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The Temperance Movement: Tiefer Einschnitt

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The Temperance Movement: Tiefer Einschnitt

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Für die Band aus Großbritannien lief zunächst alles optimal. Sie veröffentlichte 2013 ein Debütalbum, an dem es nichts auszusetzen gab. Die Blues-Neigung war da, der Geist des Rock‘n‘Roll unverkennbar und eine gesunde Härte genauso vorhanden wie die Neigung zu Hymnen. Aus dem Stand erspielte sich die Band eine Fangemeinde, zu der auch Vertreter der Prominenz gehörten. Mick Jagger und Keith Richards waren aus dem Stand so von den jungen Kollegen begeistert, dass sie The Temperance Movement fürs Vorprogramm engagierten. So sieht ein idealer Durchstart aus.

Danach kam Sand ins Getriebe. Ungefähr ein Jahr vor der Veröffentlichung von WHITE BEAR stieg Gitarrist Luke Potashnick aus, kurz darauf folgte ihm Schlagzeuger Damon Wilson. Wegen dieser personellen Veränderungen konnte die Band nicht ganz an das Niveau des Erstlings anknüpfen.

Alles wirkte phasenweise angestrengt, überhitzt und un­­entschlossen. Ein reichlich kurzes Vergnügen war es auch. Sänger Phil Campbell (den wir bitte nach wie vor nicht mit dem Motörhead-Gitarristen gleichen Namens verwechseln) erinnert sich noch gut an die Strapazen. „Luke hat sich der Familie wegen verabschiedet, er wurde Vater und wollte nicht mehr ständig auf Reisen sein. Er hat auch nicht erwartet, dass so eine Band ein richtiger Vollzeitjob sein kann. Damon hielt es etwas länger aus, quälte sich mit der Zeit aber nur noch ab, weil es auch bei ihm zuhause Verpflichtungen gab. Luke ging, Matt White kam für ihn hinzu und Damon hielt es noch eine Weile aus. Dann ging auch er 2017, ihn ersetzte Simon Lea. Diese Wechselspiele waren für uns nicht einfach. Alles geriet zeitweilig ins Ungleichgewicht.“

Heute spielen diese Schwierigkeiten keine Rolle mehr. Die neuen Mitglieder haben sich schnell eingelebt und neue Impulse gegeben. „Es gibt Beispiele wie das der Black Crowes. Auch da hat es einige Besetzungswechsel gegeben, aber sie haben dieser Band nie ge­­schadet. Das war jetzt auch bei Matt und Simon so. Sie waren Fans von The Temperance Movement und wussten genau, worauf sie sich einlassen. Beide sind mit vollem Einsatz bei der Sache. Simon spielt leicht hinter dem Beat und prescht nicht so voraus, wie es bei Damon war. So entsteht mehr Groove. Matt spielt die Gitarre nicht genau wie Luke, er bringt mehr Dynamik mit.“

Unabhängig von den Line-up-Wechseln war Phil und Gitarrist Paul Sayer klar, dass sich auch darüber hinaus etwas tun musste, weil man nicht ständig auf bewährte Wege vertrauen kann. Sie mussten sich neu herausfordern. Der Newcomerbonus war aufgebraucht, jetzt brauchten The Temperance Movement Ideen, die sie zu einer an­­haltend vertrauenswürdigen Kraft machen. Dass sie während der Entstehung des dritten Albums in diese Richtung gedacht haben, erkennt man bereits am Titel A DEEPER CUT.

„Wir wollten einen tieferen Einschnitt wagen und dabei noch mehr von dem offenbaren, was uns musikalisch ausmacht und uns als Band repräsentiert. Mit diesem Album stellen wir uns stilistisch breiter auf. Es sind neue Elemente vorhanden“, sagt Paul. Konkret lässt sich das an der Verwendung eines Instruments festmachen, das man bisher nicht unbedingt mit dieser Band assoziiert hat. „Ich spiele auf diesem Album mehr Piano“, führt Phil aus. „Das wollte ich schon auf den ersten beiden Platten machen, aber da hatte es nicht ge­­passt. Anders war es auf einer kleinen Tour, die zwischen der Veröffentlichung der letzten beiden Alben stattfand. Da stand jedes Mal ein Piano auf der Bühne. Sein Klang passte immer gut zu den akustisch gehaltenen Songs, die wir spielten. Das Piano harmoniert aber auch gut mit dem gitarrenorientierten Rock-Stil in dieser Band. Das Publikum ging richtig gut mit. Das hat uns ermutigt, damit weiter zu machen.“

Man muss nicht lange nachfragen, von welchem Musiker am Piano Phil besonders viel hält. „Das ist der Elton John in der Periode um HONKY CHATEAU und TUMBLEWEED CONNECTION herum. Das war meiner Meinung nach seine beste Phase. Da wollte er wie Little Richard oder Dr. John sein, hatte eine großartige Band hinter sich und kehrte diese Showman-Art heraus, die zu seinem Ding wurde. Ganz offensichtlich hat ihm auch gefallen, was er damals in Amerika erlebt hat. Da kam die Musik her, die er liebte. Er hielt sie für authentisch. Sie half ihm dabei, sich als Person und Musiker zu entwickeln. Das ganze britische Rock-Schnöseltum der damaligen Zeit hat ihm nicht so gefallen. Davon wollte er weg.“

Elton entdeckte die natürliche Schönheit im Blues und Country, aber auch die im Soul. Mit dieser Richtung können sich auch Phil und Paul identifizieren. Sie halten schwarze Musikeinflüsse für wichtig, das hört man an den Grooves auf A DEEPER CUT, aber auch an den simplen, zu Herzen gehenden Botschaften der Texte. Ihnen ge­­fällt die erfrischende Direktheit in Soul- und R&B-Songs, die zu Pop-Klassikern ge­­worden sind. ›It Takes Two‹ von Marvin Gaye & Kim Weston ist ein Beispiel. „Wahrscheinlich ist dieser Song zu einem Zeitpunkt entstanden, als es einen furchtbaren Moment in einer Beziehung gab. Es geht im Text darum, wie man mit solchen Unruhemomenten umgeht, wie man trotz allem weitermacht und wie man Probleme überwindet. In R&B-Songs erfährt man etwas über alltägliche Situationen, deshalb ist diese Musik bis heute populär. Ich bin froh, dass wir uns mehr in diese Richtung entwickeln. Wir wollen die Leute auch so direkt an­­sprechen und ihnen mitteilen, dass nach einer Krise im Leben alles wieder gut werden kann.“

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