Das „American Songbook“ wird um ein Kapitel erweitert – zumindest theoretisch.
Ein Künstler, der sein neues Werk FUTURE STANDARDS nennt, leidet ganz offensichtlich nicht unter mangelndem Selbstbewusstsein. Dabei hat Howe Gelb ja absolut recht: Der Kanon all dieser klassischen Nummern von Rodgers & Hart, Cole Porter und Hoagy Carmichael schreit förmlich nach einer Erweiterung, denn eine 127. Version von ›Night And Day‹ braucht nicht einmal der treueste Freund des „American Songbook“ – auch wenn das Rod Stewart vermutlich völlig anders sieht. Davon auszugehen, dass seine zwölf selbstkomponierten Stücke dereinst als „Standards“ in die Musikgeschichte eingehen werden, zeugt von Chuzpe, dass sich Howe Gelb allergrößte Mühe gegeben hat, steht allerdings außer Frage: Mit reichlich Bekennerschmelz in der Stimme, meist nur zu sparsamer Pianobegleitung und bisweilen im Duett mit Sängerin Lonna Kelley liefert Gelb den Soundtrack für die „wee small hours“, wenn die letzten Gäste bereits den Heimweg angetreten haben, das Whiskeyglas aber einfach nicht damit aufhören mag, sich wie von Geisterhand selbst zu füllen. Was die Kreation mutwillig selbstreflexiver Klangkunst betrifft vermutlich der perfekte Zeitpunkt, was dann in Stücke wie ›Relevant‹, ›May You Never Fall In Love‹ und ›A Book You’ve Read Before‹ resultiert. Erfreulich: Wo die Altvorderen gerne mal ein Übermaß an Pathos bemühten, agiert Gelb eher mit einem Augenzwinkern. Was der entspannten Seriosität seiner Songs aber keinerlei Abbruch tut.
7/10
Howe Gelb
FUTURE STANDARDS
FIRE/CARGO