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Titelstory: Ghost – Mit eiserner Faust und Maske

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Titelstory: Ghost – Mit eiserner Faust und Maske

Ghost - Wacken 2018Der Erfinder von Ghost wirkt zerbrechlich. Es fällt einem in dem Moment wirklich schwer, diesen schmalen, ruhigen Typen mit dem Entertainment-Monster „Papa Sowieso“ zu as­­soziieren. Forge trägt eine zerrissene Jeans, Chucks und eine Lederjacke, von der einen verschiedene Buttons – allen voran ein LOVE-GUN-Pin – anlachen. Mit durchdringendem Blick und einem freundlichen Händedruck werde ich begrüßt, wir nehmen an der großen Holztafel der Suite Platz und plaudern unverfänglich. Schnell wird klar, dass man hier mit einem vorgefertigten Fragenkatalog nicht weit kommt. Und das ist auch in Ordnung. Forge ist ein angenehmer und überaus tiefgründiger Zeitgenosse. Ein starres Frage-Antwort-Spiel würde seinen paralysierenden Sprachduktus kaputt grätschen, die Atmosphäre zerstören. Deswegen treiben wir 45 Minuten lang einfach so weit, wie Tobias’ be­­dacht platzierte Worte uns tragen.

Bevor das Album im Juni erscheint, gehst du vorher bereits auf Tour und hast jetzt ständig diese Interview-Marathons. Wie ist da die aktuelle Gemütslage?
Na ja, das ist ein bisschen wie beim Laufen. Nur weil du gerne läufst, muss es nicht zwangsweise gut für deine Knie sein. (lacht)

Bist du sportlich?
Nicht wirklich. Aber mit zunehmendem Alter und hinsichtlich darauf, dass ich in nur einem Monat bereit sein sollte für eine zweistündige Bühnenpräsenz und das für 200 Shows, muss ich natürlich fit werden.

Das ist dir bestimmt schon in Fleisch und Blut übergegangen…
Ja schon, aber dein Körper braucht schon ein gewisses Maß an Instandhaltung. Egal wie jung man sich fühlt, es wird jedes Jahr extremer. Wenn du auf Tour bist, dann machst du irgendwie ständig Sport. Am Ende sitzen die Bühnenklamotten nicht mehr richtig, sind viel zu weit und wenn du dann vor der nächsten Tour deine neuen Outfits bekommst, ist alles auf einmal total eng. (lacht) Also ich habe da wirklich erhebliche Schwankungen in der Konfektionsgröße und die werden mit zu­­nehmendem Alter immer größer.

Merkst du, dass es schwerer wird, je älter du wirst? Nicht, dass ich dich jetzt alt nennen wollte.
Na ja, ich bin 37. Das ist nicht alt, aber 19 bin ich eben auch nicht mehr. Also ist da natürlich ein Unterschied. Aber ich habe immer noch das Gefühl, dass ich noch nicht die Spitze erklommen habe.

Da ist noch Luft nach oben, der Zenit noch nicht erreicht?
Ich denke schon. Dafür, dass ich nicht sportlich bin, glaube ich, dass ich noch etwas aus mir rausholen kann. Ich passe jetzt besser auf mich auf als früher, ich habe vor sechs Jahren mit dem Rauchen aufgehört und das hat schon mal vieles verbessert. So gesehen gibt es da durchaus noch Potenzial nach oben: Wenn ich jetzt noch anfange, Vitamine zu essen, dann wird es vielleicht noch ein wenig besser.

Das tust du momentan also nicht?
(lacht) Na ja, es fällt mir schwer, mich zusammenzureißen, wenn ich nicht auf Tour bin. Sobald ich auf Tour bin, funktioniere ich besser. Ich habe viel mehr Routine.

Das ist unerwartet: Viele Künstler beklagen eher die fehlende Routine auf Tour.
Nein, für mich ist das eher so, wenn ich nach Hause komme. Dann verliere ich jegliche Kontrolle. Aber wie viele Künstler bin ich einfach ein wenig verhätschelt. (Flüstert hinter vorgehaltener Hand) Okay, tatsächlich bin ich ziemlich verhätschelt. (lacht) Ich bekomme eben viel Hilfe. Vor allem auf Tour, wenn da ständig Leute herumwuseln, die für dich da sind. Manchmal, wenn ich alleine reise, bin ich schon etwas verwirrt: Wie, ich muss da jetzt selbst einchecken? Äh, kann mal jemand herkommen und diese Situation hier handhaben? (lacht) Aber deswegen reise ich auch gerne alleine, damit ich mal wieder selbst ran muss. Jeder, der das jetzt liest, wird sich bestimmt denken, wie superblöd sich das anhört. Aber die meisten Menschen sind Ge­­wohnheitstiere, man gewöhnt sich schnell an gewisse Umstände. Und wenn du so verzärtelt wirst, ist es eben seltsam, wenn du nach Hause kommst und zum ersten Mal seit acht Wochen etwas kochen sollst…

