Tournee in Kanada gekauft. Vermutlich stamme er vom „Ontario Police Department“.
Wirklich exzentrisch war die bespielte Auslaufrille von SGT. PEPPER: Die meisten damaligen Plattenspieler verfügten über keine automatische Endabschaltung, der Teller drehte sich also weiter – und die Nadel pendelte einfach zwischen Anfang und Ende der Auslaufrille hin und her. War sie bespielt, hörte man eine Endlosschleife, was die Beatles erstmals in die Tat umsetzten. Zu vernehmen war ein schrilles Pfeifen und der nur schwer verständliche Gesprächsfetzen: „Never could be any other way“. Die Mystiker unter den Fans interpretierten sogleich alles Mögliche hinein und stellten zu allem Überfluss fest, dass besagte Sequenz „We’ll fuck you like Superman“ lauten könnte – sofern man die Platte rückwärts abspielt. Was man aber mit Rücksicht auf die empfindliche Nadel besser nicht tun sollte. Eine bespielte Auslaufrille, nun gut.
Ein Debüt war SGT. PEPPER jedoch auch in anderer Hinsicht: Als erstes britisches Pop-Album wurde es mitsamt Textabdruck ausgeliefert. Was von Selbst- und Sendungsbewusstsein gleichermaßen zeugte – und ganz der sich verändernden Rezeption von Popmusik entsprach. Man hörte immer aufmerksamer zu. Wurde bei Rockkonzerten noch kurz zuvor der Twist und Hully-Gully getanzt oder bis zur Besinnungslosigkeit gebrüllt, glichen sie jetzt mitunter musikalischen Andachten. Die Beatles, deren letzte Tournee im Sommer 1966 geendet hatte, sollten das nicht mehr am eigenen Leibe erfahren, doch das Publikum saß gegen Ende der sechziger Jahre gerne bequem vor der Bühne, lauschte den Worten des Sängers, ließ sich von allerlei Substanzen und den mäandernden Läufen des Gitarrensolos in andere Sphären geleiten.
Letztere hatten auch die Produktionskosten von SGT. PEPPER mühelos erreicht. Der erste Song des Albums, ›When I’m Sixty-Four‹, war im Dezember 1966 aufgenommen worden, der letzte, ›Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band (Reprise)‹, am 1. April 1967. Zwar weilten die Beatles dazwischen nicht dauerhaft in der Abbey Road, die aufgelaufene Studiozeit und die Orchestermusiker verursachten jedoch horrende Kosten. Peter Blakes aufwändig konstruiertes Cover-Artwork schlug noch einmal mit knapp 3000 Pfund zu Buche. Zum Vergleich: Für diesen Betrag konnte man im England des Jahres 1967 drei stattliche Sechszylinder-Limousinen des Typs Austin Westminster erwerben. Laut Berichten habe EMI-Chef Sir Joseph Lockwood während der Präsentation der Ausgaben zwar kurz nach Atem gerungen, dann aber doch die Fassung bewahrt. Einen echten Grund zur Aufregung gab es ja eigentlich auch nicht: EMIs Produktionskosten wurden wohl wenige Stunden nach der Veröffentlichung des Albums komplett egalisiert.
TIMELINE
Riesenerfolg in wenigen Jahren: Eine Zeitreise in die unglaubliche Welt der Beatles.
August 1960: Mit ihrem neuen Schlagzeuger Pete Best spielen die Beatles erstmals in Hamburg – insgesamt 106 Gigs im „Indra“ und dem „Kaiserkeller“.
Februar 1961: Debüt im Liverpooler Cavern Club.
April 1961: Zurück in Hamburg entstehen nach Gigs im „Top Ten“ erste Plattenaufnahmen: Unter dem Namen Beat Brothers begleiten sie den Sänger Tony Sheridan, produziert von Bert Kaempfert.
Januar 1962: Die Band macht Probeaufnahmen für Decca – und wird abgelehnt. Manager Brian Epstein nimmt die Beatles unter Vertrag und tauscht deren Lederklamotten gegen Anzüge aus.
