Mit ihrem fünften Studioalbum THE UNFORGIVING werfen Within Temptation einen Blick auf ihre musikalische Jugend zurück und definieren damit sich und ihren Sound völlig neu. Inspiriert hat sie ein düsteres Konzept über verlorene Seelen auf der Suche nach Erlösung.
Text: Simone Bösch
In den letzten Jahren haben sich Within Temptation einen festen Platz an der Spitze des europäischen Symphonic Metal erspielt. Doch ihr neues Album THE UNFORGIVING überrascht. Denn an Stelle von sinfonischen Klängen präsentieren die Niederländer Hard Rock, Pop und Rock der späten achtziger und frühen neunziger Jahre. „Wir waren mit unserem letzten Album THE HEART OF EVERYTHING so zufrieden, dass wir nichts gefunden haben, was wir an diesem Sound noch verbessern könnten. Daher musste etwas Neues her“, erklärt Sängerin Sharon den Adel den Stilwechsel. „Wir waren reif für eine musikalische Veränderung und wollten etwas Frisches wagen. Deshalb ließen wir alle Gedanken an etwaige Genregrenzen hinter uns und komponierten entspannt drauflos. Niemand wusste vorher, wohin uns dieser Weg führen würde.“ Inspiriert hat sie dabei vor allem die Musik ihrer Jugend. „Wir sind alle in den Achtzigern aufgewachsen, was uns musikalisch geprägt hat. Am Anfang unserer Karriere wollten wir unbedingt weg von dieser Musik. Heute fühlt es sich völlig natürlich an, diese Elemente in unsere Songs zu integrieren.“
Angst, dass dieser Stilwechsel die Fans verschrecken könnte, hat die Band nicht. „Der Vorab-Song ›Faster‹ hat viele positive Reaktionen hervorgerufen“, so Sharon. „Außerdem macht es mir Spaß, die neuen Lieder an-zuhören – und daher bin ich zuversichtlich, dass es viele Menschen geben wird, denen es ähnlich geht.“
THE UNFORGIVING ist auch das erste Konzeptalbum in der Geschichte der Band. Ursprünglich wollten die Musiker, dass die Songs auf einem Film basieren. Doch dann entschied sich die Band doch für einen Comic. „Wir wollten den Veröffentlichungstermin selbst bestimmen,“ erzählt Sharon. „Bei einem Film ist das eher schwierig, denn da steht ein weitaus größerer Apparat dahinter. Wir fragten schließlich Romano Molenaar, den wir von einer früheren Zusammenarbeit kannten, ob er nicht einen Comic für uns zeichnen will. Er sagte zu und schlug uns für die Erstellung des Skripts zudem Stephen O’Connell vor, den Autor von ‚BloodRayne‘. Er entwickelte dann nach unseren Vorstellungen die Geschichte von ‚Mother Maiden‘ und ihrem Team.“
„Mother Maiden“ ist ein mächtiges altes Medium, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Böse in der Welt zu bekämpfen. Dazu rekrutiert sie verlorene Seelen, die durch die Aufträge die Chance bekommen, die Schuld zu sühnen, die sie sich in ihrem Leben aufgeladen haben. „Uns war es wichtig, dass die Charaktere kontrovers und vielschichtig sind“, erklärt die Sängerin. „Sie müssen etwas Böses tun – etwa einen Mord begehen –, um selbst wieder zu den Guten zu gehören. Hier gibt es kein eindeutiges Schwarz oder Weiß.“
Neben dem Comic werden die Songs visuell durch drei Kurzfilme adaptiert, die die verschiedenen Charaktere näher vorstellen und stark an Filme wie „Sin City“ erinnern. „Sie zeigen die Hintergründe der Figuren, die man im Comic nicht erfährt“, sagt Sharon. „Sie waren eine tolle Möglichkeit, das Konzept noch etwas zu erweitern. Außerdem kann man die Videos – sowie den Comic – live toll integrieren. Wir denken da an Hologramme und 3D- Effekte. Aber wie genau das aussehen wird, wissen wir noch nicht. Das wird noch eine große Herausforderung.“ Dazu hat die Band auch noch ein bisschen Zeit. Da Sharon gerade ihr drittes Kind erwartet, wird die Tour zu THE UNFORGIVING erst im Herbst stattfinden. Doch das macht nichts. Schließlich haben die Fans genug Lesestoff, um sich die Wartezeit bis dahin zu vertreiben.