Zwischen 1971 und 1973 erschuf Rory Gallagher sechs furiose Alben, die seinen Ruf als Gitarren-Volksheld zementierten. Dies ist die Geschichte des großartigsten Laufs, den je ein Bluesrocker hatte.
Von dem Moment an, als er 1963 seine hingebungsvolle Mutter überzeugte, für das Leasing seiner exorbitant teuren ’61er Fender Stratocaster zu bürgen, wusste Rory Gallagher genau, was er tun wollte. Der 15-Jährige sagte ihr, dass das seine Gitarre fürs Leben sei. Und das war sie. Das kampferprobte Instrument sollte seinen Meister überleben, einen Mann, der zu einem der arbeitsamsten, gefeiertsten Lieferanten für aufwieglerischen weißen Blues der letzten 50 Jahre wurde.
In seinem Zenit war Gallagher unantastbar. Zwischen 1971 und 1974 veröffentlichte er sechs grandiose Alben – RORY GALLAGHER, DEUCE, LIVE IN EUROPE, BLUEPRINT, TATTOO und IRISH TOUR ’74 –, die einen Musiker zeigten, dessen Engagement für sein Handwerk nur von der Verehrung seines Publikums übertroffen wurde. Als eingefleischter Querdenker genoss er seinen Antistar-Status, während er gleichzeitig nach mehr Anerkennung strebte.
„Rory dachte immer mehr an seinen Platz in der Geschichte als daran, eine normale Jugend zu verbringen“, sagt sein Bruder Donal Gallagher, der Rorys Nachlass verwaltet und gerade remasterte Versionen jener ersten sechs Soloalben wiederveröffentlicht hat.
Heute, nach seinem Tod mit 47, wird Gallagher vielleicht nicht im selben Atemzug mit der Heiligen Dreifaltigkeit des britischen Bluesrock – Page, Beck und Clapton – erwähnt, aber sein Vermächtnis lässt sich nicht leugnen. Das gigantische Talent und die einzigartige Herangehensweise des Iren beeinflussten jeden von Billy Gibbons und Slash über U2-Gitarrist Edge bis hin zum Ex-Smith Johnny Marr, während Joe Bonamassa – ein selbsterklärter Gefolgsmann, der Gallaghers ›Cradle Rock‹ gecovert hat – ihn als „Rocky Balboa der Gitarristen“ bezeichnet. Eine passende Beschreibung, wenn man davon absieht, dass Rocky Balboa ein fiktiver Boxer war, während Rory Gallagher so real war, wie man es nur sein kann.
Geboren wurde er 1948 in Ballyshannon in der Grafschaft Donegal, Irland, in Cork wuchs er auf. Sein Vater sang und spielte das Akkordeon in örtlichen Bands, während seine Mutter Mitglied einer Theatertruppe gewesen war. Mit neun bekam der junge Rory seine erste Gitarre, sein Musikgeschmack reichte von Lonnie Donegan über Leadbelly bis hin zu Big Bill Broonzy. Er war ein selbstbewusster Gitarrist mit rebellischen Anwandlungen. Ein Auftritt bei einem Talentwettbewerb in der Schule erregte den Zorn der katholischen Brüder, die die Einrichtung leiteten. Der Grund: Gallagher hatte Cliff Richards keuschen 1959er-Hit ›Living Doll‹ gecovert. „Die Brüder waren der Ansicht, Rory habe die Musik des Teufels gespielt“, so Donal.
Wie jeder junge irische Musiker, der Anfang der 60er erwachsen wurde, verbrachte Gallagher seine Lehrjahre bei einer Coverband, die durchs Land tingelte und Hits nachspielte. „Ich habe mich so einer Band nur angeschlossen, weil man mit einer elektrischen Gitarre nirgends sonst unterkam“, erklärte er später. Als ihn die eiserne Kontrolle der Irish Federation Of Musicians über dieses Metier zu sehr frustrierte, beschloss Gallagher, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. 1966 verabschiedete er sich von den Coverbands und gründete seine eigene Gruppe, das Bluesrock-Powertrio Taste – einer der ersten irischen Rockbands überhaupt.
