Zeitzeichen: The Police – ›Every Breath You Take‹

-

Zeitzeichen: The Police – ›Every Breath You Take‹

Wer die Dynamik des Trios The Police etwas genauer ansieht, wird gerade in der Endphase ein ziemliches Chaos mit zu vielen Ego-Befindlichkeiten bemerken. Stewart Copeland, Andy Summers und Sting waren zwar auf dem Papier eine Band, aber hinter den Kulissen herrschte ein unbändiger Kleinkrieg, der von drei zickigen Charakterköpfen geführt wurde. Gegenseitige Standpunkte wurden allerdings schon in den Anfangstagen der Band ständig in die Länge gezogen und einfache Gespräche endeten zu oft in hitzigen Debatten. Selbst bei der Gründung der Band im Jahr 1977 gab es Meinungsverschiedenheiten, die jedoch nie offen ausgesprochen wurden: „Stewart wollte die Band unbedingt The Police nennen. Ich hasste den Namen, sagte dazu aber nichts weiter“, schrieb Sting in seiner Biographie. Doch natürlich gärte die Unzufriedenheit und köchelte langsam in ihm, wie in einem Vulkan. Copeland und Summers waren oftmals frustriert über Stings Alleingänge und dass er wie ein Gutsherr die Kontrolle über das Songwriting an sich riss – und dabei die beiden anderen fast wie Knechte behandelte.

Ganz besonders giftig war die Beziehung zwischen Schlagzeuger und Sänger. Beim Aufnahmeprozess von ›Every Breath You Take‹ konnte keiner der beiden den anderen im Studio ertragen. Es folgte ein hässlicher Kleinkrieg: Am Morgen fügte Copeland dem Song Schlagzeugparts hinzu. Am Nachmittag löschte Sting sie. So mar-kierte dieser Single-Hit sowohl den Höhepunkt als auch das Ende von The Police. Im Mai 1983 erschien er als erste Auskopplung von SYNCHRONICITY und wurde in der Folgezeit ihr größter Hit. Einen Monat später erschien das Album und verkaufte allein in den USA mehr als acht Millionen Exemplare. Nachdem die drei auf Tournee gegangen waren, um das Album zu promoten, konnten sie sich ab 1984 endgültig nicht mehr ausstehen. Die Band zerbrach und jeder suchte sich einen neuen Weg. Trotz späterer Wiedervereinigungen waren sie als Schöpfer von Songs, die zwischen spannenden Improvisationsparts, Rock- und Pop-Fragmenten schwankten, komplett erledigt.

In der Retrospektive konnte Sting für sich selbst analysieren, dass die dynamische Mischung aus menschlichen Schwächen, Ego-Film, Stänkereien und beruflichem Erfolg in der Endphase von The Police die Antriebsfeder für sein Leben war. Dazu schlitterte der Frontmann auch auf privater Ebene in eine Sackgasse, denn seine Ehe mit Frances Tomelty war ebenfalls gescheitert. Sie und Sting heirateten im Jahr 1976, zwei Jahre, nachdem sie sich kennengelernt hatten. Sting verließ Frances, nachdem er mit der Schauspielerin Trudie Styler eine Affäre begonnen hatte. Eigentlich wollte Sting die Trennung mit ›Every Breath You Take‹ verarbeiteten, in dem sich sein lyrisches Ich im Songtext als Stalker stilisiert. Doch viel mehr steht sein fanatisches und fast pathologisches Kontrollfreak-Syndrom für das Ende von The Police.

Sting sagt aus heutiger Perspektive über ›Every Breath You Take‹: „Nachdem ich diesen Song geschrieben hatte, war mir zuerst nicht so richtig klar, in welch düsteren Zuständen ich mich damals befand. Meine ursprüngliche Absicht war es eigentlich, ein romantisches Lied zu schreiben. Der Text sollte verführerisch, packend und warm sein. Viel später bemerkte ich erst, wie sehr die dunkle Seite meiner Persönlichkeit unbewusst in diese Zeilen kam. Mir war damals nicht bewusst, was ich für ein eifersüchtiger Kontrollfreak sein kann, der absolut falsch mit Werten wie Macht und Würde umgeht. Mir wurde erst viel später klar, in welch einer schwierigen Zeit ich diesen Song geschrieben hatte.“

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Das Neueste

Yoshiki: Kinopremiere von “YOSHIKI: Under The Sky”

Yoshiki ist wohl der größte Superstar, den Japan jemals hervorgebracht hat. Der Künstler ist Komponist, klassisch ausgebildeter Pianist, sowie...

Killing Joke: Kevin “Geordie” Walker verstorben

Kevin "Geordie" Walker ist im Alter von 64 Jahren in Prag verstorben, nachdem er zwei Tage zuvor einen schweren...

Video der Woche: Tina Turner ›We Don’t Need Another Hero‹

Rock-Röhre Tina Turner wäre heute 84 Jahre alt geworden. Wir erheben unser Glas Richtung Rockhimmel und gratulieren. In den 80er...

Dokken: Durch die Tragödie zum Triumph

Don Dokken sitzt in Plauderstimmung in seinem Wohnzimmer in einer umgebauten Kirche in Santa Fe. „Ich musste die ganzen...

Ludwig Hart: Neue Single ›Less I Try‹

Nach mehreren ausverkauften Tourneen in Schweden, jeder Menge Auftritte im Fernsehen und Rotationen im Radio wird der schwedische Künstler...

Rock-Mythen: Freddie Mercury – Chronik eines angekündigten Todes

Der Planet Pop stand unter Schock: Am Morgen des 25. November 1991 ging die Meldung vom Tod des charismatischen...

Pflichtlektüre

Ritchie Blackmore: Rainbow-Comeback bei Monsters Of Rock

Beim Monsters Of Rock-Festival im Juni 2016 wird Ritchie...

Video der Woche: George Harrison ›My Sweet Lord‹

Wir möchten auf George Harrison anstoßen. Der "stille Beatle"...

Das könnte dir auch gefallen
Für dich empfohlen