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Rory Gallagher: Der Blues Brother

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Rory Gallagher: Der Blues Brother

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Gallagher verlor nie viel Zeit und machte Nägel mit Köpfen. Im Januar 1971 fand das Trio bei einer Reihe intensiver Jamsessions in einem kleinen Keller-Proberaum in Fulham zusammen. Ende Februar war man im Studio, um Gallaghers erstes, selbstbetiteltes Soloalbum aufzunehmen. Falls Rory sich unter Druck gesetzt fühlte, sich nach dem Ende von Taste zu beweisen, ließ er es jedenfalls nicht durchblicken, nicht mal gegenüber seinen Bandkollegen. „Er sprach nie über solche Dinge“, so McAvoy. „Man musste bei Rory immer zwischen den Zeilen lesen. Er wusste offensichtlich, dass er etwas riskierte, denn Taste waren drauf und dran, eine große Band zu werden. Ich glaube ehrlich, dass er einfach sein eigenes Ding machen wollte, und es klappte.“
Befreit von der Demokratie innerhalb von Taste, konnte er nun tun und lassen, was er wollte, schrieb alle Stücke und produzierte das Album. Weniger roh als seine ehemalige Band, kombinierte es den soliden Blues von ›Sinner Boy‹ und ›Hands Up‹ mit vielfältigeren Einflüssen, vom folkigen, Pentangle-esken ›Just A Smile‹ zum kantigen Outlaw-Country von ›It’s You‹, inklusive Steel-Guitar und Mandoline.

Am überraschendsten war das Jazz-beeinflusste ›Can’t Believe It’s True‹, bei dem Rory – ein riesiger Fan von John Coltrane und Eric Dolphy – ein gespenstisches Saxofon spielte. Doch Gallagher war im Herzen ein Blueser, und seine Gitarre stand dabei im Mittelpunkt. Er war kein virtuoser Sänger, seine Stimme hatte Ecken und Kanten („Sein Stimmumfang, wenn er sich wirklich bemüht, ist praktisch gleich null“, sagte ein Kritiker), aber das Spektrum an Klängen, die er seiner treuen Strat entlockte, strotzte nur so vor roher Emotion. Wie McAvoy herausfinden sollte, wollte Rory mehr als alles andere die Urenergie einer Live-Show einfangen: „Ich war sauer, weil ich auf ›Laundromat‹ einen Fehler gemacht hatte, aber Rory war das egal, solange es sich richtig anfühlte. Das Feeling war für ihn alles.“

Das Album steckte in einer für jene Zeit untypisch dezenten Hülle mit einem stimmungsvollen Schwarzweißbild von Gallagher. Damit sollte sowohl seine Leidenschaft für alte Jazzalben zum Ausdruck gebracht, als auch jegliches Vorurteil in Verbindung mit seiner Zeit bei Taste unterbunden werden. Die Aufnahme stammte vom berühmten Fotografen Mick Rock, der auch mit Syd Barrett und David Bowie zusammen gearbeitet hatte. „Am College liebte ich die englischen Dichter der Romantik“, sagt Rock heute. „So sah ich Syd und das sah ich auch in Rory. Er sah gut aus, hatte dichtes Haar und diese gewisse rebellische Etwas. Er war eine sehr fotogene und charismatische Persönlichkeit. Man konnte gar kein schlechtes Bild von ihm machen.“

Jenes Cover ließ keinerlei Zweifel daran, dass es sich um ein Rory-Gallagher-Soloalbum handelte. Auf die Frage eines Journalisten hin, ob die alleinige Nennung seines Namens auf der Platte bedeutete, dass Gerry McAvoy und Wilgar Campbell lediglich Handlager seien, war Gallaghers Antwort sehr vielsagend: „So Hitler-mäßig ist das nicht, aber ich weiß, was ich will, und ich bin bereit, nur durch meine eigenen Bemühungen zu reüssieren oder zu scheitern. Ich muss jetzt die Kontrolle behalten – später sollte ich dann in der Lage sein, sie wieder abzugeben.“

RORY GALLAGHER im Mai erschien, hatte das Trio bereits seine ersten Konzerte absolviert, eine Reihe von Terminen in Europa. Der erste Auftritt im Pariser Olympia war ausverkauft und wurde sogar für das französische Fernsehen mitgefilmt. Andere Shows waren weniger erfolgreich. „Wir hatten ein paar Konzerte in Nordfrankreich und es kamen nur eine Handvoll Leute“, so McAvoy. „Aber das war in Ordnung. Unsere Einstellung war, dass wir ein gutes Konzert spielen müssen, denn dann würden beim nächsten Mal doppelt so viele kommen. Und im Großen und Ganzen lief es dann auch genau so.“

Auf der Bühne liefen Gallagher und seine Band wirklich zu Hochform auf. Der normalerweise schüchterne Frontmann wurde zum hyperaktiven Performer, der die Energie und Leidenschaft von Chuck Berry, Muddy Waters und John Coltrane in sich verband. Seine musikalischen Anweisungen an seine Bandkollegen waren beinahe telepathisch und führten zu furiosen Shows, die für die Leute auf der Bühne genauso aufregend waren wir für die davor. „Es ist für mich ein ewiges Problem, Live-Musik im Studio rüberzubringen“, gab er zu.

