Elvis in den Sechzigern: Kitsch kontra R’n’B-Wurzeln.
Seinen 75. Ge- burtstag hätte der King Of Rock ’n’Roll 2010 ge-feiert, wenn er nicht mit mehr als 30 heiklen Medikamenten im Blut und völlig verfettet im August 1977 an einem Herzinfarkt verstorben wäre. Bis heute ungebrochen ist der Kult um Elvis Presley, der für die Erbengemeinschaft jedes Jahr ein einträgliches Sümmchen in Millionenhöhe garantiert.
Presley-Puristen mögen auf die SUN SESSIONS mit Rockabilly sowie die frühen R’n’R-Aufnahmen für RCA schwören. Doch auch die von den Beatles dominierten Sixties, die Elvis mit dem Drehen eilig produzierter Hollywoodstreifen, den dazu gehörigen Soundtracks und relativ unbekannt gebliebenen regulären Alben verbrachte, offerieren Reizvolles, wie die 5-CD-Box FROM NASHVILLE TO MEM-PHIS – THE ESSENTIAL 60’S MASTERS suggeriert.
Räkelt sich der King in der ersten Hälfte noch bis auf wenige Ausnahmen wie ›Reconsider Baby‹, ›Stuck On You‹ oder ›Dirty, Dirty Feeling‹ im Kitsch von ›It’s Now Or Never‹ oder ›Are You Lonesome Tonight‹, ändert sich der qualitative Anspruch, je mehr sich das Jahrzehnt seinem Ende zu-neigt. Das wiedererwachte Interesse am eigen Œuvre signalisieren das 66er-Gospel-Werk HOW GREAT THOU ART, dem ein Jahr später die GUITAR MAN-Sessions folgen.
Voll und ganz auf der Höhe der Zeit befindet sich Elvis spätestens nach seinem fulminanten „NBC TV Comeback Special“ von Weihnachten 1968, das seine R’n’B-Wur-zeln beschwört. Unschlagbar schließlich das Material aus den „American Sound Studios“ in Memphis vom Jahr darauf: ›Long Black Limousine‹, ›I’m Movin’ On‹, ›In The Ghetto‹, ›Stranger In My Own Hometown‹ oder ›Suspicious Minds‹ präsentieren Elvis Presley einmal mehr auf seinem künstlerischen Zenit.