Drama in drei Akten. Ein düsterer Triumph.
Verlassen werden von jemandem, den man liebt, man kennt das, gerade als Sujet der Popmusik. Bob Dylan hat es in seinen letzten beiden Platten durchgespielt, und er tut es erneut – auf denkbar brillante Weise. Die Instrumentierung hat sich verglichen mit den Vorgängern wenig geändert. Kontrabass, Gitarre, Steelgitarre und Drums. Spätnacht-Gefühl, Melancholie, verraucht jazzige Atmosphäre.
Die Dreiteilung steckt schon im Titel, drei CDs, je zehn Songs über 32 Minuten. Drama in drei Akten, mit je eigenem Titel. Auf „’Til The Sun Goes Down“ ist der Schmerz frisch, dennoch gibt es noch einzelne heitere Momente, die (trügerische) Hoffnung ist nicht komplett verloren. Besonders schön zeigt sich dieser Zwiespalt aus hell und dunkel in ›My One And Only Love‹: „The touch of your hand is like heaven/A heaven that I’ve never known.“ Teil zwei, „Devil Dolls“, startet recht beschwingt. Die erste Trauer scheint einer Art träumerischer Reflexion, fast lächelnder Erinnerung gewichen. ›P.S. I Love You‹, ›The Best Is Yet To Come‹, ›But Beautiful‹, schon die Titel verraten es.
Doch die totale Dunkelheit, die Tristesse, die Verzweiflung sind nicht weit. Im abschließenden Akt „Comin’ Home Late“ sind sie da. „Love slipped through our fingers along the way“, barmt der Sänger, er betet für ein Wiederfinden derselben, ohne daran zu glauben. Bessere Zeiten sind nurmehr Erinnerung, das erlösende Vergessen unmöglich. Am Ende dann die existenzielle Frage: ›Why Was I Born‹. Alles ist sinn-, ausweg- und hoffnungslos.
Wie Dylan das mit Leben füllt in diesen alten Songstandards, die um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts entstanden sind, ist ein Triumph. Er trifft nicht jeden Ton, manchmal bricht die Stimme weg? Wen interessiert’s. Standards neu zu interpretieren ist, wie ein Theaterstück neu zu inszenieren. Man muss etwas Eigenes, Spezielles haben, sonst wird’s langweilig. Sinatra hatte es, Billie Holiday hatte es. Dylan hat es.
9/10
Bob Dylan
TRIPLICATE
Columbia/Sony
Text: David Numberger