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Titelstory: Queen – …und die Welt gehörte ihnen

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Titelstory: Queen – …und die Welt gehörte ihnen

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queen promoIm Herbst 1977 sah es so aus, als würde die Regentschaft von Queen bald enden. Stattdessen nahm die Band die Herausforderung an, schlug mit dem Weltbestseller NEWS OF THE WORLD zurück und herrschte weiter.

Freitag, der 28. Oktober 1977. Es hätte der Tag werden sollen, an dem Queen vom Thron steigen. Die Zukunft ihres sechsten Studioalbums NEWS OF THE WORLD, das an diesem Tag erschien, sah bestenfalls düster aus. Ein Jahr zuvor hatte der Vorgänger A DAY AT THE RACES so verheerende Kritiken erhalten, dass die Tage von Freddie Mercurys Mission, die Oper zu den Massen zu bringen, Darling, eindeutig gezählt zu sein schienen. Als Nachfolger von A NIGHT AT THE OPERA – dem internationalen Durchbruch von 1975 mit dem unvergesslichen ›Bohemian Rhapsody‹ – konnte es nicht punkten. Es galt als der Moment, in dem das Verlangen der Band, neue Wege zu gehen, zur aufgeblasenen Selbstparodie verkam. Und noch schlimmer: Man warf Queen vor, im Studio auf der Stelle zu treten – dass sie nur noch die Er­­folgsformel, auf die sie gestoßen waren, einfach noch mal servierten, und das ohne allzu große Änderungen.

Zu einer Zeit, als Punkrock plötzlich als die neue kritische Messlatte galt, standen Queen auf einmal für alles, was man nun am alten Rock-Adel hasste: riesige Produktion, überschwängliche Gitarren und das einst glorreiche, aber jetzt seltsam aus der Zeit gefallene Bild von Freddie Mercury, der sich vor dem Publikum aufplusterte und ihnen allen „Champagner zum Frühstück“ wünschte.

Da passte es perfekt, dass am selben Tag auch NEVER MIND THE BOLLOCKS…HERE‘S THE SEX PISTOLS erschien. Noch offensichtlicher wurde die riesige Kluft zwischen dieser irokesenschnittbewehrten Zukunft mit gezogener Rasierklinge und der pompös-glamourösen Vergangenheit beim Vergleich zwischen Johnny Rottens ›God Save The Queen‹ und Queens eigener Bombastversion der Nationalhymne, mit der sie nach wie vor ihre Konzerte beendeten.

Brian May, dieser einstige Doktorand, der mal „Die Bewegung interplanetarischen Staubs“ studiert hatte und seine Gitarre, die er aus einem Kaminsims gebaut hatte, mit einer alten Sixpence-Münze spielte, erzählte mir einige Jahre später, dass die Band von solcher Kritik wenig Notiz nahm. Er kicherte, als er sich erinnerte: „Der größte Irrglaube von allen, die nicht zu denen gehörten, die wussten, was los ist, war dass Freddie sich selbst ernst nahm. Sie verstanden nicht, dass er seine Arbeit äußerst ernst nahm, aber dass da immer dieses Element der Selbstparodie mitschwang, wenn man so will. Er hatte immer einen Witz auf der Zunge, ein schelmisches Funkeln im Auge. Und ich denke, das entging vielen Menschen da draußen. Für Freddie war das aber nie wichtig. Das störte ihn nicht im Geringsten. Seine Einstellung war, entweder verstehen sie‘s oder eben nicht.“

Als NEWS OF THE WORLD dann in jenem vom Punk dominierten Herbst 1977 erschien, konnte niemand ahnen, wie viele Menschen es verstehen würden – mit sieben Millionen Verkäufen weltweit ist es bis heute das erfolgreichste Album von Queen. „Danach machten wir uns keine Sorgen mehr wegen Punk oder schlechter Kritiken“, sagte Roger Taylor. „Oder sonst irgendwas …“

Die Band gab es nur ungern zu, aber NEWS OF THE WORLD war tatsächlich nicht nur ein bisschen von den lauwarmen Reaktionen auf A DAY AT THE RACES beeinflusst worden – und nicht nur denen der Kritiker. Selbst Produzent Ray Thomas Baker sagte, es seine eine Platte gewesen, die „geradezu ‚Sequel‘ schrie“.

In Großbritannien und den USA erreichte sie nicht mal ein Drittel der Verkäufe von A NIGHT AT THE OPERA, weltweit weniger als die Hälfte. Kein Flop, aber nicht „so, wie die Dinge laufen sollten“, wie Taylor es diplomatisch formulierte. May gestand widerwillig ein, dass „es vielleicht überproduziert war“.

Jegliches Vorhaben, einfach nur zum dritten Mal dieselbe fröhliche Formel zu wiederholen, wurde endgültig unterbunden, als Groucho Marx die Erlaubnis verweigerte, den Titel DUCK SOUP zu verwenden, womit sie erneut einen Filmtitel der Marx Brothers für ein Al­­bum gewählt hätten. Der Komiker antwortete, sie könnten stattdessen gerne den seines nächsten Films verwenden: „The Rolling Stones Greatest Hits.“

Egal was als nächstes folgen würde, es war allen in der Band absolut klar, dass es etwas anderes werden müsste. Allein an ›Bohemian Rhapsody‹ hatten sie drei Wochen gearbeitet, nun jedoch lautete das neue Schlagwort „Spontaneität“. Um diesen neuen Elan zu verstärken, mieteten sie sich für nur zwei Monate in den angesagten Basing Street Studios in Notting Hill und den Wessex Sound Studios ein, einer ehemaligen viktorianischen Kirche in Nord-London. Sämtliche Arbeiten, vom Schreiben bis zur Aufnahme, sollten zwischen Juli und September erfolgen. Eine US-Tournee war schon für den November gebucht, also mussten sie schneller als je zuvor zur Sache kommen.

