Am 19. März 1982 sind Osbourne und seine Crew auf dem Weg nach Orlando, wo sie eine Festival-Show absolvieren sollen. Der Fahrer des Tourbusses, Andrew Aycock, legt einen außerplanmäßigen Stopp in Leesburg, Florida, ein. Er besitzt dort ein Haus, das gegenüber einem kleinen Flugplatz liegt. Die meisten Insassen des Busses – unter ihnen auch Ozzy und Sharon – schlafen in ihren Kojen. Doch einige sind bereits wach, unter ihnen Randy Rhoads, Don Airey und die Schneiderin Rachel Youngblood, Sharons Assistentin. Aycock, der einen Pilotenschein besitzt, lädt sie zu einem Gratis-Rundflug ein. Rhoads, der unter Flugangst leider, lehnt zunächst ab. Doch nachdem er dabei zugesehen hat, wie Aycock eine Runde mit Airey dreht, lässt er sich breitschlagen und geht gemeinsam mit Rachel an Bord. Zeugen berichten, dass die Maschine zweimal knapp über das Dach des Tourbusses hinwegrast. Beim dritten Anlauf streift das Flugzeug das Gefährt, dabei reißt die linke Tragfläche ab. Aycock kann nicht mehr steuern, die Drei stürzen in die Garage eine nahegelegenen Hauses.
„Ich wachte von einem gigantischen Knall auf“, erinnert sich Ozzy an den schrecklichen Moment. „Der gesamte Bus bebte. Ich dachte, dass wir auf dem Freeway mit irgendeinem anderen Auto kollidiert wären. Dann roch ich plötzlich Benzin, schnappte mir Sharon und zog sie nach draußen. Doch da war kein Asphalt, sondern nur freies Feld. Ich kapierte gar nicht, was da gerade vor sich gegangen war. Dann erst sah ich das brennende Inferno.“
Tourmanager Jake Duncan steht neben Ozzy. Der Schock hat in voll im Griff, er bringt keinen Ton heraus. Osbourne brüllt ihn an: „Verdammt noch mal, wo ist Randy?“ Duncan zeigt auf die Garage, die gerade von Flammen und Rauch eingehüllt wird. Ozzy versteht. Und als Don Airey mit einem Feuerlöscher an ihm vorbeirast, um zu helfen, schüttelt der Sänger nur den Kopf und sagt: „Vergiss es.“
Spätere Untersuchungen bestätigen, dass Aycock, Rhoads und Youngblood die Opfer sind. Sie können nur noch mit Hilfe eines Zahnabgleichs und anhand des Schmucks, den sie beim Absturz getragen haben, identifiziert werden. Ein toxikologischer Befund ergibt, dass Aycock zum Zeitpunkt des Unglücks Spuren von Kokain im Blut hatte.
