Titelstory: Brian Johnson – It’s A Long Way To The Top

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Titelstory: Brian Johnson – It’s A Long Way To The Top


Brian Johnson kam am 5. Oktober 1947 in Dunston, Gateshead, am Südufer des Tyne, auf die Welt. Sein Vater Alan hatte als Soldat im Zweiten Weltkrieg in Afrika und Italien gekämpft und arbeitete nach seiner Rückkehr nach Großbritannien in den Kohleminen des Nordens. Seine Mutter Esther hatte in Frascati, Italien, das Licht der Welt erblickt.

Der junge Brian war ein selbstbewusstes, kontaktfreudiges Kind, spielte leidenschaftlich am Schultheater und sang im Schulchor – der Zündfunke für seine Leidenschaft, auf der Bühne zu stehen. Und wie so viele Teenager Ende der 50er Jahre verfiel er bald dem amerikanischen Rock‘n‘Roll. Die Familie besaß zwar keinen Plattenspieler, doch er konnte sich lebhaft daran erinnern, zum ersten Mal Little Richard im Fernsehen gesehen zu haben: „Es war, als hätte jemand eine Handgranate in den Raum geworfen.“

Johnson war 15, als er begann, in lokalen Clubs aufzutreten. Die kurzlebige Band trug den seltsamen Namen The Gobi Desert Canoe Club und ihr Sänger wurde er aus reiner Not – er hatte schlicht kein Geld, um sich eine Gitarre oder ein Schlagzeug zu kaufen. Bald war die Gruppe ohnehin Ge­­schichte und der ehrgeizige Teenager erweiterte seinen Suchradius. Mit Gitarrist Vic Malcolm, geboren im benachbarten South Shields, Bassist Tom Hill und Drummer Brian Gibson (beide aus Gateshead) fand er junge Musiker, die ebenso hungrig und entschlossen waren, der überschaubaren Szene des Nordostens zu entfliehen, und gründete eine neue Band namens USA.

Eindeutig eine Absichtserklärung der jungen Truppe, aus jenem kleinen Kosmos auszubrechen, den sie als isoliert und rückständig betrachtete. Was es umso ironischer machte, als die erste Londoner Plattenfirma, die an­­reiste, um ihren hochdynamischen Hooligan-Rock unter die Lupe zu nehmen, darauf bestand, dass sich das Quartett lokalpatriotisch in Geordie umbenennen sollte – die Bezeichnung für Menschen aus Newcastle und Umgebung.

Die Zeitschrift „Sounds“ war vielleicht etwas zu gnadenlos, als sie Geordie als „ungezügelte Imitatoren von Slade“ bezeichnete. Andererseits kann man nicht von der Hand weisen, dass Johnsons heisere Raspelstimme über einem stampfenden Beat und Vic Malcolms mächtigen Riffs eine gewisse Ähnlichkeit mit Noddy Holder & Co. aufwies. Der Vergleich war jedenfalls gerechtfertigt bei der knackigen Debüt-Single ›Don‘t Do That‹, die im Dezember 1972 die britischen Top 40 erreichte und dem jungen Johnson die Chance eröffnete, bei „Top Of The Tops“ aufzutreten, der beliebtesten Musiksendung der Nation.

Ein Konzert im legendären Marquee in London zog ebenfalls die Aufmerksamkeit der Hauptstadtpresse auf sich. Tony Tyler bezeichnete Johnson im „New Musical Express“ als „den stärksten Charakter auf der Bühne“ und lobte ihn für „Aussehen und Al­­bernheit“ als die zwei entscheidenden Faktoren, mit denen die Band das notorisch schwer zu beeindruckende Londoner Publikum begeisterte. Eine hervorragende Kritik also, die zweifellos mitverantwortlich dafür war, dass Geordie bald an der Themse für Velvet Underground und Slade eröffnen durften und sogar als Vorgruppe von Chuck Berry nach Übersee fuhren.

Beflügelt von starken Rezensionen für das Debüt HOPE YOU LIKE IT, ging das Quartett reichlich selbstsicher in das Jahr 1973. Der Kritiker Ken Barnes von „Phonograph Record“ bezeichnete es als „sehr sympathisches Album“ und schrieb: „Geordie sind definitiv eine Band, die man im Auge behalten sollte. Man wird hier nichts Neues entdecken, aber das Gebotene wird einem gefallen“. Als die zweite Single Ende März sogar in die Top 10 schoss, traten sie erneut bei „Top Of The Pops“ auf und weckten das Interesse von The-Who-Frontmann Roger Daltrey, der ihnen Zeit im Studio versprach, um ihr raues, leicht entzündliches Talent zu verfeinern.

Im nächsten Monat kamen dann jene zwei Shows mit Fang, den Australiern, die aus der Asche von Bon Scotts vormaliger Formation Fraternity auferstanden waren. Das Konzert in Torquay sollte sich für beide Frontmänner als denkwürdig erweisen. „Ich hatte eine furchtbare Blinddarmentzündung, fiel auf meine Seite und stöhnte vor Schmerz“, erinnerte sich Johnson. „Aber ich sang weiter. Offenbar sagte Bon den Jungs, als er bei AC/DC einstieg: ‚Ich habe diesen Typen Brian Johnson singen gesehen und er war super. Er lag auf dem Boden, trat um sich und schrie – was für eine Show!‘ Aber natürlich war es keine Show. Ich war wirklich krank!“

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