Marilyn Manson macht es der Menschheit auch im Jahr 2017 leicht, ihn zu hassen. Sorgsam stilisierte Beefs wie unlängst mit Justin Bieber, die vollkommen egozentrische und abgehobene Wacken-Performance vor einem buhenden Publikum oder das unbegründete Herauszögern des neuen Albums sind Puzzleteile in einem Kosmos, den wahrscheinlich nur er versteht. Und das reicht auch. Mit HEAVEN UPSIDE DOWN überzeugt der einstige Schrecken der US-amerikanischen Bürgerschaft nämlich mal wieder auf der einzig wichtigen Ebene: der musikalischen. Wie schon das letzte, sehr gelungene Werk PALE EMPEROR wieder mit seinem Vertrauten Tyler Bates in den Untiefen von Los Angeles ausgeheckt, erleben wir Manson vereinfacht ausgedrückt bei einer Rückbesinnung auf seine schroffe Industrial-Rock-Vergangenheit. Die Gitarren lärmen verzerrt, überall geistern dissonante Sounds umher, die Beats sind mal wuchtig und rockig und erlauben sich einen Rückgriff auf HOLY WOOD. Dazu geifert Manson so viel wie seit Jahren nicht, hat offenbar einiges an Frust aufgestaut. Und siehe da: Anstatt wie üblich gegen Gott, den Präsidenten, die Bigotterie und die Medien zu hetzen, hetzt der Antipriester diesmal vor allem gegen all jene, die ihn zu einem Gott gemacht haben. Das ist clever, denn selbst ein Marilyn Manson weiß, dass einer wie er im Jahr 2017 nicht mehr wirklich schocken kann. Weil nicht alles auf HEAVEN UPSIDE DOWN sitzt, weil ein überlanges Stück zäh wirkt und leider nicht alle Songs an die furiose Hasshymne ›Say10‹ herankommen, muss sich dieses zehnte Album seinem Vorgänger geschlagen geben. Marilyn Manson allerdings hat noch lange nicht alles gesagt.
7/10
Marilyn Manson
HEAVEN UPSIDE DOWN
CAROLINE/UNIVERSAL