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Ronnie James Dio: Kleiner großer Mann

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Ronnie James Dio: Kleiner großer Mann

Dio behauptete später, dass Bain seinen Anruf missverstanden hatte – dass er einfach fragte, ob Bain irgendwelche guten Gitarristen kannte. „Jimmy brachte also seinen Bass mit und nahm irgendwie an, dass er auch dabei war“, sagte der Sänger. Laut Bain gab es keine Zweifel darüber, was Dio wollte: „Die Idee war es, zwei Amerikaner und zwei Briten in der Band zu haben. Ich hatte zwei Typen im Kopf. Einer war [der ehemalige Thin-Lizzy-Gitarrist] John Sykes, den ich aber für etwas groß hielt.“ Der andere war ein 20-jähriger Bursche aus Nordirland namens Vivian Campbell, dessen Band Sweet Savage für die Wild Horses eröffnet hatte. Bain hatte Campbell zwar nie tatsächlich spielen gehört, doch sein Ruf war ihm bekannt. „Die Fans schienen ihn sehr zu mögen, also brachte ich seinen Namen ins Spiel. Wir arrangierten ein Treffen im [Londoner Probestudio] John Henry‘s. Wir vier trafen ein, bauten auf und spielten. Es war einfach fucking magisch.“

Vivian Campbell schlief, als er den Anruf bekam, ob er Dio beitreten wolle. Es war mitten in der Nacht und sein Vater hatte ihn aufgeweckt, um ihm zu sagen, dass da ein betrunkener Schotte am Telefon sei. Es war Bain, der aus einem Hotelzimmer anrief, mit Dio und Appice im Hintergrund, und ihn fragte, ob er für „diese kleine Band“ am nächsten Tag in London vorspielen wolle. Campbell war seit Mitte seiner Teenager-Jahre Mitglied der Belfaster NWOBHM-Band Sweet Savage gewesen. Sie hatten zwei wohlwollend aufgenommene Singles veröffentlicht und bei Thin Lizzy und Ozzy Osbourne im Vorprogramm gespielt. Campbell war ein Fan sowohl von Rainbow als auch von Sabbath, aber nur die von Dio angeführte Inkarnation von Letzteren. „Ich mochte Sabbath mit Ozzy nicht“, so Campbell, „aber das HEAVEN AND HELL-Album lief bei mir rauf und runter. Für mich war Dio ein großer Star.“ Campbell musste nicht lang überlegen, ob er Bains Angebot annehmen sollte. Sein Vater streckte ihm das Geld für das Flugticket vor und er flog gleich am nächsten Tag mit nichts als seiner Gitarre in der Hand nach London.

„Wir jammten auf ›Holy Diver‹, weil Ronnie das Lied schon geschrieben hatte“, erinnert sich Campbell. „Wir spielten es immer und immer wieder.“ In dem Versuch, Dio zu beeindrucken, bot er sein ganzes „Arsenal prahlerischer Gitarrentricks“ dar, aber erst als er wieder auf einfache Rock‘n‘Roll-Licks zurückgriff, zündete es. „Später spielte Ronnie mir das Band wieder vor und zeigte mir den exakten Moment, in dem er beschloss, dass ich in der Band sein sollte. Es war das Zeug, das ich gespielt hatte, als mir die Ideen ausgegangen waren. Er sagte, ‚Das ist der Scheiß! Da wusste ich, dass du der Richtige für mich bist!“

Sobald Campbell an Bord war, ging alles sehr schnell. Innerhalb weniger Wochen waren die vier in L.A. und arbeiteten in den Sound City Studios in Van Nuys, einem Innenhof mit einem Proberaum auf der einen und einem Aufnahmestudio auf der anderen Seite. Obwohl Dio schon zwei Stücke geschrieben hatte – ›Holy Diver‹ und ›Don‘t Talk To Strangers‹ -, entstanden alle anderen Lieder auf dem Debütalbum bei diesen Sessions.