Gallagher hatte das Budget fest im Griff (McAvoy behauptet, dass er für seine Arbeit am Album 200£ und ein wöchentliches Gehalt von 25£ erhielt), weshalb die frühen Tourneen bestenfalls auf das Wesentliche reduziert waren, um es diplomatisch auszudrücken. Alle reisten in einem Lieferwagen, gefahren von Donal Gallagher, und das ging noch ein paar Jahre so weiter. Aber es hatte auch Vorteile: Die Band konnte so auch sehr kurzfristig Auftrittsangebote annehmen.

Das Debütalbum war mancherorts nicht sehr positiv aufgenommen worden (der amerikanische Journalist Lester Bangs hatte es als „eine der spürbar nichtssagendsten Veröffentlichungen der Saison“ beschrieben), was ein eher gespanntes Verhältnis zur Presse bedingte. Viel wichtiger war jedoch, dass sowohl das Album, als auch die Konzerte beim Publikum gut ankamen. Gallagher sah sich mit dem Spitznamen „The People’s Gitarrist“ versehen, doch diese Beziehung beruhte auf Gegenseitigkeit. Mit seiner Uniform aus Jeans, Flanellhemd und ausgetretenen Turnschuhen sah er genauso wie seine Fans aus, und die liebten ihn dafür. (Dieser Look wurde in der Grunge-Ära wiederbelebt; vielleicht ist es kein Zufall, dass, wie Courtney Love bestätigte, Kurt Cobain ebenfalls ein Fan von Gallagher war) Rory war jedoch auch wie ein Junkie abhängig vom Feedback seines Publikums und bezog Kraft und Selbstvertrauen aus dieser Verehrung.

Mitte 1971 war er dann kaum noch zu bremsen und die Band war für sieben Monate ununterbrochen gebucht, auch wenn ihr erster Ausflug nach Amerika fast an einer drohenden Verurteilung McAvoys und Campbells wegen Drogenbesitzes scheiterte. Als sie noch bei Deep Joy waren, hatte man sie in Belfast mit einer minimalen Menge Hasch erwischt. Gallagher hatte keine Ahnung von diesem potenziellen Hindernis, was wohl besser so war. Obwohl er Trinker war, hielt er absolut nichts von Drogen und hätte die beiden mit Sicherheit gefeuert, wenn er es erfahren hätte. „Erstaunlicherweise wurden wir freigesprochen“, erinnert sich McAvoy, der weiterhin davon überzeugt ist, dass ihnen die Drogen untergejubelt worden waren. „Aber Rory wusste nichts davon.“

Zur enormen Erleichterung der Rhythmus-Sektion schafften sie es ohne Einwände seitens der Behörden nach Amerika. Diese US-Termine – bei denen sie mit Little Feat und Frank Zappa auftraten – stellten Gallagher nicht nur einem neuen Markt vor, sondern öffneten der Band auch die Augen für die Schönheit, die sich ihnen dort bot. Doch obwohl man erfreut feststellte, dass das Publikum fast zur Hälfte weiblich war, weigerte sich Gallagher, diese Situation auszunutzen. Auch wenn sein keltisch-gutes Aussehen und jungenhaftes Lächeln die Aufmerksamkeit der Groupies erregten, zog sich der Gitarrist nach den Konzerten lieber in sein Zimmer zurück, um zu lesen, Filme anzusehen oder Musik zu hören. Seine Lebenshaltung, ebenso wie seine Einstellung zum Gitarrespielen, war beinahe klösterlich. „Rory genoss die Atmosphäre und den Vibe von Amerika und liebte die weibliche Gesellschaft“, so McAvoy, „aber weiter ging er nie. Ich weiß eigentlich nicht, warum. Aber so war er nun mal.“

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4 Kommentare

  1. Danke für diesen tollen Artikel über einen der besten Gitarristen aller Zeiten (und dann auch noch an seinem Geburtstag veröffentlicht). Ich hatte die Ehre Rory 43 x live zu sehen (auch in Holland, Frankreich und der Schweiz). Live gab es keinen besseren. Er kam schon mit “Schaum vorm Maul” auf die Bühne und legte los wie ein Berserker. Mann, wie gerne denke ich an diese Zeit zurück. Also, nochmals vielen Dank für diesen Bericht.

    • Ich habe ihn leider nur 1 x live erlebt und liebe seine Musik total. Was für ein authentischer Typ er doch war. Und so je.abden wie ihn wird es nie wieder geben.
      Seit 1995 ist er A Million Miles Away, doch allen die seine Musik lieben durch sie noch ganz nah.
      Danke Rory!

  2. ja man…Rory hat schon meine Jugend gepraegt…..bin 66 geboren und hoere noch heute Stagestruck und Europe 72 im Auto……ich werde ihn immer lieben!

    Der Artikel: bessef geht nicht!

  3. Rory war für mich eine der Hauptinspirationen um selbst die Klampfe in die Hände zu nehmen bzw. 1970 in eine Band einzusteigen.
    Rory,s Trio-Band Taste war neben Cream und Jimi, s Experience die Musik an der wir uns als Trio orientierten, nicht kopierten sondern unsere eigenen Songs machten.
    Es war eine musikalisch tolle Zeit an die ich mich als alter Sack mit mittlerweile 70 Jahren immer wieder gerne erinnere und dann die LP,s besagter Musik-Heros auflege, genieße. Das werde ich solange zelebrieren bis mir das Gehör komplett versagt oder ich ins Nirvana übertrete. Dort treffe ich dann hoffentlich meine vorangegangen Heros wieder. Vielleicht ergibt sich dann die ein oder andere Jamsession.

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