Der Entstehungsort des Comeback-Albums war weit entfernt von der grauen Kälte in London und den düsteren Vibes um Bons Tod: Nassau, auf der Insel New Providence auf den Bahamas, war ein Tropenparadies. Johnson sagte dem „Record Mirror“: „Tatsächlich ist es ziemlich schwer, auf den Bahamas aufzunehmen. Man will ja eigentlich nur am Strand rumliegen. Und man bekommt kein anständiges Bier“. Dann fügte er augenzwinkernd hinzu: „Irgendwie haben wir uns damit abgefunden“.
Was die Band nach Nassau brachte, war das Kaliber der Compass Point Studios, einer Einrichtung auf Weltklasseniveau, die Island-Records-Gründer Chris Blackwell etabliert hatte. Laut Tony Platt, dem Tontechniker, der an der Seite von Produzent Robert „Mutt“ Lange arbeitete, war es außerdem gesünder für die Band, an einem so abgelegenen Ort zu sein, fernab der Ablenkungen von London oder Sydney. „Das half, alle zusammenzubringen“, so Platt.
An den Tracks, die in Nassau aufgenommen wurden, war etwas anders als bei vorigen AC/DC-Alben, und nicht nur, weil es einen neuen Sänger gab. Die Musik war alles andere als dezent, die Veränderung darin jedoch sehr wohl. Die Essenz von AC/DC – harte Riffs, schwere Grooves – blieb erhalten, doch der Ton hatte sich etwas verschoben. Es war immer noch Rock’n’Roll, aber mit mehr Heavy-Metal-Einschlag. Und das, was Mutt Lange schon bei HIGHWAY TO HELL begonnen hatte – ein bisschen mehr Glanz, ohne die volle Power anzutasten –, kam hier vollends zur Geltung. Der Sound war gigantisch und ganz oben stand Johnsons Stimme, die an ihre Grenze geführt wurde.
Einige der Tracks waren unglaublich schlicht: aus der Hüfte geschossene Nummern wie ›Have A Drink On Me‹, ›What Do You Do For Money Honey‹, ›Given The Dog A Bone‹ und das frenetische ›Shake A Leg‹. An anderer Stelle kam jedoch etwas mehr Anspruch ins Spiel. Das Titelstück mit seinem Intro einer tickenden Zeitbombe und den sich verschraubenden Riffs, das schwelende ›Let Me Put My Love Into You‹ und ›Shoot To Thrill‹ mit seinem funky Breakdown. ›You Shook Me All Night Long‹ war ein Rocksong wie fürs Radio gemacht mit dem klingelnden Intro, dem eingängigen Riff, dem heftigen Groove und dem Mitgröhl-Refrain. ›Hells Bells‹ wiederum fühlte sich episch an und verströmte eine Gravitas, wie man sie von AC/DC zuvor nicht gekannt hatte. Die läutende Glocke ging in ein langsames, allmächtiges Riff über, das Malcolm „unheilvoll“ und Angus „mystisch“ nannte.
Wie Angus 1991 in einem Interview bestätigte, wurden in den Songs einige noch von Bon verfasste Textzeilen verwendet. In anderen hörte man Echos seines Wesens und Humors. Ebenso wie Bon sich auf ›Let There Be Rock‹ und ›Highway To Hell‹ über die Religion lustig gemacht hatte, ließ auch Brian in ›Hells Bells‹ eine Zeile vom Stapel, die Christen provozierte: „If good’s on the left, then I’m sticking to the right!“ Ähnlich war es mit dem bluesigen Boogie ›Rock And Roll Ain’t No Noise Pollution‹ – das letzte Stück, das für das Album aufgenommen wurde, vor Ort in nur 15 Minuten geschrieben –, in dessen Intro Brian das tat, was er als „das Südstaaten-Prediger-Ding“ bezeichnete: Er redete einfach frei von der Leber und pries mit missionarischem Eifer die lebensbejahende Kraft des Rock’n’Roll.
Nach sechs Wochen war die Platte fertig und AC/DC wussten, dass sie einen Hammer abgeliefert hatten. Atlantic Records wusste es auch. Das einzige Problem für das Label war die Idee, die die Band für das Albumcover hatte: Es sollte komplett schwarz gehalten und nur mit dem AC/DC-Logo sowie dem Titel versehen sein. Atlantic war der Ansicht, dass dies den Verkäufen schaden könnte. Doch die Band gab nicht nach. Angus sagte: „BACK IN BLACK war unsere Hommage an Bon. Deswegen war das Cover einfach nur schwarz, deswegen beginnt es mit einer läutenden Glocke, etwas Finsterem, das anders ist als alles, was wir davor gemacht hatten“.