Für den unerfahrenen Gitarristen war es aber kein Zuckerschlecken. Ronnie und Vinny waren beide verheiratet und lebten in L.A., aber Vivian und Jimmy mussten sich eine billige Dreizimmerwohnung in der Industriebrache von Oakland teilen, die Wendy und Ronnie für sie gemietet hatten. In einer fremden Stadt und ohne Freunde fühlte Campbell sich einsam. Bains Freizeitaktivitäten waren dabei auch nicht gerade hilfreich. „Er brachte immer Leute mit in die Wohnung“, so Campbell. „Sie lösten Koks am Küchentisch auf. Ich hatte nie gesehen, wie jemand Kokain genommen hatte, geschweige denn dass es jemand in einem Löffel über einer Dose schmolz. Ich sperrte mich in mein Zimmer ein. Ich stand morgens auf und Fremde lagen rum, völlig zugedröhnt.“ Bains wilder Lebensstil ließ ihn aber nicht über seine eigenen Bedenken hinwegblicken. Der Bassist kannte Ronnie und Wendy bereits aus seinen Tagen bei Rainbow. „Sie murmelte ihm ständig ins Ohr: ‚Du brauchst Ritchie nicht, du kannst dich alleine behaupten, blablabla‘“, erinnert er sich. „Sie kam mit und fing an, seine Stimme zu werden.“

Bain behauptet, dass die Band noch keinen Namen hatte, als er zustimmte, Ronnie bei seinem Post-Sabbath-Unterfangen zu begleiten. Und dass geplant war, das Geld zu gleichen Teilen unter den Gründungsmitgliedern aufzuteilen. Doch der Bassist erkannte, dass es zum Scheitern verurteilt war, „sobald wir nach L.A. kamen und Wendy als seine Managerin auf der Bildfläche erschien. Ich sah, dass es dabei nur um sie und ihn ging und alle anderen scheißegal waren.“
Diese Bedenken wurden auf Eis gelegt, als die Band jeden Abend um sechs ins Sound City kam. Sie probten in einem Raum, dann schoben sie das Equipment über den Parkplatz ins Studio, um aufzunehmen. Das Material war ein Frankenstein-Gebräu aus Teilen älterer Stücke, die Bain und Campbell mitbrachten, den zwei Tracks, an denen Dio und Appice vor ihrer Reise nach London gejammt hatten, und einigen kunstvoll zusammengewürfelten Stücken, die in letzter Minute aufgenommen wurden. Ein solches Lied, ›Stand Up And Shout‹, wurde dann zum Album-Opener. „Das war ein Riff von Jimmy“, sagt Campbell, „obwohl er und ich uns immer wieder darüber stritten, denn es ähnelte verdächtig einem alten Sweet-Savage-Ding. Aber das war wiederum von einem Gary-Moore-Riff geklaut, also glich es sich wieder aus.“
Das Titelstück, für das nur Ronnie als Autor ausgewiesen wurde, könnte auch geklaut worden sein, wenngleich möglicherweise unbewusst. Während der Text – darüber, auf Tigern zu reiten und „zu lang unten im Mitternachtsmeer“ zu sein, was entweder eine Referenz auf Luzifers Fall in der Offenbarung des Johannes oder unterhaltsames Gefasel war, je nach Betrachtunsgweise – komplett von ihm stammte, erinnert der hymnische Beat an ›Eye Of The Tiger‹ von Survivor, was zu der Zeit, als Ronnie und Vinny im Garten des Sängers jammten, ein Riesenhit war. Nichstdestotrotz besteht Bain darauf, dass es wesentlich mehr auf einer Kollaboration basierte, als es die Liner-Notes suggerieren. „Die ganze Band machte einen Song daraus“, sagt er. „Ronnie war toll, wenn es um Melodien ging, aber er hätte dieses Riff niemals allein schreiben können.“

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