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Rückblende: Ozzy Osbournes ›Crazy Train‹

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Rückblende: Ozzy Osbournes ›Crazy Train‹

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Nach seinem Rauswurf bei Black Sabbath 1979 schob sich Ozzy mit einer ziemlich verrückten Rocknummer selbst wieder vom Abstellgleis. Für ihn sind damit die besten, aber auch die schlimmsten Erinnerungen verbunden. Bitte einsteigen!

Sommer 1979. Das schillernde Le Parc Hotel in West Hollywood hat einen unangenehmen Gast. In den
Monaten, seit ihn Black Sabbath vor die Tür setzten, hat sich Ozzy Osbourne hier in einer Suite eingenistet, die er sich kaum leisten kann, konsumiert „kistenweise Bier“ und fühlt sich „höllisch unglücklich“. Berichte über den Zustand des Sängers dringen nur sporadisch nach außen – sein regelmäßigster Gast ist sein Dealer –, doch das Gerücht lautet, dass nicht nur seine Karriere am Ende sei, sondern vermutlich auch bald sein Leben. „Ich glaubte wirklich: Das ist das fucking Ende für mich“, sagte er 2010. „Ich war gefeuert worden, berauschte mich jeden Tag und ging nie nach draußen. Ich öffnete nicht mal die Vorhänge.“

Die Meinungen sind geteilt über die Ursprünge der Band, die Ozzy wiederauferstehen ließ. In seiner Erinnerung war es so: „Eines Morgens kam Sharon einfach vorbei und sagte zu mir: ‚Krieg deinen Scheiß auf die Reihe, ich werde dich managen‘. Als sie auf den Plan trat, kamen die Dinge ins Rollen.“ Doch Bassist und CoSongwriter Bob Daisley erinnert sich an eine andere Abfolge der Geschehnisse und besteht darauf, dass Ozzys zukünftige Frau „rein gar nichts damit zu tun hatte“ und dass er ein Line-up mitbegründete, das als eine Band aus gleichberechtigten Musikern geplant war, nicht als Vehikel für
einen Star („Es war nicht ‚die OzzyOsbourne-Soloplatte‘“, sagte er, „das ist Schwachsinn.“). Doch keine der beiden Seiten leugnet den Einfluss des kalifornischen Gitarristen Randy Rhoads.

Daisly erinnert sich an den einstigen Gitarristen von Quiet Riot bei ihrem ersten Treffen in den Büros von Jet Records, Ende 1979, als äußerst schmächtigen Mann. „Ich komme herein und sehe diesen jungen Typen. Seine Klamotten lagen sehr eng an, sein Haar sah perfekt aus und seine Fingernägel wie nach einer Maniküre.“ Doch der Eindruck täuschte. Rhoads hatte eine ungestüme neoklassische Gitarrentechnik im Gepäck – und ein unwiderstehliches Riff, das die erste Songwriting-Session der Band sofort abheben ließ. Ungewöhnlicherweise war das Lick von ›Crazy Train‹ nicht in den üblichen Metal-Noten A oder E.

Es war das erste Mal, dass ein Gitarrist etwas speziell auf Ozzys doomiges Wehklagen zugeschnitten hatte. „Bei Sabbath“, erinnerte sich der, „schrieben sie einfach irgendwas und sagten dann: ‚Sing da mal drüber‘. Randy war der Erste, der es mir angenehm machte.“ Jahre später kamen Zweifel über die
Urheberschaft des ›Crazy Train‹-Riffs auf („Wir hingen ab und ich spielte Randy das Riff von Steve Millers ›Swingtown‹ vor“, so Greg Leon von Quiet Riot. „Ich sagte: ‚Sieh mal, was passiert, wenn du das beschleunigst‘. Wir spielten ein bisschen damit rum, und plötzlich hatte er das auf ein völlig anderes Niveau gehoben.“).

