Das beste Live-Konzert des Jahres?
Es gibt Konzertereignisse, da stimmt einfach alles: eine Lieblingsband mit schwer zu bestimmendem Popularitätsgrad, die in eine größere Halle umziehen muss – und auch diese ausverkauft. Ein Support, den hierzulande gefühlte 638 Menschen kennen, der allerdings ein größeres Publikum verdient hätte, fußt doch sein Rockentwurf auf begnadetem Songwriting. Und nicht zuletzt: der Wochentag. Was also kann noch schiefgehen, wenn Black Rebel Motorcycle Club ihr hervorragendes neues Album an einem Freitag in der Münchner Tonhalle mit Transfer im Vorprogramm promoten? Es sollte ein Abend für die Kategorie „bestes Livekonzert des Jahres“ werden…
Bereits Ende 2011 bot sich dem Münchner Publikum die Gelegenheit, im Vorprogramm der Kaiser Chiefs mit Transfer eine Band aus San Diego zu entdecken, deren Debütalbum FUTURE SELVES hierzulande leider nur verhaltene Beachtung fand. Es gilt also, Überzeugungsarbeit zu leisten – und das hört man der Band an diesem Abend an. Mit Maximaleinsatz spielen sich die vier durch ein – leider – viel zu kompaktes Set, präsentieren bis auf die Abschlussnummer ›White Horse‹ ausschließlich neues Material, darunter den Free-Download-Track ›Still Bad Blood‹ sowie das hymnenhafte ›If The Morning Comes‹ von ihrer nur auf Tour erhältlichen THE MORNING-EP. Auch wenn wenigstens eine Nummer vom Debüt dem Gesamteindruck gut getan hätte: Besser hätte man das Publikum nicht auf die notorischen Lederjackenrocker vom Black Rebel Motorcycle Club einstimmen
können.
Was dann folgte, war schlicht und ergreifend großes Kino. Die Band um Peter Hayes und Robert Levon Been blickt auf zwei schwere Jahre zurück, der Tod von Roberts Vater, quasi inoffizielles viertes Bandmitglied, brachte das Trio an seine Grenzen. Ein Fortbestehen war keineswegs mehr selbstverständlich, schließlich fand man jedoch wieder zueinander und zur Musik. Wie ein Befreiungsschlag dann auch die Show: Statt auf überflüssigen Firlefanz setzen die Kalifornier seit jeher auf die Klasse ihres Materials, roh, ungefiltert, unmittelbar. Mit ›Let The Day Begin‹ hätten sie denn auch kein passenderes Intro wählen können, überhaupt ähneln sich SPECTER AT THE FEAST und Setlist in vielerlei Hinsicht. Wie sich auf Album Nr. 7 wütend-aggressive Bretter mit zerbrechlich-halbakustischen Balladen abwechseln, das hat schon viel von der Dynamik dieses Abends. Wenn ›Red Eyes And Tears‹ auf ›Rival‹ folgt, mag man kaum glauben, dass zwischen beiden Songs zwölf Jahre liegen. Auch schmiegt sich das alles überstrahlende ›Returning‹ perfekt an den 2007er Blues von ›666 Conducer‹, neben ›Berlin‹ übrigens die einzige Nummer von ›Baby 81‹ an diesem Abend. Mit einem Set aus 23 Songs, von akustisch bis brachial, verabschieden Black Rebel Motorcycle Club ihr völlig verausgabtes Publikum nach knapp zwei Stunden in die Nacht und lassen keinen Zweifel daran, dass ihr Feuer noch lange nicht erloschen ist.