Verschluss-Zeit.
Die Kraft von Fotos wird im Social-Media-Zeitalter, wo jeder jede noch so banale Nichtigkeit glaubt mit der Welt teilen zu müssen, in vielerlei Hinsicht entwertet. Untergraben von der schieren Flut an visuellen Reizen, der wir tagtäglich ausgesetzt sind, verlieren selbst bedeutsame Arbeiten ihre Wirkung. Ende der 60er-Jahre war das anders. Das Feld der Fotografie war noch nicht überlaufen von Autodidakten, Mittelmäßigkeit noch Kriterium natürlicher Auslese. Einer, dessen Bilder herausstachen, ja, eine eigene Aura entfalteten, war Jim Marshall, der Chef-Fotograf von Woodstock, Zeitzeuge des letzten bezahlten Beatles-Gigs, Vertrauter der Künstler: die Idealbesetzung für die fotografische Dokumentation Johnny Cashs legendärer Gefängniskonzerte. „Johnny Cash At Folsom & San Quentin: Fotografien von Jim Marshall“ gewährt uns einen einzigartigen Blick hinter die Kulissen jener Schicksalsereignisse, zu denen wir beim Genuss ihrer akustischen Aufzeichnung gefühlt schon tausendmal unsere eigenen Bilder vor dem inneren Auge haben vorbeiziehen lassen. Von Cash persönlich beauftragt, gelang es Marshall mit seinen Fotografien nachhaltig, die Atmosphäre an jenen Tagen erlebbar zu machen. Neben dem Schwerpunkt auf Marshalls Arbeiten liefert der opulent gestaltete Band allerdings auch eine Vielzahl an Hintergrundinformationen – und natürlich das ikonenhafte Stinkefinger-Bild. Ein Referenzwerk anspruchsvoller Fotodokumentation.
9/10
Johnny Cash At Folsom & San Quentin: Fotografien von Jim Marshall
Von Marty Stuart & Jim Marshall
Reel Art Press