So schnell kann’s gehen: Im Februar 1980 schraubt Brian Johnson noch an Autos herum, doch schon einen Monat später singt er für AC/DC eine Platte ein, die das meistverkaufte Rock-Album aller Zeiten werden soll. Ihr Titel: Back In Black.
Es ist März 1980 – bald wird sich Brian Johnsons Leben für immer verändern. Doch davon ahnt er nichts. Im Moment ist das neue Jahrzehnt für ihn noch alles andere als hoffnungsvoll. Er ist 32 Jahre alt, frisch getrennt, wohnt wieder bei seinen Eltern in Gateshead, und sein kleiner Reparaturservice für Sportwägen läuft mehr schlecht als recht.
Dabei hat zu diesem Zeitpunkt Johnson schon eine respektable Rock-Karriere hingelegt: In den frühen Siebzigern gilt seine Band Geordie als Newcastles Antwort auf Noddy Holden, den raubeinigen Rock-Helden, dessen Stimme eher an das Nebelhorn einer Fähre als an einen ausgebildeten Sänger erinnert. Geordie schwimmen mit ihrem rohen Glam-Sound auf einer ähnlichen Welle, und zwar mit respektablem Erfolg. Sie ziehen einen Deal mit EMI an Land und können 1973 mit der stampfenden Hymne ›All Because Of You‹ sogar die britischen Top Ten knacken. Doch im Gegensatz zu Noddy Holden und Slade sind Geordie nicht dafür gemacht, in der ersten Riff-Liga zu spielen. Die Songs werden lahmer und lahmer, die Band verliert ihren Plattenvertrag und muss in immer kleineren Kneipen auftreten. Schließlich fassen sich die Musiker ein Herz und beenden das Drama.
„Als ich Geordie verlassen habe“, erinnert sich Johnson heute, „war ich total abgebrannt. Ich hatte nichts, rein gar nichts. Noch dazu musste ich Unterhalt für meine beiden Kinder bezahlen. Mein Auto war ein 14 Jahre alter, klappriger VW Käfer.“
Der Sänger schafft es dennoch, ein paar Pfund zusammenzukratzen, um eine Firma zu gründen. Sein neuer Job besteht darin, Windschutzscheiben auszutauschen oder Kunststoff-Verdecke auf schnittige Sportkarren zu schrauben. Doch Johnson macht das nichts aus, denn neben Rock’n’Roll sind Autos seine zweite große Liebe. Zudem hat er noch Zeit für die Musik: Er singt bei den reanimierten Geordie II, und selbst wenn die Gage nur für ein paar Bier im Pub reicht, ist er doch zufrieden. Den Traum vom Leben als international umjubelter Rockstar hat er ausgeträumt. Er weiß schon damals, dass Geordie zwar live ordentlich Gas geben, aber keine Studio-Band sind. Und er weiß auch, dass es im Musikbusiness selten eine zweite Chance gibt.
Daher entscheidet er sich dafür, den Spaß in den Vordergrund zu stellen. Geordie hauen nicht nur auf die Zwölf, sondern lassen Kabarett-Elemente in ihre Shows mit einfließen. „Comedy war ein wichtiger Bestandteil unseres Sets“, so Johnson, „doch wir konnten auch richtig losrocken. Bei einem Song im Set flippten die Leute immer total aus. Es war ein Cover von einer australischen Band, die in den späten Siebzigern für Furore gesorgt hat.“ Der Name der Truppe: AC/DC. „Ich wusste nur wenig über sie“, gibt der Sänger zu. „Aber jeder, wirklich jeder hat mir von ihnen vorgeschwärmt. Alle mochten sie! Daher haben wir ›Whole Lotta Rosie‹ immer am Ende des Sets gespielt, wenn die Stimmung noch mal richtig hochgekocht ist!“ Brian liebt den Song. Und er liebt die Auftritte mit Geordie. Doch ihm ist klar, dass er wohl nie wieder die Gelegenheit haben wird, vor einem großen Publikum aufzutreten. „Ich war damals schon uralt. 32 Jahre! Das ist jenseits des Haltbarkeitsdatums eines Rockers…“
Doch dann klingelt Brian Johnsons Telefon. Eine Dame ist dran, sie hat einen deutschen Akzent. Brian wird zum Vorsingen eingeladen. Eine Band sucht einen neuen Sänger, und er ist empfohlen worden. Johnson soll nach London kommen. Er weigert sich. Bevor er eine Reise in die Hauptstadt antrete, argumentiert er, möchte er wissen, für wen er überhaupt arbeiten solle. Die Frau am Telefon darf es ihm nicht verraten. Doch er bohrt nach, bittet zumindest um die Initialen der Band. Stille. Dann kommt die Antwort: „Okay, sie lauten A, C, D, C…“