Und vorher auch noch die Lebensmittel selbst einkaufen musst.
Oh, genau! Einfach, dass du diese Denkkette auf die Reihe kriegst. Das dauert natürlich nur eine Sekunde, aber dir fehlt eben die Routine. Wie ich gerne sage: Wir ähneln Hunden oder anderen Tieren sehr. Wir sind konditioniert und wir konditionieren uns selbst. Es gibt natürlich auch immer Wege, um gutes und schlechtes Verhalten oder Faulheit wieder weg zu konditionieren.

Da du aber diese Dinge reflektierst, bist du ja vielleicht gar nicht so fremdbestimmt.
Na ja, ich bin mir zumindest mancher Dinge bewusst. Das muss ich schon sein, wenn ich kein komplettes Arschloch werden will. (lacht)

Die Tour geht ja im Mai los…
Genau, in Riverside in Kalifornien. Wir spielen da eher ein paar Aufwärmkonzerte, auch wenn ich es eigentlich nicht so nennen möchte. Aber es geht eben darum, die Show zu perfektionieren, die Finessen auszuarbeiten. Die Tournee findet außerdem vor dem Album statt. Wir spielen also viele Songs, die die Leute noch nie gehört haben. Das könnte etwas seltsam werden.

Ich habe PREQUELLE ja schon ge­­hört und bin mir sicher, dass die ergebenen Ghost-Fans erstens ziemlich hungrig auf neues Material sind und zweitens einige der Songs großes Ohrwurmpotenzial haben. Da sollte nichts schief gehen, oder?
Das hoffe ich. Aber eine Garantie gibt es natürlich nicht. Ich befinde mich gerade an so einem Punkt, wo ich ein wenig Angst habe vor dem Start. Einerseits sehne ich mich wirklich da­­nach, wieder auf der Bühne zu stehen, und vor allem vermisse ich die Fans, diese direkte Verbindung zu ihnen. Aber andererseits gibt es bei diesen Shows viele Neuerungen, auch praktischer Natur. Und wieder mal bin ich eben ein Gewohnheitstier und probiere nicht so gerne Neues aus.

Aber das geistige Erschaffen von etwas Neuem scheint dir ja schon zu gefallen…
Ja, das liebe ich. Ich habe einfach gerne Ideen, aber wenn es zur Ausführung kommt, fühlt es sich anfangs immer etwas seltsam an. Da gibt es eben großen Druck und die Freude des Kreierens ist meistens schon wieder lange verblasst, wenn es dann an die Performance geht. Ich ziehe den Zeitpunkt vor, wenn nach 80 Shows einfach alles läuft wie ein Uhrwerk. Dann kann ich das alles wirklich genießen, wenn ich merke, dass alles im Akkord läuft.

Ist das eine normale Geschäftskrankheit oder steckt da eine tiefere Verunsicherung dahinter?
Beides, denke ich. Ich glaube, dass bei den meisten Künstlern, ob jetzt Rockmusiker oder Maler, die Kreativität aus einer gewissen Unsicherheit erwächst. Schau dir doch die Rockbands an: Die meisten dieser Typen waren bestimmt nicht die Coolsten in der Schule.

Nicht wirklich. Der Rock’n’Roll ist ja oft ein Ausweg, um doch noch cool zu werden…
Ja, genau. Und es ist paradox: Wenn deine Karriere mal am Laufen ist, hast du auf einmal etwas zu verlieren. Während das, was dir die Karriere beschert hat, eigentlich darin begründet lag, dass du nichts zu verlieren hattest. Das wird dir einfach immer bewusster, je weiter du kommst. Das ist wohl auch eine Frage des Alters. Du weißt es irgendwann einfach besser und stürzt dich keine Klippen mehr hinab. Wobei du in diesem Job wiederum daran gebunden bist, von einer Klippe zur nächsten zu springen, obwohl da diese große, schwarze Kluft dazwischen liegt.

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