Manowar
ANTHOLOGY (1997)
Seien wir ehrlich: Die Rock’n’Roll- und Metal-Welt ist geprägt durch männliche Attribute. Das kann niemand leugnen und im Grunde stört es auch nicht. Es ist doch schön, wenn man sich auf Festivals und Konzerten mit einem kühlen Bier in der Hand einfach den gitarrenlastigen Klängen hingeben kann, ohne auf spießige Etikette achten zu müssen. Da werden Fäuste gen Himmel gereckt, es wird leidenschaftlich mitgegrölt. Das macht uns Frauen auch Spaß, das müssen wir offen zugeben. Doch gibt es auch Bands, die das Ausleben dieser Attribute bzw. Klischees mehr als übertreiben.
Nehmen wir Manowar als passendstes Beispiel und sehen uns das obige Cover ihres Albums ANTHOLOGY mal genau an. Dort stehen vier Männer inmitten eines mittelalterlichen Verlieses. Die Band selbst wirkt jedoch nicht wie kühne Ritter, sondern eher, als sei sie einem der ersten „Conan – Der Barbar“-Filme entsprungen. Joey DeMaio präsentiert sich eingeölt, betont behaart und im schicken Leder-Lendenschurz in Bodybuilder-Pose und wirkt dabei wie eine Ken-Puppe aus den 90ern, die ins heimische Olivenölfass geplumpst ist. Auch Sänger Eric Adams hat diese Ölkur genossen und krönt seinen Look noch mit weißen Fellstiefeln, die aussehen, als hätte er sie von einer Strip-Tänzerin erobert – zusammen mit dem armen toten Stofftier, das er stolz in die Kamera hält, als hätte er gerade mit bloßen Händen einen Tiger erlegt. Und was machen sie in diesem Aufzug in diesem Verlies? Wollen sie arme Jungfrauen befreien? Wohl eher nicht. Es scheint beinahe so, als wären sie die armen Schweine, die befreit werden müssen.
Liebe Männer, gestattet mir eine Frage: Findet ihr das männlich? Zählen paillettenbesetzte Lederhöschen zur Grundausstattung eines echten Mannes? Falls ja, erbitte ich eine Erklärung. Natürlich, man darf die Ironie hinter dieser Aufmachung nicht außer Acht lassen. Doch was soll diese bewirken? Will eine Band, die sich die Krone der Männlichkeit auf die Stirn tätowiert hat, plötzlich genau das ins Lächerliche ziehen? Zugegeben, wenn das ihre Intention ist, dann schaffen sie das perfekt. Denn der gesamte Aufzug ist einfach nur lächerlich. Ob man das nun mit einem Augenzwinkern oder bierernst sieht, sei jedem selbst überlassen. Doch Geschlechterdiskussionen hin oder her, eines ist sicher: ANTHOLOGY hat den Preis als eines der hässlichsten Albumcover der Rockgeschichte verdient.
Ted Nugent
LOVE GRENADE (2007)
Ted Nugent ist ein wahrer Mann! Er ist großer Verfechter von Schusswaffen (angeblich hat er selber mehr als 350 Knarren zu Hause), geht gern auf die Jagd (je größer die Beute, desto besser!), seiner Meinung nach gehört die Frau an den Herd und der Mann aufs Schlachtfeld. Dass der Motor City Madman den ein oder anderen großen Hit geschrieben und musikalisch durchaus qualitativ hochwertig sein kann, lassen wir jetzt mal außen vor.
Blicken wir lieber auf dieses Cover zu seinem 2007 erschienenen Werk LOVE GRENADE, denn dort haben wir alle Machoallüren des Herrn Nugent versammelt. Nun gut, die Frau ist nicht gerade am Herd, sondern gleich die große Beute des werten Jägers. Wie ein Brathühnchen sitzt die junge Dame da auf dem Gourmetteller (große Brüste und ein wohlgeformter Hintern natürlich inklusive) — oder vielleicht auch wie ein Spanferkel. Anstelle eines Apfels prangt eine Handgranate in ihrem Mund, dem Titel nach zu urteilen das Liebeselement der Szene… Auch der Blickwinkel ist interessant. Der Betrachter scheint nämlich schon am Tisch zu sitzen, zurückgelehnt in seinem Stuhl, um… ja, um was? Um der Lady ein Ständchen auf der daneben liegenden Gitarre zu spielen? Einen großen Schluck aus der Whiskyflasche zu nehmen? Oder sollen wir unser „Mahl“ genießen? Schön romantisch hat es uns der Herr Nugent gemacht mit einem prasselnden Kaminfeuer. Einen kleinen Keks als Aperitif haben wir schon genossen. Jetzt wartet die dralle Dame auf ihr Schicksal. Doch vielleicht sehen wir das alles ganz falsch. Das ist nicht etwa ein Macho-Bild, sondern extrem feministisch. Denn die Dame könnte auch ein Auftragskiller sein. Die Granate ist schon da. Mit einem neckischen Kopfnicken könnte sie den Stift ziehen und dann… ja, dann wird der Jäger zum Gejagten.
Fleetwood Mac
MYSTERY TO ME (1993)
Dass Fleetwood Mac einen leichten Hang zu seltsamen Covermotiven haben, ist kein Geheimnis. Auf THEN PLAY ON reitet ein nackter Jüngling auf einem weißen Ross über eine Blumenwiese. KILN HOUSE wirkt, als hätte ein Kind seinen letzten Schulausflug mit Buntstiften gemalt. Aber MYSTERY TO ME ist mit Sicherheit das skurrilste Werk dieser Sammlung. Veröffentlicht wurde es im Oktober 1973. Die Besetzung: Bob Welch und Bob Weston an der Gitarre, Christie McVie am Mikrofon und Keyborad, John McVie am Bass und natürlich Bandboss Mick Fleetwood am Schlagzeug. Viele Jahre musikalisch unterschätzt, gilt es heute als eine der Perlen Fleetwood Macs vor dem weltweiten Durchbruch mit RUMOURS im Jahre 1977.
Doch über die Musik wollen wir hier ja nicht reden, sondern über die essentiellen Fragen: Warum sitzt dieser Affe am Strand und stopft sich eine fette Sahnetorte ins Maul? Und was macht dieses angebisse Buch dort? Warum weint der Primat? Hat ihm jemand das Herz gebrochen und er versucht nun, seinen Frust mit Süßem zu lindern? Oder leidet er unter dem Sand, der überall – natürlich verstärkt durch den Zuckerguss – in seinem Fell klebt? Hat man ihn kaltherzig aus dem Dschungel gerissen und an der Küste zurückgelassen? Vielleicht liegt sein Gemütszustand jedoch auch am Inhalt des blauen Buches. Was kann dort nur geschrieben stehen? Ist er gar ein Schriftsteller in einer mentalen und kreativen Krise? Oder steckt vielleicht eine tiefere, wenn nicht sogar mystische Bedeutung hinter diesem Artwork? Erstaunlicherweise ja. Ihr damaliger Gitarrist Bob Welch beschrieb das Konzept des Covers einmal folgendermaßen: „Egal wie sehr man sich auch mit Wissen vollstopft, am Ende bleiben wir alle doch nur Affen.“ Affen, die Torte essen? Nun gut.