Blues Boom: Free

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Blues Boom: Free

Die Band mit der Scheiß-drauf-Einstellung, die sich in der rauen Realität der britischen Blues Clubs ihre Sporen verdiente.

Die Geschichte gehört den Gewinnern, heißt es. Das ist auf jeden Fall wahr im Fall von Free, deren durchwachsene Laufbahn seit jeher vom weitaus größeren Erfolg der Band überschattet wurde, die ihnen folgen sollte: Bad Company. Bassist Andy Fraser sagte 2006: „Free hatten viele Seiten – Blues, Soul, Folk. Wir waren definitiv eine Sixties-Band“. Bad Company, geradlinigere Vertreter der 70er-Rockelite, bedienten sich einfach „der Seite von Free, die man in große Hallen bringen und so verkaufen konnte“.

Dagegen ging es bei Free laut Fraser „immer um mehr, als nur erfolgreich zu sein. Wir wollen musikalische Barrieren einreißen“. Ein Ziel, das sie nie wirklich erreichten. Stattdessen zerrissen sie sich selbst. Eine hässliche Auflösung, in deren Folge Gitarrist Paul Kossoff mit 26 an einer Drogenüberdosis
starb und Fraser wieder in der Versenkung verschwand (er ging 2015 mit 62 von uns). Die beiden Mitglieder, die dann mit Bad Company zu Stars wurden – Sänger Paul Rodgers und Schlagzeuger Simon Kirke –, waren ironischerweise die „Landeier“ bei Free, die Provinzler, die als weniger weltgewandt galten als ihre in London geborenen Kollegen.

Dass ausgerechnet sie am meisten von ihrer Zeit bei Free profitierten, ist aber absolut typisch für die zweifellos unkonventionelle Karriere dieser Formation. Es hatte nichts damit zu tun, dass die beiden weniger talentiert gewesen wären – alle vier Originalmitglieder waren außerordentlich begabt –, sondern eher damit, dass der riesige Erfolg, den sie dann erzielten, so unerwartet kam. Doch rückblickend könnte man fast alles im Zusammenhang mit Free so beschreiben, vom unglaublich jugendlichen Alter, in dem sie starteten (Fraser war erst 15) bis zu der lächerlich kurzen Zeit, die sie brauchten, um berühmt zu werden – und dann wieder in Vergessenheit zu geraten.

Free waren im selben Jahr wie Led Zeppelin gegründet worden, Zeitgenossen, die auf derselben Bluesrock-Quartett-Blaupause aufbauten, und hätten mindestens genauso groß und wichtig werden können. Dass man sich heute hauptsächlich aufgrund von ein paar Hitsingles wie ›All Right Now‹, ›Wishing Well‹ oder ›My Brother Jake‹ an sie erinnert, ist schlichtweg eine Tragödie. Die vier Teenager, die Free 1968 aus der Taufe hoben, wussten schon, dass sie ihr eigenes Material schreiben mussten, um anerkannt zu werden. Zum Glück hatten sie in Rodgers und Fraser zwei Talente für ein beeindruckendes Songwriting-Team in ihren Reihen.

Zunächst waren sie aber vor allem für ihre Fähigkeit bekannt, den Blues für ein überwiegend weißes Rockpublikum neu zu erfinden, indem sie Standards wie Albert Kings ›The Hunter‹ und Robert Johnsons ›Crossroads‹ mit frühen Rodgers Kompositionen wie ›Walk In My Shadow‹ und ›I’m A Mover‹ kombinierten. „Es war aber nicht nur bluesbasiert“, bekräftigte Fraser, der als Letzter zur Band stieß. „Unser Songwriting war auch von Soul, Motown und den Beatles beeinflusst. Ich fand immer, dass wir das Potenzial hatten, all das und noch viel mehr zu machen.“


Killer-Track: ›The Hunter‹

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