0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

0,00 EUR

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

Zeitzeichen: Thin Lizzy mit BAD REPUTATION

-

Zeitzeichen: Thin Lizzy mit BAD REPUTATION

- Advertisement -

Schon bei den Aufnahmen zum Album JOHNNY THE FOX im August 1976 gibt es immer wieder Ärger bei Thin Lizzy – vor allem zwischen den Streithähnen Phil Lynott und Brian Robertson. Den Song ›Don’t Believe A Word‹ legt Phil im 12-Bar-Blues-Schema an. Robertson gefällt das überhaupt nicht und er gibt seinem Bandboss unverblümt zu verstehen, dass es absolut „scheiße“ klingt. Darauf gehen sich die bei- den Streithähne fast an die Gurgel, bis Lynott abrupt und beleidigt aus dem Studio verschwindet – und mehrere Tage abtaucht. Robertson merkt, dass er eine rote Linie übertreten hat – und überarbeitet die Songstruktur noch mal mit Drummer Brian Downey. „Es war manchmal fürchterlich, wie wir miteinander umgegangen sind. Wir haben zwar keinen getötet, aber sehr oft waren wir ziemlich finster drauf“, sagt Robertson über diese Ära. Als Robertson sich kurz darauf bei einer Kneipenschlägerei so stark an der Hand verletzt, dass er die kommende US-Tour nicht spielen kann, reicht es Lynott endgültig – ersetzt ihn vor die Tür.

Das hat zur Folge, dass die Aufnahmen zum Nachfolger BAD REPUTATION zunächst ohne ihn stattfinden. „Ich habe probiert einzulenken, aber Phil war sehr stur“, erinnert sich Scott Gorham. Er lässt dann bei den Aufnahmen zu ›Opium Trail‹ und ›Killer Without A Cause‹ die Solo-Spuren unbespielt und macht so die Hintertür auf, dass Robertson vielleicht doch noch hinterhergeflogen kommt – was erst durch langes Zureden klappt. Als Trio funktioniert die neue Besetzung Lynott-Gorham-Downey in menschlicher Hinsicht ganz gut. Doch ihr Rauschmittel-Konsum ist zügellos, alle sind ständig auf irgendwas drauf. Schon als sie in Toronto ankommen, um mit Produzenten-Legende Tony Visconti aufzunehmen, sind sie komplett betrunken. „Meine Frau ging auf sie zu und bot ihnen an, einen Nachmittagstee aufzukochen – doch Phil, Brian und Scott waren so betrunken, dass keiner mehr von ihnen geradeaus laufen konnte“, erzählt Visconti. Der Produzent macht im selben Jahr mit LOW und HEROES gleich zwei Platten mit David Bowie, sowie THE IDIOT für Iggy Pop – beide Akteure eint, dass sie ein exzessives Suchtpotenzial besitzen und in der Blüte ihrer künstlerischen Schaffenskraft stehen. Und dasselbe gilt für Thin Lizzy. Visconti: „Ich erinnere mich vor allem daran, als meine Frau Mary Hopkin die Backing-Vocals für die Gospel-Ballade ›Dear Lord‹ sang – wirklich ein magischer Moment, ich dachte wir wären im Himmel.“

Als Brian Robertson mit ein paar Tagen Verspätung in Toronto aufkreuzt, hängt er meistens alleine in einem Raum für sich rum – und probierte sich an Soli und Gitarrenparts. „Als er ins Studio kam, hatte er oftmals schon eine halbe Flasche Whiskey intus“, so Visconti. Aber mit welcher Hingabe, er dann ›That Woman’s Gonna Break Your Heart‹ intonierte, das war nicht von dieser Welt. „Ich nahm seinen Take – und war überrascht, wie gut das von der Stimmung und Tonalität her passte. Ich rief ihn in den Regie-raum, doch er wollte sich das nicht anhören. Lieber wollte er alleine Gitarre spielen und sich dazu betrinken.“ Auch neben der Produktion gibt es Unannehmlichkeiten. Als Phil Lynott etwa den angestammten Designer Jim Fitzpatrick besuchen will, geschieht ein weiteres Missgeschick. Anstatt in Madison, Connecticut zu landen, fliegt der Sänger nach Madison, Wisconsin. Zwischen beiden Orten liegen über 1.000 Flugmeilen – es ist ein Frankfurt-am-Main/Frankfurt-an-der-Oder Logistikfehler. Das Meeting platzt und so entscheidet die Gruppe ein Schwarz-weiß-Foto in Trio-Besetzung zu nehmen, da Brian Robertson ja nur Parts für drei Stücke beigesteuert hat. Auch wenn auf BAD REPUTATION der kommerzielle Überhit fehlt, zeigt das Album die Band in ihrer ganzen facettenreichen Schönheit, vom Highspeed-Hardrock des Titeltracks über die klassischen Twin-Guitar-Schlenker bis hin zu balladesken Classic-Pop/Rock-Tracks wie ›Southbound‹ oder ›Dancing In The Moonlight‹.

Phil und Scott Gorham gehen nach dieser Produktion in die nächste Runde ihrer persönlichen „Drogen-Olympiade“ – und landen nach der Langstrecke von über 100 Konzerten des Jahres 1977 sogar irgendwann beim Heroin. Gorham hat Glück und kann sich Mitte der 1980er-Jahre samt der „Black Box“-Methode von Dr. Margaret Patterson befreien. Phil Lynott gelingt das nicht – er hat an seinem Körper zu viel Raubbau betrieben und stirbt am 4. Januar 1986 im Alter von nur 36 Jahren an multiplem Organ- versagen. Bis heute berufen sich Gruppen aus den unterschiedlichsten Genres auf die typischen Thin-Lizzy-Trademarks. Bono von U2 ist ein besonders glühender Fan: „Phil war ein fantastischer Frontmann – und Thin Lizzy funktionierten wie ein offenes Buch für uns als Band. Immer wenn wir Fragen hatten, konnten wir zu ihnen aufschauen und uns etwas abschauen, was uns weiterbrachte.“ Und bei Phil Lynott fand Bono vieles, was einen ultimativen Rockmusiker auszeichnet: „Wie er sein lyrisches und musikalisches Können mit Showtalent, Einstellung, künstlerischem Können und Stil unter einen Hut brachte, das ist einfach nicht von dieser Welt.“

- Advertisement -

Weiterlesen

Plattensammler: Gene Simmons

Kiss-Bassist, Feuerspucker und „Beast“ Gene Simmons über die Platten, Acts und Gigs, die bleibende Bedeutung für ihn haben. Gene Simmons ist die lebende, feuerspeiende Verkörperung...

Dampf: Endlich Ernst gemacht

Eine Heavy-Band mit deutschem Namen – das muss doch ein weiterer Rammstein-Klon sein, oder? Ist es zum Glück nicht. Und auch die Entstehungsgeschichte der...

Jimi Hendrix: ELECTRIC LADY STUDIOS: A JIMI HENDRIX VISION

39 Tracks und eine Doku auf fünf LPs und Blu-ray ›Freedom‹, also Freiheit, lautete der Titel jenes Songs, der im März 1971, wenige Monate nach...

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

- Advertisment -

Welcome

Install
×