Innerhalb von zwei Jahren waren Taste nach London übergesiedelt, wo sie bei Polydor unterschrieben – ziemlich beachtlich für eine Band aus Irland. Nach den ersten beiden Alben (TASTE, 1969, und ON THE BOARDS, 1970), sah es eine Weile lang so aus, als würden sie ganz natürlich die Nachfolge von Cream antreten und waren bei deren Abschiedskonzerten in der Royal Albert Hall sogar als deren Vorgruppe zu hören. Doch schlechtes Management und abweichende musikalische Vorstellungen überzeugten Gallagher, den nächsten Schritt zu gehen. Taste traten am 24. Oktober 1970 zum letzten Mal in der Queens University, Belfast, auf. Ein schwerer Entschluss für den Gitarristen: „Ich denke nicht gerne allzu viel darüber nach, denn es nimmt mich mit“, sagte Gallagher später über die Entscheidung, Taste aufzulösen – was ihn jedoch typischerweise nicht davon abhielt, sie zu treffen.
In Belfast suchte er nach einer neuen Band. Bald fand er zwei Musiker, mit denen er spielen konnte: Schlagzeuger Wilgar Campbell und den 17-jährigen Bassisten Gerry McAvoy, dessen eigene Band Deep Joy schon für Taste eröffnet hatte. Ironischerweise hatten sich Deep Joy exakt am selben Abend aufgelöst, ganz in der Nähe in der Ulster Hall. „Ich traf Rory das erste Mal, als er nach Belfast zog“, sagt McAvoy. „Er war wegen seiner langen Haare als Paradiesvogel bekannt. Zwar war er ein bisschen seltsam, aber gleichzeitig auch sehr höflich und angenehm. Mir war nicht klar, dass er mich und Wilgar als potenzielle Kollegen im Auge hatte. Aber er ließ keine Zweifel daran und fragte, ob ich an jenem Wochenende nach London kommen könnte, um es zu versuchen.”
Danke für diesen tollen Artikel über einen der besten Gitarristen aller Zeiten (und dann auch noch an seinem Geburtstag veröffentlicht). Ich hatte die Ehre Rory 43 x live zu sehen (auch in Holland, Frankreich und der Schweiz). Live gab es keinen besseren. Er kam schon mit “Schaum vorm Maul” auf die Bühne und legte los wie ein Berserker. Mann, wie gerne denke ich an diese Zeit zurück. Also, nochmals vielen Dank für diesen Bericht.
Ich habe ihn leider nur 1 x live erlebt und liebe seine Musik total. Was für ein authentischer Typ er doch war. Und so je.abden wie ihn wird es nie wieder geben.
Seit 1995 ist er A Million Miles Away, doch allen die seine Musik lieben durch sie noch ganz nah.
Danke Rory!
ja man…Rory hat schon meine Jugend gepraegt…..bin 66 geboren und hoere noch heute Stagestruck und Europe 72 im Auto……ich werde ihn immer lieben!
Der Artikel: bessef geht nicht!
Rory war für mich eine der Hauptinspirationen um selbst die Klampfe in die Hände zu nehmen bzw. 1970 in eine Band einzusteigen.
Rory,s Trio-Band Taste war neben Cream und Jimi, s Experience die Musik an der wir uns als Trio orientierten, nicht kopierten sondern unsere eigenen Songs machten.
Es war eine musikalisch tolle Zeit an die ich mich als alter Sack mit mittlerweile 70 Jahren immer wieder gerne erinnere und dann die LP,s besagter Musik-Heros auflege, genieße. Das werde ich solange zelebrieren bis mir das Gehör komplett versagt oder ich ins Nirvana übertrete. Dort treffe ich dann hoffentlich meine vorangegangen Heros wieder. Vielleicht ergibt sich dann die ein oder andere Jamsession.