Bob Dylan war zeitlebens ein Romantiker und er liebte die Frauen. In offensichtlichen oder manchmal auch chiffrierten Songtexten macht er aus seinem Schwärmen mal eine Mördergrube, mal ein kitschiges Manifest. Beim Song ›Just Like A Woman‹ zum Beispiel lässt Dylan offen, ob er diesen Song für Joan Baez oder das New Yorker It-Girl Edie Sedgwick geschrieben hat. Es kann sich aber auch um beide Frauen handeln – oder vielleicht betrauert er damit sein glanzloses Liebesleben sogar. Denn ob Baez oder Sedgwick – Dylan erfüllte gerade in den 60er-Jahren die alte Binsenweisheit: „Ich kann nicht mit einer Frau zusammenleben – aber auch nicht ohne“.
Joan Baez, die eine Zeit lang seine Lebensgefährtin war, beschreibt ihn noch heute als eine Figur mit absolut rätselhafter Dimension: „Jederzeit kann man ihm alles Mögliche zutrauen – du weißt nie, was er als Nächstes macht. Aber du ahnst, dass es schlimme Ausmaße annehmen wird“, sagte sie über den schwierigen und auch genialen Grantler. Und mit ›Diamonds And Rust‹ hat die Folksängerin dem komplexen und komplizierten Textdichter mit mangelhafter Körperhygiene ein ganz besonderes lyrisches Denkmal gesetzt – so lautet ihr Text in der dritten Strophe: „The unwashed phenomenon/The original vagabond/You strayed into my arms“.
Mitte der 60er-Jahre sind Baez und Dylan die Könige der Folkmusik – doch für eine langfristige Beziehung reicht es nicht. Dylan lässt Federn und denkt noch heute mit schwerem Herzen an die innige Zeit an der Seite von Joan Baez zurück: „Es tat mir weh – und auch sehr leid, als unsere Beziehung endete“, sagt Dylan noch viele Jahre später über diese Episode – und verfasst natürlich in verklausulierten Worten im Jahr 1965 die Ballade › It’s All Over Now, Baby Blue‹.
Natürlich versteckt sich der Songwriter auch hier hinter Metaphern wie „Leave your stepping stones behind/There’s something that offen, ob er mit diesem Text seine Beziehung zu Joan Baez verarbeitet. Wie eigentlich immer geht er lieber auf Tour und verfolgt seinen Weg als Troubadour des Folk mit einer größtmöglichen Schlagzahl an Höhen und Tiefen. Als Bob Dylan in Mai 1966 ein Konzert in der Pariser Konzerthalle L’Olympia gibt, verknallt er sich blitzartig in die französische Sängerin Françoise Hardy. Schon vor dem Konzert ist er sichtlich aufgekratzt, weil er von einem Bühnenmitarbeiter erfährt, dass Hardy auf seinem Konzert anwesend sein wird. In der Konzertpause sagt er, er komme nur zum zweiten Teil zurück, wenn ihn Françoise in seiner Garderobe besuchen wird. Hardy findet das schon merkwürdig, aber sie rafft sich auf und schlängelt sich im Backstage-Bereich durch mehrere Hürden. Sie wird tatsächlich zu dem Raum geführt, wo Dylan wartet.
Dem Musiker sieht man an diesem Abend in Paris die Tour-Strapazen deutlich an, er wirkt müde und abgespannt. Auch das zwischenmenschliche Gespräch läuft nicht flüssig, da Hardy nur ein paar Brocken Englisch spricht – und Dylan umgekehrt nicht der französischen Sprache mächtig ist. Doch der Poet Dylan legt sich nochmal mächtig ins Zeug und lädt Françoise Hardy auf eine Aftershow. Dort fährt er dann nochmal richtig auf. Extra für sie hat er ein Gedicht verfasst und spielt aus seinem Repertoire an Lovesongs ›I Want You‹ und ›Just Like A Woman‹ auf der Gitarre vor. Doch Hardy ist wenig beeindruckt von dieser Schwärmerei und hält die Folk-Legende lieber auf Abstand. „Er war mehr als einen Kopf kleiner als ich und absolut kein attraktiver Mann – da ist einfach nichts gepasst“, sagt sie resümierend über diesen Abend.
Dabei ist Dylan ja eigentlich in festen Händen – ein halbes Jahr vor der Begegnung mit Hardy hat er Ende 1965 das Fotomodell Sara Lowndes geheiratet. Auch ihr schreibt er mehrere Songs, unter anderem ›Sad Eyed Lady Of The Lowland‹ vom Album BLONDE ON BLONDE (1966) und natürlich den Song ›Sara‹ vom Album DESIRE (1976). Trotz aller Faszination für andere Frauen wird diese Ehe bis zum Jahr 1977 halten. Für einen schwierigen und unsteten Künstlercharakter wie Dylan ist das eine sehr lange Zeit. Vielleicht ist diese Episode sogar die glücklichste in seinem Leben.