Daisley besteht jedoch darauf: „Dieses unverwechselbare Fis-moll-Riff aus ›Crazy Train‹ kam von Randy, dann schrieb ich den Part, auf den er sein Solo spielen sollte, und Ozzy hatte die Gesangsmelodie. Der Titel kam auf, weil Randy diesen Effekt hatte, der dieses psychedelische Rattern durch die Verstärker erzeugte. Randy und ich interessierten uns beide sehr für Eisenbahnen und ich sagte: ‚Das klingt wie ein verrückter Zug‘. Ozzy hatte diesen Ausdruck ‚You’re off the rails!’, also benutzte ich ihn im Text.“ Unter dem Stampfen pumpender Kolben in den Strophen befasste sich der Text von ›Crazy Train‹ jedoch mit gewichtigeren Themen als außer Kontrolle geratenen Zügen. Wie ein Echo von Geezer Butlers Beobachtungen auf Sabbaths ›War Pigs‹ transportierte dieser neue Song eine Anti-Konflikt-Botschaft, vor allem in der letzten Strophe, in der es hieß: „Heirs of a cold war, that’s we’ve become/Inheriting troubles, I’m mentally numb“.


Nach erfolgreichen Proben im Clearwell Castle in der Grafschaft Gloucestershire begannen im März
1980 die Aufnahmen zu Ozzys neuem Album BLIZZARD OF OZZ in den Ridge Farm Studios in Surrey. Daisly bekam aufgrund seines Perfektionismus den Spitznamen „Sid Serious“ verliehen, doch Ozzys Verhalten war schwerer festzumachen. „Er fing ziemlich nüchtern an und nahm wohl ein Flasche Scotch mit rein“, erzählte Tontechniker Max Norman. „Während wir einen Song aufnahmen, nippte er immer wieder an einem Scotch … Und wenn er mitten in einem Take pissen musste, tat er das einfach an Ort und Stelle auf den Boden.“ Im Gegensatz dazu war Rhoads absolut nüchtern und extrem konzentriert, als es an die Aufnahmen des mächtigen Solos auf ›Crazy Train‹ ging, und spielte drei fast identische Läufe der zackig-aggressiven Passage ein. „Wenn man wirklich genau hinhört“, so Norman, „stellt man fest, dass da eine Hauptgitarre in der Mitte ist und zwei weitere, die exakt dasselbe spielen, aber nach links und rechts ausgesteuert. Doch man hört das nur als eine Gitarre. Wenn es darum ging, Solo-Overdubs einzuspielen, war Randy der Beste, den ich je erlebte habe. Er haute mich wirklich immer wieder um.“

›Crazy Train‹ erschien 1980 als Single und wurde nur zu einem kleineren Hit in den Charts (Platz 49 in Großbritannien), doch zu einem Highlight der BLIZZARD OF OZZ-Tournee, die Ozzy aus seinem Tal der Tränen zog. Sein Einfluss auf die Gitarrenszene war unermesslich. „Ich weiß noch, wie ich zum ersten Mal Randy hörte“, sagt Tom Morello, Gitarrist von Rage Against The Machine. „Es war in Libertyville, ich
saß auf dem Rücksitz des Kleinwagens von irgendjemandens Mom und dann lief ›Crazy Train‹. Dieses umwerfende Riff stürmte auf mich zu, gefolgt von diesem krassen Solo, und natürlich war da Ozzy – ich erkannte ihn an seiner Stimme als den Typen von Black Sabbath. Am Ende dachte ich nur noch: ‚Was ist hier gerade passiert?‘ Randy war der beste Hardrockgitarrist aller Zeiten.“

Aber leider nicht lange. Nach dem tragischen Flugzeugabsturz im März 1982, der Rhoads und zwei
andere Menschen das Leben kostete, geriet der Song zu einem bittersüßen Moment in Ozzys Katalog. Erst kürzlich wurde seine emotionale Sprengkraft schmerzhaft sichtbar in einer Folge der Vater-und-Sohn-Reise „Ozzy And Jack’s World Detour“ von 2016, in der Ozzy völlig schockiert dasitzt, als er ein lange verschollen geglaubtes und noch nicht abgemischtes Master-Tonband des Songs hörte, der ihn rettete. „Ich erinnere mich daran, wie viel Spaß wir dabei hatten, ›Crazy Train‹ zu schreiben und aufzunehmen“, sagt er in die Kamera. „Das jetzt anzuhören, ist wie in eine gute Zeit zurückzukehren, aber gleichzeitig auch in eine wirklich schreckliche.“

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