Stimme gefunden
Bei den letzten Live-Shows war die stimmliche Leistung von Jon Bon Jovi durchaus fragwürdig. Auf dem neuen Album 2020 ist sie tiefer, aber tadellos. Man kann fast sagen, dass Jon seine klangliche und spirituelle Stimme gefunden hat. Und es ist eine kritische amerikanische Stimme, immer noch voller Energie und Empathie. So ist ›Do What You Can‹ von der Melodie zwar happy, vom Text her mit Lockdown-Bezug zeitgemäß und mit „when you can’t do what you do do what you can“ hoffnungsvoll.
Oder ›American Reconing‹: Hier werden der Tod von George Floyd, Polizeigewalt, Rassismus und die Black-Lives-Matter-Bewegung thematisiert. Absichtlich oder nicht – die Ballade ist besonders sonor gesungen. Angesichts eines Stückes wie ›Story Of Love‹ über Kinder und Eltern würden die einen vielleicht von Altersmilde sprechen, Altersweisheit trifft es eher. Unbeschwerte Partyrocker sucht man auf 2020 vergebens, wenngleich die Mainstream-Melodie ›Let It Rain‹ durchaus hitverdächtig und hymnisch klingt. ›Blood In The Water‹ hat sogar was von ›Dry County‹ von KEEP THE FAITH. Bei ›Brothers In Arms‹ kommt dann zumindest ansatzweise der Hardrock früherer Tage durch. Das finale ›Unbroken‹ über Soldaten wirkt pathetisch, aber bedeutungsvoll. Und passt vom Titel her zumindest metaphorisch zum neuen Album. Bon Jovi sind schon lange nicht mehr die Hairoen von früher, gebrochen sind sie aber noch lange nicht. Und wenn klanglich schon nicht mehr ganz so von Belang, zumindest lyrisch bedeutsamer als früher. Fazit: im Ganzen ruhiger, aber dafür relevanter.
7 von 10 Punkten
Bon Jovi, 2020, UNIVERSAL