In den Anfangstagen der „Back-In-Black“-Tournee – Namur war der erste von sechs kleineren Aufwärm-Gigs in Belgien und den Niederlanden – gab es einen weiteren denkwürdigen Moment für Johnson. Er traf einen niederländischen Fan, der Bon Scotts Gesicht auf seinen Arm tätowiert hatte. „Bon war mein Held“, sagte der, „doch jetzt, wo er von uns gegangen ist, wünsche ich dir alles Glück der Welt.“ Johnson erinnerte sich später daran, wie tief ihn diese Worte bewegt hatten: „Ich stand einfach nur da und zitterte“.
Die Band war gerade in Kanada in der ersten Woche ihrer Nordamerika-Tournee, als BACK IN BLACK am 25. Juli 1980 dort veröffentlicht wurde. Für einen britischen Rezensenten brachte die Platte gemischte Gefühle mit sich. Phil Sutcliffe hatte AC/DC seit 1976 unterstützt und die Jungs in der Band sehr liebgewonnen, allen voran Bon. In seiner Kritik für „Sounds“ gab er BACK IN BLACK vier von fünf Sternen, doch schrieb in Gedenken an Bon: „Die Ekstase, mit der ich sonst ein neues Album von AC/DC empfange, war diesmal einfach nicht möglich“. Außerdem tat er Brian Johnson als „Kopie“ von Bon ab. Dennoch kam Sutcliffe zu dem Schluss: „BACK IN BLACK ist ein echtes, hervorragendes AC/DC-Album“.
Zwei weitere führende Kritiker hatten keine solchen Vorbehalte. David Fricke vom „Rolling Stone“ erklärte es zu einem Meisterwerk und Meilenstein des Rock. „BACK IN BLACK ist nicht das beste der sechs in Amerika veröffentlichten Alben von AC/DC“, schrieb er. „Es ist der Gipfel der Kunstform des Heavy Metal: die erste LP seit LED ZEPPELIN II, die all das Blut, den Schweiß und die Arroganz des Genres einfängt. Mit anderen Worten: BACK IN BLACK tritt richtig Arsch.“ In der Kritik des „Record Mirror“ unter der Überschrift „Power is restored“ schrieb Robin Smith: „Die Wiedergeburt beginnt hier. Brian war die perfekte Wahl und besitzt ein fast unheimliches Gespür für die Songs der Band“.
In Smiths Artikel über AC/DC in der „Record Mirror“-Ausgabe von 26. Juli sagte Johnson: „Bon ist immer noch da und sieht zu. Nachts in meinem Hotelzimmer hatte ich den Beweis, dass er in irgendeiner Weise dort gewesen war. Ich weiß, dass er gutheißt, was das neue Line-up zu erreichen versucht. Er wollte nicht, dass sich die Band auflöst oder sich in eine lange Trauerphase begibt. Er wollte, dass wir auf dem Geist aufbauen, den er zurückgelassen hatte“.
In jenem Interview war Johnson bemerkenswert offen und brachte seine Sorge über Bons Tod zum Ausdruck: „Es ist seltsam, wie Rockmusik sowohl Ekstase als auch Tragödien hervorbringt. Jeden Abend, wenn man auf die Bühne geht, baut sich dieses tolle Gefühl auf, und dann schlägt plötzlich der Tod auf die seltsamste Art und Weise zu. Die Wahrheit ist, dass Bon starb, weil er sich übergab, als sein Hals verdreht war, und daran erstickte. Tausende Menschen weltweit liebten diesen armen Jungen“. Und er sprach mit großer Bescheidenheit über seine Rolle in der Band: „Ich hoffe, dass die Fans von AC/DC mich akzeptiert haben. Sie wollen auch, dass die Band weitermacht. Ich hatte jedenfalls noch keine Briefe oder Anrufe, wo man mir sagte, ich solle abhauen“.
Am 1. August im Palladium in New York waren Def Leppard für nur einen Abend die Vorgruppe. Deren Sänger feierte seinen 21. Geburtstag. Die jungen Briten machten gerade Promotion für ihr Debütalbum ON THROUGH THE NIGHT und hatten schon im Jahr zuvor auf der „Highway-To-Hell“-Tour für AC/DC eröffnet. Sie teilten sich zudem Manager Peter Mensch mit ihnen, weshalb sie zu den ersten außerhalb der engsten Vertrauten gehörten, die BACK IN BLACK zu hören bekamen. Joe Elliott erinnert sich heute: „Mensch kam mit einer Kassette des Albums zu uns in den Tourbus und als wir ›Hells Bells‹ hörten, sagten wir alle nur: ‚Heilige Scheiße!‘ Das war fast schon zu fucking gut“.