Rocken im Studio statt Trübsinn in der Reha
Einfach erstmal den Namen ausblenden und anhören: Americana, Southern Rock, countryeske Balladen, eine klare Frauenstimme mit leichten Schlenkern im Geradeauslaufen. Vertraute Stimmen im Background. Authentisch, frisch, mit Aufbruchsstimmung und Country-Pedal-Steel-Gitarre. Oberflächlich gesehen eine typische US Südstaatenproduktion, die aber irgendwas Besonderes, Tiefergehendes hat. Hoppla! Countrylegende Lucinda Williams ist nach drei für sie schweren Jahren ein saustarkes, pures, handwerklich gutes Rockalbum gelungen. Bewegend, wenn man auf das Geschehene zurückblickt. Anfang 2020 beschädigte ein Tornado ihr Haus in Nashville, gleich danach brachte der Covid-Lockdown die Welt zum Stillstand. Im November desselben Jahres erlitt sie einen Schlaganfall, der zu einer halbseitigen Lähmung führte. Sie musste mühevoll wieder laufen lernen, eine Gitarre würde sie nie wieder spielen können. Doch die 70 Jahre alte Grande Dame, die im April ihre Memoiren veröffentlicht hat, klingt auf dieser Platte wie neugeboren. Die leicht sleazy Stimme ist ein stilbildendes Merkmal. Und ein paar „little friends“ haben mitgeholfen, darunter Bruce Springsteen und seine Frau Patti Scialfa als Backgroundchor. Grandios! Anspieltipps: ›New York Comeback‹ und der Stones-lastige Opener ›Let’s Get The Band Back Together‹.
8 von 10 Punkten
Lucinda Williams
STORIES FROM A ROCK N ROLL HEART
HIGHWAY 20/THIRTY TIGERS/MEMBRAN