Um die Sessions in Gang zu bringen, brachte Roger Taylor die Demos von zwei Stücken mit, die er kurz zuvor alleine aufgenommen hatte. Das erste, ›Sheer Heart Attack‹, stammte noch aus der Zeit des gleichnamigen Albums von 1974, wobei der Schlagzeuger hier die Lead-Vocals bestritt (auf dem Endprodukt natürlich von Freddie Mercury ersetzt) und den Track als seine „Antwort“ auf den Punk auslegte – knackige, repetitive Zweiton-Angepisstheit: „Well you‘re just seventeen and all you wanna do is disappear/You know what I mean there‘s a lot of space between your ears.“ Den Rotzlöffeln hat er‘s aber richtig gezeigt!

Das zweite Stück, ›Fight From The Inside‹, war im Wesentlichen dasselbe, aber über einem weniger ungeduldigen Rocksteady-Beat. Taylor sang wiederum und setzte einen weiteren Seitenhieb auf die Punks, die das 28-jährige Idol plötzlich als überholt ansahen: „You‘re just another picture on a teen­age wall, you‘re just another sucker ready for a fall.“

Doch es waren die Haupt-Songwriter May und Mercury, die jegliche Behauptung, dass Queen zum alten Eisen ge­­hörten, am kraftvollsten konterten – und zwar mit zwei der erinnerungswürdigsten und langlebigsten (nach ›Bohemian Rhapsody‹) Hits ihrer gesamten Karriere: ›We Will Rock You‹ von Ersterem und ›We Are The Champions‹ von Letzterem, die in dieser Reihenfolge das Album eröffnen.

Es war vielleicht ein wunderbarer Zufall, aber dass beide mit dem Pronomen „we“ beginnen, sagte viel darüber aus, wie sich die Band gemeinsam mit ihrer loyalen Fanbase sah, und was diese für ihre Helden durchlitten hatte. ›We Will Rock You‹ mit dem fesselnden „Bumm-bumm-zack“-Rhythmus und dem Gesang wie ein Peitschenhieb, ge­­krönt von diesem unglaublich melodischen Gitarrensolo, war die erste echte Rockhymne mit Breitenwirkung seit den Glanzzeiten dessen, was wir heute als Classic Rock bezeichnen. Massentauglich und mit offenen Armen signalisierte sie, dass jeder willkommen war, und zeigte so die entwaffnendste Seite des ganzen Genres. Ein Lied, bei dem jeder mitsingen, mitklatschen, mitstampfen konnte. Und mitmarschieren! Ein so unumstößlicher Klassiker, dass Queen seither bis zu ihrer US-Tournee im vergangenen Sommer jedes einzelne ihrer Konzerte damit eröffneten.

Das „we“ in ›We Are The Champions‹ war ebenfalls als „ihr und wir“ zu verstehen, im selben Boot, ein Schlachtruf, aber mit subtilerem, nachdenklicherem Subtext. Egal worum es in Freddies Songs augenscheinlich zu gehen schien, be­handelten sie letztendlich doch immer sein Lieblingsthema: ihn selbst. Doch mit einem Text darüber, seinen Tribut ge­­leistet und seine Strafe abgesessen zu haben, ohne zuvor eines Verbrechens schuldig gewesen zu sein, lud er uns nicht nur in seine eigene, einsame Welt ein. Mit der trotzigen Erklärung, dass „wir“ diese Champions sind, „meine Freunde“, ergreift er auch für uns Partei, bevor er uns das ultimative Kompliment macht, wenn er mit bebender Stimme singt, dass wir ihm Ruhm und Vermögen und alles, was dazugehört, beschert haben – „I thank you all.“ Gefolgt von monumentalen Gitarrengemälden, riesigen Emotionen, schlagenden Herzen, Armen in der Luft und reißenden Strömen brüderlicher Liebe … Am Klavier sitzend, Kopf im Nacken wie Judy Garland, war Freddie dann gleichzeitig Märtyrer für die Sache und unser aller bester Freund.

„Ich kann verstehen, dass manche Leute ›We Are The Champions‹ als bombastisch bezeichnen“, gestand May Jahre später. „Aber es ging nicht darum, zu sagen, dass Queen die Champions sind, sondern wir alle. Das machte die Konzerte zu Fußballspielen, nur dass alle auf derselben Seite stehen.“
Oder wie Freddie es lachend in einem Zeitungsinterview nach dem gigantischen Erfolg der Platte formulierte: „Für manche Leute bin ich immer noch eine Bitch. Ich bin gerne eine Bitch. Ich um­­gebe mich gerne mit Bitches. Auf jeden Fall suche ich nicht nach den perfektesten Leuten. Das fände ich langweilig. Ich bin vielmehr wie ein verrückter Hund, der durch die Stadt streift. Ich habe gerne Spaß am Leben.“

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