Als Lee Kerslake in England von Rhoads’ Tod erfährt, ist er am Boden zerstört. „Es war, als hätte mich jemand in Stücke gerissen. Ich konnte drei Tage lang nicht aufhören zu weinen“, berichtet er. Ozzy hingegen ist zu traumatisiert, um schon trauern zu können. „Ich konnte niemandem erklären, wie ich mich fühlte. Denn ich fühlte gar nichts, sondern machte einfach dicht, ließ nichts an mich heran.“
Sharon muss den Verlust von zwei engen Freunden verkraften. Sie hat nicht nur Randy in ihr Herz geschlossen, sondern auch Rachel Youngblood. „Sie war für mich die Mutter, die ich mir immer gewünscht habe, aber nie hatte“, sagt sie. Doch Sharon ist auch bewusst, dass die Show weitergehen muss – schon allein deshalb, weil alle Beteiligten dringend Ablenkung brauchen. „Ozzy kam zu mir und meinte: ‚Sharon, ich habe alles verloren. Ich verpisse mich hier, fliege direkt nach Hause…‘ Doch ich entgegnete ihm: ‚Nein, das kannst du nicht. Du hast hier eine Verantwortung. Die Tour ist ausverkauft – du musst das zu Ende bringen, was du angefangen hast‘. Ich habe ihm nie diesen Quatsch erzählt, es gab kein ‚Randy hätte es so gewollt‘. Wir mussten einfach weitermachen, uns durchbeißen, den nächsten Schritt tun. Ich tröstete Ozzy mit den Worten: ‚Wenn wir uns jetzt nicht entmutigen lassen, wird uns auf dem Weg jemand begegnen, der zu uns passt‘. Also machten wir weiter. Aber es war verdammt hart.“
Am Tag nach Randys Tod steht ein deprimierter Ozzy Osbourne in der „Tangerine Bowl“ in Orlando auf der Bühne. Mit dabei: der ehemalige Gillan-Gitarrist Bernie Tormé, der kurzfristig als Ersatz für Roads eingesprungen ist. Sharon telefoniert derweil mit allen verfügbaren Hochkarätern an der Rockaxt. „Michael Schenker wollte zu viel Kohle“, berichtet sie. „Und als ich Gary Moore darum bat, mir einen Gefallen zu tun, antwortete er mir, dass ich ihn in Ruhe lassen sollte.“ Nach drei Wochen verlässt Tormé auf eigenen Wunsch die Band, Brad Gillis von Night Ranger übernimmt.
Als die Tour vorbei ist, kehrt Ruhe ein – und die Musiker haben Zeit, über alles nachzudenken. Ozzy denkt, dass er das Unglück anzieht. Sein Vater ist gestorben, Black Sabbath wollten ihn nicht mehr haben, seine Frau hat die Scheidung eingereicht. Und nun auch noch das.
Doch Randy Rhoads, das ist längst kein Geheimnis mehr, wäre ohnehin nicht mehr lange an Osbournes Seite geblieben. Wenige Wochen vor seinem Tod macht er Pläne, in welche Richtung er musikalisch in Zukunft gehen möchte. Rock’n’Roll reizt ihn nicht mehr, er will sich weiterentwickeln.
In der Nacht vor dem Absturz spricht Osbourne mit Rhoads darüber. „Er hat mir erzählt, dass er gerne klassische Musik studieren möchte. Ich antwortete ihm nur: ‚Randy, wir stehen kurz vor unserem großen Durchbruch. Halt nur noch ein bisschen durch, dann sind wir so groß, dass du dir deine eigene Uni kaufen kannst!‘ Danach legte ich mich schlafen. Es war 5.30 Uhr morgens, und ich hatte die gesamte Nacht Gin in mich hineingeschüttet.“ Das ist das letzte Gespräch, das die beiden führen.
Bob Daisley hat jedoch eine andere Version der Geschichte auf Lager. Ihm ist zugetragen worden, dass Ozzy Randy vor Zeugen mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat, und zwar nach einer Diskussion über Rhoads’ Ausstiegspläne. Daisley ist überzeugt, dass dies auch der Wahrheit entspricht: „Randy wollte in Europa seinen Abschluss machen. Aber er hatte noch vertragliche Verpflichtungen mit Don Arden. Arden wollte, dass Ozzy ein Live-Album mit altem Sabbath-Material aufnimmt. Randy weigerte sich zunächst, sagte aber schließlich unter der Bedingung zu, dass er danach die Band verlassen könne.“ Nach Daisleys Informationen hat Osbourne Wind von der Sache bekommen und Randy Rhoads zwei Wochen vor dem Unfall zur Rede gestellt. Inklusive bösen Worten: „Ozzy nannte Randy einen undankbaren Pisser und haute ihm eine rein.“
Eine Variante der Ereignisse, von der natürlich auch Sharon Osbourne berichtet worden ist. Sie bestreitet jedoch vehement, dass sich Derartiges zugetragen hat. „Ozzy hätte so etwas nie und nimmer getan. Einige Leute glaubten damals, dass er sich wegen Randys Entschluss zu so etwas hinreißen lassen hatte. Um herauszufinden, ob es stimmt, habe ich sogar Rhoads’ Mutter danach gefragt. Sie wäre die Erste gewesen, der er von der Sache erzählt hätte. Doch sie wusste nichts davon und war sogar ganz beschämt, als ich davon anfing.“
Hier steht Aussage gegen Aussage, wer wirklich im Recht ist, kann niemand sagen. Fakt ist: Um Randy Rhoads ranken sich auch heute noch viele Gerüchte. Denn alle Meinungen und Zitate, egal ob nun von Ozzy, Sharon, Bob Daisley oder Lee Kerslake, sind natürlich subjektive Äußerungen. Und sie unterliegen auch dem Wandel, den die Zeit mit sich bringt. Einstellungen verändern sich – das macht auch die Historie von Ozzy Osbournes Band deutlich.
