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Werkschau: The Band

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Werkschau: The Band

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The Band waren ein Paradoxon. Vier der fünf Mitglieder waren Kanadier, und dennoch gelang es ihnen, einen ländlichen amerikanischen Mythos zu verkörpern wie niemand davor oder seither. Ihre Beschwörungen einer imaginären Vergangenheit wurzeln in einer Erzähltradition, die aus dem Country, Blues, R&B, Gospel, Soul und Rockabilly stammt. Ebenso erstaunlich ist, dass sie als öffentlichkeits-scheue Typen, getrieben hauptsächlich von ihrem Schaffensdrang, zu Superstars in ihrer Wahlheimat USA aufstiegen und sich mit einer der schillerndsten Rockshows aller Zeiten verabschiedeten. „Es war eine verrückte Reise, eine unglaubliche Reise“, erzählte Hauptsongwriter und Gitarrist Robbie Robertson uns 2019 im Rückblick auf die manchmal schwierige Laufbahn von The Band. „Und eine gefährliche Reise.“ Los ging es Anfang der 60er Jahre, als ein junges Quintett – Robertson, Schlagzeuger Levon Helm, Gitarrist Rick Danko, Pianist Richard Manuel und Organist Garth Hudson – noch unter dem Namen The Hawks durch die Spelunken und Bars in Kanada tingelte, und zwar als Backingband von Rockabilly Sänger Ronnie Hawkins. 1965 erfüllten sie dann dieselbe Funktion für Bob Dylan. Dieses Verhältnis führte zu zwanglosen Jamsessions in Woodstock (später als THE BASEMENT TAPES veröffentlicht), bevor The Band 1968 mit MUSIC FROM BIG PINK eigene Wege gingen. Das Album wurde zur Blaupause für ihre gesamte weitere Karriere: makelloses Zusammenspiel, heimelige Grooves und drei unverkennbare Leadstimmen.

Der Höhepunkt kam schon früh – das selbstbetitelte Werk von 1969 war der nahe zu perfekte Ausdruck ihrer kreativen Vision. Doch das hatte seinen Preis. Der riesige Erfolg der Platte brachte Ruhm und Wohlstand, aber auch die damit einhergehenden Selbstzweifel, Kontrollprobleme und eine (für mindestens drei Mitglieder) massive Drogensucht. Die folgenden Jahre liefen denn auch durchwachsen. Die bandinternen Verhältnisse waren zunehmend vergiftet, die Verkaufszahlen befanden sich im Sturzflug, doch man fand schließlich noch mal die Kraft für ein letztes Hurra im Studio: das hervorragende NORTHERN LIGHTS – SOUTHERN CROSS von 1975. Ein Jahr später folgte mit „The Last Waltz“ das letzte Konzert, ein riesiges Live Spektakel mit einer langen Liste berühmter Gäste. 1983 kam es zu einer Reunion, allerdings ohne Robertson. Drei Jahre später nahm sich Manuel, immer noch suchtgeplagt, das Leben. Die verbliebenen Mitglieder fanden Ende der 80er mit Aushilfsmusikern erneut zusammen und machten noch drei weitere Studioalben, bis sie 1998 nach JUBILATION endgültig den Schlussstrich zogen. „Zu unseren besten Zeiten waren wir wie niemand sonst auf der Welt, wir hatten etwas mit ganz eigener Identität und eigenem Charakter geschaffen“, so Robertson. „Und das war das Ziel, das wir uns gesetzt hatten.“

Unverzichtbar

MUSIC FROM BIG PINK
CAPITOL, 1968

Das wagemutige Debüt, entstanden in Woodstock in dem titelgebenden Haus, schwamm konsequent gegen den damaligen Strom der Psychedelik. Die lose Spontaneität von THE BASEMENT TAPES wurde hier zu einer Neuinterpretation ländlicher amerikanischer Traditionen raffiniert. Bob Dylan malte das Bild auf dem Cover und war auch an drei Songs beteiligt, doch die überragenden Originale stellen alles andere in den Schatten. Robbie Robertsons ›The Weight‹, ›To Kingdom Come‹, ›Caledonia Mission‹ und ›Chest Fever‹ kündigten die Ankunft einer echten Songwriting-Macht an. Das Album wurde zu einem gewichtigen Einfluss für viele Zeitgenossen – angeblich veranlasste es sogar Eric Clapton dazu, Cream aufzulösen.

