Wohl niemand verkörpert den Lifestyle des Rock’n’Roll so sehr wie Lemmy Kilmister von Motörhead. Die langen Jahre im Sex & Drugs & Rock’n’Roll-Wettkampf haben im unzerstörbaren Körper des Musikers deutlich ihre Spuren hinterlassen. Der Einsatz eines Defibrillators sowie Probleme mit Bluthochdruck und einer schweren Diabetes waren für den 67-Jährigen eine strenge Zäsur. Lemmy ist nun gezwungen, die Finger komplett vom Alkohol, von Drogen und Zigaretten zu lassen. So bleiben dem Motörhead-Frontmann für den Rest seiner Tage nur noch zwei Laster: Blaubeeren und Humor. Die Früchte sind gesund, weil sie das Blutbild stärken, vitaminreich und kalorienarm sind – Augenzeugen sehen ihn derzeit ständig in Begleitung von diesen dunkelblauen Heidekrautgewächsen. Das andere ist sein hintersinniger Humor, der oft schräg, surreal und manchmal ganz schön krachledernd um die Ecke kommt. Während der Studio-Aufnahmen zum Album RocK’N’RoLL im Juni 1987 wurde diese Vorliebe von einem bedeutenden Komiker gekrönt. Ein Teil der Aufnahmen fand im Redwood Studio in London statt, dessen Teilhaber zu jenem Zeitpunkt Michael Palin war, ein Barde aus dem sechsköpfigen Ensemble von Monty Python. Auf Anfrage von Motörhead erschien der Komiker verkleidet im outfit eines cricket-Spielers aus den 1940er Jahren im Studio und nahm eine Predigt auf, die an eine Szene aus dem Monty-Python- Film „Der Sinn des Lebens“ angelehnt ist. Sie ist als Intro vom Song ›The Wolf‹ zu hören, dem letzten Stück auf der A-Seite der LP-Version. Palin spricht dort wie ein Sonntagsprediger in einer Kirchenandacht und preist den Herrn für das wunderschöne Gras, was er der Erde geschenkt hat und das Ungeziefer, was dort herumkrabbelt Außerdem bedankt er sich für cricketschläger, Taschentücher und überhaupt alle Dinge, die von Gottes Hand erschaffen und gesegnet sind. Natürlich schließt er die Bandmitglieder von Motörhead in sein „Gebet“ mit ein, was neben Mr. Kilmister zu diesem Zeitpunkt Würzel, Philthy „Animal“ Taylor und Philipp campbell sind. Sie sollen stark genug sein, weite Hosen zu tragen, sie könnten um das Vierfache im Bund ansteigen, wenn man nicht ausreichend Dichtungsmittel parat hat. Wahrlich ein komplett sinnfreies, groteskes und komisches Gebet fast genauso „pythonesk“ wie ein Witz, den Lemmy früher gern erzählt hat: „Woran merkt man, dass ein Drummer unten vor der Tür steht? Er kommt nicht rein.“
Text: Peter Hesse