Er sang im Kirchenchor, landete im Gefängnis und verbrachte die letzten beiden Jahre zwischen Hotelzimmer und Nachtleben. All das fand seinen Weg in das neue Album des Hünen mit der Johnny-Cash-Stimme.
Paul Cauthen mags gern theatralisch. Deshalb ließ er kürzlich verlautbaren, dass er wirklich froh sei, dass die Songs für sein Album ROOM 41 im Kasten seien. Weil er es nämlich nicht überleben würde, müsste er all das nochmal machen. Was dahintersteckt? Nun, zum Beispiel die Liebe. Der großgewachsene, bärtige Songwriter ging durch eine Trennung, er verkroch sich daraufhin tagsüber in ein Zimmer im Belmont Hotel von Dallas, nachts ging es in die Bars und Clubs der Stadt. Das Ganze über den Zeitraum von zwei Jahren. „Es war eine dunkle Zeit, aus der ich mich damals gezogen habe. Aber auch in dunklen Zeiten findet man Gutes. Die Songs, die daraus entstanden sind, waren wie Therapie für mich“, erzählt er.
Man kann Cauthen durchaus einen Country-Sänger nennen. Seine Stimme klingt manchmal verblüffend wie die von Johnny Cash und sein Sound ist ganz klar im Americana verwurzelt. Von den heutigen Erfolgs-Acts aus Nashville hält er jedoch überhaupt nichts, viel zu kommerziell und steril würden die klingen. Nicht echt. „Ein Song, der wirklich etwas bedeutet, ist eine physische Angelegenheit“, ist
Cauthen überzeugt. „Ihn in dein Herz zu nehmen und von dort aufs Papier zu bringen, darum geht es.“ Um das tatsächlich Erlebte, das echt Erlittene.
Geboren und aufgewachsen in Texas, kam Cauthen über seinen Großvater zur Musik. Der brachte den Jungen im Kirchenchor unter. Am Ende seiner Schulzeit landete der Jungspund „wegen eines Joints“ für sechs Monate im Gefängnis. Einerseits eine schreckliche Erfahrung, wie er sich erinnert, andererseits ein Ort, an dem es „tatsächlich fair“ zugegangen sei. „Niemand bekam besseres Essen als der andere, niemand ein bequemeres Bett, ganz egal, woher er kam und wie er aussah.“ In dem Song ›Freak‹ berichtet er davon.
Aus dem Gefängnis entlassen, startete er seine Karriere zunächst beim Americana-Duo Sons Of Fathers. Mittlerweile ist er mit ROOM 41 bei der dritten Soloplatte angekommen. Die Lieder darauf klingen düster, was nicht zuletzt an Cauthens Grabesstimme liegt, und sie vermischen Country mit Funk, HipHop-artigen Beats und Gospel. Sie handeln vom Feiern, von Drogen und Autos, von Frauen und der Angst vorm Alleinsein. Und sie sind verbunden durch religiöse Motive. ›Holy Ghost Fever‹ heißt der erste Track, „Lord, whoever you shall be, send your grace on the ones who want peace“, singt Cauthen in ›Give ’Em Peace‹. Dabei sei er selbst gar nicht religiös, sagt er, sondern spirituell. „Ich mag alles, was Frieden, Harmonie und Liebe verbreitet. Gott ist die Schönheit hier auf der Erde.“ Was ihn an Religionen störe, sei ihr spaltendes Potenzial. Dann lieber eine Einheit stiftende Spiritualität. Und, ach ja, Jesus sei übrigens nicht religiös gewesen, „er war der erste Rockstar“.