A SOLITARY MAN war 2011 ein voller Erfolg. Seitdem verfeinert Jonathan Jeremiah seinen sanften Stil kontinuierlich. HORSEPOWER FOR THE STREETS überrascht mit Energieschüben und zeigt, wie gut die Zusammenarbeit mit anderen Völkern funktionieren kann. Jonathan trägt das Internationale seit seiner Geburt in sich, sein Vater kam aus Indien, seine Mutter aus Irland. Er hat Songs über Brüssel und Rosario geschrieben, viele deutsche Fans lieben seine U-Bahn-Story auf GOOD DAY. Dieses Mal fing alles in Frankreich an. „Ein Freund hatte sich in der Nähe von Bordeaux ein Haus gekauft, wir konnten dort ein paar Tage verbringen und an neuen Songs arbeiten. Es fühlte sich sehr romantisch, fast wie im Traum an. Dann kam der unerwartete Bruch durch COVID-19. Mir machten Musiker und Künstler allgemein Sorgen. Haben sie noch genug Geld? Ich schrieb ein Schlaflied, damit meine Kinder wegen des ständigen Sirenengeheuls nicht so beunruhigt sind.“
Der im Norden Londons beheimatete Musiker hat eine wunderbar warme Stimme. Begleitet wird sie dieses Mal mit mehr Schwung im Rhythmus und kraftvollem Choreinsatz. Aufgenommen wurde in einer Kirche in Amsterdam. Dort gibt es exzellenten Raumklang und genügend Platz für ein 20-köpfiges Streichorchester. „Vor dem Lockdown hatte ich in den Niederlanden ein paar tolle Liveauftritte mit der Amsterdam Sinfonietta. Daran wollte ich anknüpfen. In diesem Orchester gibt es keinen Dirigenten, man agiert rein auf der Gefühlsebene. Um den Musikern eine Idee zu geben, spielte ich ihnen etwas von Nick Drake vor. Deep Purple haben im Jahr 1969 ein Konzert mit einem Orchester in der Royal Albert Hall gegeben. Das ist für mich ein Musterbeispiel, wie man Rock, Folk und Klassik zusammenbringen kann.“ Scott Walker, Serge Gainsbourg und Terry Callier werden allgemein als Vorbilder genannt, wenn es um Jonathan geht. Doch angefangen hat bei ihm alles ganz anders.
„Ich stand zuerst auf Goth-Rock“, erinnert er sich. „Eine Band, die ich sehr mochte, war All About Eve. Sie hörten sich ein bisschen wie The Cure oder The Mission an, aber da war noch mehr. Durch diese Band entdeckte ich Fairport Convention und erkundete dann die Verbindung von Folk und Rock von Grund auf.“ Erweiterungen dieser Art sind immer möglich und müssen nicht zwangsläufig mit dem zu tun haben, was auf den Britischen Inseln zu Hause ist. „Ich habe während der Entstehung des neuen Albums etwas Zeit in der Nähe von Valencia verbracht. Es gibt da diese Flamenco-Clubs, in denen 50 oder 80 Leute zusammen tanzen, klatschen und singen. Etwas von dieser Atmosphäre habe ich übernommen.“ Auch ein Meister des Feingefühls braucht mal einen Temperamentsausbruch. So verscheucht er den Teufel, der Routine heißt.