THE BAND
CAPITOL, 1969

Der Nachfolger wurde an der Westküste aufgenommen, wo The Band die intime Atmosphäre von BIG PINK nachempfinden wollten, indem sie das Poolhaus von Sammy Davis Jr. in ein provisorisches Studio verwandelten. Heraus kam ein absolutes Meisterwerk. Robertson etablierte sich hier als Chef und besetzte seine Bandkollegen in Gesangsrollen, die perfekt zum Wesen der Songs passten, die tief in eine reiche, semi-mythologische Vergangenheit zurückreichen: Manuel brilliert auf ›Across The Great Divide‹, Helm war nie so stark wie auf dem Bürgerkriegs-Klagelied ›The Night They Drove Old Dixie Down‹. Eine makellose Mixtur aus Blues, Soul, R&B und mehr, eine eherne Referenz für alle Americana-Acts, die folgten.

Wunderbar

STAGE FRIGHT
CAPITOL, 1970

Das geplante Konzert im Playhouse-Theater in Woodstock war von den örtlichen Behörden untersagt worden, die so bald nach dem Festival von 1969 eine weitere Hippie-Invasion fürchteten. The Band wandelten den Saal kurzerhand in ein Studio um. Doch was zunächst als positive Rock‘n‘Roll-Platte konzipiert war, nahm textlich eine dunklere Wendung, was einige der Probleme widerspiegelte, die sich in der Gruppe zu zeigen begannen – Helm, Danko und Manuel experimentierten mit Heroin. Die Songs waren jedoch oft grandios, vor allem das Titelstück mit heldenhaftem Gesang von Danko. Es drückte perfekt die Zweifel aus, die das Quintett über seinen neugewonnenen Ruhm empfand.

NORTHERN LIGHTS – SOUTHERN CROSS
CAPITOL, 1975

Das erste Album von The Band, das komplett von Robertson geschrieben wurde, und das erste, das sie in ihrem neuen Studio in Malibu aufnahmen, gebaut nach der Arena-Tournee mit Bob Dylan 1974. Die Highlights sind drei absolut unantastbare Klassiker: ›It Makes No Difference‹ mit einem von Robertsons besten Gitarrensoli und fantastischem Gesang von Danko, ›Ophelia‹ mit seinem wunderbar altmodischen Dixieland-Vibe und das exquisite ›Acadian Driftwood‹, das sich vor nichts in ihrem Katalog verstecken muss. Die drei Stücke wurden erst recht unsterblich, als die Gruppe sie im Jahr darauf beim legendären „The Last Waltz“ spielte.

THE BASEMENT TAPES
COLUMBIA, 1975

Die Aufnahmen von Bob Dylan und The Band im Big Pink von 1967 wurden acht Jahre später endlich offiziell veröffentlicht. Aus den spontanen Sessions waren über 100 Songs hervorgegangen, die sich beim reichen Americana-Erbe aus Ur-Blues, Folk, Jazz und Country bedienten, um etwas Mächtiges, Elementares und wunderbar Seltsames zu kreieren. ›This Wheel‘s On Fire‹, ›Too Much Of Nothing‹ und ›You Ain‘t Goin‘ Nowhere‹ waren schon durch vorangegangene Coverversionen anderer Acts bekannt geworden und nahmen ihren Platz neben weniger vertrauten Höhepunkten ein. Der Kritiker Greil Marcus brachte es auf den Punkt, als er die Platte als den Inbegriff des „alten, schrägen Amerikas“ bezeichnete.