April 1962: Ex-Bassist Stu Sutcliffe stirbt in Hamburg an einer Gehirnblutung. Die Beatles kehren an die Elbe zurück und debütieren im „Star Club“.
August 1962: Pete Best wird durch Ringo Starr ersetzt.
Oktober 1962: Die Debütsingle ›Love Me Do‹ erscheint bei EMI – Platz 17 in England.
März 1963: Das Debütalbum PLEASE PLEASE ME erreicht Platz 1 in England. Im Sommer heizen die 45er ›From Me To You‹ und ›She Loves You‹ die Beatlemania auf der Insel weiter an.
November 1963: Dem zweiten Album WITH THE BEATLES folgt die Single ›I Want To Hold Your Hand‹ – der Durchbruch in den USA.
Februar 1964: Die Beatles jetten in die Staaten, treten bei der „Ed Sullivan Show“ erstmals live im US-Fernsehen auf und brechen einen Rekord: Über 70 Millionen Amerikaner sehen zu.
April 1964: Noch ein Rekord, bis heute ungebrochen: Die Beatles belegen die ersten fünf Plätze der amerikanischen Singles-Charts.
Juli 1964: Nach triumphalen Tourneen durch die USA, Europa und Australien erscheint der vornehmlich in London gedrehte Film „A Hard Day’s Night“ samt Soundtrack.
September 1964: In New York lernen die Beatles Bob Dylan kennen – und dessen damals bevorzugte Droge Marihuana.
Dezember 1964: Das neue Album BEATLES FOR SALE wird veröffentlicht. Die Beatlemania ist schon längst ein weltweites Phänomen, befeuert von den zahllosen Konzerten und TV-Auftritten.
Das Merchandising floriert, vor allem in den USA wird allerlei Tinnef angeboten: Puppen, Trinkgläser und nicht zuletzt die „originalen Beatles-Perücken“.
August 1965: Nach Dreharbeiten in England, Österreich und auf den Bahamas: Der zweite Kinofilm „Help!“ samt Soundtrack erscheint. Im New Yorker Shea Stadium spielen die Fab Four vor 56.000 Zuschauern – das bislang größte Rockkonzert.
Oktober 1965: Aus der Hand von Königin Elizabeth II. erhalten die Beatles Orden für die Verdienste um Großbritanniens Außenhandel.
Dezember 1965: Das Album RUBBER SOUL läutet das Ende der „naiven“ Pop-Phase ein, die Texte werden introspektiver.
März 1966: Lennon äußert gegenüber einer Journalistin die Vermutung, die Beatles seien bei jungen Menschen zur Zeit populärer als Jesus Christus. In den US-Südstaaten werden daraufhin öffentlich Beatles-Platten verbrannt.
Juni 1966: Die Beatles kehren nach Deutschland zurück und absolvieren je zwei triumphale Shows in Hamburg, München und Essen. Anschließend geht’s direkt nach Tokio, wo drei Konzerte in der Budokan-Halle stattfinden. Japanische Traditionalisten protestieren gegen die „Entweihung“ der Kampfsport-Arena.
Juli 1966: Weil die Beatles eine Einladung der Diktatorengattin Imelda Marcos ausgeschlagen haben, endet ihr Besuch auf den Philippinen tumultös. Einheimische Sicherheitskräfte bedrohen die Beatles und konfiszieren die Konzerteinnahmen.
August 1966: Das Album REVOLVER unterstreicht die progressive Seite der Beatles. In San Francisco geht ihr letztes offizielles Konzert über die Bühne. Beatles-Tourneen gerieten zuletzt immer unberechenbarer und gefährlicher. Man will sich auf die Studioarbeit konzentrieren.
November 1966: In der Londoner „Indica Gallery“ lernt Lennon die japanische Happening-Künstlerin Yoko Ono kennen.
