Mit Temples musste man schon etwas länger rechnen. Seit November 2012, um genau zu sein. Damals erschien die erste Single der Band mit Namen ›Shelter Song‹, die einen sehr guten Eindruck machte. Das Spiel der Rickenbacker-Gitarre erinnerte an The Byrds, das Schlagzeug klang auch sehr nach den Sixties und die aufhellende Melodie hätten auch The Kinks zu Zeiten von THE VILLAGE GREEN PRESERVATION SOCIETY nicht besser setzen können. Man war folglich gespannt, was das Debütalbum bringen wird.
Jetzt, da man die Songs kennt, kann man sich über eine der besten Taten auf dem Gebiet der neo-psychedelischen Rockmusik freuen. Allein schon deshalb, weil sich diese vier Musiker auf SUN STRUCTURES nicht auf einen Punkt versteifen. „Wir sind sehr an britischer Popmusik aus früheren Jahrzehnten interessiert, sie stellt für uns einen grundsätzlichen Fixpunkt dar. Die weitere Route ist dann aber völlig offen. Wir wollen uns von der reinen Pop-Ästhetik wegbewegen und Einflüsse aus völlig anderen Klangwelten einbringen. Als wir begannen, unter dem Namen Temples aufzutreten, hörten wir uns viel von Brian Eno, Tangerine Dream, den frühen Pink Floyd oder Soft Machine an, um herauszufinden, wie Popmusik in etwas Größeres verwandelt werden kann“, erzählt Bassist Tom Warmsley, der die Band zusammen mit Sänger und Gitarrist James Bagshaw nur wenige Monate vor Veröffentlichung von ›Shelter Song‹ gegründet hat. Recht bald danach gab es bereits die ersten positiven Reaktionen berühmter Kollegen. Johnny Marr äußerte sich begeistert und Noel Gallagher erklärte, dass er lieber Temples im Mainstream-Radio und nicht immer dieselben Pop-Sternchen hören will. Warmsley ist sich nicht sicher, ob dieser Zuspruch zu so einem frühen Zeitpunkt in der Karriere einer Band wirklich hilfreich ist. „Natürlich haben wir nichts dagegen, wenn sich Leute mit so einem Bekanntheitsgrad und Einfluss für eine junge Band aussprechen. Aber wir bilden uns darauf ehrlich gesagt nichts ein. Man muss schon zum Volk durchdringen. Was ein Journalist oder ein Fan auf einem Konzert zu uns sagt, ist genauso wichtig wie die Meinung eines Noel Gallagher.“
Mit Auftritten kennen sich Temples schon gut aus. Vor dem Gespräch mit diesem Magazin hat die Band eine zweimonatige Tour durch Europa, die USA und Japan absolviert. Kurz vorher hatte man die Aufnahmen zu SUN STRUCTURES beendet und davor stand man auf vielen Bühnen Britanniens. Warmsley findet es angenehm, nach den Reisen wieder zurück in Kettering zu sein, wo alles angefangen hat. Die Stadt in der Grafschaft Northamptonshire ist keine, der man einen fruchtbaren Nährboden für Rockmusik zu-schreibt. Es ist eine ruhige Marktgemeinde mit knapp 50.000 Einwohnern und ein britischer Wahlkreis mit Sitz im Unterhaus. Warmsley glaubt nicht, dass sich aus der idyllischen Herkunft der Band ein Nachteil konstruieren lässt. „Wir leben ein gutes Stück von London entfernt, wo sich das kulturelle Geschehen dieses Landes ballt. Gegenden außerhalb der Großstädte darf man aber nicht unterschätzen. Man findet in ihnen Ruhe und Inspiration. Und gerade in unserer Umgebung hat es schon große Bands gegeben. Bauhaus kamen aus Northampton, Spiritualized und Spacemen 3 aus Rugby.“ Spätere Generationen werden auch von Temples sprechen, wenn es um die Aufzählung musikalischer Highlights aus Kettering und der anliegenden Städte geht. Das ganze Paket, die Songs, die Arrangements, die Spielfreude, überzeugen schon jetzt über alle Maßen. Let the sunshine in.
Thomas Weiland