1983, weniger als ein Jahr nach seinem Rauswurf, ist Bob Daisley wieder an Bord und spielt auf BARK AT THE MOON mit. Sharon hilft ihm und Lee Kerslake zudem dabei, ein Gerichtsverfahren gegen ihren Vater Don Arden und dessen Firma Jet Records anzustrengen (Sharon Osbourne und Don Arden leben inzwischen im Streit, erst 2001 findet eine Versöhnung statt – Anm.d.Red.). Auch Anfang der Neunziger, also fast zehn Jahre später, besteht noch Kontakt zwischen Daisley und den Osbournes: Auf dem 1991er-Werk NO MORE TEARS ist der Bassist erneut mit von der Partie.
1997 spitzt sich die Lage allerdings ein weiteres Mal zu: Daisley und Kerslake verklagen ihre ehemaligen Chefs. Sie fordern eine Nachzahlung von Performance Royalities, die ihnen laut Vertrag zugestanden hätten, die aber nie bezahlt worden sind. Sharons Antwort: Sie lässt BLIZZARD OF OZZ und DIARY OF A MADMAN 2002 remixen – und im Zuge dessen die Aufnahmespuren von Daisley and Kerslake durch neue Recordings von Bassist Robert Trujillo und Drummer Mike Bordin ersetzen. Erst jetzt, knapp zehn Jahre später, sind die Originalversionen wieder erhältlich – in Form von Neuauflagen. „Ich bin froh darüber“, betont Ozzy. „Denn die 2002er-Versionen klangen anders, es war einfach nicht dasselbe.“ Wenigstens in diesem Punkt sind sich alle Beteiligten einig. „Wir sind alle Freunde, zumindest waren wir das einmal. Und deshalb ist es traurig, dass all diese Dinge passiert sind. Doch die Alben, die wir gemeinsam gemacht haben, waren und bleiben außergewöhnlich.“
Bob Daisley ist auch heute noch stolz, auf BLIZZARD OF OZZ und DIARY OF A MADMAN mitgewirkt zu haben. „Es war schon immer ein Traum von mir, Lieder zu komponieren oder an einem Album mitzuwirken, das ein wichtiger, integraler Teil der Rock-Historie ist. Und das habe ich definitiv geschafft.“
Und auch für Ozzy sind diese beiden Alben die vielleicht wichtigsten seiner Karriere. Denn hier hat er bewiesen, dass er nicht nur ein abgehalfterter Sänger ist, der vor die Tür gesetzt wurde, sondern ein echter Star, eine Ikone.
Die tiefe Trauer, die er vor dem Beginn seiner Solokarriere im stinkenden, zugemüllten Hotelzimmer des „Le Parc“-Hotels empfunden hat, ist noch heute präsent. „Nach dem Aus bei Black Sabbath wusste ich nicht, ob ich je wieder auf einer Platte zu hören sein würde. Doch dann kamen Randy, Bob und Lee – und es passierte etwas wirklich Magisches. Das ist ein seltenes Glück.“