März 1967: Nach elf Nummer-1-Singles in Folge erreicht ›Penny Lane‹/›Strawberry Fields Forever‹ nur Platz 2 der britischen Charts. Die Band wird psychedelisch…
Juni 1967: …und veröffentlicht mit SGT. PEPPER’S LONELY HEARTS CLUB BAND einen Meilenstein der aufblühenden Hippiekultur. Von den Abbey-Road-Studios aus wird ›All You Need Is Love‹ live in die ganze Welt gesendet: als Englands Beitrag zur ersten global empfangbaren Satelliten-TV-Show „Our World“.
August 1967: Während die Beatles in Wales den Worten des indischen Gurus Maharishi Mahesh Yogi lauschen, stirbt Manager Brian Epstein in London an einer Überdosis Schlaftabletten. Epsteins ordnende Hand wird fortan schmerzlich vermisst.
Dezember 1967: Der surreale TV-Film „Magical Mystery Tour“ feiert in England Premiere – und wird von der Kritik äußerst verhalten aufgenommen. Der erste künstlerische Flop seit über vier Jahren.
Januar 1968: Gründung der Apple Corporation. Zur Beatles-Firma gehören ein Plattenlabel, der Handel mit Merchandisingartikeln sowie eine Modeboutique – und jede Menge Naivität in geschäftlichen Dingen.
Februar 1968: Die Beatles fliegen nach Rishikesh ins indische Meditationscamp des Maharishi Mahesh Yogi, Paul und Ringo reisen allerdings recht schnell wieder ab. Als der Guru die ebenfalls nach Erleuchtung suchende Schauspielerin Mia Farrow sexuell belästigt, kehren auch George und John entnervt zurück. Letzterer verfasst in Anspielung auf die Vorkommnisse den Song ›Sexy Sadie‹.
Juli 1968: Der Beatles-Zeichentrickfilm „Yellow Submarine“ kommt in die Kinos, der Soundtrack folgt etwas später. Die Apple-Boutique in der Londoner Baker Street meldet Konkurs an.
August 1968: Während der Aufnahmen des neuen Albums verlässt Ringo im Streit die Band. Er kehrt wenige Tage später zurück.
Dezember 1968: THE BEATLES, besser bekannt als „Weißes Album“, wird von der Kritik in den Himmel gelobt. Der Zusammenhalt bröckelt inzwischen aber schon bedenklich – das Doppelalbum wurde eher von vier Solisten als von einer Band eingespielt.
Januar 1969: Letzter gemeinsamer Auftritt der Beatles: Man spielt unangemeldet auf dem Dach des Londoner Apple-Hauptquartiers, bis die Polizei einschreitet. Die Aufnahmen zum neuen Album LET IT BE sorgen für weiteren Streit, Harrison verlässt kurzzeitig die Band. Die bereits fertigen Songs werden beiseite gelegt.
März 1969: John Lennon ehelicht Yoko Ono, Paul McCartney Linda Eastman. Allen Klein wurde kurz zuvor als neuer Beatles-Manager inthronisiert – sehr zum Ärger von Paul.
September 1969: Das neue Album ABBEY ROAD wird veröffentlicht. Nummer 1 in England und den USA.
Januar 1970: In den Abbey Road Studios findet die letzte Aufnahmesession der Beatles statt: George Harrisons ›I Me Mine‹.
März 1970: Produzent Phil Spector hinterlegt die Songs von LET IT BE mit Streichern und Chören, was erneut für Unstimmigkeiten sorgt.
April 1970: Paul McCartney gibt in einer Presseerklärung das Ende der Beatles bekannt.
Mai 1970: Das Album LET IT BE wird posthum veröffentlicht, der dazugehörige Film über die Aufnahmen feiert in London und Liverpool Premiere – und zeigt vier Typen in recht gespannter Atmosphäre.
2010: In den Ländern der westlichen Welt mit ihren seit Jahrzehnten vorliegenden, fundierten Verkaufsstatistiken konnten die Beatles bis heute knapp 242 Millionen Tonträger absetzen. Ihr weltweiter Tonträgerverkauf wird auf 600 Millionen bis eine Milliarde geschätzt. Ganz egal, welche Zahlen korrekt sind: The Beatles liegen immer vor Elvis Presley, Michael Jackson, Abba und anderen Großkalibern.