Am Wochenende des 15. August 1969 pilgerten fast eine halbe Million Amerikaner zur Farm von Max Yasgur in Bethel, New York. Diese dreitägige „Aquarian Exposition“ war die Woodstock Music and Art Fair. Am Montag, den 18. August, zogen sie dann alle wieder nach Hause, nachdem sie sich von Jimi Hendrix, The Who, Santana, Janis Joplin, Creedence Clearwater Revival, Crosby, Stills, Nash & Young, Sly and the Family Stone und weiteren in den Bann hatten ziehen lassen. Es war das ultimative Love-in der Gegenkultur dieser Dekade. Ereignisse wie Hendrix’ bastardisierte Interpretation der US-Nationalhymne oder The Whos ›See Me, Feel Me‹ just zum Sonnenaufgang des dritten Tages wurden zu Legenden der Rockgeschichte. Doch wie viel wisst ihr wirklich über Woodstock ’69?
36 Jimi Hendrix als letzter Act sollte ursprünglich am Sonntag um Mitternacht auf die Bühne gehen, trat aber erst am Montag, den 18. August, um 9:00 Uhr auf. Sein monumentales Set sah nur ein stetig schrumpfendes Publikum von zunächst 80.000, am Ende nur noch 30.000 Zuschauern. Mitten in ›Red House‹ riss ihm die Hohe-E-Saite, also beendete er den Song mit nur fünf Saiten.
37 Hendrix’ Vertrag verlangte, dass niemand nach ihm auftreten dürfe. Niemand verdiente in Woodstock mehr als er: 32.000 Dollar. Insgesamt gab Woodstock Ventures 180.000 Dollar für Künstlergagen aus.
38 Der Veranstalter Michael Lang gab zu, dass er ursprünglich wollte, dass Country-Cowboy Roy Rogers das Festival mit seinem Hit ›Happy Trails‹ beenden sollte.
39 Mehrere Acts konnten ihrer Einladung zu Woodstock nicht folgen. In besonders schlechtem Timing hatte sich die Jeff Beck Group nur wenige Wochen zuvor aufgelöst. Iron Butterfly wiederum saßen am Flughafen fest. Sie hätten es vielleicht noch geschafft, wenn ihr erboster Manager keinen Hubschraubertransfer und Sonderbehandlung bei der Beförderung zum Gelände verlangt hätte. Die Band erhielt prompt eine Antwort per Western Union: „Verpisst euch.“
40 Die Beatles mussten ablehnen, nachdem John Lennon sagte, er könne sie nicht alle zusammen bekommen. Er bot an, stattdessen mit der Plastic Ono Band aufzutreten, doch die Veranstalter wollten das nicht. Led Zeppelin, die Doors, Bob Dylan, die Moody Blues, Jethro Tull und The Byrds sagten ebenfalls ab.
41 Am meisten bereuten vielleicht Tommy James & The Shondells, ihre Teilnahme abgelehnt zu haben. Man hatte sie nicht über die Größe und Bedeutung des Festivals informiert. „Wir hätten uns in den Arsch beißen können“, sagte James später reumütig. „Wir waren in Hawaii, meine Sekretärin rief an und sagte: ‚Hey, dieser Schweinefarmer im Bundesstaat New York will, dass ihr auf seinem Acker auftretet‘. So wurde mir das präsentiert. Also lehnten wir ab und begriffen ein paar Tage später, was uns da entgangen war.“
42 Vier Monate nach Woodstock wurde Max Yasgur von seinen Nachbarn für Schäden verklagt, die Festivalbesucher angeblich auf ihrem Land verursacht hatten. Der Schaden an seinem eigenen Besitz war jedoch viel größer, und ein Jahr später wurde der Fall mit 50.000 Dollar zu seinen Gunsten abgeschlossen.
43 Keine zwei Jahre nach dem Festival verkaufte Yasgur die Farm. 1973 starb er mit 53 an einem Herzinfarkt. Der „Rolling Stone“ würdigte ihn mit einem ganzseitigen Nachruf, eine Ehre, die nur sehr wenigen Nicht-Musikern zuteil wurde.
44 Michael Wadleighs gefeierte Dokumentation „Woodstock“ erschien 1970, geschnitten von Thelma Schoonmaker und einem gewissen Martin Scorsese. Der Film wurde mit dem Oscar für den besten Dokumentarfilm ausgezeichnet. Die US Library Of Congress hat ihn als „kulturell bedeutsam“ eingestuft.
45 Der 27-jährige hatte sein Studium der Neurologie an der Columbia University abgebrochen, um Filmemacher zu werden. In Woodstock verschoss er über 100 km Film.
46 Wadleigh veröffentlichte 1974 den Film „Janis“, eine Rockdoku über Janis Joplin mit Live-Aufnahmen von Big Brother And The Holding Company, Kosmic Blues Band und der Full Tilt Boogie Band.
47 Anfang 1970 verurteilte die Staatsanwaltschaft Woodstock Ventures dazu, die Kosten für 12-18.000 Eintrittskarten wiederzuerstatten. Sie waren Menschen verkauft worden, die das Festival wegen Straßensperrungen nicht erreichen konnten.
48 Nach dem Festival kam es zu 80 Gerichtsverfahren. In einem Fall wurden die Filmemacher und Vertreiber der Doku von einem Mann verklagt, der dabei gefilmt wurde, wie er die Port-O-San-Toiletten reinigte. Der Grund für seine Klage? Angstzustände, Scham, öffentlicher Spott und Verletzung seiner Privatsphäre.
49 Bei Neil Youngs US-Tournee 1979 wurden zwischen den Songs Lautsprecherdurchsagen aus Woodstock abgespielt, darunter auch die zu „brown acid“. Ein bizarres Szenario, das in Youngs Konzertfilm „Rust Never Sleeps“ festgehalten wurde.
50 1996 bezahlte der amerikanische Milliardär Alan Gerry (einst laut „Forbes“-Liste einer der 300 reichsten US-Bürger) 1 Million Dollar für das 30 Hektar große natürliche Amphitheater auf dem Woodstock-Gelände.