THE LAST WALTZ
WARNER BROS., 1978

Mit ROCK OF AGES hatten sie 1972 ihren ersten Erfolg gewürdigt, doch ihr zweiter Live-Mitschnitt war die Siegerrunde um eine ganze Karriere. Der Soundtrack zu Martin Scorseses gleichnamigem Konzertfilm ist eine berauschende Mixtur aus Stimmungen und Stilrichtungen. Dazu kam eine Legion von Gästen, etwa der frühe Mentor Ronnie Hawkins, der ehemalige Arbeitgeber Bob Dylan und Zeitgenossen wie Neil Young, Joni Mitchell, Eric Clapton und mehr. Der euphorische Geist der Veranstaltung trieft aus jeder Rille, doch letztlich ist es Levon Helms bemerkenswerter Gesang auf dem schmerzhaften ›The Night They Drove Old Dixie Down‹, der hier allen die Schau stiehlt.

Anhörbar

CAHOOTS
CAPITOL, 1971

Auf der vierten Platte sind die Bruchlinien offensichtlich. Das Hauptproblem war, dass Robertson immer mehr die Kontrolle übernahm. Die fehlende Kameradschaft zeigte sich in der Rastlosigkeit mehrerer Songs (vor allem ›Where Do We Go From Here?‹), doch letztendlich retteten ein paar Klassiker-Momente das Album. Danko und Helm teilen sich den Gesang auf dem majestätischen ›Life Is A Carnival‹, dem das überragende Bläserarrangement von Allen Toussaint Flügel verleiht. Dylans ›When I Paint My Masterpiece‹ ist ein subtiles Wunderwerk und der Woodstock-Nachbar Van Morrison liefert sich auf dem kernigen ›4% Pantomime‹ ein Duell mit Manuel. Es sollten vier Jahre vergehen, bis The Band ihre nächsten Originalkompositionen ablieferten.

JERICHO
RHINO, 1993

In den 17 Jahren, seit sich The Band mit „The Last Waltz“ verabschiedet hatten, war so einiges passiert. Robertson war Anfang der 80er zugunsten einer Solokarriere und mehrerer Hollywood-Soundtracks ausgestiegen. Ein paar Jahre später folgte Manuels tragischer Selbstmord. Die verbliebenen Mitglieder taten sich für dieses Studio-Comeback in neuem Line-up mit einer ganzen Reihe prominenter Gäste zusammen. Manuel ist im Geiste dabei, denn sein altersweiser Gesang aus ›Country Boy‹ (zuvor von Sam Cooke und Don Williams aufgenommen) wurde aus abgebrochenen Sessions von 1985 herübergerettet. An anderer Stelle bewiesen The Band erneut ihr Talent für die Interpretation rootsiger Songs von Dylan, Springsteen, Willie Dixon, Muddy Waters und anderen.

Sonderbar

HIGH ON THE HOG
RHINO, 1996

Ein wirklich schlechtes Album von The Band gibt es nicht, doch beim vorletzten nahmen sie es in Sachen Qualitätskontrolle etwas lockerer als davor. Hier verließen sie sich etwas zu sehr auf Cover, und Tracks wie ›The High Price Of Love‹, ›Ramble Jungle‹ (mit Gastgesang von Champion Jack Dupree) und ›Free Your Mind‹ sind alles andere als unverzichtbar. Das grauenhafte Artwork hilft auch nicht unbedingt – ein fieses, Zigarre schmauchendes Schwein zählt seine Geldbündel. Dafür ist ›She Knows‹, eine Live- Aufnahme von Richard Manuel aus dem Jahr 1986, ein bewegender Schatz, ebenso wie die Fassung von Dylans ›Forever Young‹, aufgenommen als Hommage an Grateful-Dead-Anführer Jerry Garcia, der während der Sessions verstorben war.

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