Orchid & Free Fall: München, Backstage Halle

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Orchid & Free Fall: München, Backstage Halle

IMG_5568Doom vs. Rock’n’Roll

Eigentlich war eine doppelte Portion Doom Metal für diesen Abend geplant. Doch Witchcraft, die ursprünglich als Headliner vorgesehen waren, mussten ihre gemeinsame Tour mit den Freedom-Rockern von Free Fall und ihren kalifornischen Doom-Kollegen von Orchid absagen. Dafür rückten die beiden letztgenannten Bands eine Position nach oben, als Support durften nun Troubled Horse fungieren.

Nach deren Aufwärm-Show in der trotz der Line-up-Änderung sehr gut gefüllten Halle stellen sich nun Free Fall vor. Während die Band bislang nur einem kleinen Kreis von Rockfans ein Begriff sein dürfte, sind einige ihrer Mitglieder alte Bekannte in der Schwed’n’Roll-Szene, schließlich wurden Free Fall gemeinsam von Schlagzeuger Ludwig Dahlberg (ehemals The International Noise Conspiracy), dessen Spiel an diesem Abend aus einer Mischung von Charlie Watts und John Bonham erinnert, und Ex-The-Soundtrack-Of-Our-Lives-Gitarrist Mattias Bärjed, der mit seiner Windmühlentechnik Pete Townshend ins Leben gerufen. Am Ende ihres rund einstündigen Sets ist es aber vor allem Sänger Kim Fransson, der mehr als einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben dürfte. Mit seiner kreischenden, doch kraftvollen und dynamischen Stimme erinnert Fransson, der einige Zeit des Auftritts auf dem Bühnenboden kniend und liegend verbringt, beinahe an Bon Scott. Zusätzlich verfügt er aber über eine ganz individuelle Stimmfärbung. Gemeinsam geben Free Fall ein (Klang-)Bild ab, das ausgesprochen groß wirkt und dem Publikum das Wort ROCK’N’ROLL in großen Lettern auf die Stirn stempelt. Trotz einiger The-Who-, Led-Zeppelin-, UFO- und AC/DC-Anleihen zeigen Free Fall eine großes Maß an Originalität und Kreativität, das auch in minutenlangen Jam-Parts zum Ausdruck kommt.

Beim Stichwort Originalität fällt der Übergang zum Hauptact leider leicht. Denn während Orchid eigentlich eine musikalisch hochwertige und anständige Doom-Metal-Show abliefern, geht ihre mimische und gestische Heldenverehrung doch fast zu weit. Nach einigen Minuten fallen einem erstmals vereinzelte Ähnlichkeiten zwischen dem Nachwuchs aus San Francisco und Black Sabbath auf. Song für Song werden diese eindeutiger, bis das Gehabe von Orchid letztlich vom eigentlichen Songmaterial abzulenken vermag: Sänger Theo Mindell hält sich doch tatsächlich wie der Prince of Darkness persönlich beidarmig mit gebeugtem Rücken an seinem Mikrofonständer fest und versucht zudem, Ozzys arhythmisches Kopfwippen und Klatschen zu imitieren. Mark Thomas Baker schmückt sich mit einer weinroten Gibson SG, die nicht nur so aussieht wie Tony Iommis Lieblingsgitarre, sondern auch so klingt. Hoffentlich hat sich der Arme aus Perfektionismus nicht auch noch zwei Fingerkuppen abgeschnitten! Auch Bassist Keith Nickel war ein aufmerksamer Bewunderer und beherrscht Geezer Butlers Fingertechnik beinahe perfekt!

Großer Vorteil für Orchid: Der anständige Doomer headbangt möglichst ohne Pause und so spielt die Optik dank Langhaarvorhang kaum eine Rolle. Was übrig bleibt, ist eine ausgezeichnet klingende Band.

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