Wenn du dich an die Arbeit machst und mit einem neuen Album beginnst, was willst du dann konkret erreichen?
Ich will es fertig kriegen. Früher vor 30, 35 Jahren, als ich anfing, hat man zehn Songs aufgenommen, und das Album war fertig. Das haben wir bei GET UP wieder so gemacht. Es hat sich also nichts geändert.
Macht dir der Job noch Spaß?
Ehrlich? Sehr sogar. Ich habe mich jedes Mal gefühlt, als bekäme ich ein Weihnachtsgeschenk, wenn Jeff eine Mail mit einem weiteren fertigen Song schickte. Ich habe sie dann geöffnet und mich gefreut wie ein Kind.
In ›That’s Rock And Roll‹ singst du: „Do you want to start a revolution or do you want to have some fun?“ Also Revolution machen oder Spaß haben. Was ist deine Antwort auf diese Frage?
Ahh, jetzt wird es richtig spannend (lacht). Das ist eine philosophische Frage, nicht wahr? Ich befrage mich praktisch selbst und werfe das mit dem Song mal eben so für alle in den Raum. Das ist schon fast eine Lebensentscheidung. Ein jeder sollte diese Frage irgendwann für sich beantworten.
Wie hast du dich entschieden?
Das liegt doch auf der Hand. I just wanna rock. (lacht)
Hat es dich je gewurmt, keine politischen Songs im Repertoire zu haben?
Doch, ich habe auch schon über Politik gesungen. ›Don’t Drop That Bomb On Me‹ hatte einen politischen Subtext. Aber es ist schon nicht einfach, Songs zu schreiben, und noch viel schwieriger, gute politische Lieder. Wenn ich es könnte, würde ich es tun. Ein politischer Song muss besonders clever sein.
Versuchst du es manchmal?
Nein. Es ist nicht so, dass ich nichts zu sagen hätte. Ich habe schon über Krieg geschrieben, auch über Armut, in ›Tears Are Not Enough‹ zum Beispiel, unserem kanadischen Benefizsong für „Live Aid“ 1985. Klar, wenn du was verändern kannst, dann ergreife die Chance. Wenn nicht, dann mach lieber Musik, die von Herzen kommt.
Du hast als Fotograf Bilder von Kriegsversehrten gemacht und ausgestellt. Ist es leichter, mit Fotos aufzurütteln und etwas zu verändern als mit Musik?
Es gibt nicht ohne Grund den Ausdruck „ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Ich denke gerade zum Beispiel an das Foto des kleinen Flüchtlingsjungen, der ertrunken am Strand lag. Dieses Bild löste eine Revolution aus. Von der Sekunde an, als das Bild veröffentlicht wurde, war die Welt nicht mehr dieselbe wie vorher. Plötzlich war jedem bewusst, was für schreckliche Dramen sich dort im Meer abspielen, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft stiegen massiv an. Insofern denke ich, dass man mit Fotos, mit Bildern in der Tat mehr Veränderung bewirken kann als mit einem Lied.
Wir sprachen darüber, dass du mit deinen Songs nur Spaß machen willst. Liebst du das Fotografieren auch deshalb, weil du mit Bildern eben doch besagte Revolution auslösen kannst?
Der Gedanke ist interessant, aber ich analysiere mich und mein Tun nicht dahingehend. Ich genieße einfach die Arbeit, die ich mache.
Nicht schlecht, wenn die Arbeit zugleich Hobby ist, oder?
Nein, ein Hobby ist meine Arbeit nicht, es ist Arbeit. Ich habe keine Hobbys. Ich habe die Musik, das Fotografieren, meine Familie, den Garten. Und alles wird mit größter Hingabe behandelt.
Der Garten auch?
Ja, auch der Garten. Ehrlich, das Gemüse wächst nicht von allein, sondern weil ich mich darum kümmere. Ich ernähre mich ja gesund, der Garten ist also aus Eigennutz entstanden. Ich baue an, damit meine Frau, die Kinder und ich etwas zu essen haben. Wirklich, das ist spannend. Speziell mitten in London. Urbanes Gärtnern, also ich finde das toll. Außerdem ist mein Opa auch dank seiner Gartenarbeit 90 Jahre alt geworden.
Deine Töchter Mirabella und Luna sind vier und zwei Jahre alt. Interessieren die sich mehr fürs Gemüse oder mehr für deine Gitarren?
Weder noch. Puppen und Teddybären sind ihre Spezialität. Was sie später mal machen, ist ganz und gar ihre Sache. Meine Frau und ich werden sie zu nichts nötigen und von nichts abhalten. Ich würde den Mädchen nur gerne Surfen beibringen. Surfen ist super.
Also doch ein Hobby?
Okay. Wenn du drauf bestehst.
Das Album heißt GET UP, die Single ›Brand New Day‹. Da steckt sprachlich viel Aufbruch und Neuanfang drin.
Das stimmt. Das Album ist überhaupt sehr aufmunternd und hell. Und die Phrase „Get Up“ kommt gleich zwei Mal in den Texten vor, da dachte ich mir, nenne ich doch gleich das ganze Album so.
Die Texte hättest du so ähnlich aber auch schon vor 30 Jahren schreiben können, oder?
Ich weiß, ich weiß. Und sie funktionieren immer noch, denke ich. Ich arbeite hart an diesen Texten und an diesen Melodien. Ich mache keine halben Sachen. Und Jim Vallance, mit dem ich viel in den 80ern zusammen gemacht habe, treibt mich immer wieder an. Ich will keine Songs schreiben, die Jim nicht geil findet. Für mich ist GET UP eine Rückkehr zur Top-Form.
Apropos: Du wirkst wie immer sehr fit und drahtig. Wie steht es um die Form des Bryan Adams?
Die Songs sind fitter als der Körper. Aber das ist okay. Du wirst geboren, und von da an geht es kontinuierlich abwärts. Ich tue, was ich kann, um den Verfall zu verlangsamen, ich jogge, fahre Rad, all die üblichen Sachen.
Du hast beim Video zu ›Brand New Day‹ erstmals selbst Regie geführt. Wolltest du ein bisschen tiefer ins Filmemachen reinschnuppern?
Nein. Ich wollte ein simples, unkompliziertes, zugleich elegantes Video drehen. Helena Bonham Carter und Theo Hutchcraft von Hurts, die beide im Video mitspielen, sehen sowieso immer top aus. Definitiv um Längen besser als ich. (lacht)